Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 13.07.2018


BGH 13.07.2018 - V ZR 308/17

Anspruch eines Grundstückseigentümers gegen den Grundstücksnachbarn auf Versorgung mit Wasser: Anspruchsgrundlagen aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis oder einer Rechtsgemeinschaft wegen grenzüberschreitender Leitungen


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
13.07.2018
Aktenzeichen:
V ZR 308/17
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2018:130718UVZR308.17.0
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend OLG Hamm, 19. Oktober 2017, Az: I-5 U 147/16, Urteilvorgehend LG Arnsberg, 2. November 2016, Az: I-4 O 116/16
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. Eine aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis folgende selbstständige Verpflichtung (hier: Versorgung des Nachbargrundstücks mit Wasser) ist mit Rücksicht auf die nachbarrechtlichen Sonderregelungen eine eng begrenzte Ausnahme und kann nur dann angenommen werden, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen zwingend geboten erscheint (Bestätigung der st. Rspr., vergleiche Senat, Urteil vom 8. Februar 2013, V ZR 56/12, NJW-RR 2013, 650).

2. Das Vorhandensein von Leitungen, die Grundstücksgrenzen überschreiten und der Versorgung verschiedener Grundstücke dienen, begründet für sich genommen keine zwischen den Grundstückseigentümern bestehende Rechtsgemeinschaft.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 19. Oktober 2017 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg vom 2. November 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke, die durch Teilung eines Grundstücks entstanden sind. Der Großvater des Klägers errichtete etwa 1950 auf dem ursprünglich einheitlichen Grundstück ein Wohnhaus. 1968 wurde im hinteren Teil des Grundstücks ein Doppelhaus errichtet. Für die Frischwasserversorgung wurde eine Leitung verlegt, die unterhalb der Terrasse des zuerst errichteten Hauses beginnt und an einer Doppelhaushälfte endet. Von dort wird das Wasser zu der anderen Doppelhaushälfte weitergeleitet. Gegenüber dem Wasserversorger trat der Großvater des Klägers als alleiniger Abnehmer auf. In den Doppelhaushälften baute er zur Erfassung des Wasserverbrauchs Zähler ein. 1989 parzellierte der Großvater des Klägers das Grundstück, wobei aus der Fläche im hinteren Teil zwei Grundstücke gebildet wurden, auf denen sich jeweils eine der Doppelhaushälften befindet. Beide Grundstücke grenzen unmittelbar an eine öffentliche Straße an. Eines dieser Grundstücke veräußerte der Großvater des Klägers an die Beklagten zu 2 und 3, das andere an den Vater des Klägers. Dieser veräußerte es 2007 an die Beklagte zu 1. In den jeweiligen Kaufverträgen heißt es:

„Sollten hinsichtlich der Wasserversorgung mit Gebrauchswasser (…) in Zukunft Änderungen in der Wasserversorgung eintreten, so verpflichtet sich der Käufer/die Käuferin, sämtliche Kosten, die hierdurch entstehen, zu übernehmen.

Der Verkäufer weist den Käufer/die Käuferin darauf hin, dass die Wasserversorgung bisher über das Grundstück des Verkäufers (…) erfolgt und über die Zwischenzähler einzeln abgerechnet wird. Sollte der Wasserversorgungsträger für die Zukunft einen gesonderten Anschluss für das verkaufte Grundstück verlangen, so trägt die hierdurch entstandenen Kosten und Gebühren der Käufer/die Käuferin.“

2

Eine dingliche Absicherung der Wasserversorgung der Doppelhaushälften erfolgte nicht. Die Beklagten zahlten für den Wasserbezug jeweils Vorschüsse an den Großvater des Klägers, der jährlich eine Abrechnung erstellte. Im Jahr 2012 verstarb der Großvater des Klägers. Sein Grundstück verkaufte die Erbin 2013 an den Kläger, der - obgleich die Beklagten weiterhin Vorschusszahlungen leisteten - seither keine Abrechnung mehr vorgenommen hat.

3

Der Kläger verlangt die Feststellung, dass er nicht verpflichtet ist, die Grundstücke der Beklagten - die Beklagte zu 1 hat ihr Grundstück während des Rechtsstreits veräußert - durch die vorhandene Leitung mit Wasser zu versorgen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht sie abgewiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, will der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe

I.

4

Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht den Beklagten gegen den Kläger ein Anspruch auf Versorgung ihrer Grundstücke durch die auf dem Grundstück des Klägers verlegte Wasserleitung zu. Allerdings komme ein Notleitungsrecht analog § 917 BGB nicht in Betracht, da die Grundstücke der Beklagten an einer öffentlichen Straße lägen und insoweit eine Anschlussmöglichkeit bestehe. Eine Verpflichtung des Klägers, die Grundstücke mit Wasser zu versorgen, ergebe sich jedoch aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis. Das Notweg- und Notleitungsrecht stelle zwar eine spezialgesetzliche Ausgestaltung dar, so dass auf das allgemeine Rechtsinstitut grundsätzlich nicht zurückgegriffen werden könne. Etwas anderes gelte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber dann, wenn aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall ein zwingender Ausnahmefall anzunehmen sei. So liege es hier. Die Beklagten hätten darauf vertrauen können, dass der bisherige Zustand auch künftig erhalten bleibe. Demgegenüber habe der Kläger das Grundstück mit dem situationsbedingten Nachteil der Wasserversorgung der Grundstücke der Beklagten erworben. Selbst wenn dies in Unkenntnis des Verlaufs der Wasserleitungen erfolgt sei, entstehe ihm durch den gegenwärtigen Zustand kein Nachteil, der das Bestandsinteresse der Beklagten zurücktreten lasse.

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Zudem folge der Anspruch der Beklagten auf Versorgung mit Frischwasser über das Grundstück des Klägers aus §§ 741, 743 Abs. 2 BGB. Zwischen den Parteien bestehe - auch ohne entsprechende Vereinbarung - eine Rechtsgemeinschaft, weil sie über ein einheitliches, die gemeinsamen Grundstücksgrenzen überschreitendes Rohrleitungssystem verfügten. Als Teilhaber der Gemeinschaft stehe den Beklagten das Recht zur Nutzung des Rohrsystems zu. Der Kläger könne die Aufhebung der Gemeinschaft nicht verlangen, da das Rohrsystem auf Dauer angelegt sei und wegen dieser Zweckbestimmung eine Aufhebung der Gemeinschaft nur einvernehmlich oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich sei. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor.

II.

6

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

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1. Zu Recht verneint das Berufungsgericht allerdings ein Notleitungsrecht der Beklagten in entsprechender Anwendung des § 917 BGB.

8

a) Unmittelbar regeln die Vorschriften der §§ 917, 918 BGB nur das Notwegrecht, und für ihre analoge Anwendung besteht kein Bedürfnis, wenn das Landesrecht die Voraussetzungen des Notleitungsrechts entsprechend dem Vorbehalt in Art. 124 EGBGB in eigenständiger Weise regelt (vgl. Senat, Urteil vom 4. Juli 2008 - V ZR 172/07, BGHZ 177, 165 Rn. 7, 15 f.; Urteil vom 26. Januar 2018 - V ZR 47/17, NJW-RR 2018, 913 Rn. 5 jeweils mwN). Entsprechend § 917 BGB kann sich daher zwar ein Recht ergeben, Versorgungsleitungen über ein anderes, fremdes Grundstück zu führen, um diese mit den öffentlichen Versorgungsnetzen zu verbinden, soweit - wie hier im Nachbarrecht des Landes Nordrhein-Westfalen - entsprechende landesrechtliche Regelungen fehlen.

9

b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts liegen die Grundstücke der Beklagten aber an einer öffentlichen Straße, so dass eine Verbindung zu dem öffentlichen Leitungsnetz möglich ist. Dass das Gebrauchmachen von dieser Verbindungsmöglichkeit für den Grundstücksinhaber umständlicher, weniger bequem oder kostspieliger ist als die Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks, rechtfertigt für sich allein noch nicht das Verlangen nach einer Notleitung. Solche Erschwernisse müssen vielmehr regelmäßig hingenommen werden. Nur wenn sie sich ausnahmsweise als derartig groß erweisen, dass durch sie die Wirtschaftlichkeit der Grundstücksbenutzung aufgehoben oder doch in unzumutbarer Weise geschmälert würde, ist der Nachbar verpflichtet, den Weg über sein eigenes Gelände freizumachen (vgl. Senat, Urteil vom 7. Juli 2006 - V ZR 159/05, NJW 2006, 3426 Rn. 12; Urteil vom 24. Januar 1968 - V ZR 175/64, WM 1968, 434, 435; Urteil vom 15. April 1964 - V ZR 134/62, MDR 1964, 583). Das machen die Beklagten nicht geltend.

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2. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Pflicht des Klägers, die Grundstücke der Beklagten mit Wasser zu versorgen, ergebe sich aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis.

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a) Die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn haben insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. BGB und die Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Länder eine ins Einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Auch auf sie ist zwar der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) anzuwenden; daraus folgt für die Nachbarn eine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme, deren Auswirkungen auf den konkreten Fall unter dem Begriff des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses zusammengefasst wird (vgl. Senat, Urteil vom 31. Januar 2003 - V ZR 143/02, NJW 2003, 1392 mwN). In der Regel begründet der Gedanke von Treu und Glauben aber im Rahmen eines nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses keine selbständigen Ansprüche, sondern wirkt sich hauptsächlich als bloße Schranke der Rechtsausübung aus (etwa Senat, Urteil vom 21. Oktober 1983 - V ZR 166/82, BGHZ 88, 344, 351; Urteil vom 7. Juli 1995 - V ZR 213/94, NJW 1995, 2633, 2634 f.). Sie kann den Grundstückseigentümer im Einzelfall allerdings auch zu positivem Handeln verpflichten (Senat, Urteil vom 8. Februar 2013 - V ZR 56/12, NJW-RR 2013, 650 Rn. 6 mwN). Eine aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis folgende selbstständige Verpflichtung ist mit Rücksicht auf die nachbarrechtlichen Sonderregelungen jedoch eine eng begrenzte Ausnahme und kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen zwingend geboten erscheint (vgl. Senat, Urteil vom 8. Februar 2013 - V ZR 56/12, NJW-RR 2013, 650 Rn. 6; Urteil vom 29. Juni 2012 - V ZR 97/11, NJW-RR 2012, 1160 Rn. 20; Urteil vom 31. Januar 2003 - V ZR 143/02, NJW 2003, 1392 jeweils mwN; siehe auch BVerfGK 11, 420, 433). Nur unter dieser Voraussetzung kann die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Rechte ganz oder teilweise unzulässig werden oder dem Grundstücksnachbarn eine selbstständige Verpflichtung auferlegt werden. Das Rechtsinstitut darf nicht dazu dienen, die nachbarrechtlichen Regelungen in ihr Gegenteil zu verkehren (vgl. Senat, Urteil vom 29. Juni 2012 - V ZR 97/11, NJW-RR 2012, 1160 Rn. 20 mwN).

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b) Danach kann eine Verpflichtung des Klägers, die Beklagten weiterhin mit Wasser zu versorgen, nicht aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis abgeleitet werden.

13

aa) Ob ein billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen es im Einzelfall zwingend erfordert, eine selbstständige Verpflichtung aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis abzuleiten, ist zwar eine Frage tatrichterlicher Würdigung, die im Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüft werden kann (Senat, Urteil vom 8. Februar 2013 - V ZR 56/12, NJW-RR 2013, 650 Rn. 8). Die tatrichterliche Würdigung ist in diesem Rahmen aber zu beanstanden.

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Das Berufungsgericht stützt sie maßgeblich auf Parallelen zu dem Sachverhalt, welcher dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 31. Januar 2003 (V ZR 143/02, NJW 2003, 1392) zugrunde lag, verkennt aber, dass dieser schon deshalb anders lag, weil den Käufern dort nicht bekannt war, dass die Abwasserversorgung ihrer Grundstücke über ein fremdes Grundstück führte. Zudem nimmt es nicht in den Blick, dass dort nur die Duldung einer Abwasserleitung und deren Nutzung in Rede stand, während es hier um die Verpflichtung des Klägers geht, Wasser entgeltlich zu beziehen und die Lieferung gegenüber den Beklagten abzurechnen. Wollte man sich bei der Würdigung an einem Vergleichsfall orientieren, hätte eine Parallele zu der - von dem Berufungsgericht nicht angesprochenen - Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. Februar 2013 (V ZR 56/12, NJW-RR 2013, 650) nahegelegen, in der eine aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis abzuleitende Verpflichtung des Eigentümers einer Doppelhaushälfte verneint wurde, die andere (ohne eigene Heizung erbaute) Doppelhaushälfte dauerhaft mit Heizwärme zu versorgen.

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Unabhängig davon verkennt das Berufungsgericht den anzulegenden Prüfungsmaßstab. Es begründet, warum das Interesse der Beklagten an der Beibehaltung der derzeitigen Wasserversorgung Vorrang vor den Interessen des Klägers an der Veränderung dieses Zustandes habe, nimmt also eine Interessenabwägung vor. Das greift indessen zu kurz. Denn eine aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ausnahmsweise abzuleitende selbständige Verpflichtung kommt nicht schon in Betracht, wenn das Interesse einer der Nachbarn hieran (ggf. deutlich) überwiegt; erforderlich ist vielmehr, dass die in Rede stehende Verpflichtung zum Ausgleich der im konkreten Fall widerstreitenden Interessen zwingend geboten ist.

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bb) Die erforderliche Würdigung kann der Senat selbst nachholen, weil der Sachverhalt feststeht und weitere Erkenntnisse nicht zu erwarten sind. Danach fehlt es an zwingenden Gründen, die es geböten, den Kläger auf unbestimmte Dauer zu verpflichten, die Grundstücke der Beklagten mit Frischwasser zu versorgen.

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(1) Ein schützenswertes Vertrauen der Beklagten auf den unbefristeten Fortbestand der Wasserversorgung ist nicht gegeben. Eine Pflicht eines Grundstückseigentümers zur Versorgung des Nachbargrundstücks mit Medien, die zu dessen ordnungsgemäßen Bewirtschaftung erforderlich sind, besteht im Allgemeinen nur, wenn derartige Rechte dinglich abgesichert sind. Fehlt es daran, fällt es daher grundsätzlich in den Risikobereich des Eigentümers des Nachbargrundstücks, die Anbindung an das öffentliche Leitungsnetz herzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 8. Februar 2013 - V ZR 56/12, NJW-RR 2013, 650 Rn. 10).

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(2) Ein besonders gelagerter Ausnahmefall, wie er dem Urteil des Senats vom 31. Januar 2003 (V ZR 143/02, NJW 2003, 1392) zugrunde lag, ist hier schon deshalb nicht gegeben, weil die Beklagten ihre Grundstücke in Kenntnis des Umstandes erworben haben, dass die Wasserversorgung über das nunmehr im Eigentum des Klägers stehende Grundstück erfolgt. Sie haben sich insoweit mit einer schuldrechtlichen Vereinbarung mit dem Großvater des Klägers begnügt und damit in Kauf genommen, dass diese Form der Versorgung endet und sie gezwungen sein könnten, ihre Grundstücke mit einem eigenen Anschluss für die Wasserversorgung zu versehen. Für die Beklagten hat sich damit ein Risiko verwirklicht, das bei dem Erwerb der Grundstücke erkennbar war. Bereits dies lässt das Entstehen eines schutzwürdigen Vertrauenstatbestandes entfallen (vgl. Senat, Urteil vom 8. Februar 2013 - V ZR 56/12, NJW-RR 2013, 650 Rn. 10).

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3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht den Beklagten gegenüber dem Kläger auch kein Anspruch auf Versorgung mit Frischwasser auf der Grundlage von § 743 Abs. 2 BGB (ggf. i.V.m. § 746 BGB) zu. Die getroffenen Feststellungen tragen die Annahme einer zwischen den Parteien bestehenden Rechtsgemeinschaft nicht (§ 741 BGB).

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a) Voraussetzung für einen solchen Anspruch wäre zunächst das Bestehen einer Bruchteilsgemeinschaft zwischen den Parteien im Sinne von § 741 BGB. Das Berufungsgericht nimmt zwar in ständiger Rechtsprechung (OLG Hamm, OLGR 1994, 35 f.; OLGR 1994, 251 f.; Urteil vom 26. Januar 2012 - 5 U 133/11; Urteil vom 8. November 2012 - 5 U 100/12, juris Rn. 42; vgl. auch OLG Düsseldorf, NJW-RR 2007, 299 f.) an, dass zwischen Eigentümern von Grundstücken eine Rechtsgemeinschaft im Sinne des § 741 BGB besteht, wenn sie über ein einheitliches, die gemeinsamen Grundstücksgrenzen überschreitendes Leitungssystem verfügen. Diese Aussage ist in dieser Allgemeinheit aber nicht haltbar. Das Vorhandensein von Leitungen, die Grundstücksgrenzen überschreiten und der Versorgung verschiedener Grundstücke dienen, begründet für sich genommen keine zwischen den Grundstückseigentümern bestehende Rechtsgemeinschaft.

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b) Die Berechtigung zu ideellen Bruchteilen im Sinne von § 741 BGB ist Voraussetzung, nicht Rechtsfolge der Gemeinschaft (vgl. MüKoBGB/Karsten Schmidt, 7. Aufl., § 741 Rn. 25). Ausgangspunkt für die Annahme einer Gemeinschaft ist daher ein Recht, das den Beteiligten gemeinschaftlich zusteht. Ein solches benennt das Berufungsgericht nicht; tatsächlich steht den Parteien des Rechtsstreits auch kein solches Recht zu.

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aa) Soweit die Beklagte zu 1 meint, Gegenstand der Gemeinschaft sei ein Besitzrecht (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 1974 - VI ZR 103/72, BGHZ 62, 243, 245; kritisch zum Besitz als Recht im Sinne des § 741 BGB allerdings MüKoBGB/Karsten Schmidt, 7. Aufl., § 741 Rn. 17 sowie Palandt/Herrler, BGB, 77. Aufl., § 866 Rn. 1 u. Erman/Aderhold, BGB, 15. Aufl., § 741 Rn. 12), fehlt es an Feststellungen, dass Mitbesitz begründet worden ist. Es versteht sich insbesondere hinsichtlich der Leitungen, die von dem öffentlichen Anschluss zu dem Haus des Klägers führen, keinesfalls von selbst, dass den Beklagten Mitbesitz eingeräumt worden ist. Die Revisionserwiderungen zeigen auch keinen Vortrag auf, der eine solche Schlussfolgerung zulässt.

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bb) Ebenso wenig besteht Miteigentum der Parteien an den Wasserleitungen. Dieses wird nicht schon durch eine gemeinschaftliche Nutzung begründet; nicht jeder, der durch eine Leitung versorgt wird, ist deshalb (Mit-)Eigentümer dieser Leitung. Maßgeblich ist vielmehr die sachenrechtliche Zuordnung der Leitung auf der Grundlage der §§ 93 ff. BGB. Danach ist hier kein Miteigentum entstanden.

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(1) Die Leitungen, die das auf dem Grundstück des Klägers aufstehende Gebäude mit dem öffentlichen Leitungsnetz verbinden, sind zur Herstellung dieses Gebäudes eingefügt worden und damit nach § 94 Abs. 2 BGB dessen wesentliche Bestandteile. Als solche stehen sie, wenn das Gebäude, wie hier, wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist, im (Allein-)Eigentum des Grundstückseigentümers. Hieran hat sich durch den späteren Bau des Doppelhauses im hinteren Bereich des Grundstücks nichts geändert. Anders als das Berufungsgericht offenbar meint, führte der Anschluss des Doppelhauses an die Leitungen des bereits errichteten Hauses nicht dazu, dass dessen (vorhandene) Leitungen nunmehr auch wesentliche Bestandteile des Doppelhauses sind. Die sachenrechtliche Zuordnung einer Leitung ändert sich nicht dadurch, dass ihr später eine neue Anschlussstelle hinzugefügt und sie über diese zur Versorgung weiterer Gebäude oder Grundstücke genutzt wird.

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(2) Ebenso wenig ist Miteigentum der Parteien an der Leitung entstanden, die von der Terrasse des zuerst errichteten Hauses zu den Doppelhaushälften führt. Sie ist, weil allein deren Versorgung dienend, entweder deren Zubehör (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juni 2011 - V ZR 233/10, NJW-RR 2011, 1458) oder aber wesentlicher Bestandteil der Doppelhaushälften im Sinne des § 94 Abs. 2 BGB (vgl. Senat, Urteil vom 26. Oktober 2012 - V ZR 57/12, NJW 2013, 1154 Rn. 10); hierzu können auch Leitungen zählen, die außerhalb des Gebäudes (BGH, Urteil vom 25. März 1998 - IV ZR 137/97, NJW-RR 1998, 1034, 1035) bzw. in fremdem Grund verlegt sind (vgl. Senat, Urteil vom 19. Oktober 2012 - V ZR 263/11, NJW-RR 2013, 652 Rn. 11 für einen Öltank). An dieser Zuordnung hat sich durch die Grundstücksteilung nichts geändert; das gilt auch, soweit die Leitung auf dem Grundstück des Klägers liegt. Bei einer festen Verbindung mit Grund und Boden käme zwar auch in Betracht, sie nach § 94 Abs. 1 BGB als Bestandteil des Grundstücks des Klägers anzusehen. In diesem Fall hätte allerdings die Sondervorschrift des § 94 Abs. 2 BGB Vorrang, so dass es dabei bliebe, dass die Leitung Zubehör oder Bestandteil der Doppelhaushälften ist (vgl. Senat, Urteil vom 19. Oktober 2012 - V ZR 263/11, aaO Rn. 13). Dabei kann dahinstehen, ob die Wasserleitung als wesentlicher Bestandteil beider Doppelhaushälften anzusehen ist. Dann wäre allenfalls zwischen den Eigentümern der neu gebildeten Grundstücke, auf denen die Doppelhaushälften aufstehen, eine Bruchteilsgemeinschaft bezüglich dieser Leitung entstanden. Teilhaber wäre jedenfalls nicht der Kläger.

III.

26

Das Urteil kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die Beklagten von dem Kläger die Versorgung mit Frischwasser über dessen Grundstück nicht beanspruchen können, ist ihre Berufung gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.

IV.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann     

      

Schmidt-Räntsch     

      

Brückner

      

Kazele     

      

Hamdorf