Entscheidungsdatum: 10.07.2015
1. Das Merkmal „demnächst“ (§ 167 ZPO) ist nur erfüllt, wenn sich der Partei zuzurechnende Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen halten.
2. Mit Blick auf die Einzahlung des Kostenvorschusses kommt es bei der Berechnung der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen nicht auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse, sondern darauf an, um wie viele Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat (Anschluss an BGH, Urteil vom 10. Februar 2011, VII ZR 185/07, NJW 2011, 1227 Rn. 8 f.; mwN und Aufgabe von Senat, Urteil vom 30. März 2012, V ZR 148/11, ZMR 2012, 643 f. mwN).
3. Wurde der Kostenvorschuss verfahrenswidrig nicht von der klagenden Partei selbst, sondern über deren Anwalt angefordert, ist die damit einhergehende - der Partei nicht zuzurechnende - Verzögerung im Allgemeinen mit drei Werktagen zu veranschlagen.
4. Auch von einer auf die Wahrung ihrer prozessualen Obliegenheiten bedachten Partei kann nicht verlangt werden, an Wochenend- und Feiertagen sowie am Heiligabend und Silvester für die Einzahlung des Kostenvorschusses Sorge zu tragen.
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 28. Mai 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 2. November 2012 wurden mehrere Beschlüsse gefasst. Mit der am 23. November 2012 eingegangenen Beschlussmängelklage wenden sich die Kläger gegen das zu dem Tagesordnungspunkt (TOP) 6 beschlossene Sanierungskonzept und dessen Finanzierung durch Erhebung einer Sonderumlage. Nach Korrespondenz zur vorläufigen Streitwertfestsetzung hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger am 18. Dezember 2012 die an ihn versandte Aufforderung zur Zahlung des Vorschusses erhalten. Nach deren Weiterleitung an die Rechtsschutzversicherung der Kläger ist der Vorschuss am 7. Januar 2013 bei der Justizkasse eingegangen.
Die am 18. Januar 2013 zugestellte Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgen die Kläger die Anfechtung der zu TOP 6 gefassten Beschlüsse weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
I.
Das Berufungsgericht meint, mit Anfechtungsgründen seien die Kläger wegen Versäumung der einmonatigen Klageerhebungsfrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG ausgeschlossen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 167 ZPO, weil die Klage nicht „demnächst“ zugestellt worden sei. Diese Voraussetzung sei nur erfüllt, wenn sich die Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen hielten. Gehe es um die Zahlung des Kostenvorschusses, sei das nur dann der Fall, wenn dieser nach Anforderung innerhalb eines Zeitraums eingezahlt werde, der sich um zwei Wochen bewege oder nur geringfügig darüber liege. Besondere Umstände seien erst bei der Frage zu berücksichtigen, ob eine geringfügige Überschreitung des grundsätzlich maßgeblichen Zeitraums von 14 Tagen hinzunehmen sei. Gemessen daran liege mit 20 Tagen keine nur geringfügige Überschreitung vor. Das gelte selbst dann, wenn man zugunsten der Kläger berücksichtigte, dass die Anforderung des Kostenvorschusses entgegen § 31 Abs. 1, § 32 Abs. 2 KostVfG-Berlin nicht diesen selbst, sondern ihrem Prozessbevollmächtigten zugesandt worden sei und in dem Zeitraum drei Feiertage gelegen hätten. Schließlich lägen auch keine zur Nichtigkeit der Beschlüsse führenden Gründe vor.
II.
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Kläger haben die materielle Klageerhebungsfrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG gewahrt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Zustellung der Klage demnächst im Sinne von § 167 ZPO bewirkt worden.
1. Im rechtlichen Ausgangspunkt geht das Berufungsgericht allerdings mit Recht davon aus, dass das Merkmal „demnächst“ (§ 167 ZPO) nur erfüllt ist, wenn sich die der Partei zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen halten. Dabei wird eine der Partei zuzurechnende Zustellungsverzögerung von bis zu 14 Tagen regelmäßig hingenommen (vgl. nur Senat, Urteil vom 12. Januar 1996 - V ZR 246/94, NJW 1996, 1060, 1061 [insoweit in BGHZ 131, 376 nicht abgedruckt]; BGH, Urteil vom 1. Dezember 1993- XII ZR 177/92, NJW 1994, 1073, 1074; jeweils mwN), um eine Überforderung des Klägers sicher auszuschließen.
2. Darüber hinaus sieht das Berufungsgericht richtig, dass der Senat in der typisierbaren Fallgruppe des nach § 12 Abs. 1 GKG zu leistenden Gerichtskostenvorschusses eine hinnehmbare Verzögerung bejaht hat, wenn dieser nach seiner Anforderung innerhalb eines Zeitraums eingezahlt wird, der sich „um zwei Wochen bewegt oder nur geringfügig darüber liegt“ (Senat, Urteil vom 30. März 2012 - V ZR 148/11, ZMR 2012, 643 f.; Urteil vom 17. September 2010 - V ZR 5/10, NJW 2010, 3376, 3377 Rn. 7; Urteil vom 3. Februar 2012 - V ZR 44/11, NJW-RR 2012, 527 Rn. 7; Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 74/08, BGHZ 179, 230, 235 f., Rn. 16; vgl. auch jeweils obiter BGH, Urteil vom 15. November 1985 - II ZR 236/84, NJW 1986, 1347, 1348; Urteil vom 12. November 2009 - III ZR 113/09, juris Rn. 21 f.; insoweit in NJW 2010, 333 ff. nicht abgedruckt). Dabei hat der Senat einen Zeitraum von 14 Tagen für unschädlich erachtet. Die Hinnehmbarkeit darüber hinausgehender Verzögerungen hat er dagegen vom Vorliegen besonderer Umstände und dem Ergebnis einer tatrichterlichen Würdigung der Gesamtumstände abhängig gemacht (vgl. nur Senat, Urteil vom 30. März 2012 - V ZR 148/11, ZMR 2012, 643, 644). Demgegenüber belässt es der VII. Zivilsenat auch in dieser Konstellation bei den allgemeinen Grundsätzen, was dazu führt, dass bei der Berechnung der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen nicht auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse, sondern darauf abgestellt wird, um wieviele Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat (BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - VII ZR 185/07, NJW 2011, 1227 Rn. 8 f.; Urteil vom 20. April 2000 - VII ZR 116/99, NJW 2000, 2282; Urteil vom 27. Mai 1999 - VII ZR 24/98, NJW 1999, 3125; vgl. auch Urteil vom 25. Februar 1971 - VII ZR 181/69, NJW 1971, 891 f.). Dieser Rechtsauffassung schließt sich der Senat nunmehr aus Gründen der Vereinheitlichung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und zur Herstellung eines einheitlichen - für sämtliche Fallgruppen geltenden - Maßstabes an.
3. Gemessen daran ist die Zustellung vorliegend „demnächst“ bewirkt worden. Eine den Klägern vorwerfbare Verzögerung von mehr als 14 Tagen liegt nicht vor.
a) Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Kostenvorschuss verfahrenswidrig (§ 31 Abs. 1, § 32 Abs. 2 KostVfG-Berlin aF) nicht von der Partei selbst, sondern über deren Anwalt angefordert worden ist (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 30. März 2012 - V ZR 148/11, ZMR 2012, 643, 644; Urteil vom 3. Februar 2012 - V ZR 44/11, NJW-RR 2012, 527 Rn. 11). Die damit einhergehende - der Partei nicht zuzurechnende - Verzögerung ist nach Auffassung des Senats im Allgemeinen mit drei Werktagen zu veranschlagen unter Ausklammerung des Eingangstages und von Wochenendtagen. Innerhalb einer solchen Zeitspanne kann auch in hochbelasteten Anwaltskanzleien eine Kenntnisnahme, Bearbeitung und Weiterleitung sowie bei Zugrundelegung üblicher Postlaufzeiten auch der Eingang bei der Partei selbst erwartet werden. Da die Kostenanforderung dem Prozessbevollmächtigten am 18. Dezember 2012 (Dienstag) zugegangen ist, führt dies dazu, dass die Kläger so zu stellen sind, wie sie stünden, wenn ihnen selbst die Anforderung erst am 21. Dezember 2012 (Freitag) zugegangen wäre.
b) Sodann ist in Rechnung zu stellen, dass von einer auf die Wahrung ihrer prozessualen Obliegenheiten bedachten Partei nicht verlangt werden kann, an Wochenend- und Feiertagen für die Einzahlung des Kostenvorschusses Sorge zu tragen (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. April 2011 - I-2 U 102/10, juris Rn. 22; KG, BeckRS 2010, 03466; von dem Senat mangels Entscheidungserheblichkeit bislang offen gelassen, vgl. Urteil vom 30. März 2012 - V ZR 148/11, ZMR 2012, 643, 644); ebenso ist bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise mit dem 24. und 31. Dezember (Heiligabend und Silvester) zu verfahren, weil an diesen Tagen vielfach überhaupt nicht oder doch nur eingeschränkt gearbeitet wird. Da die Kläger danach frühestens am 27. Dezember 2012 (Donnerstag) hätten tätig werden müssen und der Kostenvorschuss tatsächlich am 7. Januar 2013 bei der Justizkasse eingegangen ist, liegt selbst ohne Berücksichtigung des für die Überweisung durch die Bank erforderlichen Zeitraums keine schuldhafte Verzögerung von mehr als 14 Tagen vor.
III.
Nach allem unterliegt das Berufungsurteil der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die für eine Endentscheidung notwendigen Feststellungen getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Stresemann Roth Brückner
Weinland Kazele