Entscheidungsdatum: 29.11.2017
1. NV: Werden in einem Versicherungstarif einer privaten Krankenkasse sowohl Leistungen versichert, die der Basisabsicherung dienen, als auch nicht gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 3 EStG begünstigte Wahlleistungen, bedarf es einer Aufteilung der Beiträge auf der Grundlage der Krankenversicherungsbeitragsanteil-Ermittlungsverordnung (KVBEVO).
2. NV: Selbst wenn der so ermittelte Beitrag zur Basisabsicherung geringer sein sollte als ein vergleichbarer Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung bzw. als ein vergleichbarer Basistarif gemäß § 12 Abs. 1a und Abs. 1c VAG a.F., sind lediglich die auf der Grundlage der KVBEVO ermittelten Beiträge zur Basisabsicherung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 3 EStG abziehbar.
3. NV: Zweifel an der Rechtmäßigkeit der KVBEVO bestehen nicht.
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 16. Dezember 2015 1 K 1812/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
I.
Die zusammenveranlagten Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielen als Ärzte vor allem Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Sie sind privat krankenversichert und entrichteten im Streitjahr 2010 Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 5.710 € (Kläger) sowie 6.253 € (Klägerin), die sie als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) geltend machten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte hingegen lediglich die Beiträge für die Basisabsicherung des Klägers in Höhe von 4.331 € sowie der Klägerin in Höhe von 4.411 €. Diese waren ihm von dem betreffenden Versicherungsträger übermittelt worden.
Die Kläger waren und sind der Auffassung, die lediglich beschränkte Abziehbarkeit der Krankenversicherungsbeiträge verstoße gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Während die gesetzlich Krankenversicherten ihre Beiträge gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 2 EStG vollständig als Sonderausgaben abziehen dürften, könnten sie als Privatversicherte die von ihnen geleisteten Beiträge nur nach Maßgabe von § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 3 EStG geltend machen. Entscheidend für die Abziehbarkeit müsse hingegen die Höhe des von den privaten Krankenversicherungen anzubietenden Basistarifs sein, der im Streitjahr 6.705 € betrage. Da die von ihnen gezahlten Beiträge unterhalb des Basistarifs lägen, müssten sie in voller Höhe abziehbar sein.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 392 veröffentlichten Urteil abgewiesen. Die Neuregelung der Abziehbarkeit der Krankenversicherungsbeiträge durch das Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen vom 16. Juli 2009 (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung; BGBl I 2009, 1959) sei verfassungskonform.
Ihre Revision begründen die Kläger mit der Verletzung materiellen Rechts. Der Gesetzgeber habe die Grundentscheidung zur Entlastung der Steuerpflichtigen von den Kosten einer Krankenversicherung bezogen auf das Ziel einer realitätsgerechten Freistellung des Existenzminimums nicht folgerichtig umgesetzt. Vor dem Hintergrund der wesentlichen Systemunterschiede zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung komme dem Basistarif der privaten Krankenversicherungen, der dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss vom 13. Februar 2008 2 BvL 1/06 (BVerfGE 120, 125) noch nicht bekannt gewesen sei, eine besondere Bedeutung zu. Der Basistarif sei ein einheitlicher Tarif in der privaten Krankenversicherung, der zum 1. Januar 2009 eingeführt worden sei. Gemäß § 193 Abs. 3 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz --VVG--) bestehe eine allgemeine Krankenversicherungspflicht. Private Krankenversicherer seien verpflichtet, jedem Versicherten ohne Gesundheitsüberprüfung den Zugang zu einem Basistarif zu ermöglichen. Dieser sei ein gesetzlich definiertes Produkt, das nach Art, Umfang und Höhe mit den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbar sein müsse. Der für die private Krankenkasse typische höherwertige Versicherungsschutz bestehe im Basistarif nicht. Sein Beitrag sei grundsätzlich abhängig vom Alter des Versicherten, dürfe aber nicht höher sein als der Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung.
Die verfassungsgerichtliche Kontrolle der hinreichenden einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Beiträgen zu privaten Kranken- und Pflegeversicherungen setze --so das BVerfG-- die Bestimmung des einkommensteuerlichen Entlastungsbetrags einerseits und des sozialhilferechtlich maßgeblichen Vergleichsbetrags andererseits voraus. Das sozialhilferechtlich maßgebliche Versorgungsniveau habe der Gesetzgeber in § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG festgelegt, indem er für Beiträge zur gesetzlichen Krankenkasse eben diese Beiträge als erforderlich bezeichne. Damit sei der im Bereich des Existenzminimums notwendige Bedarf hinreichend definiert. Wolle man die beiden Säulen des Krankenversicherungssystems --gesetzlich und privat-- unterschiedlich typisieren, folge aus der logischen Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG, dass für den Bereich der privaten Krankenversicherungen der Basistarif das maßgebliche Versorgungsniveau festlege. Da dem Gesetzgeber bei der Änderung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung der seit dem 1. Januar 2009 in Kraft getretene Basistarif bereits bekannt gewesen sei, könne die gewählte Form der Ungleichbehandlung nicht nachvollzogen werden. Versicherte im Bereich der privaten Krankenversicherung könnten nicht auf eine Beitragshöhe verwiesen werden, die unter dem Beitrag liege, die von ihnen fiktiv im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung zu entrichten gewesen wäre. Ausgehend vom subjektiven Nettoprinzip sei daher der durch die privaten Krankenversicherungsgesellschaften ermittelte --allerdings intransparente-- Basisbeitrag zur Krankenversicherung zur Angleichung der Systeme an ein sozialhilfegleiches Versorgungsniveau zugrunde zu legen, wobei stets der Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung maßgeblich sein müsse.
In Verletzung des Art. 3 GG lege der Gesetzgeber --abweichend von seiner eigenen Typisierung-- für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung ein für den Steuerpflichtigen völlig intransparentes und je nach Geschlecht, Alter und Versicherungsgesellschaft zu unterschiedlichen Ergebnissen führendes Verfahren fest. Die Krankenversicherungsbeitragsanteil-Ermittlungsverordnung vom 11. August 2009 (KVBEVO; BGBl I 2009, 2730) bewirke, dass die verschiedenen Krankenversicherungstarife einer Versicherungsgesellschaft und noch mehr die unterschiedlichen Tarife verschiedener Versicherungsgesellschaften bei betragsmäßig etwa gleichem monatlichem Versicherungsbeitrag zu unterschiedlichen anerkennungsfähigen Beitragsanteilen führten. Dies sei bedingt durch die unterschiedliche Gewichtung der verschiedenen Beitragsanteile in den jeweiligen Tarifen und eine unterschiedliche Kostenstruktur der diversen Vertriebswege der Versicherungsgesellschaften. Dem Normgeber seien zwar die Besonderheiten bei den unterschiedlichen Tarifen nicht anzulasten, die von ihm gewählte Form der Berechnung des abziehbaren Beitragsanteils führe aber zu keiner "Gleichheit im Recht".
Ob im Streitfall ein Verstoß gegen die KVBEVO gegeben sei, könne nicht beurteilt werden, da die KVBEVO ihrerseits gegen das verfassungsrechtlich garantierte Transparenzprinzip verstoßen dürfte.
Die Annahme, im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung sei das Leistungsniveau weitgehend unabhängig von der Höhe der gezahlten Beiträge, sei zwischenzeitlich nicht mehr gegeben. Dies beruhe nicht nur auf den unterschiedlichen gesetzlichen Krankenkassen, sondern auch darauf, dass der Gesetzgeber die verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen dem freien Wettbewerb überlassen habe. Um in diesem zu bestehen, zahlten verschiedene gesetzliche Krankenkassen Prämien an ihre Mitglieder oder vergüteten Leistungen, die nach den Regelungen des gemeinsamen Bundesausschusses Ärzte und Krankenkassen nicht zum Leistungsinhalt der gesetzlichen Krankenkassen zählten. Damit werde das Leistungsniveau nicht mehr ausschließlich vom Sozialgesetzgeber festgelegt. Der Versicherte einer gesetzlichen Krankenversicherung könne überdies relativ problemlos seine Krankenkasse wechseln und so auf Art und Umfang des gewährten Versicherungsschutzes Einfluss nehmen. Diese Wahlmöglichkeit sei ihnen als Privatversicherte verwehrt, da sie bei einem Wechsel erhebliche Anteile an der Altersrückstellung verlören und Vorerkrankungen Ausschlussgründe sein könnten.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 6. Juni 2014 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 22. Mai 2014 dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Sonderausgaben für den Kläger in Höhe von 1.379 € und für die Klägerin in Höhe von 1.842 € abziehbar sind.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision der Kläger wird als unbegründet zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Kläger die von ihnen geleisteten Krankenversicherungsbeiträge lediglich in Höhe von 4.331 € (für den Kläger) sowie in Höhe von 4.411 € (für die Klägerin) gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG als Sonderausgaben abziehen konnten (unter 1.). Die gesetzliche Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 3 i.V.m. der auf § 10 Abs. 5 EStG beruhenden KVBEVO ist verfassungsgemäß (unter 2.).
1. Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 1 EStG sind Beiträge zu Krankenversicherungen als Sonderausgaben abziehbar, soweit diese zur Erlangung eines durch das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind. Für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung sind dies gemäß Satz 3 des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG die Beitragsanteile, die auf Vertragsleistungen entfallen, die, mit Ausnahme der auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile, in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) vergleichbar sind, auf die ein Anspruch besteht; § 12 Abs. 1d des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG; inzwischen § 158 Abs. 2 VAG n.F.) gilt entsprechend.
a) Sind --wie im Streitfall-- in einem Versicherungstarif sowohl Leistungen versichert, die dieser Basisabsicherung dienen, als auch nicht begünstigte Wahlleistungen, bedarf es einer Aufteilung der Beiträge. Durch die auf § 10 Abs. 5 EStG beruhende KVBEVO hat der Verordnungsgeber bestimmt, wie im Falle des privaten Krankenversicherungsschutzes der nicht abziehbare Teil der Beiträge zu ermitteln ist, soweit der nicht abziehbare Beitragsteil nicht bereits als gesonderter Tarif oder Tarifbaustein ausgewiesen wird.
Das geschieht über ein Punktesystem, in dem verschiedenen Leistungsarten Punkte zugeordnet werden und sodann gequotelt wird (s. Begründung der KVBEVO, BRDrucks 533/09, S. 8 ff., mit einem Berechnungsbeispiel; weitere Berechnungsbeispiele finden sich u.a. bei Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 10 EStG Rz 162; Myßen/Wolter, Neue Wirtschaftsbriefe 2009, 2313). Das Ergebnis der Aufteilung, d.h. die Höhe der abziehbaren Beiträge, teilt das Krankenversicherungsunternehmen gemäß § 10 Abs. 2a EStG der Finanzverwaltung mit.
b) Für den von den Klägern gewünschten Ansatz des Basistarifs als abziehbaren Mindestbeitrag fehlt es hingegen bei den Privatversicherten, die diesen Basistarif nicht explizit gewählt haben, an einer gesetzlichen Grundlage.
c) Die gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 3 EStG abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge der privat krankenversicherten Kläger sind im Streitfall den gerade dargestellten Vorgaben entsprechend berechnet worden. Dass ihre private Krankenversicherung bei der Berechnung der nicht abziehbaren Beitragsanteile die Vorgaben der KVBEVO unbeachtet gelassen habe, haben die Kläger weder behauptet noch sind Ermittlungsfehler für den Senat erkennbar.
d) Da die Kläger im Streitfall keinen Basistarif abgeschlossen hatten, können sie auch nicht den von ihnen berechneten Höchstbeitrag für den Basistarif in Abzug bringen, da nur der von ihnen tatsächlich verwirklichte Sachverhalt --die Zahlung von Beiträgen für eine private Krankenversicherung, die auch Wahlleistungen anbietet-- und nicht ein hypothetischer Sachverhalt der Besteuerung unterworfen werden kann.
2. Die Neuregelung des Abzugs der Beiträge zu privaten Krankenversicherungen durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung ist verfassungsgemäß.
Es ist nicht zu beanstanden, dass sich der Gesetzgeber bei der Ermittlung des durch das SGB XII bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus, das von Verfassungs wegen von der Besteuerung freizustellen ist, an dem Leistungsniveau der gesetzlichen Krankenversicherungen orientiert hat, so dass Beiträge für nach Art, Umfang und Höhe der den in dem Dritten Kapitel SGB V genannten Leistungen vergleichbare Vertragsleistungen steuerlich abziehbar sind (unter a). Für eine Ungleichbehandlung der unterschiedlich Krankenversicherten, die das in der Natur einer Typisierung liegende Ausmaß überschreitet, sieht der erkennende Senat keine Anhaltspunkte (unter b). Der Senat hat ebenso keine Zweifel, dass die KVBEVO rechtmäßig ist (unter c).
a) In seinem Beschluss in BVerfGE 120, 125 hat das BVerfG entschieden, dass das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums nicht nur das sogenannte sächliche Existenzminimum schützt, sondern dass auch Beiträge zu privaten Versicherungen für den Krankheits- und Pflegefall Teil des einkommensteuerrechtlich zu verschonenden Existenzminimums sein können.
aa) Für die Bemessung des existenznotwendigen Aufwands ist --so das BVerfG-- auf das sozialhilferechtlich gewährleistete Leistungsniveau als eine das Existenzminimum quantifizierende Vergleichsebene abzustellen. Die Schwierigkeit der Quantifizierung des sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus im Bereich Krankheit und Pflege hat das BVerfG eingeräumt (Beschluss in BVerfGE 120, 125, Rz 122). Es weist indes darauf hin, dass es sich anbiete, die Beiträge der Steuerpflichtigen zu privaten Kranken- und Pflegeversicherungen jeweils gesondert daraufhin zu betrachten, ob die konkreten Versicherungsbeiträge zur Erlangung eines sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus nach Art und Umfang erforderlich seien. Hierzu nicht erforderliche Versicherungsarten und Tarifgestaltungen seien dann aus der Betrachtung auszuscheiden. Im Übrigen sei es Aufgabe des Gesetzgebers, bei den als erforderlich anzusehenden Versicherungen eine sachgerechte Typisierung hinsichtlich des Umfangs der abzugsfähigen Beträge vorzunehmen, die am Ziel der Steuerfreiheit des Existenzminimums ausgerichtet sei (vgl. Beschluss in BVerfGE 120, 125, Rz 126). Der Steuergesetzgeber sei zwar nicht gehalten, die Beiträge zu "normalen" privaten Krankheitskostenversicherungen von Verfassungs wegen stets zu 100 % zu berücksichtigen. Es müssten nur die zur Erlangung eines sozialhilfegleichen Lebensstandards erforderlichen Aufwendungen berücksichtigt werden, und zwar selbst dann, wenn der Steuerpflichtige faktisch oder rechtlich zu höheren Aufwendungen verpflichtet sei. Das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums habe nicht den Sinn, die Kosten eines über dem Sozialhilfeniveau liegenden Lebensstandards über die Einkommensteuer auf die Allgemeinheit zu verteilen. Der Gesetzgeber könne die Privatversicherten daher darauf verweisen, dass ein Teil ihrer Beiträge bei der Einkommensteuer unberücksichtigt bleibt, soweit nach seiner Einschätzung das Versorgungsniveau von privaten Krankenversicherungen üblicherweise über das wiederum an das Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung angekoppelte Sozialhilfeniveau hinausgehe (so Beschluss in BVerfGE 120, 125, Rz 135).
bb) Der Gesetzgeber hat die Vorgaben des BVerfG im Rahmen der gesetzlichen Neuregelung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung beachtet.
In Satz 1 des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG ist --in Übereinstimmung mit den gerade dargestellten Anforderungen-- der Grundsatz normiert worden, dass Beiträge zu Krankenversicherungen abziehbar sind, soweit sie zur Erlangung sozialhilfegleichen Niveaus erforderlich sind. Diese Erforderlichkeit hat der Gesetzgeber für die unterschiedlichen Versichertengruppen in den folgenden Sätzen des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG konkretisiert: Für gesetzlich Versicherte sind die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung erforderlich, die nach dem Dritten Titel des Ersten Abschnitts des Achten Kapitels des SGB V oder nach dem Sechsten Abschnitt des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte festgesetzt werden (Satz 2). Für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung sind dies die Beitragsanteile, die auf Vertragsleistungen entfallen, die, mit Ausnahme der auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile, in Art, Umfang und Höhe den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB V vergleichbar sind (Satz 3). Beiträge, die ein privat Versicherter als Basistarif gemäß § 12 Abs. 1d VAG (BGBl 1993 I 2, geändert durch das Gesetz vom 17. Oktober 2008, BGBl I 1982, aktuell § 152 VAG n.F.) entrichtet, sind vollständig abziehbar, da hierdurch Vertragsleistungen versichert werden, die ebenfalls in Art, Umfang und Höhe jeweils den Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB V, auf die ein Anspruch besteht, vergleichbar sind (vgl. § 12 Abs. 1a Satz 1 VAG; § 152 Abs. 1 Satz 1 VAG n.F.).
In allen Konstellationen können demzufolge die Beiträge abgezogen werden, die zur Erlangung des in dem SGB V normierten Krankenversicherungsschutzes erforderlich sind. Der Gesetzgeber hat damit die auf dem Sozialstaatsprinzip beruhenden Vorgaben erfüllt. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die nicht gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG abziehbaren Beiträge --z.B. Beitragsanteile, die auf Wahlleistungen entfallen oder der Finanzierung des Krankengeldes dienen-- gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG, wenn auch nur im Rahmen der Höchstbeträge des § 10 Abs. 4 EStG, steuerlich berücksichtigt werden können.
b) Entscheidender Ansatzpunkt des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG sind die Leistungen, die von den Krankenversicherungen --egal ob gesetzlich oder privat-- im jeweiligen Einzelfall zu erbringen sind. Die gesetzliche Regelung behandelt insoweit alle Krankenversicherten gleich, da bei jedem die Aufwendungen für einen vergleichbaren Versicherungsschutz steuerlich berücksichtigt werden.
Hierdurch wird jedoch kein in der Höhe gleicher Sonderausgabenabzug bewirkt, denn die Höhe der zur Erlangung des vergleichbaren Versicherungsschutzes notwendigen Beiträge und damit auch zwangsläufig die Höhe der gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG abziehbaren Beiträge unterscheiden sich nicht unerheblich.
aa) Die jeweilige Beitragsberechnung beruht auf unterschiedlichen Prinzipien. So bestimmt sich bei den in einer gesetzlichen Krankenkasse Versicherten die Höhe der Beiträge bis zur Beitragsbemessungsgrenze nach der Höhe der in §§ 226 ff. SGB V genannten beitragspflichtigen Einnahmen. Demgegenüber kalkulieren die privaten Krankenversicherungen ihre Versicherungsprämien nach dem individuellen Risiko des jeweiligen Versicherten, wobei das Alter des Versicherten bei Eintritt in die private Versicherung eine entscheidende Rolle spielt (zu den Einzelheiten s.a. BVerfG-Urteil vom 10. Juni 2009 1 BvR 706/08, 1 BvR 814/08, 1 BvR 819/08, 1 BvR 832/08, 1 BvR 837/08, BVerfGE 123, 186, Rz 5 ff.). Die Beiträge für den Basistarif ohne Kosten für den Versicherungsbetrieb werden auf der Grundlage gemeinsamer Kalkulationsgrundlagen einheitlich für alle beteiligten Unternehmen ermittelt (vgl. § 12 Abs. 4b VAG, § 152 Abs. 5 VAG n.F.), Vereinbarungen von Risikozuschlägen und Leistungsausschlüssen sind unzulässig (§ 203 Abs. 1 Satz 2 VVG). Der Beitrag für den Basistarif ohne Selbstbehalt und in allen Selbstbehaltsstufen darf den Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht überschreiten (§ 12 Abs. 1c Satz 1 VAG, § 152 Abs. 3 VAG n.F.).
bb) Die aus der unterschiedlichen Höhe der Beiträge folgende unterschiedliche Höhe des Sonderausgabenabzugs verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, sondern bildet im Gegenteil die unterschiedliche Belastung der Steuerpflichtigen in sachgerechter Weise ab. Wie das FA zutreffend ausgeführt hat, erfolgt die Versorgung des Steuerpflichtigen nicht durch die Beiträge, sondern durch Leistungen an diesen. Die zur Erlangung des verfassungsrechtlichen gebotenen Krankenversicherungsstandards erforderlichen Beiträge sind in jedem Fall abziehbar, unabhängig davon, wie hoch sie im Einzelfall sind. Fallen diese Beiträge hingegen --aus welchen Gründen auch immer-- niedriger aus als in anderen vergleichbaren Fallgruppen, können sie lediglich in der geleisteten Höhe berücksichtigt werden, da nur insoweit eine wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen gegeben ist.
c) Die von den Klägern geäußerten Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der KVBEVO kann der erkennende Senat nicht teilen.
aa) Die KVBEVO erlaubt jedem Steuerpflichtigen, die Höhe des gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG abziehbaren Anteils seiner Krankenversicherungsbeiträge zu berechnen. Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit der KVBEVO hegt der Senat deshalb nicht.
bb) Sollte das Vorbringen der Kläger so zu verstehen sein, dass sie sich gegen die Art und Weise der Ermittlung und Festlegung der in § 3 Abs. 2 KVBEVO genannten Punktewerte durch den Verordnungsgeber wenden, ist dem entgegenzuhalten, dass diese in der Begründung der Verordnung ausführlich beschrieben werden. Die Anteile der Aufwendungen für Leistungen im Ambulant-, Stationär- und Zahnbereich wurden auf der Basis von Daten des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V. ermittelt und zudem auf Basis von Daten bestandsstarker Tarife plausibilisiert. Weitere Einzelheiten können der Begründung der KVBEVO entnommen werden (BRDrucks 533/09, S. 8 f.). Warum dieses Verfahren und die den Berechnungen zugrunde gelegten Daten nicht ausreichend transparent sein sollen, begründen die Kläger nicht.
cc) Soweit die Kläger vortragen, verschiedene gesetzliche Krankenkassen zahlten zwischenzeitlich Prämien an ihre Mitglieder oder vergüteten Leistungen, die nicht zum Leistungsinhalt der gesetzlichen Krankenkassen zählten, richten sich ihre Bedenken gegen den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen. Hierdurch könnten sich zwar Rückschlüsse auf den vergleichbaren Leistungsumfang der privaten Krankenversicherungen ergeben und damit inzidenter auch auf die dazu notwendigen und infolgedessen abziehbaren Beiträge einer privaten Krankenversicherung.
Dem Einwand ist aber entgegenzuhalten, dass das oben beschriebene Verfahren zur Ermittlung der abziehbaren Beiträge bei den privat Krankenversicherten, die auch Wahlleistungen absichern, nur typisierend ist und angesichts der Tarifvielfalt bei den privaten Krankenversicherern auch nur sein kann, da ansonsten die Vollziehbarkeit der Gesamtregelung nicht gewährleistet wäre (so auch HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 161). Aufgrund der zur Verwaltungsvereinfachung notwendigen Typisierung dürfen die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigt werden, wenn die daraus erwachsenden Vorteile im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen, der Gesetzgeber sich realitätsgerecht am typischen Fall orientiert und ein vernünftiger, einleuchtender Grund vorhanden ist (ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. z.B. Urteil zur Luftverkehrsteuer vom 5. November 2014 1 BvF 3/11, BVerfGE 137, 350, Rz 66, m.w.N.). Die von den Klägern behaupteten Entwicklungen in bestimmten Einzelfällen erreichen --auch nach ihrem eigenen Vorbringen-- jedenfalls bislang nicht ein solches Ausmaß, dass die Typisierung dadurch als unzutreffend und damit als gleichheitssatzwidrig erscheinen könnte.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 2 FGO.