Entscheidungsdatum: 02.12.2015
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 8. Juli 2013 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Gegenstandswert: 1.182.155,56 €
I.
Die Klägerin führte für die Beklagte Fassaden- und Verkleidungsarbeiten an einem Bauvorhaben in N. durch. Nach Abschluss der Arbeiten begehrt die Klägerin aufgrund von ihr geltend gemachter 36 Nachträge die Zahlung eines Restwerklohns von 926.287,56 € sowie die Herausgabe einer Vertragserfüllungsbürgschaft. Die Beklagte, die von einer Überzahlung der Klägerin in Höhe von 253.781,18 € ausgeht, begehrt widerklagend die Herausgabe zweier von ihr nach § 648a BGB gestellter Bürgschaften.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht unter anderem ausgeführt:
Zu den von der Klägerin für ihre Arbeiten noch geforderten Summen fehle ausreichender und schlüssiger Vortrag. Dieser sei weder den beiden Schriftsätzen noch den zu den Akten eingereichten Anlagen zu entnehmen. Die dortigen Erläuterungen der Klägerin zu ihren (etwaigen) zusätzlichen Leistungen sowie zu den Kosten aus (behaupteten) Behinderungen (Anlagen 1 und 2 zur Schlussrechnung vom 14. Dezember 2011 sowie K 14) seien weder aus sich heraus noch bei gesamter Betrachtung verständlich. Dazu fehle eine (nach Zeit, Ort und Umständen) genaue Schilderung der ursächlichen und maßgeblichen Umstände für die von der Klägerin geltend gemachten (36) Nachträge sowie eine erläuternde Darstellung, dass diese zusätzlichen Leistungen nicht von der im (Haupt-)Auftrag vom 30. März 2011 vereinbarten Pauschale erfasst seien. Zwar könnten die von der Klägerin vorgelegten Gutachten des Sachverständigen H. belegen, dass die Ausführung einzelner von der Klägerin zu erbringender Leistungen zu bestimmten Zeitpunkten durch bauliche Umstände erschwert oder behindert gewesen sein mögen. Jedoch fehle jegliche Zuordnung der bei der Klägerin aufgrund des jeweils dokumentierten Zustands (angeblichen zusätzlich) angefallenen Kosten. Wegen des fehlenden Vortrags der Klägerin zu ihrer Vergütung könne nur von der Abrechnung durch die Beklagte gemäß deren Prüfung vom 17. Februar 2012 ausgegangen werden. Danach sei die Klägerin überzahlt. Deshalb sei die Beklagte auch nicht verpflichtet, die ihr von der Klägerin gestellte Bürgschaft herauszugeben. Das bewirke zugleich, dass die zulässige Widerklage begründet sei. Da die Beklagte eine der Klägerin zustehende Vergütung in vollem Umfang beglichen habe, sei deren Forderung erloschen und damit der Anspruch auf Sicherung entfallen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin fristgerecht Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung der Berufung hat das Berufungsgericht antragsgemäß bis 18. März 2013 verlängert. Mit Schriftsatz vom 18. März 2013 hat die Klägerin beantragt, das landgerichtliche Urteil aufzuheben und das Verfahren an das Landgericht zurückzuverweisen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt:
In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht sei dem Klägervertreter die vollständige Unkenntnis des Vorsitzenden Richters rasch erkennbar gewesen. Um die überaus peinliche Situation für diesen zu entschärfen, habe der Klägervertreter Schriftsatzfrist beantragt, um dem Vorsitzenden Richter Gelegenheit zu geben, sich in den Sachverhalt einzulesen. Zur völligen Überraschung habe der Vorsitzende Richter die Schriftsatzfrist abgelehnt mit der Begründung, dass die Klägerin die begehrte Zahlung in allen strittigen Positionen klar und nachvollziehbar hätte darlegen müssen und können. Das unmittelbar danach formulierte Endurteil gebe einen vollkommen falschen Sachverhalt wieder. Der Tatbestand des angefochtenen Urteils stimme mit dem tatsächlichen Klägervorbringen in nicht einem Punkt überein. Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagte für sämtliche 36 Nachträge dem Grunde nach beauftragt gewesen sei und dass es sich um zusätzliche durch Planungsänderung ausgelöste Mehrleistungen gehandelt habe. Das Landgericht habe auch nicht erfasst, dass alle Nachträge von dem Pauschalhonorar nicht umfasst gewesen seien. Weiter habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass sich die Parteien über die Höhe der abzuarbeitenden Nachträge klargewesen seien und deshalb die voraussichtliche Höhe des der Klägerin zustehenden zusätzlichen Werklohns durch Bürgschaften abgesichert worden sei. In den Anlagen K 12 bis K 17 seien der Anspruchsgrund und die Anspruchshöhe schlüssig und nachvollziehbar dargelegt. Die Beklagte habe die von ihr pauschal und willkürlich vorgenommenen Streichungen der Schlussrechnung mit keinem Satz begründet.
Nach Eingang der Berufungserwiderung hat das Berufungsgericht die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Berufung mangels ausreichender Begründung unzulässig sei. Dazu hat die Klägerin erwidert, dass der Schriftsatz vom 18. März 2013 in der Tat keine Berufungsbegründung, sondern vielmehr der Antrag auf Rückverweisung des Verfahrens an die Kammer für Handelssachen sei. Rein vorsorglich für den Fall, dass das Berufungsgericht einer Zurückverweisung an die Kammer für Handelssachen nicht folgen wolle, werde die Berufung jetzt begründet.
Mit Beschluss vom 8. Juli 2013 hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin verworfen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin sei darauf hingewiesen worden, dass der Schriftsatz vom 18. März 2013 den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung nicht genüge. Daraufhin habe der Klägervertreter mitgeteilt, dass der Schriftsatz vom 18. März 2013 keine Berufungsbegründung, vielmehr den Antrag auf Rückverweisung des Verfahrens beinhalte. Ungeachtet des Umstandes, dass der Klägervertreter mit seiner Berufungseinlegung und seinem Schriftsatz mit dem Antrag, die Berufungsbegründungsfrist zu verlängern, die Vorlage einer Berufungsbegründung angekündigt gehabt hätte, sei spätestens mit der vorzitierten Erklärung im Schriftsatz vom 24. Juni 2013 dem Schriftsatz vom 18. März 2013 die Eignung zur Wahrung der Berufungsbegründungsfrist entzogen. Der Berufungsbegründungspflicht sei nämlich nicht schon dann genügt, wenn innerhalb der Begründungsfrist ein Schriftsatz der Berufungsklägerin bei Gericht eingehe, der - wie hier nicht - Berufungsrügen enthalte. Vielmehr sei zusätzlich erforderlich, dass der Schriftsatz auch zur Begründung bestimmt sei.
Soweit der Schriftsatz vom 24. Juni 2013 "rein vorsorglich" eine Berufungsbegründung beinhalte, sei diese nicht mehr zu berücksichtigen, da die Berufungsbegründungsfrist bereits am 18. März 2013 abgelaufen gewesen sei.
2. Die Rechtsbeschwerde der Klägerin ist zwar kraft Gesetzes statthaft, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO, im Übrigen jedoch unzulässig. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, § 574 Abs. 2 Nr. 2 2. Fall ZPO, weil das Berufungsgericht § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO rechtsfehlerfrei angewendet hat und die Klägerin weder in ihrem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz, Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, noch in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, verletzt ist.
a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen nicht; für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Jedoch muss die Berufungsbegründung auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (BGH, Beschlüsse vom 20. Oktober 2015 - VI ZB 18/15 Rn. 8; vom 22. Mai 2014 - IX ZB 46/12 Rn. 7; vom 23. Oktober 2012 - XI ZB 25/11, NZBau 2013, 34 Rn. 10; jeweils m.w.N.).
b) Diesen Anforderungen genügt - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - der am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist eingereichte Schriftsatz vom 18. März 2013 nicht.
aa) Soweit in diesem Schriftsatz zunächst allgemein gerügt wird, der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils gebe einen vollkommen falschen Sachverhalt wieder, kann dies wegen der Regelungen in §§ 314, 320 ZPO eine Berufung nicht begründen. Nach § 314 Satz 1 ZPO liefert der Tatbestand des Urteils Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Etwaige Unrichtigkeiten der tatbestandlichen Feststellungen können nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden (BGH, Urteil vom 14. Juli 2009 - XI ZR 18/08, BGHZ 182, 76 Rn. 11). Deshalb ist es ebenfalls unerheblich, ob - wie die Rechtsbeschwerde meint - die Klägerin mit dem Hinweis auf pauschale und willkürliche Streichungen von Rechnungspositionen durch die Beklagte ausgeführt habe, ihr Vortrag zur Berechtigung von Nachträgen sei unstreitig gewesen.
bb) Soweit die Klägerin ausführt, das Landgericht habe nicht berücksichtigt, sämtliche 36 Nachträge seien dem Grunde nach beauftragt, es handele sich um zusätzliche durch Planungsänderungen ausgelöste Mehrleistungen, die Nachträge seien von dem Pauschalhonorar nicht umfasst gewesen, Anspruchsgrund und Anspruchshöhe seien schlüssig und nachvollziehbar in den Anlagen K 12 bis K 17 dargelegt, die Streichungen der Beklagten seien willkürlich und die Absicherung durch Bürgschaften spreche für die Berechtigung ihrer Forderung, liegen darin keine hinreichenden Angriffe gegen das landgerichtliche Urteil. Im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen des landgerichtlichen Urteils findet sich der entsprechende Vortrag der Klägerin wieder. Das Landgericht hat aber die Klage abgewiesen, weil es eine nach Zeit, Ort und Umständen genaue Schilderung der ursächlichen und maßgeblichen Umstände für die von der Klägerin geltend gemachten Nachträge sowie eine erläuternde Darstellung, dass diese zusätzlichen Leistungen nicht von der vereinbarten Pauschale erfasst sind, vermisste. Mit diesen Erwägungen hat sich die Klägerin nicht auseinandergesetzt. Die Klägerin hat vielmehr pauschal auf Anlagen zur Klageschrift verwiesen, ohne darzulegen, welcher Sachvortrag sich zur Begründung berechtigter Nachtragsforderungen aus den in Bezug genommenen Anlagen ergibt.
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verletzen diese Anforderungen an die Berufungsbegründung die Klägerin weder in ihrem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz noch in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör. Das Begründungserfordernis des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO ist sachlich gerechtfertigt, da es der Verfahrenskonzentration dient, indem es den Berufungsführer anhält, die angegriffene Entscheidung nicht nur im Ergebnis, sondern in der konkreten Begründung zu überprüfen und im Einzelnen darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchen Gründen das angefochtene Urteil für unrichtig gehalten wird. Dies stellt eine anwaltlich vertretene Partei, wie hier die Klägerin, vor keine erheblichen oder gar unzumutbaren Anforderungen (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2012 - XI ZB 25/11, NZBau 2013, 34 Rn. 18; vgl. BVerfG, NJW-RR 2002, 135 f., juris Rn. 4).
d) Da der Schriftsatz vom 18. März 2013 den an eine Berufungsbegründung zu stellenden Anforderungen nicht entspricht, bedarf es keiner Entscheidung zu der Frage, ob dieser zur Berufungsbegründung bestimmt war (vgl. BGH, Beschluss vom 14. März 2005 - II ZB 31/03, MDR 2005, 944, juris Rn. 5).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eick Halfmeier Jurgeleit
Graßnack Wimmer