Entscheidungsdatum: 22.01.2015
Haben die Parteien eines Bauvertrags mit funktionaler Ausschreibung eine ergänzende Preisabsprache zu einem bestimmten Montagevorgang getroffen, liegt hierin nicht ohne Weiteres eine abändernde Vereinbarung oder eine Anordnung des Auftraggebers über die Art der Ausführung.
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 15. November 2012 aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 12. Juni 2012 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass die zwischen der Klägerin und der Beklagten getroffene Vereinbarung vom 28./29. August 2008 zur Baumaßnahme "Verkehrszug W. brücke, Planungsabschnitt I, Los 1 - Straßenbau, Ingenieurbau, Tiefbau" ("Stahlbauvereinbarung" oder "Nachtrag 101") keine Anordnung oder Vereinbarung der Parteien als Grundlage eines Vergütungsanspruchs nach § 2 Nr. 5 und/oder Nr. 6 VOB/B (2002) enthält, mit der die in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehene Montagetechnologie hinsichtlich des Einschwimmvorgangs des Stromfeldes (Einschwimmen des Stromfeldes als Gesamtkonstruktion an Stelle des sukzessiven Einschwimmens einzelner Teile der Konstruktion) abgeändert worden ist.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen
Die Parteien streiten um die Auslegung einer Vereinbarung über einen Nachtrag beim Bau der W.-Brücke in D.
Die W.-Brücke sollte aus den beiden jeweils bis zum Flussufer reichenden Vorlandbrücken und einem den Flusslauf ohne Zwischenstütze überspannenden Brückenbogen, dem sogenannten Stromfeld, bestehen. Die Klägerin als Bauherrin für die W.-Brücke schrieb im Sommer 2005 die Baumaßnahme "Verkehrszug W.-Brücke, Planungsabschnitt 1 (…)" aus. Der Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 9. September 2005 lagen unter anderem eine Leistungsbeschreibung, zu deren Inhalt auch eine Baubeschreibung gehörte, und ein Montagegrobkonzept bei. In der Baubeschreibung heißt es auf Seite 65 unter 3.3.3:
" (…) Grundsätzlich bleibt die Art des Bauvorgangs dem AM überlassen. Falls der Bieter das Montagegrobkonzept übernimmt, hat er es eigenverantwortlich auf Durchführbarkeit zu überprüfen. (…)"
Der Montagevorgang des Stromfeldes wird als "Einschwimmen" bzw. "Einschwimmvorgang" bezeichnet. Das Montagegrobkonzept sah vor, das Stromfeld nicht als vormontierte Gesamtkonstruktion einstufig, sondern sukzessiv in einzelnen Teilen mithilfe eines schwimmenden Floßes (Pontons) in die Endposition über dem Fluss zu bewegen und zu montieren.
Die Beklagte reichte im November 2005 ein Angebotsschreiben ein. In dem beigefügten Leistungsverzeichnis war unter der Position 6.7.20, "Einbauvorgang des Stromfeldes", ein Betrag von 631.250 € ausgewiesen. Die Beklagte erhielt nach Verzögerungen im Vergabeverfahren im Juli 2007 den Zuschlag. Die VOB/B war Bestandteil des Vertrags.
Im Oktober 2007 übersandte die Beklagte der Klägerin ihre Bauwerksbeschreibung, in der sie darauf hinwies, dass das Stromfeld am Ufer vormontiert und in einem Arbeitsschritt eingeschwemmt werden sollte. Die Klägerin stimmte dem in einer Besprechung am 10. Dezember 2007 zu, wies aber darauf hin, dass sich aus ihrer Zustimmung zu dem gegenüber dem Montagegrobkonzept geänderten Montageablauf keine wirtschaftlichen, organisatorischen oder technischen Auswirkungen für sie ergeben dürften.
Nachfolgend verzögerte sich die Bauausführung weiter. Währenddessen stiegen die Stahlpreise auf dem Weltmarkt stark an. Am 30. Juli 2008 unterbreitete die Beklagte der Klägerin ein Angebot betreffend Mehrkosten, das einen Anhang über die "Mehrkosten bei der Herstellung der Stahlkonstruktion" enthielt. Darin war unter der Position 6.7.20 ("Einbauvorgang des Stromfeldes") der ursprüngliche Preis von 631.250 € durch den Betrag von 932.200 € ersetzt. Diese Summe entsprach dem beigefügten Angebot der Subunternehmerin D.-GmbH, die die Montage des Stromfeldes zu jenem Preis für einen einstufigen Einschwimmvorgang anbot.
Nach weiteren Verhandlungen der Parteien legte die Beklagte unter dem 28. August 2008 ein neuerliches "Angebot zur Herstellung der Stahlkonstruktion durch einen Nachunternehmer" vor, welches eine Nachtragsvergütung über mehr als 12 Mio. € netto auswies. Im Anhang zu den "Mehrkosten bei der Herstellung der Stahlkonstruktion" sah dieses Angebot unter Ziff. 6.7.20 den bereits im Angebot vom 30. Juli 2008 genannten Preis von 932.200 € vor, wobei das Angebot der D.-GmbH mit der Bezugnahme auf den einstufigen Einschwimmvorgang nicht mehr beilag. Die Klägerin nahm das Angebot am 29. August 2008 an.
Das Landgericht hat die Klage der Klägerin auf Feststellung, dass die Vereinbarung vom 28./29. August 2008 (im Folgenden: Stahlbauvereinbarung) keine Anordnung der Klägerin im Sinne von § 2 Nr. 5 und/oder Nr. 6 VOB/B (2002) sei und keine Vereinbarung betreffend einer Änderung der Montagetechnologie im Hinblick auf den Einschwimmvorgang des Stromfeldes darstelle, als unzulässig abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage hinsichtlich der begehrten Feststellung, die Stahlbauvereinbarung enthalte keine Vereinbarung der Parteien über eine Änderung der Montagetechnologie, nicht als unzulässig, sondern als unbegründet abgewiesen werde. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Feststellungsanträge weiter.
Die Revision der Klägerin hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Der Hauptantrag der Klägerin, soweit dieser sich auf die Feststellung beziehe, in der Stahlbauvereinbarung liege keine Vereinbarung der Parteien über einen bestimmten Einschwimmvorgang des Stromfeldes, sei zulässig. Die Berufung sei allerdings im Ergebnis erfolglos und führe lediglich zu einer Klarstellung des Tenors, da das Feststellungsbegehren der Klägerin nicht begründet sei.
Zwar seien in der Baubeschreibung bindende Vorgaben für den Einschwimmvorgang des Stromfeldes nicht enthalten, sondern die Art des Einschwimmvorgangs sei der Beklagten als Auftragnehmerin überlassen worden. Auch habe die Klägerin anlässlich der Besprechung im Dezember 2007 ihr Einverständnis zu der Absicht der Beklagten, den Einschwimmvorgang nicht wie im Grobkonzept vorgesehen mehrstufig, sondern einstufig vorzunehmen, unter den Vorbehalt gestellt, es dürften sich keine wirtschaftlichen, organisatorischen oder technischen Auswirkungen für die Klägerin ergeben. Allerdings sei die Klägerin später von dieser ursprünglichen Einschränkung abgerückt. Das ergebe sich daraus, dass im Nachtragsangebot der Beklagten vom 30. Juli 2008 unter der Position 6.7.20 für die Montage des Stromfeldes ein neuer Preis von 932.200 € vorgesehen gewesen sei und dass diesem Nachtragsangebot das Angebot der D.-GmbH als mögliche Subunternehmerin der Beklagten beigelegen habe, ausweislich dessen sich der erhöhte Preis für die Montage auf ein einstufiges Einschwimmen des Stromfeldes bezog. Diese Position sei unverändert in die Stahlbauvereinbarung übernommen worden. In dem Angebot der D.-GmbH sei ausdrücklich aufgeführt, dass das Montagekonzept von einer Variante ausgehe, bei der eine komplette Vormontage im Vorlandbereich erfolge. Dies und nicht etwa eine allgemeine Erhöhung des Stahlpreises sei Grund für die preisliche Veränderung. Durch die Preisabsprache zu einer bestimmten Art und Weise des Einschwimmvorgangs sei auch dieser Vorgang selbst Bestandteil der Vereinbarung. In der Stahlbauvereinbarung liege damit eine Abänderung der ursprünglichen Regelung der Leistungsbeschreibung.
Die weitere von der Klägerin begehrte Feststellung, in der Stahlbauvereinbarung liege keine Anordnung im Sinne der § 2 Nr. 5 und/oder Nr. 6 VOB/B (2002), sei unzulässig. Im Rahmen der Feststellungsklage könnten einzelne rechtserhebliche Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses oder bloße Grundlagen für die Berechnung eines Anspruchs nicht Inhalt eines Feststellungsurteils sein.
II.
Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht geht allerdings zutreffend davon aus, dass die von der Klägerin beantragte Feststellung, in der Stahlbauvereinbarung liege keine Vereinbarung der Parteien über einen bestimmten Einschwimmvorgang des Stromfeldes, sich auf ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis gemäß § 256 Abs. 1 ZPO bezieht und die Klage insoweit zulässig ist.
Von Rechtsfehlern beeinflusst ist dagegen seine Annahme, der Feststellungsantrag der Klägerin sei unzulässig, soweit die Klägerin die Feststellung begehre, in der Stahlbauvereinbarung liege keine Anordnung im Sinne des § 2 Nr. 5 und/oder Nr. 6 VOB/B (2002), mit der eine Änderung der in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehenen Montagetechnologie angeordnet werde.
a) Eine Feststellungsklage ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig, um das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses festzustellen. Ein Rechtsverhältnis ist die Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder Sache, die ein subjektives Recht enthält oder aus der ein solches Recht entspringen kann (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 256 Rn. 3). Nur das Rechtsverhältnis selbst kann Gegenstand der Feststellung sein, nicht Vorfragen oder einzelne Elemente (BGH, Urteile vom 7. März 2013 - VII ZR 223/11, BauR 2013, 987 Rn.16 = NZBau 2013, 300; vom 12. Dezember 1994 - II ZR 269/93, NJW 1995, 1097; vom 16. Oktober 1985 - IVa ZR 49/84, NJW-RR 1986, 104, 105; vom 3. Mai 1977 - VI ZR 36/74, BGHZ 68, 331, 332), wohl aber einzelne Rechte, Pflichten oder Folgen eines Rechtsverhältnisses sowie Inhalt und Umfang einer Leistungspflicht (BGH, Urteil vom 3. Mai 1983 - VI ZR 79/80, NJW 1984, 1556; vgl. auch BGH, Urteil vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 179/98, NJW 2001, 221, 222).
b) Die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass in der Stahlbauvereinbarung keine Anordnung nach § 2 Nr. 5 und/oder Nr. 6 VOB/B (2002) liegt, stellt ein nach § 256 Abs. 1 ZPO feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Feststellungsantrag der Klägerin insoweit nicht auf die negative Feststellung gerichtet, dass eine Anordnung im Sinne des § 2 Nr. 5 oder Nr. 6 VOB/B (2002) nicht vorliegt. Der Senat kann den Feststellungsantrag als Prozesserklärung selbständig auslegen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 - VII ZR 4/13, juris Rn. 50; Beschluss vom 9. Juli 2014 - VII ZB 9/13, NJW 2014, 2732 Rn. 11; Urteil vom 20. November 1997 - VII ZR 26/97, BauR 1998, 368, 369). Mit der begehrten Feststellung geht es der Klägerin der Sache nach um die Klärung der Frage, ob die Stahlbauvereinbarung eine Anordnung enthält, die eine Abänderung des ursprünglichen Vertragsinhalts hinsichtlich der von der Beklagten für die Leistungserbringung zu verwendenden Technologie bewirkt hat, die Grundlage von Ansprüchen der Beklagten nach § 2 Nr. 5 oder Nr. 6 VOB/B (2002) sein kann. Die Frage, ob sich der von der Beklagten geschuldete Leistungsinhalt durch eine Anordnung der Klägerin gemäß § 1 Nr. 3 oder 4 VOB/B (2002) geändert hat mit der Folge, dass der Beklagten Vergütungsansprüche nach § 2 Nr. 5 oder Nr. 6 VOB/B (2002) zustehen, stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO dar.
2. Die Feststellungsklage ist mit diesem Inhalt auch begründet. Die im Vertrag vorgesehene Montagetechnologie hinsichtlich des Einschwimmvorgangs des Stromfeldes ist weder durch eine Anordnung der Beklagten gemäß § 1 Nr. 3 oder Nr. 4 VOB/B (2002) noch durch eine Vereinbarung der Parteien abgeändert worden. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht an, die Parteien seien durch die von ihnen unterzeichnete Stahlbauvereinbarung von dem ursprünglichen Vertragsinhalt abgerückt und hätten als Art der Bauausführung verbindlich eine einstufige Montage des Stromfeldes vereinbart.
a) Die Auslegung eines Vertrages obliegt dem Tatrichter. Eine revisionsrechtliche Überprüfung findet nur dahingehend statt, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (BGH, Urteile vom 26. Juni 2014 - VII ZR 289/12, BauR 2014, 1773 Rn. 13 = NZBau 2014, 555; vom 12. September 2013 - VII ZR 227/11, BauR 2013, 2017 Rn. 11 = NZBau 2013, 695 m.w.N.). Zu diesen Auslegungsgrundsätzen gehört, dass neben den beiderseitigen Interessen in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der diesem zu entnehmende objektiv erklärte Wille der Parteien zu berücksichtigen ist (BGH, Urteile vom 15. Januar 2013 - XI ZR 22/12, NJW 2013, 1519 Rn. 36; vom 26. Oktober 2009 - II ZR 222/08, NJW 2010, 64 Rn. 18; vom 17. Dezember 2009 - IX ZR 214/08, NJW-RR 2010, 773 Rn. 14).
b) Das Berufungsurteil beruht auf derartigen Auslegungsfehlern.
Das Berufungsgericht hat bei der Auslegung sowohl den sich aus dem Wortlaut der Stahlbauvereinbarung ergebenden Willen als auch die beiderseitige Interessenlage der Parteien außer Acht gelassen. Die Stahlbauvereinbarung enthält bei zutreffender Auslegung keine Abänderung der durch die funktionale Ausschreibung festgelegten Leistungspflichten der Beklagten in Bezug auf den Einschwimmvorgang. Der Senat kann die Stahlbauvereinbarung selbst auslegen, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind.
aa) Nach den von der Revision nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts war der Beklagten nach dem Inhalt der Baubeschreibung die Wahl überlassen, die Montage des Stromfeldes entweder einstufig als vormontierte Gesamtkonstruktion oder sukzessiv in Teilen mithilfe eines Schwimmpontons vorzunehmen. Mit ihrer in der Besprechung vom 10. Dezember 2007 erklärten "Zustimmung" zum Vorschlag der Beklagten, abweichend von dem in der Baubeschreibung enthaltenen Montagegrobkonzept einen einstufigen Einschwimmvorgang zu wählen, hat die Klägerin diese Art der Ausführung der Arbeiten lediglich gebilligt, ohne diese jedoch verbindlich anzuordnen. Dies ergibt sich aus der hiermit verbundenen Erklärung der Klägerin, dass sich gegenüber dem Montagegrobkonzept aufgrund des geänderten Einschwimmvorgangs keine negativen wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Folgen ergeben dürften. Die Klägerin hat damit klargestellt, dass sie mit ihrer Billigung der von der Beklagten vorgeschlagenen Vorgehensweise keine Verantwortung für die Geeignetheit dieser Maßnahme oder die sich aus der Wahl dieser Montagetechnologie möglicherweise ergebenden Mehrkosten übernehmen wollte.
bb) Davon ist die Klägerin entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch durch die Unterzeichnung der Stahlbauvereinbarung nicht abgerückt.
(1) Die von den Parteien im August 2008 geschlossene Stahlbauvereinbarung enthält neben neuen Fertigstellungsterminen und Regelungen über Zahlungsbedingungen und Sicherheitsleistungen für Nachunternehmer unter Punkt 2 in Verbindung mit der Anlage 1 neue Einheitspreise für den Stahlbau, d.h. Material, Fertigung und Montage inklusive zugehörender Planung. In der Anlage 1 sind Mehrkosten für die Herstellung der Stahlkonstruktion für zahlreiche Positionen im Umfang von insgesamt mehr als 12 Mio. € aufgeführt, wovon mehr als 9 Mio. € alleine auf gestiegene Stahlpreise für die Stahlkonstruktion (Position 6.2.10) entfallen. Daneben enthält die Anlage 1 auch neue Preise für einige vom Stahlpreis unabhängige Positionen, darunter für die Position 6.7.20, "Einbauvorgang des Stromfeldes" anstelle der ursprünglichen Vergütung von 631.250 € nunmehr 932.200 €. Im Hinblick auf einen weiteren Montagevorgang, die Montage der Strombrücke, wird unter Punkt 2.6 festgelegt, dass diese nunmehr zeitgleich mit einer Vorlandbrücke erfolgen muss und die sich daraus ergebenden Mehrkosten von der Klägerin vergütet werden.
In Nr. 2.1 der Stahlbauvereinbarung heißt es: "Es werden für den Stahlbau (…) die in der Anlage 1 genannten neuen Einheitspreise (…) vereinbart", während nach Nr. 5 der Stahlbauvereinbarung im Übrigen die Bedingungen des Hauptauftrags gelten sollten. Mit dem Wortlaut von Nr. 2.1 ist es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts daher unvereinbar, in die Stahlbauvereinbarung über eine Änderung der Vergütung hinaus auch eine Abänderung des vertraglich vereinbarten Leistungsinhaltes betreffend den Montagevorgang des Stromfeldes hineinzulesen.
(2) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts haben die Parteien dadurch, dass sie in der Stahlbauvereinbarung den neuen Preis für den Einschwimmvorgang mit dem Betrag angesetzt haben, der sich aus dem der Klägerin bekannten Angebot der D.-GmbH ergab, das sich auf einen einstufigen Einschwimmvorgang bezog, diese Art der Ausführung nicht zugleich zum Bestandteil der Stahlbauvereinbarung gemacht. Die Ansicht des Berufungsgerichts, eine Preisabsprache der Vertragsparteien zu einer bestimmten Art und Weise der Bauausführung führe ohne Weiteres dazu, dass diese Ausführungsart verbindlich angeordnet werde, ist in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. Ob eine Anordnung des Auftraggebers in Bezug auf die Art der Bauausführung vorliegt, ist von der Frage zu trennen, welchen Preis die Parteien für eine bestimmte Art der Bauausführung vereinbaren. Anhaltspunkte für eine von der ursprünglichen vertraglichen Vereinbarung abweichende Anordnung der Klägerin in Bezug auf die die Beklagte treffenden Leistungspflichten lassen sich der getroffenen Preisabsprache in Bezug auf den Einschwimmvorgang unter Berücksichtigung des mit der Vereinbarung verfolgten Zwecks nicht entnehmen. Das Interesse der Parteien bestand darin, für den von der Beklagten mit Billigung der Klägerin vorgesehenen einstufigen Einbau des Stromfeldes einen höheren Preis zu vereinbaren. Die Klägerin hat - auch für die Beklagte erkennbar - mit der Vereinbarung dagegen nicht das Risiko für die Geeignetheit der von der Beklagten vorgeschlagenen Vorgehensweise und sämtliche sich aus dieser Art der Montage des Stromfeldes möglicherweise ergebenden Mehrkosten übernehmen wollen.
(3) Eine Anordnung der Klägerin in Bezug auf die Art der Bauausführung ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht in der Regelung in Nr. 2.6 der Stahlbauvereinbarung enthalten. Diese Vereinbarung betrifft nicht die Art und Weise des Einschwimmvorgangs, sondern die organisatorische Einbettung eines weiteren Montagevorgangs in den Bauablauf. Eine verbindliche Vorgabe der Klägerin gegenüber der Beklagten zur Montage des Stromfeldes ist hiermit nicht verbunden.
(4) Es fehlt anders als von der Revisionserwiderung vorgetragen auch nicht an einem Grund dafür, warum die Klägerin sich mit der Stahlbauvereinbarung zur Zahlung einer erhöhten Vergütung verpflichtete. Die Bereitschaft der Klägerin, für die gegenüber dem Ausgangsvertrag unveränderte Leistung eine erhöhte Vergütung zu zahlen, begründet sich nachvollziehbar daraus, dass es aufgrund der Verschiebung der Bauzeit um mehrere Jahre zu einer enormen Erhöhung nicht nur der Stahl-, sondern auch der Lohn- und Betriebskosten sowie zu Kapazitätsengpässen bei den ARGE-Mitgliedern gekommen war. Soweit das Berufungsgericht feststellt, die Klägerin könne sich für diese Behauptung nicht auf das Protokoll der Beratung vom 1. Juli 2008 stützen, bindet diese Feststellung den Senat nicht, da sie widersprüchlich ist (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 11. Aufl., § 559 Rn. 18). Denn das Berufungsgericht bezieht sich im gleichen Satz darauf, dass im Protokoll vom 1. Juli 2008 unter Nr. 4 festgehalten sei, die Beklagte habe mit der Begründung, als Folge der Bauzeitverschiebung seien die Lohn- und Betriebskosten gestiegen, ein Nachtragsangebot zur Montage der Stahlkonstruktion angekündigt. Daraus ergibt sich aber, dass die Klägerin sich zum Beleg ihrer Behauptung über den Grund der Preissteigerung sehr wohl auf das Protokoll vom 1. Juli 2008 stützen kann, da die von der Beklagten in jener Besprechung vorgebrachten Gründe für die Preissteigerung dort genau wie von der Klägerin vorgebracht protokolliert sind.
Gleichzeitig sollte mit der Stahlbauvereinbarung auch ein etwaiger Verzögerungsschaden der Beklagten, der durch die mehrjährige Bauzeitverschiebung entstanden sein konnte, pauschal mit abgegolten sein. Dass Mehrvergütung und Verzögerungsschaden im Fall der Einschwimm-Montage nach den geänderten Montagekosten des Nachunternehmers berechnet wurden, steht der Auslegung nicht entgegen, dass sie keine Änderung des vertraglichen Leistungsumfangs durch Anordnung oder Vereinbarung beinhaltet.
3. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und dem in der Hauptsache gestellten Feststellungsantrag der Klägerin wie aus dem Tenor ersichtlich stattzugeben. Der Feststellungsantrag der Klägerin ist dahin zu fassen, dass festgestellt wird, dass die zwischen der Klägerin und der Beklagten getroffene Vereinbarung vom 28./29. August 2008 zur Baumaßnahme "Verkehrszug W. brücke, Planungsabschnitt I, Los 1 - Straßenbau, Ingenieurbau, Tiefbau" ("Stahlbauvereinbarung" oder "Nachtrag 101") keine Anordnung oder Vereinbarung der Parteien als Grundlage eines Vergütungsanspruchs nach § 2 Nr. 5 und/oder Nr. 6 VOB/B (2002) enthält, mit der die in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehene Montagetechnologie hinsichtlich des Einschwimmvorgangs des Stromfeldes (Einschwimmen des Stromfeldes als Gesamtkonstruktion an Stelle des sukzessiven Einschwimmens einzelner Teile der Konstruktion) abgeändert worden ist.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Eick Halfmeier Jurgeleit
Graßnack Sacher