Entscheidungsdatum: 25.09.2018
Die Kläger werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision gemäß § 552a ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 2. November 2018.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 5.000 € festgesetzt.
I.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des von den Klägern erklärten Widerrufs ihrer auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen.
Die Parteien schlossen im Oktober 2007 einen Darlehensvertrag über 62.000 € mit einem bis zum 30. September 2017 festen Nominalzinssatz von 5,00% p.a. Zur Sicherung der Ansprüche der Beklagten diente eine Grundschuld. Bei Abschluss des Darlehensvertrags belehrte die Beklagte die Kläger fehlerhaft über ihr Widerrufsrecht im Sinne des Belehrungsformulars, das Gegenstand des Senatsurteils vom 12. Juli 2016 (XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 ff.) und wie folgt gestaltet war:
Die Kläger erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen. Ende 2011 einigten sie sich auf ihren Wunsch mit der Beklagten auf eine vorzeitige Beendigung des Darlehensvertrags und lösten das Darlehen am 2. Januar 2012 gegen Zahlung einer "Vorfälligkeitsentschädigung" in Höhe von 4.866,55 € ab. Die Beklagte gab die Sicherheit frei. Unter dem 23. Mai 2016 widerrief der vorinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Kläger deren auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärungen.
Ihrer Klage auf Rückgewähr der "Vorfälligkeitsentschädigung" nebst Zinsen und Freistellung von vorgerichtlich verauslagten Anwaltskosten hat das Amtsgericht insoweit entsprochen, als es die "Vorfälligkeitsentschädigung" nebst Zinsen zuerkannt und die Beklagte zur Freistellung von vorgerichtlich verauslagten Anwaltskosten in reduzierter Höhe verurteilt hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat es - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - ausgeführt:
Zwar habe die Beklagte die Kläger bei Abschluss des Darlehensvertrags nicht gesetzesgemäß über das ihnen zustehende Widerrufsrecht belehrt. Das Widerrufsrecht der Kläger sei indessen verwirkt. Das nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessende Zeitmoment, das mit dem Zustandekommen des Darlehensvertrags anlaufe, sei gegeben. Zwischen dem Abschluss des Darlehensvertrags und dem Widerruf hätten achteinhalb Jahre gelegen. Auch das Umstandsmoment sei erfüllt. Dabei spiele der Zeitablauf zwischen der vorzeitigen Beendigung und dem Widerruf - hier: vier Jahre und vier Monate - eine gewichtige Rolle. Das gelte bei vorzeitig abgelösten Darlehensverträgen bereits deshalb, weil neben dem Anspruch auf Rückzahlung einer etwa gezahlten "Vorfälligkeitsentschädigung" insbesondere auch Nutzungsersatzansprüche des Verbrauchers gegenüber dem Darlehensgeber bestünden. Aufgrund der öffentlichen Diskussion über die fortbestehende Widerruflichkeit von Verbraucherdarlehensverträgen habe die Beklagte nach dieser Zeitspanne nicht mehr mit einem Widerruf der Kläger rechnen müssen. Darauf, ob der Darlehensgeber bei Abschluss der Aufhebungsvereinbarung davon ausgehe, der Darlehensnehmer wisse um sein Widerrufsrecht und übe es bewusst nicht aus, komme es nicht an. Ohne, dass es dazu besonderen Vortrags der Beklagten bedürfe, sei davon auszugehen, dass sie mit den von den Klägern im Zuge der vorzeitigen Beendigung erlangten Mitteln gewirtschaftet habe, weil umgekehrt auch zu ihren Lasten widerleglich zu vermuten sei, dass sie Nutzungen in einer bestimmten Höhe gezogen habe. Dadurch habe die Beklagte Dispositionen im Vertrauen auf das Unterbleiben des Widerrufs getroffen.
Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger, mit der sie die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstreben.
II.
Der Senat ist einstimmig der Auffassung, dass die Revision nach § 552a ZPO zurückzuweisen sein wird, weil Zulassungsgründe nicht vorliegen und die Revision auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg hat.
1. Ein Zulassungsgrund besteht nicht. Wegen der Einzelheiten verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 23. Januar 2018 (XI ZR 298/17, WM 2018, 614 Rn. 6 ff.).
2. Das sorgfältig anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung begründete Berufungsurteil weist überdies Rechtsfehler zum Nachteil der Kläger nicht auf. Die Bewertung des Tatrichters, das Widerrufsrecht sei verwirkt, kann in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 18 und - XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 43; BGH, Beschluss vom 27. September 2017 - IV ZR 506/15, juris Rn. 10 und 15). Daran gemessen hat die Revision der Kläger keine Aussicht auf Erfolg.
a) Das Berufungsgericht ist richtig davon ausgegangen, gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen - wie hier - könne das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprochen und er es in der Folgezeit versäumt habe, den Verbraucher nachzubelehren (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 41, vom 21. Februar 2017 - XI ZR 381/16, WM 2017, 806 Rn. 22 und vom 3. Juli 2018 - XI ZR 702/16, ZIP 2018, 1626 Rn. 15). Das gilt in besonderem Maße (aber nicht ausschließlich), wenn die Beendigung des Darlehensvertrags auf einen Wunsch des Verbrauchers zurückgeht (Senatsurteil vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rn. 30) bzw. wenn die Parteien den Darlehensvertrag einverständlich beendet haben (Senatsurteil vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 393/16, WM 2017, 2247 Rn. 8 und vom 3. Juli 2018, aaO; Senatsbeschluss vom 12. September 2017 - XI ZR 365/16, WM 2017, 2146 Rn. 8). Ob und in welcher Höhe der Verbraucher im Zuge der vorzeitigen Beendigung des Darlehensvertrags ein Aufhebungsentgelt entrichtet hat, ist entgegen der Rechtsauffassung der Revision dagegen kein maßgeblich bei der Würdigung zu berücksichtigender Umstand. Gleiches gilt für die Höhe der vom Verbraucher auf § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (künftig: aF) in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB gestützten Teilforderung.
b) Das Berufungsgericht hat überdies richtig erkannt, dass der Zeitraum zwischen der Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrags und dem Widerruf - wenn auch nicht im Sinne einer Vermutung nach Ablauf einer wie immer definierten Mindestzeitspanne - gerade im Hinblick auf die Rechtsfolgen des Widerrufs (Senatsbeschluss vom 12. September 2017 - XI ZR 365/16, WM 2017, 2146 Rn. 8) bei der Prüfung des Umstandsmoments Berücksichtigung finden kann (Senatsbeschluss vom 23. Januar 2018 - XI ZR 298/17, WM 2018, 614 Rn. 14).
c) Weiter hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zutreffend gesehen, dass es weder auf die Kenntnis des Darlehensnehmers vom Fortbestand seines Widerrufsrechts noch auf das Vertrauen des Darlehensgebers ankommt, der Darlehensnehmer habe in sonstiger Weise Kenntnis vom Fortbestand seines Widerrufsrechts erlangt. Dass der Darlehensgeber davon ausgeht oder ausgehen muss, der Darlehensnehmer habe von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis, schließt vielmehr eine Verwirkung nicht aus (vgl. nur Senatsurteile vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 443/16, WM 2017, 2248 Rn. 26, - XI ZR 449/16, WM 2017, 2251 Rn. 19 und - XI ZR 555/16, WM 2017, 2259 Rn. 19; Senatsbeschluss vom 23. Januar 2018 - XI ZR 298/17, WM 2018, 614 Rn. 16). Eine "Verpflichtung" zur Nachbelehrung besteht grundsätzlich nicht (Senatsbeschluss vom 23. Januar 2018, aaO, Rn. 19) und damit auch nicht im Zuge der Verhandlungen über eine vorzeitige Beendigung eines Verbraucherdarlehensvertrags. Das Argument des Berufungsgerichts, aufgrund der zunehmenden öffentlichen Diskussion über die fortdauernde Widerruflichkeit von Verbraucherdarlehensverträgen habe die Beklagte wegen des Unterbleibens eines Widerrufs der Kläger über einen längeren Zeitraum hinweg auf das dauernde Unterbleiben vertrauen dürfen, ist nicht denkgesetzwidrig.
d) Dass die Beklagte mit Leistungen der Kläger nach Beendigung des Darlehensvertrags gearbeitet hat, ist schließlich ein Umstand, der bei der Entscheidung über die Verwirkung des Widerrufsrechts veranschlagt werden kann (Senatsbeschluss vom 5. Juni 2018 - XI ZR 577/16, juris Rn. 4). Insoweit hat das Berufungsgericht nicht aufgrund bestimmter Umstände die Verwirkung des Widerrufsrechts vermutet, sondern (lediglich) den Grundsatz der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Geltung gebracht, es entspreche der Lebenserfahrung, dass eine Bank mit vereinnahmten Geldern wirtschafte (vgl. Senatsurteil vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97, WM 1998, 1325, 1326 mwN). Dieser Satz ist entgegen der Rechtsauffassung der Revision ohne Rücksicht darauf gültig, ob der Verbraucher nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB von ihm geleistete Tilgungsraten oder eine "Vorfälligkeitsentschädigung" zurückverlangt.
Ellenberger |
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Joeres |
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Matthias |
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Menges |
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Dauber |
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Das Verfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss vom 6. November 2018 erledigt.