Entscheidungsdatum: 19.09.2012
NV: Freiwillige Beiträge eines nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherten Kindes zu einer Lebensversicherung und zu einer privaten Rentenversicherung sind bei der Grenzbetragsprüfung für die Gewährung von Kindergeld nicht von den Einkünften und Bezügen des Kindes abzuziehen .
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Vater des im Januar 1983 geborenen Sohnes X (Kind), der sein Studium 2008 abgeschlossen hatte.
Das Kind erzielte im Kalenderjahr 2006 (Streitjahr) Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 8.956 € und entrichtete Semestergebühren inklusive Studienwerksbeiträge von 170 €. Die von ihm im Streitjahr geleisteten Vorsorgeaufwendungen betrugen insgesamt 1.601,19 € und setzten sich wie folgt zusammen:
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677,10 € für Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, |
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63,72 € für Beiträge zur privaten Kranken(zusatz)versicherung, |
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326,76 € für Beiträge zur fondsgebundenen Lebensversicherung --wovon 240 € auf die Hauptversicherung, 31,68 € auf die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung und 55,08 € auf die Berufsunfähigkeitsrente entfielen--, |
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218,61 € für Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung sowie |
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315 € für Beiträge zur Rentenversicherung. |
Mit Bescheid vom 30. Juli 2008 hob die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) die Festsetzung von Kindergeld für 2006 auf und forderte insoweit überzahltes Kindergeld in Höhe von 1.848 € zurück.
Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 2008 als unbegründet zurückgewiesen.
Auch die sich anschließende Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes den im Kalenderjahr 2006 nach § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. maßgeblichen Grenzbetrag in Höhe von 7.680 € überschritten.
Nach Abzug der vom Kläger nachgewiesenen Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (677,10 €) sowie der Studiengebühren (170 €) verblieben Einkünfte und Bezüge in Höhe von (8.956 € - 677,10 € - 170 € =) 8.108,90 €.
Nicht zu den bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. abzuziehenden Aufwendungen gehörten dagegen die vom Kind geleisteten Beiträge für eine private Krankenzusatzversicherung (63,72 €).
Ebenso seien die Vorsorgeaufwendungen des Kindes für die fondsgebundene Lebensversicherung (326,76 €) sowie für die Rentenversicherung (315 €) nicht abzuziehen.
Es könne offen bleiben, wie die Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung (218,61 €) zu beurteilen seien. Selbst wenn man diese zum Abzug zuließe, würde der im Kalenderjahr 2006 maßgebliche Grenzbetrag überschritten.
Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1170 veröffentlicht.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Es liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vor. Eltern, deren Kinder Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezögen und hierbei zur gesetzlichen Sozialversicherung herangezogen würden, hätten --bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen-- Anspruch auf Kindergeld, wohingegen er, der Kläger, kein Kindergeld erhalte, nur weil sein Sohn als Selbständiger Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele und freiwillig für Alter und Krankheit Vorsorge getroffen habe.
Es könne keinen Unterschied machen, ob das Kind als Selbständiger seine Altersvorsorge durch Lebensversicherungen oder als abhängig Beschäftigter durch Beitritt zur gesetzlichen Rentenversicherung "bewerkstellige".
Stünden die konkret getroffenen Vorsorgemaßnahmen in ihrer Gesamtheit dem Leistungskatalog der gesetzlichen Sozialversicherung gleich, müssten sie als zwangsläufig im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gelten, so dass die hierfür aufgewendeten Beiträge demzufolge zum Abzug zugelassen werden müssten.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung sowie den Aufhebungsbescheid der Familienkasse vom 30. Juli 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 2008 aufzuheben.
Die Familienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Sie verweist auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen der Vorentscheidung.
II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Sie war daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.
Das FG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes im Kalenderjahr 2006 den maßgeblichen Grenzbetrag überschreiten.
1. Für ein volljähriges Kind besteht --unter weiteren hier nicht streitigen Voraussetzungen-- nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG in der im Streitjahr 2006 geltenden Fassung Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7.680 € im Kalenderjahr hat.
a) Der Begriff der Einkünfte i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. entspricht dem in § 2 Abs. 2 EStG gesetzlich definierten Begriff (vgl. dazu BVerfG-Beschluss vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260; ferner Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Juni 2010 III R 59/09, BFHE 230, 142, BStBl II 2011, 121, unter II.2.; vom 25. November 2010 III R 23/10, BFH/NV 2011, 774, unter II.2.; vom 19. Mai 2011 III R 41/09, BFH/NV 2011, 1852, unter II.2.).
Im Wege verfassungskonformer Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. sind Einkünfte ebenso wie Bezüge nur zu berücksichtigen, soweit sie zur Bestreitung des Unterhalts und der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind. Beträge, die wie die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge "von Gesetzes" wegen dem Einkünfte erzielenden Kind oder dessen Eltern nicht für den Unterhalt zur Verfügung stehen und deshalb die Eltern finanziell nicht entlasten können, sind nicht als Einkünfte anzusetzen (vgl. dazu BVerfG-Beschluss in BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260; BFH-Urteile in BFHE 230, 142, BStBl II 2011, 121, unter II.3.; in BFH/NV 2011, 774, unter II.3.; in BFH/NV 2011, 1852, unter II.2.).
b) Nach der Rechtsprechung des III. Senats des BFH, der sich der erkennende Senat insoweit anschließt, sind Aufwendungen, die weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind, bei der Ermittlung des Grenzbetrags i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. dementsprechend als Minderposten nur zu berücksichtigen, wenn sie entweder auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhen (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 2011, 774, unter II.5.a; vom 22. September 2011 III R 73/08, BFH/NV 2012, 398, unter II.1.c aa; vom 27. Oktober 2011 III R 92/10, BFH/NV 2012, 412, unter II.2.a) oder zwar freiwillig geleistet werden, aber für einen existentiell notwendigen Versicherungsschutz unvermeidbar sind (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 29. Mai 2008 III R 33/06, BFH/NV 2008, 1664, unter II.1.e; in BFHE 230, 142, BStBl II 2011, 121, unter II.5.b; vom 21. Oktober 2010 III R 18/10, BFH/NV 2011, 251, unter II.4.).
2. Nach diesen Grundsätzen sind --wie das FG mit Recht entschieden hat-- die Einkünfte und Bezüge des Kindes weder um die von ihm im Streitjahr geleisteten Beiträge zur Lebensversicherung (326,76 €) noch zur Rentenversicherung (315 €) zu mindern.
a) Beiträge eines gesetzlich rentenversicherten Kindes zu Lebensversicherungen (vgl. dazu BFH-Urteile in BFH/NV 2008, 1664, unter II.2.; in BFH/NV 2011, 251, unter II.4.; vom 22. September 2011 III R 23/09, BFHE 235, 342, BStBl II 2012, 594, unter II.3.) und privaten Rentenversicherungen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 26. September 2007 III R 4/07, BFHE 219, 112, BStBl II 2008, 738, unter II.4.) sind bei der Ermittlung der kindergeldschädlichen Einkünfte und Bezüge nicht von den Einkünften abzusetzen. Auch mindern die Beiträge, die ein in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichertes Kind --nicht auf einer gesetzlichen, sondern tarifvertraglichen Verpflichtung beruhend-- an die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder leistet, dessen Einkünfte und Bezüge nicht (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 230, 142, BStBl II 2011, 121, unter II.4.; in BFH/NV 2011, 251, unter II.4.; in BFH/NV 2011, 774, unter II.5.; in BFH/NV 2011, 1852, unter II.4.).
b) Dies gilt auch dann, wenn das Kind --wie hier-- nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist.
aa) Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung zum Abschluss von Lebensversicherungen und privaten Rentenversicherungen. Im Gegensatz zu den gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträgen sind Beiträge zu Lebens- und privaten Rentenversicherungen nicht schon als auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhend von den Einkünften des Kindes abzusetzen.
bb) Ebenso wenig handelt sich um unvermeidbare Beiträge zur Erlangung eines existentiell notwendigen Versicherungsschutzes.
(1) Beiträge zur Lebensversicherung und zur privaten Rentenversicherung dienen nicht der gegenwärtigen Existenzsicherung des Kindes, sondern der Vorsorge für künftige Zeiten. Sie sind besonders geartete und besonders gesicherte Sparleistungen (vgl. dazu BFH-Urteile vom 16. Oktober 2002 XI R 41/99, BFHE 200, 529, BStBl II 2003, 179, unter II.1.; in BFHE 219, 112, BStBl II 2008, 738, unter II.4.). Sparleistungen dieser Art sind --vergleichbar den vermögenswirksamen Leistungen (vgl. dazu BFH-Urteile in BFH/NV 2012, 398, unter II.1.c; in BFHE 235, 342, BStBl II 2012, 594, unter II.2.; vom 22. September 2011 III R 57/09, BFH/NV 2012, 562, unter II.2.b; vom 22. September 2011 III R 73/10, BFH/NV 2012, 29, unter II.2.)-- bei der Grenzbetragsprüfung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. nicht von den Einkünften und Bezügen des Kindes abzuziehen.
(2) Abweichendes ergibt sich nicht aus dem BVerfG-Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvL 1/06 (BVerfGE 120, 125, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2008, 1868).
(a) Das BVerfG hat es offen gelassen, ob generelle Bedenken dagegen bestehen, Sparvorgänge dem Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums zu unterwerfen. Hinsichtlich der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge führte es aus, dass diese jedenfalls keinen Sparcharakter hätten. Gegen die Einbeziehung einer reinen Risikoversicherung mit kalenderjahrmäßig abgrenzbaren Beiträgen in das steuerfreie Existenzminimum bestünden keine grundsätzlichen Bedenken (vgl. dazu BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 125, NJW 2008, 1868, unter D.II.2.).
(b) Wie sich aus den vom FG in Bezug genommenen Vertragsunterlagen zur vom Kind abgeschlossenen Lebensversicherung und zur privaten Rentenversicherung ergibt, handelt es sich weder bei der Lebensversicherung noch bei der privaten Rentenversicherung um reine Risikoversicherungen. Beide dienen vielmehr der Kapitalbildung und weisen Sparcharakter auf. Die zu diesen Versicherungen entrichteten Beiträge dienen mithin nicht der Befriedigung des gegenwärtigen, dem steuerfreien Existenzminimum unterfallenden Bedarf des Kindes.
(aa) Nach § 1 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen für die vom Kind abgeschlossene fondsgebundene Lebensversicherung (AB) bietet die Lebensversicherung Versicherungsschutz unter unmittelbarer Beteiligung an der Wertentwicklung eines oder mehrerer Sondervermögen (Anlagestock/Anlagestöcke). Der Versicherer zahlt --statt der vereinbarten Todesfallleistung von mindestens 23.472 € (S. 1 des Versicherungsscheins A)-- im Erlebensfall an das Kind das angesammelte Deckungskapital in Wertpapieren der Anlagestöcke oder, soweit dies nicht möglich ist, in Geld aus (§ 1 Abs. 6 AB). Der Versicherungsnehmer hat nach § 1 Abs. 4 AB die Chance, bei Kurssteigerung der Wertpapiere der Anlagestöcke einen Wertzuwachs zu erzielen, trägt aber auch das Risiko der Wertminderung.
(bb) Die vom Kind ferner abgeschlossene private Rentenversicherung gehört zur Bestandsgruppe "Kapitalbildende Lebensversicherung mit überwiegendem Erlebensfallcharakter" (S. 2 des Versicherungsscheins B vom 11. Mai 2005). Die künftige Rente wird zwar lebenslänglich, mindestens jedoch für die garantierte Laufzeit von 15 Jahren monatlich gezahlt. Weiter ist eine Kapitaloption vereinbart, wonach anstelle der versicherten Rente zum vereinbarten Rentenzahlungsbeginn eine Kapitalabfindung in Höhe von 36.180,38 € zuzüglich dem zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Überschussguthaben verlangt werden kann (S. 2 des Versicherungsscheins B vom 11. Mai 2005).
cc) Entgegen dem Revisionsvorbringen kommt es nicht darauf an, ob die konkret getroffenen Vorsorgemaßnahmen in ihrer Gesamtheit dem Leistungskatalog der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen.
Die Beiträge für die Lebens- und privaten Rentenversicherungen sind auch insoweit nicht von den Einkünften des Kindes abzuziehen, als sie für eine der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechende existentielle Absicherung im Alter erforderlich sind. Unvermeidbar sind zwar Aufwendungen für einen existenziell notwendigen Versicherungsschutz, der zur Absicherung gegen existenzgefährdende Wechselfälle des Lebens dient (vgl. u.a. BFH-Urteil in BFHE 230, 142, BStBl II 2011, 121, unter II.5.b). Entscheidend ist jedoch, dass die Beiträge zur Lebens- und privaten Rentenversicherung der hier vorliegenden Art zur Bestreitung des gegenwärtigen Existenzminimums des Kindes nicht erforderlich und somit vermeidbar sind (dazu vorstehend unter II.2.b bb). Andere Sonderausgaben als die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung entstehen --wie hier-- dem Kind nicht mit derselben Zwangsläufigkeit (vgl. dazu BFH-Urteile vom 21. Juli 2000 VI R 153/99, BFHE 192, 316, BStBl II 2000, 566, unter II.2.h bb; vom 9. Juni 2011 III R 28/09, BFHE 234, 149, BStBl II 2012, 213, unter II.2.c bb).
Der sachliche Differenzierungsgrund liegt darin, dass die für die Lebens- und private Rentenversicherung aufgewendeten Beträge --im Gegensatz zu den Beiträgen in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherter Kinder-- zunächst in die Verfügungsmacht des Kindes gelangten und ihr nachfolgender Abfluss nicht dessen gegenwärtiger Existenzsicherung diente, mithin vermeidbar war (dazu vorstehend unter II.2.b bb). Hinzu kommt, dass --wovon die Vorentscheidung zurecht ausging-- die Eltern nach den zivilrechtlichen Unterhaltsregelungen bis zur Beendigung der Ausbildung des Kindes nicht verpflichtet sind, die Kosten für eine Altersvorsorge des Kindes zu tragen. Eine Altersversorgung gehört nicht zum Lebensbedarf des Kindes i.S. des § 1610 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 219, 112, BStBl II 2008, 738, unter II.4., m.w.N.).
Zweck der Regelung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist die Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern und nicht die des Kindes. Stellt der Gesetzgeber hinsichtlich des Grenzbetrages auf die Einkünfte und Bezüge des Kindes ab, muss dieser Grenzbetrag so bemessen sein, dass dem Kind nach Abzug der nicht vermeidbaren Sonderausgaben in dem von der Verfassung vorgegebenen Umfang noch ausreichende Mittel verbleiben, um seinen existenznotwendigen Bedarf zu decken. Von Verfassungs wegen ist es dagegen nicht geboten, den Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG unter pauschalierender Berücksichtigung sämtlicher Sonderausgaben nach § 10 EStG zu bemessen, zumal andere Sonderausgaben als etwa die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung dem Kind nicht mit derselben Zwangsläufigkeit entstehen. Die insoweit nicht unterhaltsverpflichteten Eltern erfahren keine Benachteiligung, weshalb die Einbeziehung zur Lebens- und privaten Rentenversicherung entrichteter Beiträge in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. --entgegen dem Revisionsvorbringen-- nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.
Verfassungsrechtlich bedenkenfreier Zweck der Begrenzung von Ansprüchen gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. ist, diejenigen Eltern von finanziellen Entlastungen durch Kindergeld auszuschließen, deren Kinder über eigene Einkünfte und Bezüge in einer das zu schützende Existenzminimum übersteigenden Höhe verfügen, so dass zugleich die Unterhaltspflicht der Eltern entfällt oder sich mindert. Dies verlangt, dass für die Einbeziehung von Mitteln des Kindes in die Bemessungsgröße für die Freigrenze die mögliche Entlastungswirkung solcher Mittel bei den unterhaltspflichtigen Eltern entscheidet, denn auf deren Leistungsfähigkeit kommt es für Gewährung und Begrenzung von Kindergeld an (vgl. dazu BVerfG-Beschluss in BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260, unter B.I.3.b aa).
3. Hiernach kommt es nicht darauf an, ob sowohl die Beiträge zur privaten Krankenzusatzversicherung als auch die zu den Versicherungen gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit die Einkünfte des Kindes mindern.
Selbst wenn die geleisteten Beiträge zur privaten Krankenzusatzversicherung in Höhe von 63,72 € unvermeidbar gewesen wären und das Kind mit seinen privaten Versicherungen gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit lediglich eine Mindestvorsorge getroffen hätte, verblieben ihm nach Abzug der hierfür im Kalenderjahr 2006 entrichteten Beiträge in Höhe von insgesamt 369,09 € --63,72 € Krankenzusatzversicherung; 31,68 € Berufsunfähigkeitszusatzversicherung; 55,08 € Berufsunfähigkeitsrente; 218,61 € Berufsunfähigkeitsversicherung-- zur Bestreitung des Unterhalts und der Berufsausbildung geeignete und bestimmte Einkünfte in hinlänglicher Höhe.
Nach Abzug der Semestergebühren von 170 € (vgl. dazu BFH-Urteile vom 14. November 2000 VI R 62/97, BFHE 193, 444, BStBl II 2001, 491, unter 2.; vom 18. Mai 2006 III R 5/05, BFHE 214, 124, BStBl II 2008, 354, unter II.2.a; in BFH/NV 2008, 1664, unter II.1.c; vom 22. September 2011 III R 38/08, BFHE 235, 331, BStBl II 2012, 338, unter II.1.b) sowie der Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung von 677,10 € (vgl. dazu BFH-Urteile vom 16. November 2006 III R 74/05, BFHE 216, 69, BStBl II 2007, 527, unter II.3.; vom 14. Dezember 2006 III R 24/06, BFHE 216, 225, BStBl II 2007, 530, unter II.1.; in BFHE 219, 112, BStBl II 2008, 738, unter II.2.; in BFH/NV 2008, 1664, unter II.1.e) verbleiben --was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist-- Einkünfte in Höhe von 8.108,90 €. Mithin wäre der Grenzbetrag i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. von 7.680 € auch dann überschritten, wenn die Beiträge für die private Krankenzusatzversicherung und die Berufsunfähigkeitsversicherungen von insgesamt 369,09 € zum Abzug kämen und das Kind hiernach Einkünfte in Höhe von 7.739,81 € hätte.