Entscheidungsdatum: 08.12.2017
Der Verfügungsberechtigte muss nach einer Veräußerung des restitutionsbelasteten Grundstücks aufgrund eines Investitionsvorrangbescheids gemäß §§ 2 und 3 InVorG den auf den von dem Berechtigten zu beanspruchenden Vermögenswert entfallenden Anteil der Geldleistungen des Erwerbers weder von seinem übrigen Vermögen separieren noch von der Vereinnahmung an verzinsen. § 681 Satz 2, § 668 BGB und § 21b Abs. 1 Satz 5 InVorG sind auf diese Geldleistungen nicht entsprechend anwendbar.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Kammergerichts vom 14. November 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 35 des Landgerichts Berlin vom 4. März 2015 wird auch insoweit zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin verlor während der NS-Zeit verfolgungsbedingt ihren Aktienanteil von 49,7% an der A. AG (fortan A-AG), der ein Grundstück im Berliner Stadtbezirk Mitte gehörte. Dieses Grundstück wurde 1949 in Volkseigentum überführt. Die Klägerin meldete am 26. November 1992 Restitutionsansprüche auch für dieses Grundstück an. Aufgrund eines Investitionsvorrangbescheids der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben vom 23. Dezember 1996 verkaufte die beklagte Bundesrepublik Deutschland (fortan: Beklagte) das Grundstück und andere Flächen mit notariellem Vertrag vom 11. Februar 1997 zur Sanierung und Neuerrichtung von Büro- und Gewerbeflächen für insgesamt 11 Mio. DM an eine Investorin. In dem Restitutionsverfahren wurde eine Anspruchsberechtigung der Klägerin nach dem Vermögensgesetz wegen einer Beteiligung an der A-AG in Höhe von insgesamt 49,7% festgestellt, und zwar durch einen Bescheid des Berliner Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen vom 27. November 2003 wegen einer Beteiligung von 25% und durch einen Ergänzungsbescheid des Bundesamts zur Regelung offener Vermögensfragen vom 17. September 2014 wegen einer weiteren Beteiligung von 24,7%. Die Beklagte leistete der Klägerin Zahlungen in Höhe entsprechender Teile des Kaufpreises, und zwar am 24. März 2004 einen Betrag von 801.122,17 € (erster Betrag) und am 21. November 2014 einen Betrag von 695.562,26 € (zweiter Betrag).
Die Klägerin hat von der Beklagten Zahlung von 4% Zinsen jährlich auf beide Beträge verlangt, auf den hier nur noch interessierenden zweiten Betrag für die Zeit vom 5. April 1997 (Vereinnahmung des Kaufpreises durch die Beklagte) bis zum 21. November 2014 (Zahlungseingang bei der Klägerin) in Höhe von 490.514,32 €.
Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Kammergericht die Beklagte unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels zur Zahlung der verlangten Zinsen auf den zweiten Betrag nebst Zinsen verurteilt. Mit der von dem Kammergericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, möchte die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage erreichen.
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte den zweiten Betrag in entsprechender Anwendung von § 681 Satz 2, § 668 BGB von der Vereinnahmung des Kaufpreises an zu verzinsen. Zwischen dem Verfügungsberechtigten und dem Berechtigten bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein treuhandähnliches Rechtsverhältnis, das die analoge Anwendung von Vorschriften des Geschäftsbesorgungs- und Auftragsrechts rechtfertige. Zu diesen Vorschriften gehörten auch § 681 Satz 2, § 668 BGB. Der Bundesgerichtshof habe dies für den nach § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG auszukehrenden Erlös aus einer Veräußerung außerhalb des Investitionsvorranggesetzes anerkannt. Für den Erlös aus einer Veräußerung aufgrund eines Investitionsvorrangbescheids gemäß §§ 2 und 3 InVorG (fortan auch: investive Veräußerung) gelte nichts Anderes. Zwar sei § 3 Abs. 3 bis 5 VermG in diesem Fall nach § 2 Abs. 1 InVorG nicht anzuwenden. Es liege, anders als bei einer Veräußerung nach § 3 Abs. 4 Sätze 2 und 3 VermG, auch kein Verstoß gegen das Unterlassungsgebot nach § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG vor. Der dem Berechtigten gemäß § 16 Abs. 1 InVorG zu zahlende Betrag sei aber ebenso wie der nach § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG an den Berechtigten auszukehrende Erlös ein Surrogat des veräußerten Vermögenswerts. Deshalb könne das Fortbestehen einer treuhandähnlichen Sonderbeziehung zwischen dem Verfügungsberechtigten und dem Berechtigten auch bei einer investiven Veräußerung nicht verneint werden. Die entsprechende Anwendung von § 681 Satz 2, § 668 BGB auf die Zahlung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG sei daher gerechtfertigt. Begründet sei die Klage aber nur hinsichtlich der Zinsen auf den zweiten Betrag. Hinsichtlich der Zinsen auf den ersten Betrag sei der Anspruch verjährt.
II.
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Klage ist auch hinsichtlich der Zinsen auf den zweiten Betrag unbegründet.
1. In der Sache zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Zinsen auf den zweiten Betrag für den Zeitraum von der Vereinnahmung des Kaufpreises durch die Beklagte bis zum Eingang ihrer Zahlung bei der Klägerin nicht auf § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG stützen kann. Nach dieser Vorschrift kann der Berechtigte von dem Verfügungsberechtigten die Zahlung eines Geldbetrags in Höhe aller auf den von ihm zu beanspruchenden Vermögenswert entfallenden Geldleistungen aus dem Vertrag verlangen. Dazu gehören die aus dem Kapital von dem Verfügungsberechtigten gezogenen Nutzungen, insbesondere Anlagezinsen, nicht (Senat, Urteil vom 25. Juni 1999 - V ZR 259/98, BGHZ 142, 111, 116; Kimme/Wegner, Offene Vermögensfragen, Stand: Juni 1996, § 16 InVorG Rn. 51; RHI/Rapp, Stand: Dezember 2002, § 16 InVorG Rn. 84 f.; Rodenbach in: Rodenbach/Söfker/Lochen, InVorG, Stand: Dezember 1997, § 16 Rn. 50).
2. Zu Unrecht bejaht das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Verzinsung eines ihr gebührenden Anteils an dem von der Beklagten eingenommenen Kaufpreis in entsprechender Anwendung von § 681 Satz 2, § 668 BGB. Der Verfügungsberechtigte muss nach einer Veräußerung des restitutionsbelasteten Grundstücks aufgrund eines Investitionsvorrangbescheids gemäß §§ 2 und 3 InVorG den auf den von dem Berechtigten zu beanspruchenden Vermögenswert entfallenden Anteil der Geldleistungen des Erwerbers weder von seinem übrigen Vermögen separieren noch von der Vereinnahmung an verzinsen. § 681 Satz 2, § 668 BGB sind auf diese Geldleistungen nicht entsprechend anwendbar.
a) Der Senat hat allerdings, wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgeht, entschieden, dass der Verfügungsberechtigte nach einer Veräußerung des restitutionsbelasteten Grundstücks außerhalb des Investitionsvorranggesetzes nicht nur den Veräußerungserlös gemäß § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG auszukehren, sondern diesen auch in entsprechender Anwendung von § 681 Satz 2, § 668 BGB von seinem übrigen Vermögen zu separieren und bei Verstoß gegen diese Separierungspflicht zu verzinsen hat (Beschluss vom 26. September 2013 - V ZR 295/12, ZOV 2013, 161). Ob die Separierungs- und Verzinsungspflicht auch bei den Geldleistungen besteht, die der Verfügungsberechtigte auf Grund einer investiven Veräußerung von dem Erwerber erhält, wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte unterschiedlich beurteilt. Das Oberlandesgericht Dresden (Urteil vom 11. Mai 2016 - 13 U 1353/15, juris Rn. 4) und ihm folgend das Berufungsgericht (20. Zivilsenat) in dem angefochtenen Urteil (vom 14. November 2016 - 20 U 56/15, unveröffentlicht) bejahen die Frage. Demgegenüber haben der 10. und der 21. Zivilsenat des Kammergerichts (unveröffentlichte Urteile vom 3. Dezember 2015 - 10 U 90/15 und vom 13. Mai 2016 - 21 U 143/14) die Frage verneint. Die zweite Auffassung hat der Senat mit - allerdings erst nach dem Erlass des Berufungsurteils veröffentlichten - Beschluss vom 10. November 2016 (V ZR 51/16, juris Rn. 3 f.; ebenso Beschluss des Senats vom 9. März 2017 - V ZR 133/16, unveröffentlicht) bestätigt.
b) Das Berufungsurteil gibt keinen Anlass zur Änderung dieser Rechtsprechung. Mit dem von dem Berufungsgericht aufgezeigten Gesichtspunkt der Surrogation lässt sich die entsprechende Anwendung von § 681 Satz 2, § 668 BGB nicht rechtfertigen.
aa) Richtig ist allerdings, dass der nach § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG zu zahlende Geldbetrag an die Stelle des veräußerten Vermögenswerts tritt, hier an die Stelle des veräußerten Grundstücks, an dem der Klägerin aufgrund ihrer Beteiligung an der Gesellschaft, der das Grundstück früher gehörte, nach § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG Bruchteilseigentum hätte eingeräumt werden müssen. Entsprechendes würde für die Zahlung des Verkehrswerts gelten, die der Berechtigte von dem Verfügungsberechtigten nach Maßgabe von § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG verlangen kann. Es verhält sich in beiden Fällen nicht anders als bei dem Erlös aus einer Verfügung über das Grundstück außerhalb des Investitionsvorranggesetzes, den der Verfügungsberechtigte dem Berechtigten nach § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG auszukehren hat.
In allen Fällen ist dem Berechtigten nach § 4 Abs. 1 Satz 4 Hypothekenablöseverordnung (vom 10. Juni 1994, BGBl. I S. 1253, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. April 2006, BGBl. I S. 866 - HypAblV) durch Bescheid insbesondere aufzugeben, aus der von dem Verfügungsberechtigten erlangten Zahlung den Ablösebetrag für alte Grundpfandrechte nach § 18a VermG zu hinterlegen oder nach § 18 Abs. 7 VermG an den Gläubiger zu zahlen, einen etwa festgesetzten Wertausgleich gemäß § 7 Abs. 5 VermG abzuführen und eine festgesetzte Gegenleistung oder Entschädigung nach § 7a VermG an den Gläubiger herauszugeben. Eine solche Anordnung ist auch gegenüber der Klägerin ergangen; sie hatte nach dem Restitutionsbescheid vom 17. September 2014 zur Ablösung von alten Grundpfandrechten 100.964,18 € zu hinterlegen. Die Ersetzung des zu restituierenden Vermögenswerts durch den dem Berechtigten gezahlten Erlös (§ 3 Abs. 4 Satz 3 VermG), erlösgleichen Betrag (§ 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG) oder Verkehrswert (§ 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG) betrifft indessen nur die Bedingungen der Restitution.
bb) Vorschriften des Auftragsrechts oder des Rechts der Geschäftsbesorgung ohne Auftrag, insbesondere die Regelungen in § 681 Satz 2, § 668 BGB, können im Verhältnis des Berechtigten zu dem Verfügungsberechtigten nur dann analog angewendet werden, wenn dieses Verhältnis planwidrig lückenhaft geregelt ist und die Anwendung solcher Vorschriften dem Plan des Gesetzes entspräche (vgl. Senat, Urteile vom 12. April 2013 - V ZR 203/11, ZfIR 2013, 591 Rn. 21, 24 und vom 17. Juli 2015 - V ZR 205/14, WM 2016, 473 Rn. 18, 21; BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - IX ZR 92/05, BGHZ 170, 187 Rn. 15). Diese Voraussetzungen liegen bei der Auskehrung des Veräußerungserlöses nach Maßgabe von § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG vor, nicht jedoch bei der nach § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG geschuldeten Zahlung eines dem Erlös entsprechenden Betrages nach einer Veräußerung aufgrund eines Investitionsvorrangbescheids gemäß §§ 2 und 3 InVorG.
(1) Das Vermögensgesetz macht den Verfügungsberechtigten allerdings zum Treuhänder des Berechtigten. Die Restitution erfolgt durch den Bescheid der zuständigen Behörde gemäß § 33 VermG, mit dessen Unanfechtbarkeit das Eigentum an dem Vermögenswert unter den näheren Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 VermG kraft Gesetzes auf den Berechtigten übergeht. Im Interesse des Verkehrsschutzes kann der Berechtigte den Anspruch auf Restitution jedoch nach § 3 Abs. 4 Satz 2 VermG nur geltend machen, solange über das Eigentum an dem zu restituierenden Vermögenswert noch nicht verfügt, dieser also noch nicht veräußert worden ist. Um zu verhindern, dass die Restitution an einer vorzeitigen Veräußerung scheitert, wird der Verfügungsberechtigte mit § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG gesetzlich verpflichtet, Verfügungen über den zu restituierenden Vermögenswert zu unterlassen. Dieses treuhandähnliche Verhältnis zwischen dem Verfügungsberechtigten und dem Berechtigten wird in § 3 Abs. 3 bis 5 VermG nur in einzelnen Punkten, teils in Anlehnung an das Auftrags- und Geschäftsbesorgungsrecht, teils aber auch in bewusster Abweichung hiervon, näher ausgestaltet. Das rechtfertigt es, macht es aber auch erforderlich, in dem durch die getroffenen gesetzlichen Regelungen gesetzten Rahmen auf Vorschriften des Auftrags- und Geschäftsbesorgungsrechts, im Fall einer unterlassungspflichtwidrigen Veräußerung auf Vorschriften des Rechts der Geschäftsbesorgung ohne Auftrag zurückzugreifen. In dem zuletzt genannten Fall bestimmt § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG nur, dass der Verfügungsberechtigte dem Berechtigten den Veräußerungserlös auszukehren, nicht aber, wie er bis zur Feststellung der Berechtigung des Anmelders mit dem eingenommenen Erlös zu verfahren hat. Diese Lücke ist nach der Rechtsprechung des Senats durch die entsprechende Anwendung von § 681 Satz 2, § 668 BGB zu schließen (Beschluss vom 26. September 2013 - V ZR 295/12, ZOV 2013, 161).
(2) Das treuhandähnliche Verhältnis zwischen dem Verfügungsberechtigten und dem Berechtigten wird indessen mit § 2 Abs. 1 und 3 InVorG aufgehoben, wenn das zu restituierende Grundstück veräußert und mit einem Investitionsvorrangbescheid gemäß § 2 InVorG festgestellt wird, dass dies einem der hierfür bestimmten besonderen Investitionszwecke (vgl. § 3 InVorG) dient. Der Verfügungsberechtigte unterliegt dann für die Verwirklichung des investiven Vorhabens durch den vorgesehenen oder - in den Grenzen des § 15 Abs. 1 InVorG - durch einen anderen Investor keinen treuhänderischen Bindungen. Sie werden durch die Regelungen über die Zahlung eines dem Erlös oder dem Verkehrswert des veräußerten Grundstücks entsprechenden Betrags in § 16 Abs. 1 InVorG sowie durch die Regelungen über das Wiederaufleben des Restitutionsanspruchs in § 11 Abs. 2, § 15 Abs. 3 InVorG ersetzt. Eine planwidrige Lücke, die durch die entsprechende Anwendung von § 681 Satz 2, § 668 BGB geschlossen werden könnte oder müsste, weisen diese Regelungen nicht auf.
(a) Veräußert der Verfügungsberechtigte das restitutionsbelastete Grundstück aufgrund eines Investitionsvorrangbescheids nach §§ 2 und 3 InVorG, findet § 3 Abs. 3 bis 5 VermG nach § 2 Abs. 1 und 3 InVorG weder auf die investive Veräußerung selbst noch auf die rechtsgeschäftlichen und tatsächlichen Handlungen Anwendung, die zur Verwirklichung des in dem Investitionsvorrangbescheid beschriebenen Vorhabens bestimmt sind. Das bedeutet indessen nicht, dass die Unterlassungsverpflichtung des Verfügungsberechtigten nach § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG und die Verpflichtung zur Erlösauskehr nach § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG, wie die Klägerin unter Berufung auf die Überschrift der Vorschrift - „Aussetzung der Verfügungsbeschränkungen …“ - meint, nur ausgesetzt werden, das treuhandähnliche Verhältnis zwischen dem Verfügungsberechtigten und dem Berechtigten aber im Übrigen unverändert fortbesteht. Aus der Entstehungsgeschichte und der Systematik des Gesetzes ergibt sich vielmehr, dass dieses treuhandähnliche Verhältnis spätestens mit der investiven Veräußerung endet, durch den Ausgleichsanspruch nach § 1 Satz 2, § 16 InVorG und die Regelung über den Widerruf des Investitionsvorrangbescheids in § 15 InVorG ersetzt wird und nur bei einem Scheitern des Investitionsvorhabens mit dem Restitutionsanspruch des Berechtigten (unverändert) wiederauflebt.
(b) (aa) Das Investitionsvorranggesetz ist nicht die erste Regelung, die es ermöglicht, restitutionsbelastete Grundstücke zur Verwirklichung besonderer Investitionszwecke gegen den Willen des Berechtigten zu veräußern. Mit dem Einigungsvertrag ist nämlich nach dessen Anlage II Kapitel III Sachgebiet B Abschnitt I Nr. 4 das Gesetz über besondere Investitionen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (BInvG) in Kraft getreten. Dieses Gesetz war als Modifizierung der Unterlassungsverpflichtung konzipiert. Mit § 1 Abs. 1 BInvG wurde dem Verfügungsberechtigten über ehemals volkseigene Grundstücke die Veräußerung restitutionsbelasteter Grundstücke zu besonderen Investitionszwecken erlaubt. Aufgrund der dazu erforderlichen Investitionsbescheinigung war ihm nach § 2 Abs. 1 BInvG trotz Vorliegens von Anmeldungen eine Grundstücksverkehrsgenehmigung zu erteilen. Zum Ausgleich sollte der Berechtigte nach § 3 Abs. 1 BInvG eine als Entschädigung bezeichnete Zahlung in Höhe des Erlöses aus der Veräußerung des Grundstücks oder Gebäudes, mindestens aber in Höhe von dessen jeweiligem Verkehrswert, erhalten.
(bb) Die Einbettung der Regelung in die Unterlassungsverpflichtung nach § 3 Abs. 3 bis 5 VermG wurde schon kurz nach dem Inkrafttreten der Regelung Ende 1990/Anfang 1991 als eines der entscheidenden Investitionshemmnisse ausgemacht. Die Bundesregierung griff die Kritik in dem Entwurf eines Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen mit einer Ausweitung des Gesetzes über besondere Investitionen und speziellen Tatbeständen bei der Veräußerung von Unternehmen auf (BT-Drucks. 12/204). Der Bundestag folgte diesen Vorschlägen zwar weitgehend, ergänzte sie aber mit dem verabschiedeten sog. Hemmnissebeseitigungsgesetz vom 22. März 1991 (BGBl. I S. 766) um eine sog. „Supervorfahrtregelung“ (vgl. Senat, Urteil vom 16. Dezember 1994 - V ZR 177/93, BGHZ 128, 210, 216) in einem neuen § 3a VermG. Diese Regelung sollte die Veräußerung von Grundstücken und Unternehmen zu besonderen Investitionszwecken durch die öffentliche Hand beschleunigen. Die Beschleunigung sollte dabei durch eine entscheidende konstruktive Veränderung erreicht werden, nämlich durch die „Beseitigung“ der „Verfügungssperre“ und der Vergewisserungspflicht des Verfügungsberechtigten nach § 3 Abs. 5 VermG (Erläuterung der Beschlussempfehlung in BT-Drucks. 12/449 S. 9 f.). Mit „Verfügungssperre“ wurden damals die Regelung in § 3 Abs. 3 bis 5 VermG und die sie ergänzende Genehmigungspflicht nach § 1 GVO plakativ bezeichnet. Dieser Paradigmenwechsel kam gleich zu Beginn der neuen Vorschrift zum Ausdruck, in deren Absatz 1 Satz 1 es hieß: „§ 3 Abs. 3 bis 5 [des Vermögensgesetzes] sind nicht anzuwenden, wenn eine öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft oder die Treuhandanstalt Verfügungsberechtigte über ein Grundstück, Gebäude oder ein Unternehmen ist und ein solcher Vermögenswert an einen Dritten … für die nachstehend bezeichneten investiven Zwecke veräußert … wird“. Die Zulässigkeit investiver Veräußerungen sollte losgelöst von § 3 Abs. 3 bis 5 VermG eigenständig geregelt werden. Mit dem Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz vom 14. Juli 1992 (BGBl. I S. 1257) hat der Gesetzgeber die Regelungen des früheren Gesetzes über besondere Investitionen und die Regelung in § 3a VermG aF in dem Investitionsvorranggesetz zusammengeführt. Das Investitionsvorranggesetz folgt dem Regelungskonzept des § 3a VermG aF und strebt wie diese Vorschrift die „Beseitigung“ der Verfügungssperre an.
(cc) Dass in der Überschrift der maßgeblichen Vorschrift, § 2 InVorG, und in deren Erläuterung (BT-Drucks. 12/2480 S. 62 f.) von einer „Aussetzung der Verfügungsbeschränkung“ die Rede ist, ändert daran nichts. Diese Formulierung ist dem Umstand geschuldet, dass in dem Investitionsvorranggesetz (anders in den durch dieses Gesetz abgelösten Investitionsvorrangregelungen, dem früheren Gesetz über besondere Investitionen und § 3a VermG aF) auch geregelt ist, welche Auswirkungen die Veräußerung nach dem Investitionsvorranggesetz auf den Restitutionsanspruch hat. Er entfällt nach § 11 Abs. 2 Satz 1 InVorG im Umfang der Veräußerung aufgrund eines Investitionsvorrangbescheids, lebt jedoch nach § 11 Abs. 2 Satz 2 InVorG wieder auf, wenn der Vermögenswert bei Scheitern des Vertrags oder der besonderen Investition auf den Verfügungsberechtigten wieder zurückübertragen wird.
(c) Mit der Veräußerung des restitutionsbelasteten Grundstücks entfällt nicht nur der Restitutionsanspruch, sondern die Grundlage für das treuhandähnliche Verhältnis zwischen dem Verfügungsberechtigten und dem Berechtigten.
(aa) Der Berechtigte kann Restitution nur noch verlangen, wenn es zu einer Rückübertragung des Vermögenswerts auf den Verfügungsberechtigten kommt. Dieser ist nach § 2 Abs. 1 und 3 InVorG nicht verpflichtet, Verfügungen über den Vermögenswert zu unterlassen (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG) oder sich zu vergewissern, dass das zu veräußernde Grundstück nicht Gegenstand von Anmeldungen nach dem Vermögensgesetz ist (vgl. § 3 Abs. 5 VermG). Er ist auch nicht mehr nach § 3 Abs. 3 Satz 3 VermG, § 678 BGB verpflichtet, Rechtsgeschäfte in Bezug auf den zu restituierenden Vermögenswert - hier das zu restituierende Grundstück - so zu führen, wie es das Interesse des Berechtigten mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen erfordert, und bei Verletzung dieser Pflicht Schadensersatz zu leisten.
(bb) Nicht anwendbar ist nach der genannten Vorschrift auch die Regelung über die Verpflichtung zur Auskehrung des Erlöses in § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG. Sie wird vielmehr durch den Ausgleichsanspruch des Berechtigten nach § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG ersetzt, der eine ganz andere Zielsetzung hat als die Ansprüche des Berechtigten nach § 3 Abs. 4 Satz 3 und § 3 Abs. 3 Satz 6 Halbsatz 1 VermG i. V. m. § 678 und § 823 Abs. 2 BGB. § 16 InVorG hat den Zweck, die umfassende Herausnahme der investiven Veräußerung aus der treuhandähnlichen Bindung des Verfügungsberechtigten gegenüber dem Berechtigten durch einen entschädigungsähnlich ausgestalteten Ausgleich in Geld zu ersetzen. Demgegenüber stehen dem Berechtigten bei einer nichtinvestiven Veräußerung nur Ansprüche zu, die der Auftraggeber gegenüber einem (ungetreuen) Beauftragten hat: der Anspruch auf Herausgabe des Erlangten gemäß § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG, der inhaltlich § 667 BGB entspricht, welcher bei Inkrafttreten des Vermögensgesetzes am 29. September 1990 (vgl. Bekanntmachung vom 16. Oktober 1990, BGBl. II S. 1360) in den neuen Ländern und im früheren Ostteil von Berlin noch nicht galt, und der Anspruch auf Schadensersatz nach § 678 oder § 823 Abs. 2 BGB wegen der Verletzung der Unterlassungsverpflichtung nach § 3 Abs. 3 Satz 1 VermG.
(cc) Die grundlegend andere Funktion des Zahlungsanspruchs nach § 16 InVorG gegenüber dem Anspruch auf Erlösauskehr nach § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG wird in der inhaltlichen Ausgestaltung dieses Zahlungsanspruchs augenfällig. Der Verfügungsberechtigte muss dem Berechtigten einen Betrag in Höhe aller Geldleistungen aus dem Vertrag zahlen (vgl. § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG). Damit soll sichergestellt werden, das der Verfügungsberechtigte keinen Vorteil aus der investiven Veräußerung zieht, diese also nur durch den investiven Zweck motiviert wird. Mit der zusätzlichen Verpflichtung nach § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG, dem Berechtigten den Verkehrswert oder die Differenz zwischen diesem und den Geldleistungen aus dem Vertrag zu zahlen, soll darüber hinaus sichergestellt werden, dass der Berechtigte stets vollen Ausgleich in Geld für den verlorenen Vermögenswert erhält, auch wenn es sich z.B. um eine Eigeninvestition des Verfügungsberechtigten handelt oder wenn der Vermögenswert unter Wert verkauft wird. Bei Veräußerungen oder baulichen Maßnahmen des Verfügungsberechtigten ohne Investitionsvorrangbescheid könnte der Berechtigte einen entsprechenden Ausgleich nur im Wege und unter den Bedingungen eines Anspruchs auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung nach Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsrecht erhalten, also bei einer Verletzung der Unterlassungsverpflichtung, die der Verfügungsberechtigte zu vertreten hat.
(dd) Diese „Besserstellung des Berechtigten“, wie der Liquidator der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Ausgestaltung des Zahlungsanspruchs bezeichnet hat, war inhaltlich schon im Gesetz über besondere Investitionen vorgesehen, um „Verkäufe zu einem zu geringen Preis zu Lasten des Alteigentümers zu verhindern“ (BT-Drucks. 11/7817 S. 62). Der Alteigentümer, dessen Restitutionsinteresse - aus seiner Sicht mehr oder weniger zufällig - hinter dem öffentlichen Interesse an der Verwirklichung von besonderen Investitionen zurückstehen muss, soll wenigstens auf den Verkehrswert des verlorenen Vermögenswerts zurückgreifen können. Die konzeptionelle „Besserstellung des Berechtigten“ hat jedoch eine ebenso konzeptionsbedingte Kehrseite: Mangels einer Auskehrungspflicht ist der Verfügungsberechtigte nicht verpflichtet, Geldbeträge zu separieren. Ohne eine Separierungspflicht fehlt der entsprechenden Anwendung von § 681 Satz 2, § 668 BGB die Grundlage; sie scheidet damit aus. Denn danach hat der Beauftragte oder der Geschäftsführer ohne Auftrag nur Beträge zu verzinsen, die er an den Auftraggeber oder Geschäftsherrn herauszugeben hat, und auch nur, soweit er sie unter Verstoß gegen eine Separierungspflicht für eigene Zwecke verwendet.
Dass eine Separierungspflicht nicht besteht, ergibt auch ein Seitenblick auf die Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe d InVorG. Danach muss der Investitionsvorrangbescheid zugunsten eines privatrechtlichen Verfügungsberechtigten die Auflage enthalten, für die Zahlung des Verkehrswerts eine näher zu bezeichnende Sicherheit zu leisten. Auch dieser Verfügungsberechtigte soll also gerade nicht verpflichtet sein, die Geldleistungen aus dem Veräußerungsvertrag aufgrund des Investitionsvorrangbescheids oder einen Betrag in Höhe des Verkehrswerts des Grundstücks zu separieren oder zu hinterlegen. Er soll vielmehr nur eine in dem Bescheid bestimmte Sicherheit in Höhe des Verkehrswerts stellen. Das kann, nicht anders als bei Sicherheiten nach dem Vermögensgesetz (vgl. § 6 HypAblV), auch eine Bankbürgschaft sein.
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
a) Die Klägerin kann von der Beklagten Zinsen auf den zweiten Betrag für den Zeitraum von der Vereinnahmung des Kaufpreises durch die Beklagte bis zum Eingang ihrer Zahlung bei der Klägerin auch nicht in entsprechender Anwendung von § 21b Abs. 1 Satz 5 InVorG verlangen (vgl. Senat, Beschluss vom 10. November 2016 - V ZR 51/16, juris Rn. 5).
b) Ein Anspruch wegen verzögerter Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG gemäß § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB scheitert daran, dass die Beklagte den zweiten Zahlungsbetrag innerhalb der ihr dazu seitens der Klägerin gesetzten Frist gezahlt hat und Verzug gemäß § 286 BGB nicht eingetreten ist.
3. Andere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht.
III.
Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Der Senat hat nach § 563 Abs. 3 ZPO im angefochtenen Umfang, nämlich hinsichtlich der zuerkannten Zinsen auf den zweiten Betrag, in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils insoweit nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache insoweit zur Endentscheidung reif ist. Die Klage ist mangels Anspruchs auch hinsichtlich der Zinsen auf den zweiten Betrag unbegründet, die Berufung der Klägerin daher auch insoweit zurückzuweisen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann |
|
Schmidt-Räntsch |
|
Brückner |
|
Göbel |
|
Haberkamp |
|