Entscheidungsdatum: 13.02.2014
1. Die den Formularzwang für Anträge auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses regelnden Rechtsnormen können verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass der Gläubiger vom Formularzwang entbunden ist, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist.
2. In diesen, seinen Fall nicht zutreffend erfassenden Bereichen ist es nicht zu beanstanden, wenn er in dem Formular Streichungen, Berichtigungen oder Ergänzungen vornimmt oder das Formular insoweit nicht nutzt, sondern auf beigefügte Anlagen verweist.
3. Ein Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist nicht formunwirksam, wenn sich der Antragsteller eines Antragsformulars bedient, das im Layout geringe, für die zügige Bearbeitung des Antrags nicht ins Gewicht fallende Änderungen enthält.
4. Ein Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist auch nicht deshalb formunwirksam, weil das Antragsformular nicht die in dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV enthaltenen grünfarbigen Elemente aufweist.
Auf die Rechtsmittel der Gläubigerin werden der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Regensburg vom 25. Juli 2013 sowie der Beschluss des Amtsgerichts – Vollstreckungsgericht - Regensburg vom 19. Juni 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - zurückverwiesen.
Das Amtsgericht – Vollstreckungsgericht - darf den Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht aus den Gründen der aufgehobenen Beschlüsse ablehnen.
I.
Die Gläubigerin begehrt den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.
Sie ist Inhaberin von zwei gegen den Schuldner durch Vollstreckungsbescheid titulierten Hauptforderungen nebst Zinsen und Kosten in Höhe von 282,77 €.
Wegen dieser Ansprüche hat die Gläubigerin bei dem Amtsgericht die Pfändung und Überweisung der Forderungen des Schuldners gegen die P.-Bank aus Girovertrag beantragt. Hierzu hat die Gläubigerin ein Antragsformular genutzt, welches nicht vollständig mit dem nach Anlage 2 zu § 2 der Verordnung über Formulare für die Zwangsvollstreckung (Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung - ZVFV) vorgegebenen Formular übereinstimmt.
Die Darstellung der einzelnen Rahmen, die Zeilen- und Seitenrandabstände sowie die Länge der Textlinien weichen teilweise vom Originalformular ab.
Zudem hat die Gläubigerin auf Seite 3 des Formulars keine Eintragung zur Forderungshöhe vorgenommen, sondern ausschließlich auf eine als Anlage beigefügte Forderungsaufstellung verwiesen.
Das Amtsgericht hat nach vorherigem Hinweis den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Gläubigerin die Aufhebung der zurückweisenden Beschlüsse und den Erlass des beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, der Antrag der Gläubigerin auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sei nicht formgerecht eingereicht worden, da es sich nicht um das verbindliche Formular nach Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV handele. Die Anerkennungsfähigkeit von Formularimitaten, gleich welcher Qualität, sei weder den Bestimmungen der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung noch deren Umsetzung durch das Bundesministerium der Justiz zu entnehmen. Nur ganz geringfügige, lediglich durch unterschiedliche Drucksoft- und -hardware bedingte Abweichungen des Erscheinungsbilds individuell gefertigter Formularausdrucke vom Erscheinungsbild des amtlichen Formulars (wie einseitiger Druck statt Duplexdruck, Schwarz-weiß-Druck statt Farbdruck, programm- und/oder gerätespezifische Druckbildeigenschaften) hielten sich noch im Rahmen der obligatorischen Nutzung des Originalformulars. Die Authentizität des Formulars werde durch solche, rein drucktechnisch begründete Unterschiede nicht berührt. Die Nutzung einer Formularnachahmung komme hingegen nicht in Betracht.
2. Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Der Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses kann nicht mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung, er sei nicht formgerecht eingereicht worden, als unzulässig zurückgewiesen werden.
a) Gemäß § 829 Abs. 4 Satz 1 ZPO wird das Bundesministerium der Justiz ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen, § 829 Abs. 4 Satz 2 ZPO. Am 1. September 2012 ist die Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung in Kraft getreten (BGBl. I 2012, 1822). Nach deren § 2 Nr. 2, § 3 ist für Anträge auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses seit dem 1. März 2013 verbindlich das in Anlage 2 zur Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung vorgegebene Antragsformular zu nutzen. Für den bis zum 1. März 2013 keinem Formzwang unterliegenden Pfändungsantrag gelten seitdem strenge Formanforderungen. Das verbindlich zu nutzende Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV enthält insbesondere in Bezug auf die Eintragung des zu vollstreckenden Anspruchs sowie auf die zu pfändenden Forderungen unveränderbare Vorgaben, aufgrund derer das Ausfüllen des Antragsformulars dem Antragsteller Schwierigkeiten bereiten kann. Hierdurch kann das Begehren des Vollstreckungsgläubigers, im Rahmen der Forderungspfändung zügig ein Pfändungspfandrecht zu erwerben, beeinträchtigt werden. Er unterliegt insbesondere der Gefahr, dass seinem Antrag wegen der Beanstandungen des Vollstreckungsgerichts nicht sofort, sondern erst nach Änderungen stattgegeben wird und dadurch möglicherweise das Pfandrecht wegen des vorigen Zugriffs anderer Gläubiger entwertet wird.
Die sich hieraus ergebende Einschränkung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gibt dem Senat zunächst Anlass, die Verfassungsgemäßheit der den Formularzwang regelnden Normen zu prüfen.
(1) Die Garantie effektiven Rechtsschutzes ist ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaats. Der allgemeine Justizgewährungsanspruch umfasst das Recht auf Zugang zu den Gerichten, die Prüfung des Streitbegehrens in einem förmlichen Verfahren sowie die verbindliche gerichtliche Entscheidung (BVerfGE 107, 395, 401). Er bedarf allerdings der gesetzlichen Ausgestaltung. Dabei kann der Gesetzgeber auch Regelungen treffen, die für ein Rechtsschutzbegehren besondere formelle Voraussetzungen aufstellen und sich dadurch für den Rechtsuchenden einschränkend auswirken. Solche Einschränkungen müssen aber mit den Belangen einer rechtsstaatlichen Verfahrensordnung vereinbar sein und dürfen den einzelnen Rechtsuchenden nicht unverhältnismäßig belasten. Darin findet die Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers zugleich ihre Grenze. Der Rechtsweg darf nicht in unzumutbarer, durch Sachgründe der genannten Art nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (BVerfGE 88, 118, 123, 124; NJW 1982, 2425, 2426; BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - V ZB 214/10, NVwZ-RR 2011, 87 Rn. 11). Um einer Überlastung der Rechtspflege vorzubeugen, die insgesamt den effektiven Rechtsschutz beeinträchtigen würde, und zur Wahrung der Rechtssicherheit können Formerfordernisse dienen, sofern sie geeignet sind, die prozessuale Lage für alle Beteiligten rasch und zweifelsfrei zu klären. Wie der Widerstreit zwischen Rechtssicherheit und Verfahrensbeschleunigung einerseits und dem subjektiven Interesse des Rechtsuchenden an einem möglichst uneingeschränkten Rechtsschutz andererseits zu lösen ist, ist Sache des Gesetzgebers. Dieser muss die betroffenen Belange angemessen gewichten und in Bezug auf den einzelnen Rechtsuchenden den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Die Formerfordernisse dürfen nicht weiter gehen, als es durch ihren Zweck geboten ist und es darf von dem Rechtsuchenden nichts Unzumutbares verlangt werden (BVerfGE 88, 118, 126, 127).
(2) Gemessen hieran würde der allgemeine Justizgewährungsanspruch in verfassungswidriger Weise eingeschränkt, wenn der gesetzlich geregelte Formularzwang so zu verstehen wäre, dass die Formulare ohne Einschränkung zu verwenden wären.
Mit dem Formularzwang wird insbesondere eine Entlastung der Vollstreckungsgerichte bezweckt. Durch die Vereinheitlichung der Antragsformulare soll die Effizienz bei der Bearbeitung der Anträge bei Gericht gesteigert werden (vgl. BT-Drucks. 13/341, S. 11; BR-Drucks. 326/12, S. 1).
Die Umsetzung dieses in Anbetracht der Vielschichtigkeit der Forderungspfändung anspruchsvollen gesetzgeberischen Anliegens durch die verbindliche Vorgabe des Formulars gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV schränkt den Anspruch des Rechtsuchenden auf effektiven Rechtsschutz unverhältnismäßig ein. Das vorgegebene, verbindlich zu nutzende Formular ist an mehreren Stellen unvollständig und zum Teil widersprüchlich sowie missverständlich. Zudem weist es in Teilbereichen rechtliche Unzulänglichkeiten auf. Die Erläuterungen zum Ausfüllen des Formulars in dem Internetauftritt des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz "Fragen und Antworten: Neue Formulare für die Zwangsvollstreckung" (abrufbar unter http://www.bmj.de/DE/Buerger/verbraucher/ZwangsvollstreckungPfaendungsschutz/_doc/_faq_doc.html?nn=1512734) sind diesbezüglich unzureichend, wobei dahinstehen kann, ob derartige Erläuterungen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit ausräumen könnten.
Beispielhaft sei ausgeführt:
aa) Forderungsaufstellung (Seite 3):
Die Forderungsaufstellung auf Seite 3 zeigt sich für eine Vielzahl der praktischen Fälle als ungeeignet. Sie ist darüber hinaus in sich missverständlich.
So ist aufgrund des Aufbaus des Formulars, das in der ersten und vorletzten Zeile die Möglichkeit vorsieht, auf eine anliegende Forderungsaufstellung zu verweisen, unklar, ob zwingend in der ersten Spalte ein Betrag einzutragen ist oder ob alternativ dazu auf eine beigefügte Forderungsaufstellung verwiesen werden kann.
Missverständlich sind zudem die Zeilen 3 und 4 betreffend die Zinsansprüche. So kann das Formular dahingehend verstanden werden, dass in der ersten Spalte die ausgerechneten Zinsen einzutragen sind, die sodann in der zweiten Spalte erläutert werden, wofür der Gesamtaufbau der Forderungsaufstellung spricht. Bei einem solchen Verständnis des Formulars findet der Antragsteller jedoch keine Eintragungsmöglichkeit für die weiteren, ab Antragstellung laufenden Zinsen. Die Zeilen 3 und 4 können jedoch auch dahingehend aufgefasst werden, dass in die linke Spalte die ausgerechneten aufgelaufenen Zinsen und in die zweiten Spalte die weiteren Zinsen ab Antragstellung aufzunehmen sind.
Das Formular ist darüber hinaus in den Fällen, in denen wegen mehrerer Hauptforderungen die Vollstreckung betrieben wird, ungeeignet, da lediglich eine Hauptforderung in die Forderungsaufstellung eingetragen werden kann (vgl. auch Goebel, FoVo 2013, 81, 82 f.; Jäger, ZVI 2010, 121, 123; Strunk, ZVI 2010, 128, 131). Ob der Gläubiger die Forderungsaufstellung dennoch (teilweise) nutzen muss und eventuell die Summe der Forderungen in die Summenzeile eintragen muss oder insgesamt auf eine Anlage verweisen kann, erschließt sich nicht.
Das Formular erlaubt zudem weder die Eintragung von Teilzahlungen des Schuldners noch von gestaffelten Zinsen. Für den Antragsteller ist in diesen Fällen nicht erkennbar, ob - und wenn ja welche - Beträge in die Forderungsaufstellung aufzunehmen sind und inwieweit auf eine Anlage verwiesen werden darf.
Darüber hinaus ist die Eintragung einer Vorsteuerabzugsberechtigung, was hinsichtlich der Vollstreckungskosten erforderlich sein kann, nicht vorgesehen. Auch insoweit bleibt unklar, an welcher Stelle eine entsprechende Eintragung vorzunehmen ist.
bb) Zu pfändende Forderungen (Seiten 4 ff.)
Das Formular eröffnet dem Antragsteller hinsichtlich der zu pfändenden Ansprüche keine genügende Auswahlmöglichkeit. Hat der Gläubiger auf Seite 4 in dem ersten Kasten "Forderung aus Anspruch" einen oder mehrere Bereiche ausgewählt, so ist der Antrag unumgänglich auf Pfändung sämtlicher in dem Formular dem ausgewählten Drittschuldner zugeordneter Ansprüche gerichtet. Zudem besteht, wenn auf Seite 3 unten mehrere Drittschuldner eingetragen werden, keine Möglichkeit, die zu pfändenden Forderungen auf den Seiten 4 bis 6 sowie die Anordnungen auf den Seiten 7 und 8 den einzelnen Drittschuldnern zuzuordnen. Stets wird dadurch bei allen Drittschuldnern die Pfändung der gleichen Ansprüche und der Erlass der gleichen Anordnungen beantragt. Die Dispositionsbefugnis des Gläubigers wird durch diese verbindlichen Vorgaben des Formulars in rechtswidriger Weise eingeschränkt.
Unter "Anspruch F (an Bausparkassen)" sind ausschließlich Ansprüche aus Bausparverträgen mit festvereinbarten Bausparsummen, nicht hingegen flexible Bausparverträge erfasst. An dieser Stelle sieht das Formular keine zusätzlichen Eintragungsmöglichkeiten vor. Ob weitere Ansprüche gegen Bausparkassen im Feld "Anspruch G (an Sonstige)" eingetragen werden können oder in eine Anlage aufzunehmen sind, ist für den Rechtsuchenden nicht erkennbar.
Hinsichtlich der Forderungen gegen Bausparkassen "Anspruch F (an Bausparkassen)" könnte zudem die unveränderbare Formulierung in Nr. 1 zu einem rechtswidrigen Antrag führen, soweit dort der Anspruch auf Auszahlung der Bausparsumme gepfändet werden soll. Die Bausparsumme besteht aus Bausparguthaben und Bauspardarlehen. Der Darlehensanteil ist jedoch zweckgebunden und daher nach verbreiteter Auffassung nach § 851 Abs. 2 ZPO, § 399 BGB allenfalls für Baugläubiger bzw. Grundstücksverkäufer pfändbar (Stöber, Forderungspfändung, 16. Auflage Rn. 90, 82 m.w.N.). Die Einreichung eines solchen Antrags und damit das Risiko einer teilweisen Antragszurückweisung ist dem Gläubiger nicht zumutbar.
Darüber hinaus besteht auch keine Möglichkeit, die Felder "Anspruch C (an Finanzamt)" bis "Anspruch G (an Sonstige)" auf den Seiten 4 bis 6 sowie die Anordnungen auf den Seiten 7 und 8 auszublenden, soweit sie für den konkreten Antrag nicht von Relevanz sind. Der Antragsteller ist gehalten, stets das gesamte neunseitige Antragsformular bei dem Vollstreckungsgericht einzureichen, obschon mehrere Seiten für seinen konkreten Antrag ohne Bedeutung sein können.
cc) Seiten 1, 2 und 9:
Die Beantragung des Erlasses lediglich eines Pfändungs- und nicht auch eines Überweisungsbeschlusses sieht das Formular auf den Seiten 1 und 2 nicht vor. Zwar besteht die Möglichkeit, auf Seite 8 eine Überweisung nicht zu beantragen, jedoch ist der Eingangstext des Antrags auf Seite 1 und die Beschlussüberschrift auf Seite 2 unveränderbar, so dass das Formular insoweit zumindest widersprüchlich ist.
Das Formular sieht zwar auf Seite 1 einen zusätzlichen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vor, die Beiordnung eines Rechtsanwalts kann jedoch nicht beantragt werden.
Auf Seite 9 schließlich sind die Kosten für den Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einzutragen. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten ist hier "Anwaltskosten gemäß RVG" vorgegeben. Kosten eines Inkassobüros lassen sich hier nicht eintragen.
dd) Bezüglich der vorgenannten Punkte bleibt der Antragsteller im Ungewissen, wie er die entsprechenden Eintragungen vorzunehmen hat und dem Risiko einer (teilweisen) Antragszurückweisung entgegenwirken kann. Nicht zuletzt im Hinblick auf die im Bereich der Forderungspfändung häufig bestehende Eilbedürftigkeit ist die uneingeschränkte verbindliche Nutzung des Formulars für den einzelnen Rechtsuchenden daher unzumutbar.
(2) Die den Formularzwang regelnden Normen können jedoch trotz erheblicher Bedenken noch verfassungskonform ausgelegt werden. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, ist diese geboten (BVerfG, NJW 2001, 2160; BGH, Beschluss vom 15. Januar 2004 IX ZB 96/03, BGHZ 157, 282, 299). Dabei ist von der Absicht des Gesetzgebers auszugehen, das Maximum dessen aufrechtzuerhalten, was nach der Verfassung aufrechterhalten werden kann (BVerfGE 9, 194, 200).
Nach diesen Grundsätzen sind die den Formularzwang regelnden Normen verfassungsgemäß dahingehend auszulegen, dass der Gläubiger vom Formularzwang entbunden ist, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist. In diesen, seinen Fall nicht zutreffend erfassenden Bereichen ist es nicht zu beanstanden, wenn er in dem Formular Streichungen, Berichtigungen oder Ergänzungen vornimmt oder das Formular insoweit nicht nutzt, sondern auf beigefügte Anlagen verweist.
Diese Auslegung entspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben und fördert - soweit möglich - den mit dem Erlass der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung verfolgten Zweck. Die Verbindlichkeit des Formulars wird hierbei eingeschränkt, dessen Nutzung jedoch nicht gänzlich aufgehoben. Auch die teilweise Nutzung des Formulars ist noch geeignet, den Zweck der Verordnung zu fördern.
b) Bei dieser verfassungsrechtlich gebotenen Auslegung der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung ist es hier nicht zu beanstanden, dass die Gläubigerin die Forderungsaufstellung auf Seite 3 des Formulars nicht ausgefüllt, sondern ausschließlich auf eine Anlage verwiesen hat (a.A.: LG Hannover, Beschluss vom 26. Juni 2013 - 55 T 38/13, juris Rn. 3, 4; LG Leipzig, Beschluss vom 21. Mai 2013 - 8 T 249/13, juris Rn. 11; LG Bielefeld, Beschluss vom 15. Mai 2013 - 23 T 275/13, juris Rn. 2; LG Trier, Beschluss vom 15. Mai 2013 5 T 26/13, juris Rn. 7; LG Essen, BeckRS 2013, 19326; AG Hannover, Beschluss vom 10. Mai 2013 - 711 M 115346/13, juris Rn. 5; Römer, KKZ 2013, 151, 152). Die auf Seite 3 vorgegebene Forderungsaufstellung erfasst die vorliegende Fallkonstellation nicht. Die Gläubigerin betreibt die Vollstreckung wegen zweier Forderungen (Rechnung vom 14. September 2012 sowie Rechnung vom 17. Dezember 2012), was sich in der Forderungsaufstellung - wie ausgeführt - nicht darstellen lässt. Die Forderungsaufstellung auf Seite 3 musste daher nicht ausgefüllt werden. Erforderlich war es auch nicht, zumindest die Gesamtsumme in das Formular einzutragen (so LG Mainz, FoVo 2013, 111, 112). Denn die Summenbildung ist nach dem Formular erkennbar für den Fall vorgesehen, dass die Spalten zuvor vollständig ausgefüllt sind. Ist das nicht möglich, entfällt das Erfordernis, die Summe anzugeben. Auch das auf der Internetseite zur Verfügung gestellte PDF-Formular lässt die isolierte Eintragung einer Gesamtsumme in das betreffende Feld nicht zu. Ist mithin eine Eingabe der Gesamtsumme in dem auf der Internetseite des Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zur Verfügung gestellten PDF-Formular nicht möglich, so ist eine solche bei selbst erstellten Formularen ebenfalls nicht vorzunehmen.
c) Der Antrag ist auch nicht deshalb formunwirksam, weil sich die Gläubigerin eines Antragsformulars bedient hat, das bezüglich des Layouts von dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV abweicht.
Die den Formularzwang regelnden Normen schließen die Nutzung eines Formulars, das im Layout gegenüber dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV modifiziert ist, nicht generell aus. Zwar ist die Antragstellung mittels des Formulars gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV vorgeschrieben. Die Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung enthält auch - anders als andere Vordrucke betreffende Bestimmungen, z.B. § 3 der Verordnung zur Einführung von Vordrucken für das Mahnverfahren bei Gerichten, die das Verfahren maschinell bearbeiten (MaschMahnVordV), § 3 der Verordnung zur Verwendung eines Formulars für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- und Verfahrenskostenhilfe (PKHFV), § 2 der Verordnung zur Einführung von Vordrucken für das Verbraucherinsolvenzverfahren und das Restschuldbefreiungsverfahren (VbrInsVV), § 3 der Verordnung zur Einführung von Vordrucken für das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt minderjähriger Kinder (KindUFV), § 1 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung zur Einführung von Vordrucken im Bereich der Beratungshilfe (BerHFV) und § 2 der Verordnung zur Einführung von Vordrucken für die Zustellung im gerichtlichen Verfahren (ZustVV) - keine Regelungen über zulässige Layoutabweichungen von dem Formular.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass ausschließlich Formulare verwendet werden dürfen, die bezüglich des Layouts dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV vollständig entsprechen, wie dies bei dem vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auf seiner Internetseite bereitgestellten PDF-Formular der Fall ist. Eine solche Verpflichtung ist den den Formularzwang regelnden Normen nicht zu entnehmen. Für eine derartig enge Auslegung der Regelung, die den Rechtsverkehr erheblich behindern kann, besteht kein Bedürfnis. Die Formulierung des Gesetzes ist über die vorgenannte verfassungskonforme Auslegung hinaus nach Sinn und Zweck vielmehr dahin auszulegen, dass auch die Nutzung solcher Formulare möglich ist, die im Layout geringe, für die zügige Bearbeitung des Antrags nicht ins Gewicht fallende Änderungen enthalten. Der Verwirklichung des mit der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung verfolgten Entlastungsziels steht es nicht entgegen, wenn solche Abweichungen zugelassen werden (vgl. LG Mönchengladbach, Beschluss vom 13. August 2013 - 5 T 148/13, juris Rn. 5, unter ausdrücklicher Aufgabe seiner früheren Rechtsauffassung in dem Beschluss vom 17. Mai 2013 - 5 T 112/13, juris Rn. 4; LG Bremen, BeckRS 2013, 15422). Solche Abweichungen im Layout können insbesondere dadurch hervorgerufen werden, dass eine Anbindung der Formulare an Fachsoftware des Gläubigers erfolgt. Von der grundsätzlichen Möglichkeit einer derartigen Anbindung - vorbehaltlich etwaiger lizenzrechtlicher Zustimmungserfordernisse - geht das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz aus (vgl. Internetauftritt des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, aaO, Antworten auf Fragen 22, 24). Es besteht unter den genannten Voraussetzungen kein Grund, diese Anbindung zu erschweren, zumal damit ein erheblicher Aufwand des Gläubigers verbunden sein kann.
Weicht - wie hier - ein Antragsformular von dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV lediglich in den Maßen der Rahmen, in der Liniendicke und -länge, in den Zeilen- und Seitenabständen oder in sonstigen Layoutelementen ab, die den Aufbau des Formulars nicht verändern, so wird die Antragsbearbeitung durch das Vollstreckungsgericht hierdurch nicht beeinträchtigt. Der Rechtspfleger findet bei der Bearbeitung des Formulars die erforderlichen Angaben in der üblichen Reihenfolge vor. Im Gegenteil würde die verbindlich vorgegebene Nutzung des Formulars gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV in einer Vielzahl von Fällen zu einem Mehraufwand auf Seiten des Vollstreckungsgerichts führen. Dieses wäre gehalten, stets anhand jeder Antragsseite zu prüfen, ob das von dem Gläubiger verwendete Formular im Layout mit dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV identisch ist. Widrigenfalls hätte es einen aufklärenden Hinweis zu erteilen und gegebenenfalls den Antrag als unzulässig zurückzuweisen, soweit dem Hinweis nicht Rechnung getragen wird. Diese würde in der Vielzahl der Fälle, in denen keine oder nur schwer erkennbare Abweichungen von dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV vorliegen, zu einem unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand führen.
Letztlich beeinträchtigt es die Arbeit des Rechtspflegers auch nicht, wenn das Antragsformular nicht die in dem Formular gemäß Anlage 2 zu § 2 Nr. 2 ZVFV enthaltenen grünfarbigen Elemente aufweist. Die farbige Gestaltung der Formulare dient nicht in erster Linie dem Ziel, die Vollstreckungsgerichte zu entlasten, sondern hat den Zweck, dem Antragsteller das Ausfüllen des Formulars zu erleichtern (vgl. LG Dortmund, BeckRS 2013, 07669; LG Kiel, Rpfleger 2013, 463; LG München I, BeckRS 2013, 15427; BeckOK/Riedel, ZPO, Stand 1. Januar 2014, § 829 Rn. 18; Goldschmitt, Anmerkung zu LG Dortmund, Beschluss vom 24. April 2013 - 9 T 118/13, jurisPR-FamR 18/2013; unklar: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, aaO, Antwort auf Frage 15).
III.
Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden. Es ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich, dass die weiteren Voraussetzungen für den Erlass des beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vorliegen. Die Sache war daher an das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - zurückzuverweisen, § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO.
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Jurgeleit Graßnack