Entscheidungsdatum: 25.06.2014
Die der Republik Griechenland zustehenden Forderungen auf Auszahlung von Zuschüssen für den Personal- und Schulaufwand nach dem Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz dienen hoheitlichen Zwecken und unterliegen daher der Vollstreckungsimmunität.
Auf die Rechtsbehelfe der Schuldnerin werden der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Ansbach vom 16. April 2013, der Beschluss des Amtsgerichts - Vollstreckungsgericht - Ansbach vom 10. Dezember 2012 sowie der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts - Vollstreckungsgericht - Ansbach vom 20. August 2012 aufgehoben und der Antrag der Gläubigerin vom 5. Juli 2012 auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses abgelehnt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die Gläubigerin hat die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen.
I.
Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus einem Urteil des Arbeitsgerichts N. in einen Anspruch auf Zahlung von Zuschüssen nach dem Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz.
Die Schuldnerin betreibt eine "Private Volksschule der Republik Griechenland" in N. Hierfür erhält sie von Seiten des Drittschuldners Zuschüsse für den Personal- und Schulaufwand nach dem Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz. Die Gläubigerin ist Inhaberin einer titulierten Forderung gegen die Schuldnerin in Höhe von 1.402,60 €. Wegen dieser Forderung hat das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - auf Antrag der Gläubigerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss betreffend die Ansprüche auf Auszahlung der Zuschüsse erlassen.
Die hiergegen eingelegte Vollstreckungserinnerung der Schuldnerin hat das Amtsgericht zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss hat die Schuldnerin sofortige Beschwerde eingelegt, welche das Beschwerdegericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen hat.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihr Begehren weiter.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen und zur Ablehnung des Antrags auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Pfändung sei zulässig. Die Schuldnerin sei nicht von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit, da sie bei dem Betrieb der Schule nicht hoheitlich handele.
Schwerpunktmäßige Aufgabe bei dem Betrieb einer Schule sei die Vermittlung von Wissen, somit die Unterrichtstätigkeit. Nach deutschem Verständnis nähmen Lehrer jedoch nicht hauptsächlich hoheitlich geprägte Aufgaben wahr, weshalb sie auch nicht der besonderen Absicherung durch den Beamtenstatus bedürften.
Zudem unterliege die von der Schuldnerin betriebene Schule einer besonders ausgestalteten Aufsicht durch den deutschen Staat. Aufgrund dessen könne die Schuldnerin ihren Bildungsauftrag nicht autonom, sondern nur im Rahmen der Beschränkungen des Art. 7 Abs. 4 GG wahrnehmen. Bei dem Betrieb der Schule habe sich die Schuldnerin daher der staatlichen Hoheit Deutschlands unterworfen.
Schließlich unterfielen die gepfändeten Forderungen auch nicht der völkerrechtlichen Vollstreckungsimmunität. Da schon der Betrieb der Schule nicht hoheitlich sei, dienten auch die Fördergelder keinen hoheitlichen Zwecken.
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die Zwangsvollstreckung in die Ansprüche der Schuldnerin gegen den Drittschuldner auf Auszahlung der Zuschüsse für den Personal- und Schulaufwand nach dem Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz ist unzulässig. Dabei kann es dahinstehen, ob das Amtsgericht für den Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gemäß § 828 Abs. 2, 2. Alt., § 23 Satz 2 ZPO international zuständig war. Mit Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde jedenfalls, dass bezüglich der gepfändeten Zahlungsansprüche Vollstreckungsimmunität besteht.
a) Die Vollstreckungsimmunität ist eine Ausprägung des Grundsatzes der Staatenimmunität, der aus dem Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten folgt. Es besteht eine allgemeine Regel des Völkerrechts im Sinne des Art. 25 GG, wonach die Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsstaat aus einem Vollstreckungstitel gegen einen fremden Staat, der über ein nicht hoheitliches Verhalten (acta iure gestionis) dieses Staates ergangen ist, in dessen Vermögensgegenstände ohne seine Zustimmung unzulässig ist, soweit diese im Zeitpunkt des Beginns der Vollstreckungsmaßnahme hoheitlichen Zwecken des fremden Staates dienen. Ob ein Vermögensgegenstand hoheitlichen Zwecken dient, richtet sich danach, ob er für eine hoheitliche Tätigkeit verwendet werden soll. Die Abgrenzung zwischen hoheitlichen oder nicht hoheitlichen Zwecken ist mangels entsprechender Kriterien im allgemeinen Völkerrecht grundsätzlich nach der Rechtsordnung des Gerichtsstaats vorzunehmen (BVerfG, NJW 2012, 293, 295; BGH, Beschluss vom 4. Juli 2013 - VII ZB 63/12, NJW-RR 2013, 1532 Rn. 10 ff.; jeweils m.w.N.).
Nach deutschem Verständnis unterfallen unter anderem kulturelle Einrichtungen ausländischer Staaten der Vollstreckungsimmunität. Zur Wahrnehmung ausländischer Gewalt gehört auch die vom Staat abhängige Repräsentation von Kultur und Wissenschaft im Ausland (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2009 - VII ZB 37/08, NJW 2010, 769 Rn. 26 m.w.N; vgl. auch IGH, Urteil vom 3. Februar 2012, Jurisdictional Immunities of the State (Germany v. Italy, Greece intervening), I.C.J. Reports 2012, 99 Rn. 119, abrufbar unter http://www.icj-cij.org/docket/files/143/16883.pdf).
b) Bei dem Betrieb der Privaten Volksschule der Republik Griechenland in N. handelt es sich um eine kulturelle Einrichtung der Beklagten.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts erfüllen Auslandsschulen nicht nur Gemeinwohlinteressen des Staates, in dem die Schule betrieben wird, indem sie als Ersatz für eine grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule eine verfassungsrechtlich anerkannte öffentliche Aufgabe des Erziehungs-, Bildungs- und Ausbildungswesen verwirklichen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1988 - III ZR 134/87, NJW 1989, 216, 218; Badura in Maunz/Dürig, GG (2013), Art. 7 Rn. 111, 112). Auslandsschulen dienen darüber hinaus dem Zweck, einen Beitrag zur Förderung von Sprache und Kultur des ausländischen Staates im jeweiligen Sitzland zu erbringen. Demgemäß haben sich die Bundesrepublik Deutschland und die Schuldnerin mit ihrem Kulturabkommen vom 17. Mai 1956 (BGBl. 1957 II S. 501) verpflichtet, die Gründung von kulturellen Instituten des anderen Landes zur Erlernung der jeweiligen Sprache zuzulassen und zu fördern, Art. 5 des Kulturabkommens, und sich wechselseitig im Falle von Einschränkungen der Tätigkeiten von Auslandsschulen bei der Wiederinbetriebnahme zu unterstützen, Art. 12 des Kulturabkommens.
Die Ansprüche auf Auszahlung von Zuschüssen für den Personal- und Schulaufwand nach dem Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz dienen der Aufrechterhaltung des Betriebs einer Auslandsschule und mithin einem hoheitlichen Zweck.
3. Eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes nach § 2 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes (RsprEinhG) war nicht veranlasst. Eine Abweichung von den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 10. April 2013 - 5 AZR 81/12, - 5 AZR 79/12 und - 5 AZR 78/12 (NJW 2013, 2461) sowie vom 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 (NJOZ 2013, 1835) ist - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdegegnerin - nicht gegeben. Nach den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts soll weder das Vertragsverhältnis zwischen der Auslandsschule und ihren Lehren noch die Tätigkeit der Lehrer an Auslandsschulen als hoheitlich zu bewerten sein. Das Dienstverhältnis der Lehrer an einer Auslandsschule sei nicht Ausdruck der Souveränität des Staates nach innen oder außen in einem für diese Bestimmung maßgebenden Sinne. Diese Einordnung besagt jedoch nichts über die Qualifikation der von der Schuldnerin in Deutschland betriebenen Schule als kulturelle Einrichtung, deren Betrieb durch den gepfändeten Anspruch auf Zahlung eines staatlichen Zuschusses gewährleistet wird.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Eick Safari Chabestari Halfmeier
Kartzke Jurgeleit