Entscheidungsdatum: 15.12.2010
Die nach § 5 Abs. 1, 2 VBVG für den monatlichen Stundenansatz des Betreuers maßgebende Frage der Mittellosigkeit ist für den ganzen Abrechnungsmonat einheitlich zu beurteilen .
Die sofortige weitere Beschwerde wird, soweit über sie nicht bereits durch den Beschluss des 33. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. September 2008 entschieden worden ist, auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Wert: 28 €
I.
Der Antragsteller wurde am 29. November 2006 zum vorläufigen berufsmäßigen Betreuer und am 29. März 2007 zum berufsmäßigen Betreuer des Betroffenen bestellt. Die Betreuung wurde zum 31. Januar 2008 aufgehoben.
Der Antragsteller hat für die Zeit vom 30. August bis 29. November 2007 die Festsetzung einer Vergütung gegen die Staatskasse in Höhe von 734,80 € beantragt und vorgetragen, der Betroffene sei seit dem 19. Oktober 2007 mittellos. Bei seiner Berechnung hat der Antragsteller für die Zeit bis zum Eintritt der Mittellosigkeit (30. August bis 18. Oktober 2007) monatlich sechs Stunden [insgesamt 50/30 x 6 Stunden] und für die Zeit ab Eintritt der Mittellosigkeit monatlich fünf Stunden [nach seiner Berechnung: insgesamt 40/30 x 5 Stunden] angesetzt, jeweils bei einem Stundensatz von 44 €.
Das Amtsgericht hat dem Antragsteller einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse in Höhe von 660 € zuerkannt; dabei hat es für den gesamten Abrechnungszeitraum monatlich fünf Stunden (3 Monate x 5 Stunden x 44 € = 660 €) angesetzt. Die Erinnerung des Antragstellers hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete und vom Amtsgericht zugelassene sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht zurückgewiesen. Auf die zugelassene sofortige weitere Beschwerde hat das Oberlandesgericht den Vergütungsanspruch des Antragstellers für den ersten Monat des Abrechnungszeitraums (30. August bis 29. September 2007) auf 264 € festgesetzt; dabei hat es - im Hinblick auf die in diesem Monat noch nicht eingetretene Mittellosigkeit des Betroffenen - monatlich sechs Stunden angesetzt (6 Stunden x 44 € = 264 €). Die vom Amtsgericht für den dritten Abrechnungsmonat (30. Oktober bis 29. November 2007) festgesetzte Vergütung ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts nicht Gegenstand der sofortigen weiteren Beschwerde, da der Antragsteller insoweit keine höhere als die vom Amtsgericht - auf der Grundlage eines monatlichen Stundenansatzes von fünf Stunden - festgesetzte Vergütung begehrt habe. Hinsichtlich der Festsetzung der Vergütung für den zweiten Abrechnungsmonat (30. September bis 29. Oktober 2007) hat das Oberlandesgericht von einer Entscheidung abgesehen und die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2009, 453 veröffentlicht ist, möchte insoweit die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers zurückweisen. Der für die Vergütung eines Berufsbetreuers zugrunde zu legende monatliche Stundenansatz bestimme sich u.a. nach der Mittellosigkeit des Betroffenen im Abrechnungszeitraum (hier: für den siebten bis zwölften Monat der Betreuung eines nicht in einem Heim lebenden bemittelten Betreuten: sechs Stunden, bei dessen Mittellosigkeit fünf Stunden. Vgl. dazu § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG einerseits und § 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 VBVG andererseits). Dabei sei für die Frage der Mittellosigkeit auf ganze Betreuungsmonate abzustellen, wobei es darauf ankomme, ob der Betroffene mit Ablauf des Monats über Mittel verfüge, die es ihm erlaubten, die volle Monatsvergütung für die Betreuung eines nicht mittellosen Betroffenen zu zahlen (§ 1836 d Nr. 1 BGB). Da der Betroffene hier am Ende des zweiten Abrechnungsmonats (29. Oktober 2007) mittellos gewesen sei, sei - wie von Amts- und Landgericht zuerkannt - für den gesamten zweiten Abrechnungsmonat von dem niedrigeren Stundenansatz (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 VBVG: fünf Stunden) auszugehen.
Das Oberlandesgericht sieht sich an einer eigenen Entscheidung durch den Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 30. Juli 2007 - 11 Wx 14/07 - (FamRZ 2007, 2109 [Ls], Volltext bei juris) gehindert. Danach werde für die Ermittlung des monatlichen Stundenansatzes eine Prüfung der Mittellosigkeit taggenau auf den Zeitpunkt verlangt, zu dem sich der Vermögensstatus des Betroffenen geändert habe. Der Stundenansatz und damit die Vergütungshöhe würden dementsprechend für den Monat, in dem der Wechsel von der Bemitteltheit zur Mittellosigkeit oder umgekehrt eintrete, unter Anwendung der Regel des § 5 Abs. 4 Satz 2 VBVG zeitanteilig nach dem für bemittelte und mittellose Betreute geltenden Stundenansatz festgesetzt.
II.
1. Die Vorlage ist nach § 28 Abs. 2 FGG zulässig (zur Anwendbarkeit alten Rechts vgl. § 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-Reformgesetz).
Der Senat hat anstelle des vorlegenden Oberlandesgerichts über die sofortige weitere Beschwerde zu befinden, soweit das Oberlandesgericht über diese nicht bereits entschieden hat. Das Oberlandesgericht hat dem Antragsteller die von ihm für den ersten Abrechnungsmonat (30. August bis 29. September 2007) geltend gemachte Vergütung zuerkannt (6 Stunden x 44 € = 264 €); die Vergütung für den dritten Abrechnungsmonat (30. Oktober bis 29. November 2007) hat es mit Recht als von der sofortigen weiteren Beschwerde nicht erfasst angesehen. Dem Senat angefallen ist danach die sofortige weitere Beschwerde nur hinsichtlich der Vergütung für den zweiten Abrechnungsmonat (30. September bis 29. Oktober 2007). Amts- und Landgericht haben dem Antragsteller für diesen Abrechnungsmonat nur eine Vergütung auf der Grundlage eines monatlichen Stundenansatzes von fünf Stunden zuerkannt (5 x 44 € = 220 €). Der Antragsteller begehrt für diesen Zeitraum jedoch eine Vergütung, deren Höhe sich für die Zeit vom 30. September bis 18. Oktober 2007 auf der Grundlage eines monatlichen Stundenansatzes von sechs Stunden [richtig: 19/30 x 6 = 3,8 Stunden x 44 € = 167,20 €] und (nur) für die Folgezeit vom 19. Oktober bis 29. Oktober 2007 auf der Grundlage eines monatlichen Stundenansatzes von fünf Stunden [richtig: 11/30 x 5 = 1,83 Stunden x 44 € = 80,52 €] bestimmt; die Vergütung betrüge dann (167,20 € + 80,52 € =) 247,72 €.
2. Insoweit ist die sofortige weitere Beschwerde, wie vom Oberlandesgericht zutreffend dargelegt, zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
a) Der Berufsbetreuer kann nach § 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB eine Vergütung verlangen, deren Höhe sich zum einen gemäß § 4 Abs. 1 VBVG nach dem an der Qualifikation des Betreuers orientierten Stundensatz (hier gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG: 44 €), zum andern an dem von § 5 VBVG pauschalierten monatlichen Stundenansatz bemisst. Dieser Stundenansatz beträgt hier gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VBVG (Betreuung eines nicht in einem Heim lebenden bemittelten Betreuten im siebten bis zwölften Monat der Betreuung) sechs Stunden oder gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 VBVG (Betreuung eines nicht in einem Heim lebenden mittellosen Betreuten im siebten bis zwölften Monat der Betreuung) fünf Stunden.
b) Die danach - für die Wahl des monatlichen Stundenansatzes - maßgebende Frage der Mittellosigkeit des Betreuten ist für den ganzen Abrechnungsmonat einheitlich zu beurteilen. Entscheidend ist dabei die finanzielle Situation des Betreuten am Ende des Abrechnungsmonats. Eine quotale Aufteilung eines Abrechnungsmonats in einen Zeitraum der Bemitteltheit und einen Zeitraum der Mittellosigkeit, wie sie der Antragsteller mit seiner Berechnung erstrebt, kommt nicht in Betracht. Das ergibt sich aus folgenden - mit den Überlegungen des vorlegenden Oberlandesgerichts übereinstimmenden - Erwägungen:
Für die Frage der Mittellosigkeit kommt es darauf an, ob der Betreute in der Lage ist, den Vergütungsanspruch des Betreuers vollständig aus seinem Vermögen oder Einkommen zu zahlen (§ 1836 d Nr. 1 BGB). Dieser Vergütungsanspruch gelangt allerdings erst mit dem Ablauf des jeweiligen Abrechnungsmonats und nicht bereits kalendertäglich zur Entstehung (Senatsbeschluss vom 18. Mai 2008 - XII ZB 53/08 - FamRZ 2008, 1611, 1612). Die Frage der Mittellosigkeit lässt sich deshalb eindeutig erst beantworten, wenn sich die Höhe des Vergütungsanspruchs bestimmen lässt. Das aber ist erst am Ende des Abrechnungsmonats der Fall. Vor diesem Zeitpunkt ist es jederzeit möglich, dass der Betreute seinen gewöhnlichen Aufenthalt in ein Heim oder aus einem Heim heraus verlegt oder dass die berufsmäßige Betreuung durch den jeweiligen Betreuer endet mit der Folge, dass sich auch die für den Abrechnungsmonat zu vergütende Stundenzahl verändert. Ebenso kann - wie hier - während des Abrechnungsmonats auch die Vermögenssituation des Betroffenen Schwankungen unterworfen sein. Die Möglichkeit solcher Veränderungen verlangt es, den Vermögensstatus des Betreuten - bemittelt oder mittellos - nur einheitlich für ganze Abrechnungsmonate und damit notwendig an deren Ende zu bestimmen.
c) § 5 Abs. 4 Satz 2 VBVG steht der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Zwar unterfällt dem Wortlaut der Vorschrift („Ändern sich Umstände, die sich auf die Vergütung auswirken, vor Ablauf eines vollen Monats, so ist der Stundenansatz zeitanteilig nach Tagen zu berechnen“) an sich auch auf die vorliegende Konstellation. In der Begründung des Bundesratsentwurfs eines 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetzes werden als Fälle einer nach § 5 Abs. 4 Satz 2 VBVG (wortgleich mit § 1908 l Abs. 3 Satz 2 BGB-E) quotierlich durchzuführenden Monatsabrechnung jedoch nur die Beendigung der Betreuung, der Wechsel in der Person des Betreuers, die Fortführung einer berufsmäßigen Betreuung als nunmehr ehrenamtliche Betreuung sowie der Umzug des Betreuten in ein Heim und aus einem Heim genannt (BT-Drucks. 15/2494 S. 34). Das erklärt sich aus dem Umstand, dass die weitere Unterscheidung zwischen mittellosen und bemittelten Betreuten erst auf die Beschlussempfehlung des Rechtssausschusses des Deutschen Bundestages hin (BT-Drucks. 15/4874 S. 19, 31) in das Gesetz eingefügt worden ist. Die Frage, ob § 5 Abs. 4 Satz 2 VBVG auch auf den Eintritt der Mittellosigkeit während des Abrechnungsmonats angewendet werden soll, ist bei dieser nachträglichen Einfügung nicht bedacht worden. Sie ist aus den vorstehenden Überlegungen zu verneinen.
d) Da die Mittellosigkeit des Betreuten am 19. Oktober 2007 eingetreten und für den gesamten (zweiten) Abrechnungsmonat (30. September bis 29. Oktober 2007) einheitlich - und zwar nach den Verhältnissen zum Ende des Abrechnungsmonats - zu beurteilen ist, beträgt der Stundenansatz nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 VBVG fünf Stunden. Das Amtsgericht hat deshalb der Vergütung des Antragstellers für den zweiten Abrechnungsmonat im Ergebnis zu Recht einen Stundenansatz von nur fünf Stunden zugrunde gelegt. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde - im Ergebnis ebenfalls zu Recht - zurückgewiesen. Der hiergegen erhobenen sofortigen weiteren Beschwerde war der Erfolg zu versagen.
Hahne Wagenitz Dose
Schilling Günter