Entscheidungsdatum: 20.05.2011
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 1. April 2010 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Mit notariellem Vertrag vom 20. Mai 1925 verkaufte die beklagte Stadt ein Grundstücksareal in H. -E. zum Quadratmeterpreis von 35 Reichsmark (RM) sowie einer jährlichen Rente von 4 RM für den laufenden Meter Straßenfront an eine Grundstücksgesellschaft. Diese verpflichtete sich, die Flächen bis zum 1. April 1928 mit Wohnhäusern zu bebauen.
In dem Kaufvertrag wurde ein Wiederkaufsrecht vereinbart, welches von der Beklagten ab dem 1. April 2024 ausgeübt werden darf. Das Recht erlischt, wenn die Beklagte es nach dem 1. April 2027 auf die schriftliche Anfrage des „derzeitigen Eigentümers“ hin nicht innerhalb eines Jahres geltend macht. Das Wiederkaufsrecht wurde durch Eintragung einer Rückauflassungsvormerkung zugunsten der Beklagten gesichert. Der Wiederkaufspreis wurde mit 35 RM/qm ohne Zinsen und ohne Vergütung für die gezahlte Rente, die Entschädigung für die auf den Grundstücken errichteten Bauwerke mit zwei Drittel von deren gemeinem Wert zur Zeit des Wiederkaufs vereinbart.
Im Jahr 2000 wurde das inzwischen mit Mehrfamilienhäusern bebaute Areal verkauft und nach dem Wohnungseigentumsgesetz geteilt. Die Vormerkung zur Sicherung des Rückkaufsrechts der Beklagten wurde in die Wohnungsgrundbücher übertragen. Die Kläger erwarben eine der Eigentumswohnungen. Mitte 2006 schlossen die Parteien eine Vereinbarung, in der sich die Beklagte verpflichtete, gegen Zahlung eines Ablösebetrages von 52.040 € „die Löschung des Wiederkaufsrechts“ in dem Grundbuch der den Klägern gehörenden Wohnung zu bewilligen. Der Betrag wurde gezahlt und die Löschung der Vormerkung bewilligt.
Nach Veröffentlichung eines Urteils des Bundesgerichtshofs vom 21. Juli 2006 (V ZR 252/05), in dem die Ausübung eines zugunsten der öffentlichen Hand für die Dauer von 90 Jahren vereinbarten Wiederkaufsrechts mehr als 30 Jahre nach dessen Begründung für unzulässig erachtet worden war, erklärten die Kläger den Rücktritt von der Ablösevereinbarung sowie deren Anfechtung mit der Begründung, sämtliche Beteiligte seien davon ausgegangen, dass das im Kaufvertrag aus dem Jahr 1925 vereinbarte Wiederkaufsrecht wirksam gewesen sei und von der Beklagten ab dem 1. April 2024 hätte ausgeübt werden können.
Die auf Rückzahlung des Ablösebetrages gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Kläger ihren Antrag weiter.
I.
Das Berufungsgericht meint, die Kläger seien an die Ablösevereinbarung gebunden. Weder lägen die Voraussetzungen einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder wegen Irrtums vor noch sei die Geschäftsgrundlage der Vereinbarung wegen gemeinsamer Fehlvorstellung über die Wirksamkeit des Wiederkaufsrechts entfallen. Das zugunsten der Beklagten vereinbarte Wiederkaufsrecht sei wirksam; es verstoße auch in Ansehung der langen Ausübungsfrist und des Wiederkaufspreises nicht gegen § 138 Abs. 1 BGB. Die Beklagte sei auch nicht aufgrund des Übermaßverbots, welches sie als Körperschaft des öffentlichen Rechts beachten müsse, an der Ausübung des Wiederkaufsrechts im Jahr 2024 gehindert gewesen. Der Zweck des Rechts, es der Beklagten zu ermöglichen, das Grundstück nach 99 Jahren zurückzuerwerben und so etwaige Bodenwertsteigerungen der Allgemeinheit zu erhalten, sei nicht zu beanstanden. Insbesondere sei es nicht unangemessen, dass die Beklagte kein Erbbaurecht gewählt habe, weil sie die damit verbundene Verpflichtung, das Grundstück bei Erlöschen des Erbbaurechts zurückzunehmen und eine Entschädigung für das Bauwerk zu zahlen, nicht uneingeschränkt habe eingehen, sondern von Fall zu Fall über einen Wiederkauf habe befinden wollen. Die Ausübungsfrist von 99 Jahren habe auch den Interessen der Käuferin gedient, da sie sichergestellt habe, dass sich deren Investitionen über die Nutzungsdauer des Bauwerks amortisierten. Dass die Beklagte bei Ausübung des Wiederkaufsrechts nicht den vollen, sondern nur 2/3 des Verkehrswerts der Gebäude zahlen müsse, halte sich, wie der Vergleich mit der Regelung in § 27 Abs. 2 ErbbauRG zeige, im Rahmen zulässiger Vereinbarungen. Auch sei der Wiederkaufspreis nicht zu beanstanden, da er der gesetzlichen Auslegungsregel entspreche. Bei einer die Geschäftsgrundlage des Kaufvertrages berührenden Geldwertveränderung habe zudem die Möglichkeit einer Anpassung des Wiederkaufpreises bestanden. Dass sie sich bei den Verhandlungen mit der Beklagten hierauf nicht berufen hätten, berechtige die Kläger nicht, sich von der Ablösevereinbarung zu lösen; dies gelte umso mehr, als die Beklagte ihnen einen Abschlag von 30 % der Bodenwertdifferenz eingeräumt habe.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht verneint ohne Rechtsfehler einen Grund für die Anfechtung der Ablösevereinbarung (§§ 119, 123 BGB) – insoweit erhebt die Revision auch keine Einwendungen – und auch eine nach § 313 Abs. 2 BGB relevante gemeinsame Fehlvorstellung der Parteien über die Grundlagen dieser Vereinbarung.
1. a) Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass das im Jahr 1925 vereinbarte Wiederkaufsrecht wirksam ist, so dass die zugunsten der Beklagten eingetragene Rückauflassungsvormerkung im Zeitpunkt der Ablösevereinbarung nicht erloschen war.
aa) Dass das Wiederkaufsrecht über die in § 462 Satz 1 BGB (§ 503 BGB aF) genannte Höchstfrist von 30 Jahren hinaus ausgeübt werden konnte, steht seiner Wirksamkeit nicht entgegen. Diese Frist begrenzt die Ausübung eines Wiederkaufsrechts nur in Fällen, in denen eine Frist nicht vereinbart worden ist. Sie hindert die Vertragsparteien nicht, längere Ausübungsfristen festzulegen (Senat, Urteil vom 21. April 1967 – V ZR 75/64, BGHZ 47, 387, 392); diese treten dann an die Stelle der gesetzlichen Frist (§ 462 Satz 2 BGB).
Eine solche, die gesetzliche Regelung verdrängende Ausübungsfrist ist hier vereinbart worden. Zwar sieht der Kaufvertrag von 1925 für die Ausübung des Wiederkaufsrechts nur ein Anfangsdatum (1. April 2024), nicht aber - abgesehen von der Möglichkeit, nach dem 1. April 2027 eine schriftliche Anfrage an die Beklagte zu richten und die Ausübungsfrist dadurch auf ein Jahr zu verkürzen - ein Enddatum vor. Entgegen der Auffassung der Revision folgt daraus aber nicht, dass mangels Befristung des Wiederkaufrechts die gesetzliche Regelung Platz greift und das Wiederkaufsrecht deshalb nur bis zum Jahr 1955 hätte ausgeübt werden können. Eine andere als die gesetzliche Ausübungsfrist ist nämlich auch dann vereinbart, wenn - wie hier - der Zeitpunkt, zu dem das Wiederkaufsrecht erstmals ausgeübt werden kann, abweichend von § 462 BGB festgelegt worden ist. Fehlt es in einem solchen Fall an einem Endtermin, beginnt die in § 462 BGB bestimmte 30-jährige Frist erst zu dem Zeitpunkt, zu dem das Wiederkaufsrecht vereinbarungsgemäß erstmals ausgeübt werden kann (vgl. OLG Hamburg, MDR 1982, 668; OLG Schleswig, OLGR 2000, 157, 158; Staudinger/Mader, BGB [2004], § 462 Rn. 4; MünchKomm-BGB/, 5. Aufl., § 462 Rn. 2).
bb) Frei von Rechtsfehlern ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, dass das Wiederkaufsrecht nicht gegen die guten Sitten verstieß (§ 138 Abs. 1 BGB).
(1) Mit diesem Recht hatte sich die Beklagte vorbehalten, den Grundstücksverkauf nachträglich in ein der Bestellung eines Erbbaurechts auf 99 Jahre vergleichbares Nutzungsverhältnis umzugestalten. Es ermöglichte ihr, ab dem Jahr 2024 zu entscheiden, ob sie das Grundstück gegen Zahlung des Wiederkaufspreises und der vereinbarten Entschädigung für die von der Käuferin errichteten Gebäude zurückerwerben oder ob sie hiervon wegen der damit verbundenen Übernahme älterer und möglicherweise für sie nicht attraktiver Wohnhäuser absehen wollte. Ein solches Wahlrecht ist für sich genommen nicht verwerflich. Dass der Wiederkaufsberechtigte im Zweifel die für ihn wirtschaftlich günstigere Alternative wählen und insbesondere Bodenwertsteigerungen abschöpfen wird, ist weder zu missbilligen noch führt es – sofern die Bedingungen des Wiederkaufs angemessen sind – zu einem groben Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung oder zu einer sonst unzumutbaren Belastung des Käufers (aA Kämmerer/Martini, BauR 2007, 1337, 1348). Dieser vermag zu erkennen und sich von Anfang darauf einzustellen, dass er das Grundstück nach der vereinbarten Frist, hier nach 99 Jahren, möglicherweise an den Verkäufer zurückübereignen muss, also bis zu dessen Entscheidung über die Ausübung des Wiederkaufsrechts in wirtschaftlicher Hinsicht eher einem Erbbauberechtigten als einem Eigentümer gleichsteht. Dabei kann die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechts statt eines Erbbaurechts auch für den Käufer vorteilhaft sein; beispielsweise ist er nur als Eigentümer in der Lage, das Grundstück als Kreditsicherheit zu nutzen. Dass er im Gegensatz zu einem Erbbauberechtigten den vollen Kaufpreis zahlt, wird durch den Wiederkaufspreis kompensiert. Wird das Wiederkaufsrecht ausgeübt, hat der Käufer dem Verkäufer als Gegenleistung für die Nutzung des Grundstücks die Nutzungen des Kaufpreises überlassen und damit einen dem Erbbauzins vergleichbaren Wert aufgewandt (so für einen vergleichbaren Vertrag bereits: Senat, Urteil vom 29. Oktober 2010 – V ZR 48/10, WM 2011, 83).
Im Hinblick darauf, dass ein Erbbaurecht für 99 Jahre bestellt werden kann, begründet der Zeitpunkt, zu dem das Wiederkaufsrecht hier erstmals ausgeübt werden durfte, keine sittenwidrige Benachteiligung der Wiederkaufsverpflichteten. Nicht unangemessen im Sinn von § 138 Abs. 1 BGB ist ferner der fehlende Endtermin für die Ausübung des Wiederkaufsrechts. Denn die Ausübungsfrist hätte ab dem 1. April 2027 durch Anfrage bei der Beklagten auf ein Jahr begrenzt werden können. Die Regelung, wonach die Entschädigung für die auf dem Grundstück errichteten Gebäude zwei Drittel von deren gemeinem Wert im Zeitpunkt des Wiederkaufs beträgt, entspricht der Entschädigung, die ein Erbbauberechtigter nach dem Erlöschen des Erbbaurechts infolge Zeitablaufs gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 ErbbauRG (mindestens) zu beanspruchen hat, und ist damit – unabhängig davon, ob die hier errichteten Wohnungen ursprünglich für minderbemittelte Bevölkerungskreise vorgesehen waren – ebenfalls nicht sittenwidrig.
(2) Auch führt der vereinbarte Wiederkaufspreis nicht zur Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 138 Abs. 1 BGB. Im Grundsatz ist es nicht unbillig, den Preis, zu welchem verkauft worden ist, als Wiederkaufspreis zu vereinbaren, da dies der Zweifelsregelung des § 456 Abs. 2 BGB (§ 497 Abs. 2 BGB aF) entspricht. Dass die jährliche Rente von 4 RM für den laufenden Meter Straßenfront als Teil des Entgelts für die Grundstücksübertragung anzusehen sei, haben die Kläger nach den von ihnen nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geltend gemacht. Ebensowenig beanstandet die Revision die weitere tatrichterliche Feststellung, dass mangels entsprechenden Vortrags auch nicht nachvollzogen werden könne, in welchem Verhältnis die Rentenschuld zu dem Wiederkaufspreis gestanden habe.
Der Wiederkaufspreis begründet auch nicht deshalb eine sittenwidrige Benachteilung des Verpflichteten, weil keine Wertsicherungsklausel vereinbart worden ist. Allerdings läge die Annahme eines groben Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung nahe, wenn die Beklagte bei Ausübung des Wiederkaufsrechts nur den (in Euro umgerechneten) Nominalbetrag des Kaufpreises als Wiederkaufspreis hätte zahlen müssen, wenn also der - vorhersehbare - inflationsbedingte Wertverlust des Geldes über einen Zeitraum von 99 Jahren zu Lasten der Wiederkaufsverpflichteten gegangen wäre. So verhielt es sich hier aber nicht.
Bei Abschluss des Kaufvertrages im Jahr 1925 konnten die Parteien davon ausgehen, dass der Wiederkaufspreis auch ohne Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel dem seit Abschluss des Kaufvertrages gesunkenen Geldwert entsprechend aufgewertet werden würde. Das Reichsgericht hatte 1923 angesichts der damaligen Hyperinflation aus § 242 BGB einen Anspruch auf Aufwertung von Hypothekenforderungen abgeleitet (RGZ 107, 78) und diese Rechtsprechung im Jahr 1924 auf den Wiederkaufspreis ausgedehnt (RG LZ 1925, 711). Es nahm dabei an, dass die Vertragsschließenden dem zum Wiederverkauf verpflichteten Käufer einen angemessenen Gegenwert für die Rückübereignung des Grundstücks gewähren wollten, wenn nicht Anhaltspunkte für das Gegenteil vorlagen. Angesichts dieser Rechtsprechung, der weit hinausgeschobenen Frist für die erstmalige Ausübung des Wiederkaufsrechts und des Umstands, dass das Problem des sinkenden Geldwerts den Parteien im Jahr 1925 vor Augen gestanden haben muss (vgl. zB die mit der Dritten Steuernotverordnung vom 14. Februar 1924, RGBl I, S. 74, getroffenen Aufwertungsregelungen), ist davon auszugehen, dass der Wiederkaufspreis nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien die gleiche Kaufkraft wie der 1925 vereinbarte Kaufpreis haben sollte.
b) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht weiter an, die Beklagte sei nicht aufgrund ihrer sich aus dem öffentlichen Recht ergebenden Bindungen gehindert gewesen, das Wiederkaufsrecht ab dem Jahr 2024 auszuüben.
aa) Als Körperschaft des öffentlichen Rechts hat die Beklagte allerdings nicht nur die Schranken von Treu und Glauben (§ 242 BGB), sondern insbesondere auch die Einhaltung des Übermaßverbots zu beachten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestimmt auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung das gesamte Handeln der öffentlichen Verwaltung, und zwar auch dann, wenn sie, wie hier, die Gestaltungsformen des Privatrechts wählt. Er verlangt, die Ausübung eines vertraglich vereinbarten Rechts auf das nach dessen Zweck erforderliche und angemessene Maß zu beschränken sowie unzumutbare Härten im Einzelfall zu vermeiden. Die Beklagte ist daher verpflichtet, vor der Ausübung eines ihr im Bereich des Verwaltungsprivatrechts zustehenden Rechts im Wege einer Ermessensentscheidung zu prüfen, ob und inwieweit es geltend gemacht werden soll (Senat, Urteil vom 16. April 2010 – V ZR 175/09, WM 2010, 1861 Rn. 18 mwN). Auf dieser Grundlage hat der Senat entschieden, dass ein Wiederkaufsrecht, welches die zweckentsprechende Nutzung eines zum Zwecke der Ansiedlung einer Familie verbilligt veräußerten Grundstücks sicherstellen soll, mehr als 30 Jahre nach seiner Begründung nicht mehr ausgeübt werden kann (Senat, Urteil vom 21. Juli 2006 – V ZR 252/05, WM 2006, 2046).
bb) Hieraus können die Kläger indessen nichts für sie Günstiges herleiten. Der 1925 geschlossene Kaufvertrag dürfte zwar dem Verwaltungsprivatrecht zuzuordnen sein, weil er, wie die Bauverpflichtung der Erwerberin deutlich macht, wohnungspolitischen Zwecken diente. Die Ausübungsfrist von 99 Jahren war hier aber nicht unverhältnismäßig.
Nach welcher Zeitdauer die Ausübung eines zugunsten der öffentlichen Hand vereinbarten Wiederkaufsrechts unverhältnismäßig ist, hängt entscheidend von dessen Zweck ab (vgl. Senat, Urteil vom 22. Juni 2007 - V ZR 260/06, NJW-RR 2007, 1608, 1610). Dient es der Sicherung der Zweckbindung einer Subvention, muss seine Dauer in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit der Subvention zulässigerweise verfolgten Zweck stehen. Die Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen, deren Einhaltung durch ein solches Wiederkaufsrecht typischerweise gewährleistet wird, dürfen dem Käufer nur für einen zeitlich begrenzten Zeitraum auferlegt werden; bei Grundstücken, die zum Zwecke der Errichtung von Einfamilienhäusern an Einzelpersonen verkauft werden, ist eine 30 Jahre übersteigende Dauer in aller Regel als unverhältnismäßig anzusehen.
Das hier vereinbarte Wiederkaufsrecht diente dagegen weder der Sicherung einer Subvention noch der Durchsetzung von Nutzungs- oder Verfügungsbeschränkungen. Es hielt der Beklagten unabhängig von dem Verhalten der Erwerberin und nachfolgender Eigentümer die Möglichkeit offen, nach 99 Jahren die Rückübereignung des Grundstücks zu näher festgelegten Konditionen zu verlangen. Dabei ist es - entgegen der Auffassung der Revision - unerheblich, welche wirtschaftlichen oder politischen Ziele die Beklagte mit dem Wiederkaufsrecht im Einzelnen erreichen wollte. Ebenso, wie es der Beklagten ohne weiteres möglich gewesen wäre, die Grundstücke in Form eines auf 99 Jahre befristeten Erbbaurechts auszugeben, stand es - auch bei einem Verkauf zum Marktpreis - in ihrem Belieben, sich ein erbbaurechtsersetzendes Wiederkaufsrecht einräumen zu lassen. Ein solches Recht war in dem der Senatsentscheidung vom 21. Juli 2006 (V ZR 252/05, WM 2006, 2046) zugrunde liegenden Vertrag nicht enthalten; dort hatte sich die beklagte Körperschaft des öffentlichen Rechts vielmehr entschieden, das Grundstückseigentum endgültig auf die Käufer zu übertragen, sofern diese die ihnen auferlegten Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen beachteten (aaO Rn. 21; ebenso für einen vergleichbaren Vertrag bereits: Senat, Urteil vom 29. Oktober 2010 – V ZR 48/10, WM 2011, 83).
Der unterschiedliche Zweck der Wiederkaufsrechte geht mit einer jeweils anderen Funktion der Ausübungsfrist einher. Von einem Wiederkaufsrecht, das eine Subvention sichert, kann, wenn der Subventionszweck verfehlt wird, jederzeit Gebrauch gemacht werden. Die Ausübungsfrist bildet die zeitliche Grenze, bis zu der dies möglich ist. Je länger sie ist, desto belastender wirkt das Wiederkaufsrecht für den Käufer, weil er während dieser Zeit die Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen beachten muss, die das Wiederkaufsrecht sichert, wenn er nicht Gefahr laufen will, das Eigentum an dem Grundstück zu verlieren.
Bei der hier vereinbarten Frist von 99 Jahren handelt es sich demgegenüber um den Zeitpunkt, zu dem das Wiederkaufsrecht erstmals ausgeübt werden durfte. Je länger sie war, desto länger blieb die Erwerberin Eigentümerin des Grundstücks und desto länger konnte sie dessen Nutzungen sowie die ihrer Investitionen ziehen. Umgekehrt bedeutete eine geringere Dauer eine größere Belastung, weil sich damit der Zeitraum verkürzte, in dem die Erwerberin vor der Ausübung des Wiederkaufsrechts geschützt war. Ihre Rechtsstellung hätte sich also nicht verbessert, sondern verschlechtert, wenn die Beklagte berechtigt gewesen wäre, das Wiederkaufsrecht bereits nach 20 Jahren auszuüben. Führt ein längerer Zeitraum, bis zu dem ein Wiederkaufsrecht erstmals ausgeübt werden kann, aber nicht zu einer größeren und damit ab einem bestimmten Zeitpunkt unverhältnismäßigen Belastung des Käufers, lassen sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in zeitlicher Hinsicht keine Beschränkungen für dessen Ausübung ableiten (Senat, Urteil vom 29. Oktober 2010 – V ZR 48/10, WM 2011, 83).
2. Zu Recht sieht das Berufungsgericht schließlich auch eine mögliche Fehlvorstellung der Kläger hinsichtlich der Höhe des Wiederkaufspreises als unbeachtlich an. Der Einwand, dass die seit 1925 eingetretene Geldentwertung bei der Bemessung des Wiederkaufspreises und damit auch bei der Festlegung des Ablösebetrages Berücksichtigung finden müsse, ist derart naheliegend, dass die Annahme des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden ist, es falle in den Risikobereich der Kläger, wenn sie dieses bei Abschluss der Ablösevereinbarung nicht berücksichtigt haben sollten. Die Berechtigung einer solchen Forderung erschließt sich, wenn nicht schon aus dem zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages herrschenden Rechtsverständnis (siehe oben II. 1. a) bb) (2)), so doch ohne weiteres aus der ganz überwiegenden Auffassung, dass grundlegende Geldwertveränderungen seit der Vereinbarung des Wiederkaufspreises nach § 313 BGB zu berücksichtigen sind (vgl. MünchKomm-BGB/Westermann, 5. Aufl., § 456 Rn. 11; Staudinger/Mader, BGB [1995], § 497 aF Rn. 20; Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 456 Rn. 13). Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwendungen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Stresemann Roth
Brückner Weinland