Entscheidungsdatum: 20.05.2014
1. § 823 Abs. 1 BGB bezweckt nicht den Schutz eines sorgeberechtigten Elternteils vor den psychischen Belastungen, die damit verbunden sind, dass er von einer genetisch bedingten Erkrankung des anderen Elternteils und dem damit einhergehenden Risiko Kenntnis erlangt, dass die gemeinsamen Kinder auch Träger der Krankheit sein könnten.
2. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst ein "Recht auf Nichtwissen der eigenen genetischen Veranlagung", das den Einzelnen davor schützt, Kenntnis über ihn betreffende genetische Informationen mit Aussagekraft für seine persönliche Zukunft zu erlangen, ohne dies zu wollen.
Auf die Revision des Beklagten wird das Grund- und Teilurteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 31. Juli 2013 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 2. November 2012 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelinstanzen zu tragen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin nimmt den beklagten Oberarzt der Fachabteilung für Psychiatrie und Psychotherapie der H.-Klinik in S. auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens wegen der Information über eine bei ihrem geschiedenen Ehemann festgestellte Erbkrankheit in Anspruch.
Die Klägerin wurde im Februar 2011 von Herrn W. geschieden. Aus der Ehe sind ein im Jahr 1994 geborener Sohn und eine im Jahr 1999 geborene Tochter hervorgegangen. Das Sorgerecht steht der Klägerin und Herrn W. gemeinsam zu. Hiervon ausgenommen sind das Aufenthaltsbestimmungs- und das Gesundheitsfürsorgerecht, die die Klägerin seit 2009 alleine ausübt. Anfang des Jahres 2011 wurde festgestellt, dass Herr W. an Chorea Huntington, einer unheilbaren, vererblichen und zum Tode führenden Erkrankung des Gehirns, leidet. Wegen dieser Erkrankung befand sich Herr W. in ärztlicher Behandlung bei dem Beklagten. Mit schriftlicher Erklärung vom 31. März 2011 entband Herr W. den Beklagten von der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber der Klägerin und ermächtigte ihn zur Auskunft über seine Krankheit. Am selben Tag bat der Beklagte die Klägerin zu einem Gespräch, um sie über die Erkrankung ihres geschiedenen Ehemannes zu informieren. Nach der Behauptung des Beklagten entsprach dies dem Wunsch des Herrn W. Der Beklagte teilte der Klägerin die Erkrankung mit und wies darauf hin, dass die - zu diesem Zeitpunkt 12 und 16 Jahre alten - gemeinsamen Kinder die genetische Anlage der Erkrankung mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% geerbt hätten. Die Klägerin fand zunächst keine Einrichtung, die zu einer gentechnischen Untersuchung ihrer Kinder bereit war. Die Diplombiologin und Fachärztin für Humangenetik Dr. S. teilte ihr mit, dass es nach dem Gendiagnostikgesetz nicht gestattet sei, eine prädiktive Diagnostik bei noch nicht symptomatischen Minderjährigen oder bei Personen, die nicht selbst nach entsprechender humangenetischer Beratung und ausreichender Bedenkzeit in die Untersuchung eingewilligt hätten, durchzuführen. Die Klägerin ist seit dem 1. April 2011 wegen reaktiver Depression dauerhaft krankgeschrieben und nicht in der Lage, einer Erwerbsfähigkeit nachzugehen.
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Zahlung eines Schmerzensgeldes von mindestens 15.000 € sowie die Feststellung der Ersatzverpflichtung des Beklagten hinsichtlich der ihr entstandenen materiellen und immateriellen Schäden. Sie macht geltend, der Beklagte habe sie über die Erkrankung ihres geschiedenen Mannes nicht, jedenfalls aber so lange nicht unterrichten dürfen, wie ihr keine Möglichkeit zur Klärung der Übertragung der Erbkrankheit auf ihre Kinder zur Verfügung gestanden habe. Er habe zunächst klären müssen, ob sie überhaupt Kenntnis von der Erkrankung ihres geschiedenen Mannes habe erlangen wollen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung hat das Oberlandesgericht durch Grund- und Teilurteil den Leistungsantrag dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und dem Feststellungsantrag hinsichtlich des materiellen und des über den Leistungsantrag hinausgehenden künftigen immateriellen Schadens entsprochen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin vom Beklagten Ersatz des ihr entstandenen Schadens aus § 823 Abs. 1 BGB verlangen. Der Beklagte habe ihre Gesundheit verletzt, indem er ihr mitgeteilt habe, dass ihr geschiedener Ehemann an Chorea Huntington leide und eine 50%-ige Wahrscheinlichkeit bestehe, dass auch die gemeinsamen Kinder von der Erbkrankheit betroffen seien. Die Gesundheitsbeeinträchtigung der Klägerin in Form der reaktiven Depression sei durch ärztliche Bescheinigungen belegt. Es komme deshalb nicht darauf an, ob der Beklagte zugleich auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin in der Ausprägung des informationellen Selbstbestimmungsrechts verletzt habe. Der Eingriff des Beklagten in die absoluten Rechte der Klägerin sei nicht gerechtfertigt. Der Beklagte habe insbesondere nicht bewiesen, dass er die Klägerin im Auftrag ihres geschiedenen Mannes informiert habe. Weder aus der ärztlichen Dokumentation, nach der Herr W. "mit der Kontaktaufnahme zu seinen Angehörigen einverstanden" sei, noch aus der Schweigepflichtentbindungserklärung des Herrn W. ergebe sich, dass der Beklagte beauftragt gewesen sei, mit der Klägerin zu sprechen. Auch der Umstand, dass Herr W. offen mit der Erkrankung habe umgehen und seinen Bekanntenkreis habe unterrichten wollen, begründe keinen derartigen Auftrag. Sowohl die schriftliche Erklärung des Herrn W. vom 13. Januar 2012 als auch die Angaben der Klägerin widersprächen der Darstellung des Beklagten. Allein das Einverständnis des Herrn W. mit der Information der Klägerin könne die Rechtsverletzung im Verhältnis zu ihr nicht rechtfertigen. Das Einverständnis des Herrn W. betreffe nur den Wegfall seines eigenen Schutzes vor einer unerwünschten Information Dritter. Dagegen könne es die schützenswerten Positionen der Klägerin und der von ihr vertretenen Kinder nicht außer Kraft setzen. Der Beklagte habe vielmehr das zu führende Gespräch "an sich gezogen". Er habe unwidersprochen ausgeführt, dass Herr W. zunächst seine Kinder habe informieren wollen und erst die Intervention des Beklagten zu einem "Einverständnis" mit der Information der Klägerin geführt habe. Das Handeln des Beklagten sei weder nach den Bestimmungen des Gendiagnostikgesetzes noch gemäß § 34 StGB gerechtfertigt. Der Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt. Aufgrund seiner fachlichen Kompetenz habe er erkennen müssen, dass die Gefahr bestanden habe, dass seine Mitteilung die Klägerin psychisch und physisch in ihrer Gesundheit verletze. Es habe sich ihm aufdrängen müssen, dass die Information geeignet gewesen sei, erhebliche Ängste auszulösen, ohne Chance, diese Ängste zu entkräften.
II.
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Klägerin stehen gegen den Beklagten keine Ansprüche auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens wegen der Mitteilung zu, dass ihr geschiedener Ehemann an Chorea Huntington erkrankt sei und ihre Kinder die genetische Anlage der Erkrankung mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% geerbt hätten.
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts haftet der Beklagte nicht deshalb aus § 823 Abs. 1 BGB, weil er die Gesundheit der Klägerin rechtswidrig und schuldhaft verletzt hätte. Die Erkrankung der Klägerin ist dem Beklagten haftungsrechtlich nicht zuzurechnen.
a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass durch die Mitteilung belastender Informationen ausgelöste psychische Störungen von Krankheitswert eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellen können (vgl. Senatsurteile vom 22. Mai 2007 - VI ZR 17/06, BGHZ 172, 263 Rn. 12; vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95, BGHZ 132, 341, 344; MünchKommBGB/Wagner, 6. Aufl., § 823 Rn. 135 ff.; Staudinger/Hager, BGB, Bearb. 1999, § 823 Rn. B 26 ff.; Taupitz in Festschrift Wiese, 1998, S. 583, 590).
b) Die Revision rügt aber zu Recht, dass es an dem für eine Haftung erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen der Mitteilung des Beklagten und der von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsverletzung fehlt.
aa) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass die Schadensersatzpflicht durch den Schutzzweck der Norm begrenzt wird. Dies gilt unabhängig davon, auf welche Bestimmung die Haftung gestützt wird. Eine Schadensersatzpflicht besteht nur, wenn die Tatfolgen, für die Ersatz begehrt wird, aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte vertragliche oder vorvertragliche Pflicht übernommen worden ist (vgl. Senatsurteile vom 22. April 1958 - VI ZR 65/57, BGHZ 27, 137, 140 f.; vom 22. Mai 2012 - VI ZR 157/11, VersR 2012, 905 Rn. 14; BGH, Urteile vom 11. Juni 2010 - V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 Rn. 24; vom 14. März 2006 - X ZR 46/04, NJW-RR 2006, 965 Rn. 9; vom 11. Januar 2005 - X ZR 163/02, NJW 2005, 1420, 1421 f.; MünchKommBGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 122, 124; MünchKommBGB/Wagner, aaO Rn. 366 ff.; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 27 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., vor § 249 Rn. 29 f.). Die Schadensersatzpflicht hängt zum einen davon ab, ob die verletzte Bestimmung überhaupt den Schutz Einzelner bezweckt und der Verletzte gegebenenfalls zu dem geschützten Personenkreis gehört. Zum anderen muss geprüft werden, ob die Bestimmung das verletzte Rechtsgut schützen soll. Darüber hinaus muss die Norm den Schutz des Rechtsguts gerade gegen die vorliegende Schädigungsart bezwecken; die geltend gemachte Rechtsgutsverletzung bzw. der geltend gemachte Schaden müssen also auch nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm fallen (BGH, Urteil vom 14. März 2006 - X ZR 46/04, NJW-RR 2006, 965 Rn. 9; MünchKommBGB/Oetker, aaO, § 249 Rn. 122, 124; Palandt/Grüneberg, aaO). Daran fehlt es in der Regel, wenn sich eine Gefahr realisiert hat, die dem allgemeinen Lebensrisiko und damit dem Risikobereich des Geschädigten zuzurechnen ist. Der Schädiger kann nicht für solche Verletzungen oder Schäden haftbar gemacht werden, die der Betroffene in seinem Leben auch sonst üblicherweise zu gewärtigen hat (vgl. Senatsurteile vom 22. April 1958 - VI ZR 65/57, BGHZ 27, 137, 141; vom 7. Juni 1968 - VI ZR 1/67, VersR 1968, 800, 802 f.; vom 13. Juli 1971 - VI ZR 165/69, NJW 1971, 1982 f.; vom 16. Februar 1972 - VI ZR 128/70, BGHZ 58, 162, 169 f.; vom 4. Mai 1993 - VI ZR 283/92, VersR 1993, 843, 844; vom 22. Mai 2007 - VI ZR 17/06, BGHZ 172, 263, Rn. 17; MünchKomm/Oetker, aaO, § 249 Rn. 194; Staudinger/Schiemann, aaO Rn. 89; H. Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., § 3 X 4; Rüßmann in jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 249 BGB Rn. 35 f.; J. Lange/Schmidbauer in jurisPK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 823 BGB Rn. 57; Palandt/Grüneberg, aaO, vor § 249 Rn. 54; Coester-Waltjen, Jura 2001, 412, 413). Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten (vgl. Senatsurteile vom 20. September 1988 - VI ZR 37/88, VersR 1988, 1273, 1274; vom 6. Mai 2003 - VI ZR 259/02, VersR 2003, 1128, 1130; BGH, Urteil vom 14. März 1985 - IX ZR 26/84, NJW 1986, 1329, 1332, jeweils mwN).
bb) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Erkrankung der Klägerin dem Beklagten haftungsrechtlich nicht zuzurechnen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die von der Klägerin geltend gemachte reaktive Depression darauf zurückzuführen, dass sie am 31. März 2011 von der Krankheit ihres geschiedenen Mannes und der damit verbundenen Möglichkeit Kenntnis erlangt hat, dass die gemeinsamen, damals 12 und 16 Jahre alten Kinder die genetische Anlage der Krankheit geerbt haben könnten. Insoweit haben sich aber keine Gefahren verwirklicht, die durch § 823 Abs. 1 BGB verhütet werden sollen. Da der geschiedene Mann der Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit seiner - bereits seit einiger Zeit ausgebrochenen und mit deutlichen Symptomen einhergehenden - Erkrankung offen umgehen und sowohl die gemeinsamen Kinder als auch seinen Bekanntenkreis informieren wollte, hätte die Klägerin diese Kenntnis jederzeit anderweitig erlangen können (vgl. MünchKomm/Oetker, aaO, § 249 Rn. 196). Dass eine schwerwiegende - möglicherweise auch für die Gesundheit der gemeinsamen Kinder relevante - Krankheit eines Elternteils erkannt und dem anderen Elternteil bekannt wird, ist ein Schicksal, das Eltern jederzeit widerfahren kann. Es gehört zu den allgemeinen Lebensrisiken, fällt aber nicht in den Bereich der Gefahren, vor denen § 823 Abs. 1 BGB schützen will. Die Bestimmung bezweckt nicht den Schutz eines sorgeberechtigten Elternteils vor den psychischen Belastungen, die damit verbunden sind, dass er von einer genetisch bedingten Erkrankung des anderen Elternteils und dem damit einhergehenden Risiko Kenntnis erlangt, dass die gemeinsamen Kinder auch Träger der Krankheit sein könnten (vgl. Senatsurteile vom 7. Juni 1968 - VI ZR 1/67, VersR 1968, 800, 802 f.; vom 6. Juni 1989 - VI ZR 241/88, BGHZ 107, 359, 363 ff.; MünchKommBGB/Wagner, aaO Rn. 139; Strücker-Pitz, GuP 2014, 38; Jaeger, VersR 2012, 862, 863). Derartige Belastungen haben die Personensorgeberechtigten vielmehr grundsätzlich hinzunehmen, ohne den Überbringer der Nachricht dafür verantwortlich machen zu können.
a) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung steht der Klägerin insbesondere kein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Ausprägung eines "Rechts auf Nichtwissen" zu.
aa) Zwar schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Interesse des Einzelnen, nicht mehr über seine genetischen Eigenschaften wissen zu müssen, als er selbst will. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ergänzt als "unbenanntes" Freiheitsrecht die speziellen Freiheitsrechte, die, wie etwa die Gewissens- oder die Meinungsfreiheit, ebenfalls konstituierende Elemente der Persönlichkeit schützen. Seine Aufgabe ist es, im Sinne des obersten Konstitutionsprinzips der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG) die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen zu gewährleisten, die sich durch die traditionellen Freiheitsgarantien nicht vollständig erfassen lassen; diese Notwendigkeit besteht namentlich auch im Blick auf moderne Entwicklungen und die mit ihnen verbundenen neuen Gefährdungen für den Schutz der menschlichen Persönlichkeit (BVerfGE 79, 256, 268). Die genetische Konstitution prägt die Persönlichkeit des Einzelnen und bestimmt wesentliche Rahmenbedingungen seiner Existenz. Die Kenntnis von Erbanlagen, insbesondere genetisch bedingten Krankheitsanlagen, kann maßgeblichen Einfluss auf die Lebensplanung und Lebensführung einer Person haben und berührt deshalb unmittelbar ihr in Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistetes Selbstbestimmungsrecht (vgl. BVerfGE 79, 256, 268; Katzenmeier, Deutsches Ärzteblatt 2006, 103 (16): A 1054-8; Hirschl, Rechtliche Aspekte des Neugeborenenscreenings, 2013, S. 61 mwN). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst deshalb ein "Recht auf Nichtwissen der eigenen genetischen Veranlagung", das den Einzelnen davor schützt, Kenntnis über ihn betreffende genetische Informationen mit Aussagekraft für seine persönliche Zukunft zu erlangen, ohne dies zu wollen (vgl. §§ 1, 9 Abs. 2 Nr. 5 GenDG; Katzenmeier, Deutsches Ärzteblatt 2006, 103 (16): A 1054-8; Hirschl, aaO, S. 60 ff.; Maunz/Dürig/di Fabio, GG, Art. 2 Rn. 192, 204 [Stand: Juli 2001]; Damm, MedR 2012, 705, 707, 709; derselbe MedR 2014, 139, 140 ff.; Duttge, DuD 2010, 34, 35 ff.; Taupitz in Festschrift Wiese, 1998, S. 583, 592 ff.; Kern/Hahn, GenDG, § 1 Rn. 15, jeweils mwN; Bericht der Enquete-Kommission "Chancen und Risiken der Gentechnologie" des 10. Deutschen Bundestags, BT-Drucks. 10/6775, S. 168; BT-Drucks. 16/3233, S. 34; BT-Drucks. 16/10532, S. 16 f., 28 f.).
bb) Es kann dahinstehen, ob das "Recht auf Nichtwissen der eigenen genetischen Veranlagung" bereits dadurch beeinträchtigt wird, dass einer Person der Hinweis gegeben wird, sie sei möglicherweise Trägerin einer Erbkrankheit. Dies könnte deshalb zweifelhaft sein, weil eine freie Entscheidung, bestimmte Informationen nicht erhalten zu wollen, voraussetzt, dass der Betroffenen weiß, dass es Informationen gibt, die er zur Kenntnis nehmen könnte (vgl. Taupitz, aaO S. 597). Auf diese Frage kommt es indes nicht an. Denn die Klägerin ist in ihrem "Recht auf Nichtwissen der eigenen genetischen Veranlagung" nicht betroffen. Sie stützt die geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht auf eine Mitteilung ihrer eigenen genetischen Konstitution, sondern darauf dass der Beklagte sie über eine bei ihrem geschiedenen Mann bestehende Erkrankung informiert hat, deren genetische Anlage ihre Kinder möglicherweise geerbt haben. Aus einer etwaigen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ihrer Kinder kann die Klägerin aber keine Schadensersatzansprüche ableiten.
b) Schadensersatzansprüche der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Gendiagnostikgesetz scheiden ebenfalls aus. Das Gesetz enthält keine Bestimmung, wonach das Ergebnis einer diagnostischen genetischen Untersuchung trotz ausdrücklicher schriftlicher Einwilligung des von der Untersuchung Betroffenen solchen Personen nicht bekanntgegeben werden dürfte, die - wie die Klägerin - mit dem Betroffenen genetisch nicht verwandt sind (vgl. BT-Drucks. 16/10532, S. 28 rechte Spalte 5. Abs., S. 29 linke Spalte 2. Abs.).
c) Feststellungen, die die Annahme einer vertraglichen oder vorvertraglichen Haftung des Beklagten rechtfertigen würden, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Die Revisionserwiderung macht eine solche Haftung des Beklagten auch weder geltend noch zeigt sie Vortrag in den Tatsacheninstanzen auf, dem zu entnehmen wäre, dass zwischen der Klägerin und dem als Oberarzt bei der H.-Klinik in S. beschäftigten Beklagten ein Vertrag zustande gekommen ist oder jedenfalls ein Vertragsanbahnungsverhältnis bestand (vgl. Senatsurteile vom 20. September 1988 - VI ZR 296/87, BGHZ 105, 189, 192 ff.; vom 31. Januar 2006 - VI ZR 66/05, VersR 2006, 791 Rn. 8 ff.).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Galke Wellner Diederichsen
Stöhr von Pentz