Entscheidungsdatum: 18.12.2018
1. Die Frage, ob in dem Online-Archiv einer Tageszeitung Altmeldungen zum Abruf bereitgehalten werden dürfen, in denen über die Hauptverhandlung eines Strafverfahrens berichtet und in denen der Angeklagte namentlich genannt wird, ist aufgrund einer umfassenden Abwägung des Persönlichkeitsrechts des Beschuldigten mit dem Recht der Presse auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden.
2. Dabei stellt die Frage, ob es dem Verlag möglich und zumutbar ist, die Auffindbarkeit der Altmeldung über Internet-Suchmaschinen zu unterbinden oder einzuschränken, aus Gründen der praktischen Konkordanz einen Abwägungsgesichtspunkt dar.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 25. September 2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, eine identifizierende Berichterstattung in ihrem Online-Archiv zum Abruf bereitzuhalten.
Der als Steuerberater tätige Kläger war in den 1990er Jahren für die Fraktion der Deutschen Sozialen Union (DSU) im Landtag des Landes Sachsen-Anhalt tätig. Am 3. Dezember 1997 veröffentlichte die Beklagte einen Artikel, in dem über einen Strafprozess gegen den früheren Fraktionsvorsitzenden A. der DSU und den Kläger wegen des Vorwurfs der Veruntreuung von Fraktionsgeldern berichtet wird. Dieser Artikel ist nach wie vor auf der Internetseite der Beklagten über eine Archivfunktion abrufbar. Er hat unter anderem folgenden Inhalt:
"Die unglaubliche Dreistigkeit des Scheins
Veröffentlicht am 03.12.1997 […]
Urteil gegen Ex-Fraktionschef der Deutschen Sozialen Union (DSU) wird morgen erwartet
[…] Der heute 44jährige A. und sein früherer Fraktionsgeschäftsführer [Kläger] stehen seit November wegen des Vorwurfs der Veruntreuung von Fraktionsgeldern vor Gericht – gemeinsam, doch gegeneinander: Bei dem Versuch, sich die Anstiftung einander in die Schuhe zu schieben, wurden aus Duzfreunden erbitterte Feinde. Morgen ergeht das Urteil; […] Von `erheblicher Dreistigkeit` der beiden Angeklagten spricht Oberstaatsanwalt […]. Für ihn gilt als erwiesen, daß sich der heute vom Einkommen seiner Frau lebende A. mit Hilfe [des Klägers] zwischen Mai 1992 und Mai 1993 großzügig aus der Fraktionskasse bedient hat. "Da geht es um Geld des Steuerzahlers", gibt der Staatsanwalt zu verstehen. Von 69 Anklagepunkten beschränkte sich das Gericht am Ende auf 15. [...] Insgesamt addiert Oberstaatsanwalt […] aus den einzelnen Unregelmäßigkeiten einen Gesamtschaden für das Land von 117152 Mark. Bei Prozeßbeginn ging es noch um 190000 Mark, aber viele "Kleinigkeiten" verhandelt das Gericht nach dem Geständnis […] nicht weiter, weil sie für das Strafmaß unerheblich sind. Den schwersten Mißbrauch sieht Oberstaatsanwalt […] darin, dass durch einen von den Angeklagten verabredeten Scheinvertrag ein Jahr lang Monat für Monat 5000 Mark Beraterhonorar an [Ehefrau des A.] durchgereicht wurde. Eine Gegenleistung wurde nicht erbracht. Das Geld erhielt [Ehefrau des A.] nicht direkt von der DSU-Fraktion, sondern als vorgebliche Angestellte des [klägerischen] Steuerberatungsunternehmens. [Der Kläger] wiederum stellte der Fraktion den Betrag als Honorar für seine Firma in Rechnung. Diese `Größenordung` solcher Honorare sei doch üblich, meinen die Angeklagten während des Prozesses. Der Oberstaatsanwalt stellt besorgt fest, daß in deutschen Parlamenten bei Beraterverträgen `offenbar unkontrolliert sehr großzügig mit Steuergeld umgegangen` werde. Den Angeklagten sei es `sehr leichtgemacht` worden, plädiert Oberstaatsanwalt […] und befürchtet, ähnlichem Verhalten werde durch zu geringe Kontrollen `Tür und Tor` geöffnet. Die Staatsanwaltschaft hat für beide Angeklagte eine zweijährige Freiheitsstrafe auf Bewährung beantragt. [Der Kläger] soll zudem 50000 Mark Schadenswiedergutmachung leisten, A. 500 Stunden gemeinnützige Arbeit."
Mit Schreiben vom 4. und 14. März 2013 forderte der Kläger die Beklagte auf, seinen Namen zu löschen.
Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich des Hauptantrags des Klägers, seinen Vor- und Nachnamen im veröffentlichten Artikel zu löschen, abgewiesen und die Beklagte entsprechend dem vom Kläger gestellten Hilfsantrag verurteilt, es zu unterlassen, über den Kläger im Zusammenhang mit dem vor dem Landgericht M. im Jahre 1997 im Zusammenhang mit der Verurteilung des Fraktionsvorsitzenden der Deutschen Sozialen Union A. erhobenen Vorwurf unter voller Namensnennung zu berichten, wenn das geschieht wie auf der Internetseite der Beklagten unter http://www.[...].html. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz hilfsweise beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, den Beitrag auf dem Internetauftritt der Beklagten in der Weise zum Abruf bereit zu halten, dass er durch Eingabe des Klägers in Internetsuchmaschinen von diesen aufgefunden und in den Ergebnislisten ausgewiesen wird. Das Kammergericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger der zuerkannte Unterlassungsanspruch gemäß § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zu. Die Beklagte habe mit dem Vorhalten des Artikels im Online-Archiv keine unzulässige identifizierende Berichterstattung fortgeführt. Es bedürfe daher der Entscheidung, ob, unter welchen Voraussetzungen und mit welcher Maßgabe einer ursprünglich rechtmäßigen Berichterstattung nachträglich mit einem Unterlassungsbegehren entgegengetreten werden könne. Mit zeitlicher Distanz nehme das schützenswerte Interesse des Täters, vor einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zu. Im Streitfall werde auch noch etwa 25 Jahre nach Tatbegehung und etwa 20 Jahre nach aktueller Berichterstattung über das damals noch nicht beendete Gerichtsverfahren der ursprüngliche Bericht weiterhin mit voller Namensnennung ohne Aufwand oder aufwändige Recherche allein durch Eingabe des Vor- und Zunamens der Kläger über die gängigen Suchmaschinen sofort reaktualisiert. Es könne ohne weiteres unterstellt werden, dass es heutzutage üblich sei, bei Anbahnung von Geschäftskontakten mit Anbietern höherer Dienste, zu denen in der Regel ein Vertrauensverhältnis erforderlich sei, Informationen über diese Personen im Internet einzuholen. Dies gelte erst recht dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - über die Eingabe des Namens des Klägers zum Beispiel bei "Google" ein Interessent auch heute noch bereits auf der ersten Seite auf den Artikel der Beklagten hingewiesen und dabei der Kläger im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Veruntreuung erwähnt werde, ohne Hinweis darauf, dass es sich um einen zwanzig Jahre alten Artikel handle. Letzteres und die Einzelheiten des Artikels würden erst nach Anklicken des Suchergebnisses offenbar. Dabei werde dem Leser dann mitgeteilt, dass es sich um eine Berichterstattung über ein laufendes Strafverfahren handle. Diesem gravierenden Eingriff stehe aktuell kein überwiegendes oder gleichwertiges Recht der Beklagten auf ungehindertes Vorhalten der Informationen durch individualisierende Berichterstattung in Bezug auf den Kläger mehr gegenüber. Die Beklagte sei Störer und könne den Kläger nicht auf eine Inanspruchnahme der Suchmaschinenbetreiber verweisen. Sie werde auch nicht unzumutbar dadurch in ihrer Pressefreiheit beeinträchtigt, dass ihr die Pflicht auferlegt werde, auf die konkrete Rüge eines Betroffenen zu prüfen, ob eine Altmeldung noch unverändert im Online-Archiv verbleiben könne oder im Hinblick auf den zu gewährleistenden Persönlichkeitsschutz zu modifizieren sei.
Die Tenorierung des Unterlassungsanspruchs sei nicht entsprechend dem vom Kläger im Berufungsrechtszug formulierten Hilfsantrag abzuändern gewesen. Der innerhalb der verlängerten Frist zur Berufungserwiderung eingereichte Hilfsantrag sei als Anschlussberufung zu werten. Von einer Modifikation des Unterlassungsausspruchs sei abgesehen worden, weil das mit dem Hilfsantrag formulierte Unterlassungsgebot nicht als eine die Beklagte geringer belastende und daher dem Verhältnismäßigkeitsprinzip eher entsprechende Maßnahme erachtet werde, sondern als ein Aliud, welches weder dem primären Rechtsschutzziel des Klägers entspreche noch der Verteidigung der Beklagten Rechnung trage. Denn diese wende selbst nicht ein, dass geringer belastende, für sie umsetzbare Maßnahmen zu Gebote stünden. Bei dem Begehren, den Zugriff auf Archive durch technische Lösungen zu unterbinden, handle es sich vielmehr allenfalls um eine Alternative zur Verwirklichung des Persönlichkeitsrechtsschutzes. Wenn sich die Frage stelle, ob und auf welchem Weg es technisch umsetzbar sei, die Auffindbarkeit über Suchmaschinen zu unterbinden, so sei die Vollstreckbarkeit für den Kläger betroffen, der sich primär für einen weitergehenden Anspruch entschieden habe. Auch beeinträchtige ein vermeintlich geringer belastendes Unterlassungsgebot, dessen Umsetzung technisch wegen der Vielzahl von Zugriffsmöglichkeiten noch nicht sicher zu gewährleisten sei, letztlich auch die Beklagte unverhältnismäßig, nämlich dann, wenn in Ermangelung einer technisch zuverlässigen Lösung aus Rechtsgründen wie auch tatsächlich der Zwang entstehe, in Gestalt einer über die eigentliche Verurteilung hinausgreifenden Reaktion das Archiv als solches oder die Zugriffsmöglichkeiten für die externen Nutzer sehr viel drastischer zu beschneiden als geschuldet.
II.
Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, das weitere Bereithalten des den Kläger identifizierenden Artikels zum Abruf sei rechtswidrig und begründe den von ihm geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung der identifizierenden Berichterstattung im Online-Archiv der Beklagten, wird durch die getroffenen Feststellungen nicht getragen.
a) Das Berufungsgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass das Bereithalten des Artikels zum Abruf im Internet einen Eingriff in den Schutzbereich des durch § 823 Abs. 1, § 1004 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers darstellt. Denn die Berichterstattung über ein Strafverfahren unter namentlicher Nennung des Beschuldigten beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs, weil sie sein mögliches Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten negativ qualifiziert. Dies gilt nicht nur bei aktiver Informationsübermittlung durch die Medien, wie es im Rahmen der herkömmlichen Berichterstattung in Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen geschieht, sondern auch dann, wenn - wie im Streitfall - den Straftäter identifizierende Inhalte lediglich auf einer passiven Darstellungsplattform im Internet zum Abruf bereitgehalten werden. Diese Inhalte sind nämlich grundsätzlich jedem interessierten Internetnutzer zugänglich (vgl. Senat, Urteile vom 16. Februar 2016 - VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31 Rn. 15; vom 13. November 2012 - VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 8; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 9; vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 34; vom 1. Februar 2011 - VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285 Rn. 11; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 13; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 10; jeweils mwN; siehe weiter EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 - 60798/10 und 65599/10, Tz. 86 ff. [auszugsweise Übersetzung in NLMR 2018, 257]).
b) Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass über den Unterlassungsantrag des Klägers aufgrund einer Abwägung seines Rechts auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden ist (vgl. Senat, Urteile vom 16. Februar 2016 - VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31 Rn. 18; vom 13. November 2012 - VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 9; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 10; vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 35; vom 1. Februar 2011 - VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285 Rn. 12; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 14; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11; jeweils mwN; EGMR, Urteile vom 28. Juni 2018 - 60798/10 und 65599/10, Tz. 89 ff.; vom 7. Februar 2012 - 39954/08, NJW 2012, 1058). Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senat, Urteile vom 12. Juni 2018 - VI ZR 284/17, NJW 2018, 3509 Rn. 18; vom 10. April 2018 - VI ZR 396/16, NJW 2018, 2877 Rn. 19; vom 2. Mai 2017 - VI ZR 262/16, NJW-RR 2017, 1516 Rn. 22; vom 29. November 2016 - VI ZR 382/15, NJW 2017, 1550 Rn. 15; vom 16. Februar 2016 - VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31 Rn. 18; vom 13. November 2012 - VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 9; jeweils mwN).
c) Die getroffenen Feststellungen tragen aber nicht die Annahme, dass das weitere Bereithalten des den Kläger identifizierenden Artikels zum Abruf rechtswidrig ist.
aa) In der Rechtsprechung sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 - VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 11 ff.; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 12 ff.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; AfP 2009, 480 Rn. 61 f.; AfP 2010, 365 Rn. 27 ff.; AfP 2012, 143 Rn. 36, 39; EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 - 60798/10 und 65599/10; jeweils mwN). Danach darf die Presse zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht grundsätzlich auf eine anonymisierte Berichterstattung verwiesen werden (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 - VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 11; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 12; BVerfG, AfP 2009, 46 Rn. 12; AfP 2012, 143 Rn. 39; EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 - 60798/10 und 65599/10, Tz. 105). Verfehlungen - auch konkreter Personen - aufzuzeigen, gehört zu den legitimen Aufgaben der Medien (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 - VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 11; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 12; BVerfG, AfP 2012, 143 Rn. 39; EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 - 60798/10 und 65599/10, Tz. 105). Bei Tatsachenberichten hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 - VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 11; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 12; BVerfGE 97, 391, 404 f.; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 17; EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 - 60798/10 und 65599/10, Tz. 90 f.).
Bei der Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz kommt dem Gegenstand der Berichterstattung entscheidende Bedeutung zu. Geht es um die Berichterstattung über eine Straftat, ist zu berücksichtigen, dass eine solche Tat zum Zeitgeschehen gehört, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung begründet grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter (vgl. Senat, Urteile vom 19. März 2013 - VI ZR 93/12, NJW 2013, 1681 Rn. 18; vom 13. November 2012 - VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 12; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 13; vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 38; vom 7. Juni 2011 - VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52 Rn. 19; vom 1. Februar 2011 - VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285 Rn. 15; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 14; jeweils mwN; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 18; AfP 2010, 365 Rn. 32; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 - 39954/08, NJW 2012, 1058 Rn. 96). Dieses wird umso stärker sein, je mehr sich die Tat in Begehungsweise, Schwere oder wegen anderer Besonderheiten von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt (vgl. Senat, Urteile vom 19. März 2013 - VI ZR 93/12, NJW 2013, 1681 Rn. 18; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 19; vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 38; vom 7. Juni 2011 - VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52 Rn. 19; vom 1. Februar 2011 - VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285 Rn. 15; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 17; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 14; jeweils mwN).
Bei der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung mit der damit zwangsläufig verbundenen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Täters verdient für die aktuelle Berichterstattung über Straftaten das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang. Denn wer den Rechtsfrieden bricht, muss sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern er muss auch dulden, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (vgl. Senat, Urteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 39; vom 7. Juni 2011 - VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52 Rn. 19; vom 1. Februar 2011 - VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285 Rn. 16; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 18; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 15; jeweils mwN). Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts muss aber in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Fehlverhaltens und seiner sonstigen Bedeutung für die Öffentlichkeit stehen (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 - VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 12; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 13; jeweils mwN; BVerfG, AfP 2006, 354, 355; AfP 2009, 365 Rn. 20). Für die Abwägung bedeutsam ist auch, ob die Berichterstattung allein der Befriedigung der Neugier des Publikums dient oder ob sie einen Beitrag zur Meinungsbildung in einer demokratischen Gesellschaft leistet und die Presse mithin ihre Funktion als "Wachhund der Öffentlichkeit" wahrnimmt (vgl. Senat, Urteil vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 13, mwN; BVerfGK 1, 285, 288; BVerfG, AfP 2006, 354, 356; EGMR, Urteile vom 7. Februar 2012 - 39954/08, NJW 2012, 1058 Rn. 79, 90; vom 28. Juni 2018 - 60798/10 und 65599/10, Tz. 111).
Handelt es sich um ein noch laufendes Ermittlungsverfahren, so ist im Rahmen der Abwägung auch die zugunsten des Betroffenen sprechende, aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende und in Art. 6 Abs. 2 EMRK anerkannte Unschuldsvermutung zu berücksichtigen. Diese Vermutung schützt den Beschuldigten vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkommen, denen aber kein rechtsstaatliches prozessordnungsgemäßes Verfahren zur Schuldfeststellung und Strafbemessung vorausgegangen ist (vgl. Senat, Urteil vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 14; BVerfGE 74, 358, 371; 82, 106, 114 f.). Dementsprechend ist bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen auch die Gefahr in Blick zu nehmen, dass die Öffentlichkeit die bloße Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit dem Nachweis der Schuld gleichsetzt und deshalb im Fall einer späteren Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder eines Freispruchs vom Schuldvorwurf "etwas hängenbleibt" (vgl. Senat, Urteil vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 14; BVerfG, AfP 2006, 354, 355; AfP 2009, 46 Rn. 15; AfP 2009, 365 Rn. 20; EGMR, Urteil vom 7. Februar 2012 - 39954/08, NJW 2012, 1058 Rn. 96). Da im Rahmen der Abwägung von erheblicher Bedeutung ist, ob eine Tatsachenbehauptung im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Veröffentlichung zulässig war, kann es darauf ankommen, ob die Voraussetzungen einer Verdachtsberichterstattung vorlagen (vgl. Senat, Urteil vom 16. Februar 2016 - VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31 Rn. 20 ff.).
Mit zeitlicher Distanz zum Strafverfahren und nach Befriedigung des aktuellen Informationsinteresses der Öffentlichkeit gewinnt das Interesse des Betroffenen, von einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmend an Bedeutung (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 - VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 13; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 15; vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 40; BVerfGE 35, 202, 233; BVerfG, AfP 2006, 354, 355; AfP 2009, 365 Rn. 21; jeweils mwN). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht bietet Schutz vor einer zeitlich uneingeschränkten Befassung der Medien mit der Person des Straftäters. Hat die das öffentliche Interesse veranlassende Tat mit dem Abschluss des Strafverfahrens die gebotene Reaktion der Gemeinschaft erfahren und ist die Öffentlichkeit hierüber hinreichend informiert worden, so lassen sich fortgesetzte oder wiederholte Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen mit Blick auf sein Interesse an der Wiedereingliederung in die Gemeinschaft nicht ohne weiteres rechtfertigen. Eine vollständige Immunisierung vor der ungewollten Darstellung persönlichkeitsrelevanter Geschehnisse ist damit jedoch nicht gemeint (vgl. Senat, Urteil vom 13. November 2012 - VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 13; BVerfGE 35, 202, 233; BVerfG, AfP 2009, 365 Rn. 21). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht vermittelt dem Betroffenen keinen uneingeschränkten Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr mit seiner Verfehlung konfrontiert zu werden (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 - VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 13; vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 15; vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 40, mwN). Selbst die Verbüßung der Straftat führt nicht dazu, dass ein Täter den uneingeschränkten Anspruch erwirbt, mit der Tat "allein gelassen zu werden". Maßgeblich ist vielmehr stets, in welchem Ausmaß das Persönlichkeitsrecht einschließlich des Resozialisierungsinteresses des Straftäters von der Berichterstattung unter den konkreten Umständen des Einzelfalls beeinträchtigt wird (vgl. Senat, Urteil vom 13. November 2012 - VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 13; BVerfG, NJW 2000, 1859, 1860; AfP 2009, 365 Rn. 21; EGMR, Urteil vom 7. Dezember 2006, Beschwerde Nr. 35841/02, Österreichischer Rundfunk gegen Österreich, Nr. 68, ÖJZ 2007, 472, 473; jeweils mwN). Für die Intensität der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts kommt es auch auf die Art und Weise der Darstellung, insbesondere auf den Grad der Verbreitung des Mediums an (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 - VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 13; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 19).
bb) Eine Gesamtabwägung unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht möglich.
(1) Zwar hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass die identifizierende Berichterstattung im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Veröffentlichung rechtmäßig war. Die Beklagte durfte in dem Artikel über die Hauptverhandlung des Strafverfahrens unter Nennung des Namens des Klägers berichten. Es bestand ein gewichtiges Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dem auch gegen den Kläger geführten Strafprozess und die durch die Berichterstattung hervorgerufene Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Kläger stand nicht außer Verhältnis zur Bedeutung seines Verhaltens für die Öffentlichkeit. Dieses ergibt sich zunächst aus den im Artikel mitgeteilten Umständen der Höhe der veruntreuten Steuergelder und der Tatbegehung durch einen Landtagsabgeordneten als Volksvertreter sowie speziell hinsichtlich des Klägers aus seiner maßgeblichen Tatbeteiligung. Zudem hatte der Kläger nach den getroffenen Feststellungen auf der Grundlage eines Vertrages die Fraktion beraten und eine herausgehobene Stellung inne, die es ihm ermöglichte, an den Untreuehandlungen zu Lasten der Fraktion teilzuhaben; er hatte eine verantwortungsvolle Position in der Landespolitik und war eine Person des öffentlichen Lebens (vgl. etwa Senat, Urteil vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12, NJW 2013, 229 Rn. 19 ff.). Daher ist auch die Erwägung des Landgerichts, dass es dahingestellt bleiben könne, ob der Kläger förmlich zum Fraktionsgeschäftsführer bestellt worden sei, da eine möglicherweise falsche Bezeichnung seiner formalen Stellung bei einem Leser des Artikels keine irrigen Vorstellungen über die Bedeutung des Klägers hervorrufe, zutreffend. Im Übrigen berichtet der Beitrag wahrheitsgemäß, sachlich ausgewogen sowie - ungeachtet pointiert zugespitzter Formulierungen - insgesamt zurückhaltend über die Hauptverhandlung des Strafverfahrens und Hintergründe, die für dessen Verständnis relevant sein können. Soweit es das Strafverfahren betrifft, beschränkt sich der Artikel auf eine Wiedergabe des Geschehens in einer öffentlichen Hauptverhandlung (vgl. dazu Senat, Urteil vom 19. März 2013 - VI ZR 93/12, NJW 2013, 1681 Rn. 27 ff.).
Abweichendes ergibt sich nicht daraus, dass zum Zeitpunkt der erstmaligen Berichterstattung während der laufenden strafgerichtlichen Hauptverhandlung lediglich ein hinreichender Tatverdacht (§ 203 StPO) bestand. Nach den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger nicht in Zweifel gezogen, dass die ursprüngliche Berichterstattung über das Strafverfahren zulässig war. Die Revisionserwiderung zeigt keinen in den Tatsacheninstanzen übergangenen Sachvortrag auf, wonach der Tatvorwurf gegen den Kläger zu Unrecht erhoben worden sei (vgl. dazu Senat, Urteil vom 16. Februar 2016 - VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31 Rn. 20 ff.).
(2) Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen kann der Senat allerdings nicht beurteilen, ob die Interessen der Beklagten in der geboten umfassenden Abwägung deshalb hinter dem Schutzinteresse des Klägers zurückzutreten haben, weil der Artikel noch über zwanzig Jahre nach seiner erstmaligen Veröffentlichung von der Beklagten zum Abruf bereitgehalten wird und allein durch Eingabe des Vor- und Zunamens des Klägers über Internet-Suchmaschinen aufgefunden werden kann.
Das Berufungsgericht hat die Rechtswidrigkeit des weiteren Bereithaltens des Artikels zum Abruf aus dem zuletzt genannten Gesichtspunkt abgeleitet. Es hat maßgeblich darauf abgestellt, dass die ursprüngliche Berichterstattung durch Eingabe des Vor- und Zunamens des Klägers über die gängigen Internet-Suchmaschinen sofort reaktualisiert und der Kläger dadurch erheblich beeinträchtigt werde. Offen geblieben ist aber, ob und auf welchem Wege es der Beklagten möglich und zumutbar ist, lediglich die Auffindbarkeit des Artikels über Internet-Suchmaschinen zu unterbinden oder einzuschränken (siehe dazu etwa Paal/Hennemann, K&R 2017, 18; Trentmann, MMR 2016, 731; Sajuntz, NJW 2016, 1921, 1924; Mann, AfP 2014, 210; Höch, K&R 2015, 632; Feldmann, K&R 2015, 634; Bergt/Brandi-Dohrn/Heckmann/Wimmers, CR 2014, Beilage zu Heft 7, 1 ff.; Masing, Vorläufige Einschätzung der "Google-Entscheidung" des EuGH, https://verfassungsblog.de/ribverfg-masing-vorlaeufige-einschaetzung-der-google-entscheidung-des-eugh/ [abgerufen am 10. Januar 2019], unter 8.c; von Pentz, AfP 2015, 11, 20 f.).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts betrifft dieser Gesichtspunkt im Streitfall nicht nur die Vollstreckbarkeit der Unterlassungsverpflichtung für den Kläger, sondern bereits einen Abwägungsgesichtspunkt. Eine abschließende Gewichtung der widerstreitenden Rechtspositionen ist nicht möglich, solange nicht geklärt ist, auf welche Weise die gegenläufigen Interessen in Ausgleich gebracht werden können (praktische Konkordanz). Die Untersagung des weiteren Bereithaltens des Artikels zum Abruf im Online-Archiv ginge über das zur Wahrung der Rechte des Klägers Erforderliche hinaus, falls die Beklagte dessen Auffindbarkeit ausschließen oder (z.B. unter Berücksichtigung von Suchbegriffen) einschränken könnte. Das würde umso mehr gelten, wenn die Beklagte die Voraussetzungen der Zugänglichmachung des Artikels durch Internet-Suchmaschinen kontrollieren könnte.
Denn sollte die Beklagte der ohne nennenswerten Aufwand möglichen Auffindbarkeit des Artikels durch Internet-Suchmaschinen durch entsprechende Maßnahmen begegnen können, überwöge das Schutzinteresse des Klägers die schutzwürdigen Belange der Beklagten nicht allein deshalb, weil diese den Artikel noch über zwanzig Jahre nach seiner erstmaligen Veröffentlichung in ihrem Online-Archiv zum Abruf bereithält.
Zwar kommt dem Interesse des Klägers, von einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, erhöhtes Gewicht zu, weil die strafgerichtliche Hauptverhandlung lange zurückliegt. Allerdings wäre der Verbreitungsgrad des Artikels durch die Abrufbarkeit im Online-Archiv für sich betrachtet - also ohne (uneingeschränkte) Auffindbarkeit und Zugänglichmachung durch Internet-Suchmaschinen - gering. Der Artikel ist ausdrücklich - und für den Nutzer ohne weiteres ersichtlich - als Altmeldung gekennzeichnet ("Veröffentlicht am 03.12.1997"). Er ist auch nicht in sonstiger Weise in einen Kontext eingebettet, der ihm den Anschein der Aktualität oder den Charakter einer erneuten Berichterstattung verleihen und die Annahme rechtfertigen würde, die Beklagte habe sich erneut oder zeitlich uneingeschränkt mit dem Kläger in seiner Rolle als Angeklagter befasst (vgl. Senat, Urteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 43; vom 1. Februar 2011 - VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285 Rn. 20; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 22; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 19; EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 - 60798/10 und 65599/10, Tz. 112 f.).
Zugunsten der Beklagten fällt darüber hinaus ins Gewicht, dass ein anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit nicht nur an der Information über das aktuelle Zeitgeschehen, sondern auch an der Möglichkeit besteht, vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse anhand der unveränderten Originalberichte in den Medien recherchieren zu können. Dementsprechend nehmen die Medien ihre Aufgabe, in Ausübung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren und an der demokratischen Willensbildung mitzuwirken, auch dadurch wahr, dass sie nicht mehr aktuelle Veröffentlichungen für interessierte Mediennutzer verfügbar halten (vgl. Senat, Urteile vom 13. November 2012 - VI ZR 330/11, AfP 2013, 54 Rn. 18; vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 44; vom 1. Februar 2011 - VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285 Rn. 21; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 23; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 20; jeweils mwN; EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 - 60798/10 und 65599/10, Tz. 91 ff., 98 ff., 101 f., 105).
Außerdem ist die Gefahr eines abschreckenden Effekts auf den Gebrauch der Meinungs- und Pressefreiheit zu beachten, der den freien Informations- und Kommunikationsprozess einschnüren könnte. Würde das weitere unveränderte Bereithalten als solcher erkennbarer und im Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung zulässiger Altmeldungen auf für Altmeldungen vorgesehenen Seiten zum Abruf im Internet nach Ablauf einer gewissen Zeit oder nach Veränderung der zugrunde liegenden Umstände unzulässig und wäre die Presse verpflichtet, archivierte Beiträge auf ihre Rechtmäßigkeit zu kontrollieren, bestünde angesichts des mit einer derartigen Kontrolle verbundenen personellen und zeitlichen Aufwands die Gefahr, dass die Presse entweder ganz von einer der Öffentlichkeit zugänglichen Archivierung absieht oder bereits bei der erstmaligen Veröffentlichung die Umstände ausklammert, die - wie vorliegend der Name des Klägers - das weitere Vorhalten des Beitrags später rechtswidrig werden lassen könnten (vgl. Senat, Urteile vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, NJW 2012, 2197 Rn. 45; vom 1. Februar 2011 - VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285 Rn. 22; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 24; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 21; jeweils mwN; EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 - 60798/10 und 65599/10, Tz. 103). Auch die Verpflichtung, in einem späteren Stadium nach einer Aufforderung oder Klage der betroffenen Person die Rechtmäßigkeit einer Berichterstattung zu prüfen, brächte die Gefahr mit sich, dass die Presse davon Abstand nimmt, Berichterstattungen in ihren Online-Archiven aufzubewahren, oder in ihren Berichten individuelle Elemente weglässt, die geeignet sind, Gegenstand einer solchen Aufforderung oder Klage zu sein (vgl. EGMR, Urteil vom 28. Juni 2018 - 60798/10 und 65599/10, Tz. 104).
2. Das Berufungsurteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht nicht nach den Grundsätzen des zum Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 25. September 2017 geltenden Datenschutzrechts. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung ist insoweit die Sach- und Rechtslage zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (vgl. BGH, Urteile vom 18. November 2010 - I ZR 156/07, juris Rn. 20 ff., 53 - betandwin.com; vom 2. Dezember 2009 - I ZR 77/06, juris Rn. 12 - Sportwetten im Internet I). Zu diesem Zeitpunkt unterfiel das Bereithalten des Artikels zum Abruf jedenfalls dem sogenannten Medienprivileg des bis zum 24. Mai 2018 geltenden § 57 Abs. 1 Satz 1 Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (RStV) aF (vgl. Senat, Urteile vom 1. Februar 2011 - VI ZR 345/09, NJW 2011, 2285 Rn. 23 ff.; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, NJW 2010, 2432 Rn. 25 ff.; zu § 17 Abs. 1 Deutschlandradio-Staatsvertrag aF Senat, Urteil vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 22 ff.).
3. Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird bei erneuter Befassung Gelegenheit haben, das weitere Vorbringen der Parteien im Revisionsverfahren zu berücksichtigen. Dazu gehört auch der in der Revisionsverhandlung thematisierte Umstand, dass zumindest die Internet-Suchmaschine Google nach Eingabe des Namens des Klägers den Artikel nicht (mehr) als Suchergebnis anzeigt.
von Pentz |
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