Entscheidungsdatum: 07.02.2017
1. Für die Prüfung der Frage, ob die Kostengrundentscheidung und damit der prozessuale Kostenerstattungsanspruch die gebührenauslösende Tätigkeit des Rechtsanwalts - im Falle der Terminsgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 RVG VV die auf Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete außergerichtliche Besprechung - erfasst, ist von Bedeutung, welche Reichweite die konkrete Kostengrundentscheidung formal hat, insbesondere, welche Verfahrensabschnitte sie einschließt. Etwaige ihr zeitlich nachfolgende Verfahrensabschnitte und die mit diesen zusammenhängende anwaltliche Tätigkeit kann eine Kostengrundentscheidung schon formal nicht erfassen.
2. Die Kostengrundentscheidung in einem Beschluss, mit welchem eine einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung erlassen wurde, erfasst das einstweilige Verfügungsverfahren lediglich bis zum Erlass dieses Beschlusses. Eine außergerichtliche Besprechung, die auf die Vermeidung eines Widerspruchs gegen die einstweilige Verfügung gerichtet ist, kann nicht der ihr vorausgegangenen Kostengrundentscheidung zugeordnet werden, mit der Folge, dass für den Fall, dass Widerspruch nicht eingelegt wird, die Terminsgebühr nicht gemäß §§ 103 ff. ZPO festsetzungsfähig ist.
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. September 2016 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 725,10 €.
I.
Mit Beschluss vom 8. Juni 2015 hat das Landgericht eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der dem Antragsgegner die Anfertigung heimlicher Nacktaufnahmen der Antragstellerin verboten wurde. Die Kosten des Verfahrens sind dem Antragsgegner zu 91 % und der Antragstellerin zu 9 % auferlegt worden. Der Beschluss ist dem Antragsgegner am 9. Juni 2015 zugestellt worden. Am 10. und 15. Juni 2015 fanden Telefongespräche zwischen den damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten statt, in welchen es um die Abgabe einer Abschluss- oder strafbewehrten Unterlassungserklärung, ferner um die Höhe des Gegenstandswertes und die Zahlung eines "Schmerzensgeldes" ging. Mit Schreiben vom 16. Juni 2015 hat der Antragsgegner eine Abschlusserklärung abgegeben.
In dem das einstweilige Verfügungsverfahren betreffenden Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19. August 2015, am 13. Oktober 2015 abgeändert auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, hat das Landgericht die von dem Antragsgegner an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 1.683,85 € festgesetzt. Darin enthalten war eine Terminsgebühr in Höhe von 796,82 €, die die Antragstellerin für die telefonische Besprechung vom 10. und 15. Juni 2015 geltend gemacht hat. Der von dem Antragsgegner eingelegten sofortigen Beschwerde hat das Landgericht insoweit abgeholfen, als es erstmals die in der Kostengrundentscheidung ausgesprochene Kostenquote berücksichtigt und dementsprechend den von dem Antragsgegner zu erstattenden Betrag auf 1.532,30 € (91 % von 1.683,85 €) festgesetzt hat. Der gegen die Festsetzung der Terminsgebühr gerichteten Beschwerde des Antragsgegners hat es nicht abgeholfen.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht die vom Antragsgegner zu erstattenden Kosten unter Abzug der Terminsgebühr auf 807,20 € reduziert. Die erst nach Erlass der Kostengrundentscheidung entstandene Terminsgebühr sei schon formal von der Kostengrundentscheidung nicht erfasst. Zudem habe der Gegenstand der telefonischen Erörterung inhaltlich zur Hauptsache und nicht zum einstweiligen Verfügungsverfahren gehört.
Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da die von der Antragstellerin geltend gemachte Terminsgebühr in dem Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen war.
1. Eine Terminsgebühr für außergerichtliche Besprechungen fällt gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 i.V.m. Nr. 3104 RVG VV für die Mitwirkung an Besprechungen (nicht mit dem Auftraggeber) an, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. Durch die Neufassung dieser Vorbemerkung durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013 (BGBl I S. 2586) ist klargestellt, dass die Terminsgebühr unabhängig davon entsteht, ob für das gerichtliche Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist oder nicht (vgl. zum früheren Meinungsstreit BGH, Beschluss vom 2. November 2011 - XII ZB 458/10, FamRZ 2012, 110 Rn. 15 ff. mwN). Voraussetzung für die Entstehung der Terminsgebühr ist, dass dem Rechtsanwalt ein unbedingter Auftrag als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter erteilt worden ist (Vorbemerkung 3 Abs. 1 RVG VV).
Zwar kann auch eine solche für eine außergerichtliche Besprechung entstandene Terminsgebühr Gegenstand des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs sein und demnach im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 f. ZPO festgesetzt werden, sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Anfall der Gebühr unstreitig oder glaubhaft gemacht sind (BGH, Beschlüsse vom 11. Juni 2008 - XII ZB 11/06, NJW 2008, 2993 Rn. 7; vom 4. April 2007 - III ZB 79/06, NJW 2007, 2493 Rn. 9; vom 27. Februar 2007 - XI ZB 38/05, NJW 2007, 2858 Rn. 6; vom 14. Dezember 2006 - V ZB 11/06, NJW-RR 2007, 787 Rn. 8; vom 20. November 2006 - II ZB 6/06, NJW-RR 2007, 286 Rn. 6). Da jedoch Grundlage der Kostenfestsetzung gemäß § 103 Abs. 1 ZPO ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel ist und im Kostenfestsetzungsverfahren lediglich der aus der Kostengrundentscheidung resultierende prozessuale Kostenerstattungsanspruch betragsmäßig festgesetzt wird (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2008 - VII ZB 43/08, NJW 2009, 233 Rn. 9; vgl. auch BGH, Beschluss vom 5. Mai 2008 - X ZB 36/07, NJW-RR 2008, 1082 Rn. 5 mwN), setzt die Festsetzung der gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO im Verfahren nach §§ 103 f. ZPO eine korrespondierende Kostengrundentscheidung voraus. Es können nur Gebühren festgesetzt werden, die den Rechtsstreit betreffen, der zu dem zugrunde liegenden Vollstreckungstitel geführt hat und in dem die Kostengrundentscheidung ergangen ist (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2008 - VII ZB 43/08, aaO; Flockenhaus in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., § 104 Rn. 5 a).
Für die Prüfung der Frage, ob die Kostengrundentscheidung und damit der prozessuale Kostenerstattungsanspruch die gebührenauslösende Tätigkeit des Rechtsanwalts - im Falle der Terminsgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 RVG VV die auf Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete außergerichtliche Besprechung - erfasst, ist von Bedeutung, welche Reichweite die konkrete Kostengrundentscheidung formal hat, insbesondere, welche Verfahrensabschnitte sie einschließt (vgl. OLG Koblenz, JurBüro 2010, 146). Etwaige ihr zeitlich nachfolgende Verfahrensabschnitte und die mit diesen zusammenhängende anwaltliche Tätigkeit kann eine Kostengrundentscheidung schon formal nicht erfassen. Ferner muss die außergerichtliche Besprechung, für welche die Terminsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht wird, inhaltlich einen ausreichenden Bezug zu dem jeweiligen Rechtsstreit aufweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 2007 - XI ZB 38/05, NJW 2007, 2858 Rn. 6; Schulz in MünchKomm, ZPO, 5. Aufl., § 91 Rn. 186). Um beide Voraussetzungen für die Festsetzungsfähigkeit der Terminsgebühr nach §§ 103 f. ZPO zu erfüllen, muss es demnach in der außergerichtlichen Besprechung um die Vermeidung oder Erledigung gerade desjenigen Verfahrens gegangen sein, auf das sich die Kostengrundentscheidung bezieht.
2. Im vorliegenden Fall bestehen schon Bedenken gegen die Annahme der Rechtsbeschwerde, die Telefongespräche vom 10. und 15. Juni 2015 hätten sich inhaltlich zumindest auch auf die Erledigung des einstweiligen Verfügungsverfahrens bezogen. Allein auf die Hauptsache bezog sich jedenfalls die Besprechung über die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und über die Zahlung eines "Schmerzensgeldes". Dies dürfte auch für das Gespräch über die Abgabe der Abschlusserklärung gelten. Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört die Anforderung einer Abschlusserklärung hinsichtlich der Rechtsanwaltsgebühren nicht mehr zum vorangegangenen Eilverfahren, sondern zur Hauptsacheklage (Senatsurteile vom 22. März 2011 - VI ZR 63/10, NJW 2011, 2509 Rn. 20; vom 4. März 2008 - VI ZR 176/07, NJW 2008, 1744 Rn. 9; vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 188/05, NJW-RR 2007, 713 Rn. 6; BGH, Urteile vom 4. Februar 2010 - I ZR 30/08, zfs 2011, 41 Rn. 27; vom 12. März 2009 - IX ZR 10/08, NJW 2009, 2068 Rn. 8). Möchte der Rechtsanwalt im Auftrag seines Mandanten nach Erwirkung einer auf Unterlassung gerichteten einstweiligen Verfügung erreichen, dass der Anspruchsgegner die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkennt und auf die Rechte aus § 936 ZPO i.V.m. § 924, § 926 und § 927 ZPO verzichtet, so will er auf diese Weise die Klaglosstellung seines Mandanten und damit ein Ergebnis erzielen, wie es nur mit dem Hauptsacheprozess erreicht werden kann. Aus diesem Grund gehört die von ihm entfaltete weitere Tätigkeit sachlich zum Hauptsacheprozess. Dies hat nicht nur zur Folge, dass sie als eine neue, selbständig zu honorierende Angelegenheit im Sinne von § 17 Nr. 4 Buchst. b RVG anzusehen ist (Senatsurteile vom 22. März 2011 - VI ZR 63/10, aaO; vom 4. März 2008 - VI ZR 176/07, aaO, Rn. 6, 9; BGH, Urteile vom 4. Februar 2010 - I ZR 30/08, aaO; vom 12. März 2009 - IX ZR 10/08, aaO), sondern auch, dass die diesbezüglichen Rechtsanwaltskosten, wenn es nicht zur Hauptsache kommt, nicht in dem das Eilverfahren betreffenden Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzt werden können (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 188/05, aaO, für den Fall, dass der Widerspruch schon vor Anforderung des Abschlussschreibens zurückgenommen war). Ob die Ansicht der Rechtsbeschwerde, die Besprechung über die Abgabe einer Abschlusserklärung habe eine Doppelfunktion und beziehe sich mit ihrer Zielrichtung der Vermeidung eines Widerspruchs auch auf das Verfügungsverfahren, vor diesem Hintergrund Bestand haben kann, kann für den vorliegenden Fall jedoch dahinstehen.
3. Denn selbst wenn davon ausgegangen würde, dass die außergerichtliche Besprechung inhaltlich auch auf die Vermeidung eines Widerspruchs gegen die einstweilige Verfügung gerichtet war, fehlte es vorliegend jedenfalls an einer Kostengrundentscheidung, deren formale Reichweite diese anwaltliche Tätigkeit erfassen würde. Die Kostengrundentscheidung in dem Beschluss des Landgerichts vom 8. Juni 2015, mit welchem die einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung erlassen wurde (§ 936 i.V.m. § 922 Abs. 1 Satz 1 ZPO), erfasste das einstweilige Verfügungsverfahren lediglich bis zum Erlass dieses Beschlusses. Wäre anschließend vom Antragsgegner Widerspruch gegen den Beschluss gemäß § 936 i.V.m. § 924 Abs. 1 ZPO eingelegt worden, wäre es zu einer weiteren Kostengrundentscheidung gekommen, die die Kostengrundentscheidung vom 8. Juni 2015 (im Falle der Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig, der Bestätigung der einstweiligen Verfügung oder der Rücknahme des Widerspruchs) ergänzt oder (im Falle der Aufhebung der einstweiligen Verfügung) ersetzt hätte. Eine auf die Vermeidung eines Widerspruchs gerichtete Besprechung hätte, wäre der Widerspruch dennoch eingelegt worden, nur einer solchen weiteren Kostengrundentscheidung zugeordnet werden können. Kommt es aber - wie im vorliegenden Fall, sei es auch möglicherweise gerade aufgrund der Besprechung - nicht zu einem Widerspruch, ergeht keine weitere Kostengrundentscheidung. Das einstweilige Verfügungsverfahren ist nach wie vor mit dem die einstweilige Verfügung erlassenden Beschluss beendet. Die außergerichtliche Besprechung, in der es um den möglicherweise folgenden Verfahrensabschnitt des Widerspruchs geht, kann nicht der ihr vorausgegangenen Kostengrundentscheidung zugeordnet werden. Die Terminsgebühr, die mit der Mitwirkung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin an der Besprechung vom 10. und 15. Juni 2015 entstanden ist, gehört damit nicht zu den von der Kostengrundentscheidung vom 8. Juni 2015 erfassten Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens und ist daher nicht gemäß §§ 103 f. ZPO festsetzungsfähig.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Gesetzgeber mit der in Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 RVG VV geregelten Terminsgebühr einen Anreiz dafür schaffen wollte, dass der Rechtsanwalt nach seiner Bestellung in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beiträgt (BGH, Beschluss vom 6. März 2014 - VII ZB 40/13, NJW-RR 2014, 958 Rn. 12). Denn für den vorliegenden Fall wird nicht etwa die Entstehung der Terminsgebühr nach dem RVG in Frage gestellt, sondern lediglich ihre Zugehörigkeit zum prozessualen Kostenerstattungsanspruch und damit ihre Berücksichtigungsfähigkeit im Kostenfestsetzungsbeschluss verneint. Ferner spielt es entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde keine Rolle, dass gemäß § 16 Nr. 5 RVG das Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung und das Verfahren nach Widerspruch dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG bilden, wie auch - bezogen auf die Gerichtskosten - das Verfahren nach Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung durch die Verfahrensgebühr abgegolten ist (KV 1410 GKG; Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 924 Rn. 14). Auch wenn insoweit die Verfahrensabschnitte vor und nach Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung gebührenrechtlich als eine Einheit betrachtet werden, kann dennoch im Verfahren nach §§ 103 f. ZPO für die Festsetzung derjenigen Gebühren, die erst mit einem möglichen Widerspruch zusammenhängen, auf das Vorliegen einer diesen Verfahrensabschnitt betreffenden Kostengrundentscheidung nicht verzichtet werden.
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