Entscheidungsdatum: 17.09.2010
Ein Parteiwechsel kann auch durch Prozesserklärungen in der mündlichen Verhandlung herbeigeführt werden .
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 10. November 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin ist Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 1. September 2008 wurden verschiedene Beschlüsse gefasst. Mit ihrer am 29. September 2008 eingegangenen Klage, die nach Aufforderung zur Zahlung des Gerichtskostenvorschusses und dessen zeitnaher Überweisung dem Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft am 15. November 2008 zugestellt worden ist, wendet sich die Klägerin gegen die zu den Tagesordnungspunkten (TOP) 3.2., 3.3. und 3.4. gefassten Beschlüsse. Die beklagte Partei hat sie bezeichnet als "Wohnungseigentümergemeinschaft K. Straße in B., vertreten durch die W. N. Grundstücks- und Vermögensverwaltungen Immobilien GmbH".
Von dem Amtsgericht darauf hingewiesen, dass Anfechtungsklagen gegen die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft zu richten seien und deshalb Bedenken gegen die Einhaltung der Klagefrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG bestünden, hat die Klägerin noch vor der mündlichen Verhandlung schriftsätzlich erklärt, dass sich die Klage gegen die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft richte. In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den angekündigten Antrag mit der Maßgabe gestellt, die Klage richte sich nunmehr gegen die übrigen Eigentümer. Darauf hat der Prozessbevollmächtigte der Wohnungseigentümergemeinschaft zunächst erklärt, er vertrete auch die übrigen Wohnungseigentümer. Sodann hat er nur in deren Namen die Abweisung der Klage beantragt.
Das Amtsgericht hat die Klage wegen der Anfechtung der zu TOP 3.2. und 3.3. ergangenen Beschlüsse durch Teilurteil mit der Begründung abgewiesen, die Klage sei nicht fristgerecht gegen die richtige Partei erhoben worden. Nichtigkeitsgründe seien nicht ersichtlich. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter. Die übrigen Mitlieder der Wohnungseigentümergemeinschaft beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
I.
Das Berufungsgericht hat die Rechtsauffassung des Amtsgerichts bestätigt. Die Voraussetzungen für eine Rubrumsänderung seien nicht gegeben. Es liege eine subjektive Klageänderung vor, die nicht innerhalb der Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG vorgenommen worden sei.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das angefochtene Urteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
a) Zu Recht geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die Einhaltung der Frist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG nicht an der erst am 15. November 2008 erfolgten Zustellung der Klage scheitert, weil die Frist auch durch die rechtzeitige Einreichung der Klageschrift gewahrt wird, sofern diese demnächst im Sinne von § 167 ZPO zugestellt worden ist. Mit Blick auf den nach § 12 Abs. 1 GKG zu leistenden Gerichtskostenvorschuss ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn der Vorschuss nach seiner Anforderung innerhalb eines Zeitraumes eingezahlt wird, der sich "um zwei Wochen bewegt oder nur geringfügig darüber liegt" (Senat, Urteil vom 16. Januar 2009 - V ZR 74/08, BGHZ 179, 230, 235 f. mwN). So liegt es hier.
b) Ebensowenig lassen die Erwägungen des Berufungsgerichts zu den verneinten Voraussetzungen einer Rubrumsberichtigung (vgl. dazu auch Senat, Urteil vom 6. November 2009 - V ZR 73/09, NZM 2010, 46, 47) Rechtsfehler erkennen. Auch die Revision erhebt gegen diese rechtliche Beurteilung keine Bedenken.
c) Rechtsfehlerhaft steht das Berufungsgericht jedoch auf dem Standpunkt, die Monatsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG sei deshalb nicht eingehalten worden, weil die Inanspruchnahme der übrigen Wohnungseigentümer als Beklagte erst nach Ablauf der Frist erklärt worden sei. Nur wenige Tage vor Verkündung des Berufungsurteils hat der Senat bereits entschieden, dass die Frist auch durch eine zunächst gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft erhobene Klage, vertreten durch den Verwalter, gewahrt werden kann, wenn innerhalb der Klagefrist der Verwalter angegeben und die Klage - wie hier - unter namentlicher Bezeichnung der übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung umgestellt wird (Urteil vom 6. November 2009 - V ZR 73/09, NZM 2010, 46, 47 ff.). Der darin liegende privilegierte Parteiwechsel ist ohne weiteres zulässig (vgl. Senat, Urteil vom 5. März 2010 - V ZR 62/09, NZM 2010, 406 f.).
2. Das Berufungsurteil unterliegt danach der Aufhebung (§ 562 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Ob die Anfechtungsklage bei Einhaltung der Fristen des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG begründet ist, hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig - nicht abschließend geprüft. Die Sache ist daher zurückzuverweisen, damit die für eine Endentscheidung erforderlichen Feststellungen getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
3. Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass der Parteiwechsel bereits vollzogen worden ist. Dem steht nicht entgegen, dass der darauf gerichtete Schriftsatz der Klägerin den nunmehrigen Beklagten nicht zugestellt worden ist. Zwar ist die Zustellung grundsätzlich erforderlich, um die Rechtshängigkeit der Klage gegenüber den übrigen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft herbeizuführen, mit denen durch die Zustellung der Klage an die Gemeinschaft noch kein Prozessrechtsverhältnis begründet worden ist (vgl. nur Senat, Urteil vom 5. März 2010 - V ZR 62/09, NZM 2010, 406, 407 mwN). Hier tritt jedoch die Besonderheit hinzu, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht den angekündigten Antrag mit der Maßgabe gestellt hat, die Klage richte sich nunmehr gegen die übrigen Eigentümer. Darauf hat der Prozessbevollmächtigte der Wohnungseigentümergemeinschaft zunächst erklärt, er vertrete auch die übrigen Wohnungseigentümer. Sodann hat er (nur) in deren Namen die Abweisung der Klage beantragt. Dies erhellt, dass er eine Sachentscheidung gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern erstrebt und diese nicht von der vorherigen Zustellung des Schriftsatzes hat abhängig machen wollen. Damit ist der Mangel der fehlenden Zustellung jedenfalls nach § 295 Abs. 1 Alt. 1 ZPO geheilt (zu § 267 ZPO vgl. Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 267 Rn. 4). Im Ergebnis gilt insoweit nichts anderes als bei einer nicht zugestellten Klage, deren Rechtshängigkeit ebenfalls im Termin zur mündlichen Verhandlung begründet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 1957 - IV ZR 88/57, BGHZ 25, 66, 72; BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1983 - IVb ZB 29/82, NJW 1984, 926; Beschluss vom 24. Mai 1972 - IV ZR 65/71, NJW 1972, 1374; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 253 Rn. 26a). Schutzwürdige Belange der übrigen Wohnungseigentümer werden zudem deshalb nicht berührt, weil der Streitstoff identisch ist und die gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft erhobene Klage dem zur Unterrichtung der Wohnungseigentümer verpflichteten Verwalter zugestellt worden ist (vgl. Senat, Urteil vom 5. März 2010 - V ZR 62/09, NZM 2010, 406, 407 mwN).
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