Entscheidungsdatum: 10.10.2018
Der Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision wird teilweise stattgegeben.
Das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 5. Dezember 2017 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 5.147 € nebst Zinsen verurteilt worden sind.
Im Umfang der vorstehend genannten Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Ferner wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 5. Dezember 2017 insoweit aufgehoben, als die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von Zinsen in Höhe von mehr als acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 89.763,25 € verurteilt worden sind.
Im Übrigen wird die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 5. Dezember 2017 zurückgewiesen.
Gegenstandswert: 94.910,25 €
Gegenstandswert des zurückverwiesenen Teils: 5.147 €
I.
Der Kläger verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht restlichen Werklohn in Höhe von 242.610,25 €.
Er ist Inhaber eines in Österreich ansässigen Unternehmens mit der Firmenbezeichnung a1-f. und Geschäftsführer einer slowakischen Gesellschaft.
Am 18. Juni/3. Juli 2008 schloss der Kläger als Inhaber des als a1-F. firmierenden Unternehmens mit dem als R. K. e.K. firmierenden Unternehmen einen Bauvertrag über die Lieferung und den Einbau von Fenstern und Toren bei einem inländischen Bauvorhaben in G.
Im zweiten Halbjahr 2008 übernahm die Beklagte zu 1 im Wege der Ausgliederung Teile des Vermögens des als R. K. e.K. firmierenden Unternehmens und alle dazugehörigen Passiva und Aktiva. Die Beklagte zu 2 ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1.
Mit Rechnung vom 3. September 2008 stellte der Kläger unter Position 3 für ein Tor im Bereich der Hebebühne einen Betrag in Höhe von 5.147 € in Rechnung.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 94.910,25 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. September 2015 verurteilt. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten, mit der sie die Zulassung der Revision erreichen wollen; sie erstreben die Wiederherstellung des klageabweisenden Urteils des Landgerichts.
II.
Das Berufungsgericht hat unter anderem ausgeführt:
Dem Kläger stehe ohne Berücksichtigung der von den Beklagten geltend gemachten Mängelansprüche eine Vergütung in Höhe 242.610,25 € zu. Die Beklagten hätten die grundsätzliche Berechtigung des Werklohnanspruchs nicht bestritten, sondern lediglich die Mangelhaftigkeit der Leistung und die fehlende Abnahmefähigkeit geltend gemacht. Auf der Grundlage der vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen seien Minderungsansprüche der Beklagten in Höhe von 147.700 € gegeben, so dass ein restlicher Vergütungsanspruch des Klägers in Höhe von 94.910,25 € verbleibe. Dieser sei mit neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. September 2015 zu verzinsen.
III.
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im tenorierten Umfang und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt worden sind, an den Kläger 5.147 € nebst Zinsen zu zahlen.
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt zu Recht als Gehörsverstoß, dass das Berufungsgericht den Einwand der Beklagten, das in der Rechnung vom 3. September 2008 unter Position 3 abgerechnete Tor im Bereich der Hebebühne sei weder bestellt noch vom Kläger geliefert worden, nicht beschieden hat.
a) Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG setzt voraus, dass im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Berufungsgericht in den Gründen des Berufungsurteils auf den wesentlichen Kern des Vorbringens einer Partei zu einer Frage nicht ein, das für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BGH, Beschluss vom 10. August 2016 - VII ZR 158/15 Rn. 7; Beschluss vom 23. Februar 2016 - VII ZR 28/15 Rn. 7, IHR 2016, 124; Beschluss vom 20. Mai 2014 - VII ZR 187/13 Rn. 6; BVerfG, NJW 2009, 1584, juris Rn. 14 m.w.N.).
aa) Die Beklagte zu 1 hat in der Klageerwiderung vom 26. April 2010 vorgetragen, das in der Rechnung vom 3. September 2008 (Anlage K 5, fälschlich als Anlage K 4 bezeichnet) unter Position 3 berechnete Tor im Bereich der Hebebühne sei weder bestellt noch sei es vom Kläger geliefert worden. Der Rechnungsbetrag sei daher im Umfang des für dieses Tor berechneten Materials von 4.034 €, des Mehrpreises für die Änderung der Füllung von 223 € sowie der Montagekosten von 890 € zu kürzen. Die Beklagte zu 2 hat sich dieses Vorbringen in der Klageerwiderung vom 24. Januar 2012 zu Eigen gemacht.
bb) Eine Verbescheidung dieses Vorbringens ist den Gründen des Berufungsurteils nicht zu entnehmen. Die Beklagten mussten das genannte erstinstanzliche Vorbringen nicht ausdrücklich in der Berufungsinstanz wiederholen oder in Bezug nehmen, weil das Landgericht zu ihren Gunsten entschieden und die Klage abgewiesen hatte. Das Berufungsgericht ist von dem Bestehen eines Vergütungsanspruchs des Klägers ausgegangen. Es musste sich daher mit den von den Beklagten in erster Instanz gegen diesen Anspruch vorgebrachten Einwänden auseinandersetzen. Ist - wie hier - ein Vorbringen einer Partei in erster Instanz für das Urteil unerheblich geblieben, liegt ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör vor, wenn das Berufungsgericht dieses Vorbringen nicht in seine Entscheidung einbezieht, obwohl es einem dem Berufungsbegehren der anderen Partei mit der Folge stattgeben will, dass das bisher nicht relevante Vorbringen der Partei für die Entscheidung erheblich wird (vgl. BVerfG, NJW 2015, 1746, juris Rn. 17).
2. Auf dieser Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör beruht das angefochtene Urteil, soweit in Höhe von 5.147 € nebst Zinsen zu ihrem Nachteil entschieden worden ist. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten die Berufung des Klägers in weitergehendem Umfang als geschehen zurückgewiesen hätte.
Das angefochtene Urteil ist danach insoweit aufzuheben, als die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 5.147 € nebst Zinsen verurteilt worden sind, und die Sache ist insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 544 Abs. 7 ZPO.
3. Unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 308 Abs. 1, § 528 Satz 2 ZPO hat das Berufungsgericht außerdem dem Kläger Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 89.763,25 € zugesprochen. Denn der Kläger hat lediglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz beantragt. Eine Zurückverweisung gemäß § 544 Abs. 7 ZPO kommt insoweit nicht in Betracht; vielmehr ist insoweit das Berufungsurteil lediglich aufzuheben (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2014 - XI ZR 126/13).
4. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten war im Übrigen zurückzuweisen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
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