Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 26.06.2014


BGH 26.06.2014 - V ZB 5/14

Abschiebungshaftsache: Zulässigkeit des Antrags einer Vertrauensperson auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
26.06.2014
Aktenzeichen:
V ZB 5/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Bochum, 12. Dezember 2013, Az: I-7 T 404/13vorgehend AG Recklinghausen, 22. April 2013, Az: 65 XIV 24/13 B
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Der Antrag einer Vertrauensperson auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft ist unzulässig, wenn die Antragstellung nicht dem Willen des Betroffenen entspricht.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 12. Dezember 2013 wird auf Kosten des Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht ordnete gegen den Betroffenen, einen mazedonischen Staatsangehörigen, mit Beschluss vom 22. April 2013 Haft zur Sicherung der Abschiebung an. Hiergegen legte er Beschwerde ein. Am 25. Mai 2013 hat die von ihm benannte Vertrauensperson beantragt, die Haft aufzuheben und festzustellen, dass die Inhaftierung ab dem Eingang des Haftaufhebungsantrags rechtswidrig sei. Mit Beschluss vom 14. Juni 2013 hob das Amtsgericht die Haftanordnung auf. Der Betroffene wurde am 17. Juni 2013 aus der Haft entlassen. Über den Feststellungsantrag der Vertrauensperson hat das Amtsgericht nicht entschieden, sondern die Akten dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat, nachdem der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen mitgeteilt hatte, dass er keinen Antrag gemäß § 62 FamFG auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der mit der Beschwerde angefochtenen Haftanordnung stelle, den Feststellungsantrag der Vertrauensperson als unzulässig zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Vertrauensperson den Antrag weiter.

II.

2

Nach Ansicht des Landgerichts ist der Feststellungsantrag zwar gemäß § 62 Abs. 1 FamFG statthaft. Die Vertrauensperson sei jedoch nicht antragsberechtigt. Sie habe gegen den Haftanordnungsbeschluss des Amtsgerichts vom 22. April 2013 keine „sofortige Beschwerde“ eingelegt und sei daher nicht Beschwerdeführerin. Außerdem könne nur der Betroffene, der durch den Haftanordnungsbeschluss beeinträchtigt worden sei, das erforderliche Feststellungsinteresse für einen Antrag nach § 62 Abs. 1 FamFG haben, nicht dagegen die Vertrauensperson. Ein solches Interesse folge auch nicht aus § 429 Abs. 2 Nr. 2 FamFG. Denn die Vertrauensperson sei im ersten Rechtszug nicht beteiligt gewesen. Die Haftanordnung sei zu einem Zeitpunkt ergangen, zu dem die Vertrauensperson noch gar nicht in Erscheinung getreten sei.

III.

3

Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

4

1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG statthaft (vgl. nur Senat, Beschluss vom 10. Oktober 2013 - V ZB 67/13, InfAuslR 2014, 99 Rn. 3 mwN) und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die von dem Betroffenen benannte Vertrauensperson gemäß § 429 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 418 Abs. 3 Nr. 2 FamFG beschwerdebefugt. Sie war bereits im ersten Rechtszug beteiligt. Da es hier um ein - von dem Haftanordnungsverfahren zu unterscheidendes - Haftaufhebungsverfahren nach § 426 Abs. 2 FamFG geht, folgt dies bereits daraus, dass die Vertrauensperson den Haftaufhebungsantrag vor dem Amtsgericht gestellt hatte (vgl. Senat, Beschluss vom 29. November 2012 - V ZB 115/12, InfAuslR 2013, 158 Rn. 3; Beschluss vom 26. Juli 2012 - V ZB 26/12, juris Rn. 2).

5

2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet. Das Landgericht hat den Feststellungsantrag der Vertrauensperson im Ergebnis zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

6

a) Allerdings hat es - ebenso wie das Amtsgericht - verkannt, dass der Antrag der Vertrauensperson vom 25. Mai 2013 nicht auf eine Feststellungsentscheidung nach § 62 Abs. 1 FamFG in dem von dem Betroffenen gegen die Haftanordnung betriebenen, nach der Haftaufhebung aber nicht mehr weiter verfolgten Beschwerdeverfahren gerichtet ist. Vielmehr handelte es sich um einen zulässigerweise mit dem Haftaufhebungsantrag nach § 426 Abs. 2FamFG verbundenen (vgl. Beschluss vom 11. Oktober 2012 - V ZB 238/11, FGPrax 2013, 39 Rn. 6) Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft, über den zunächst das Amtsgericht hätte entscheiden müssen.

7

b) Dieser Feststellungsantrag war zwar zunächst zulässig. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist nicht nur der Betroffene selbst, sondern auch die von ihm benannte, im ersten Rechtszug beteiligte Vertrauensperson berechtigt, im Interesse des Betroffenen nach Erledigung des Haftaufhebungsantrags einen Feststellungsantrag zu stellen. Dies ergibt sich schon aus § 429 Abs. 2 Nr. 2 FamFG i.V.m. § 62 Abs. 1 und 2 Nr. 1 FamFG und dem damit gesetzlich anerkannten Recht der erstinstanzlich beteiligten Vertrauensperson, für den Betroffenen dessen Rehabilitierungsinteresse wahrzunehmen (vgl. nur Senat Beschluss vom 7. Oktober 2013 - V ZB 24/13, juris Rn. 6 ff.; Beschluss vom 29. November 2012 - V ZB 115/12, InfAuslR 2013, 158 Rn. 3, 6).

8

c) Mit der Erklärung des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen, dass er keinen Antrag gemäß § 62 FamFG auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung stelle, ist der Feststellungsantrag der Vertrauensperson aber unzulässig geworden. Aus den Regelungen in § 418 Abs. 3 Nr. 2 FamFG und § 429 Abs. 2 Nr. 2 FamFG ergibt sich, dass die von dem Betroffenen benannte - selbst in ihren Rechten nicht betroffene - Vertrauensperson nur in dessen Interesse tätig werden darf. Das Interesse des Betroffenen ist aus seiner Sicht zu beurteilen (vgl. BTDrucks. 16/6308, S. 265 f., 273, 291, 294; MünchKomm-FamFG/Wendtland, 2. Aufl., § 418 Rn. 7; Keidel/Budde, FamFG, 18. Aufl., § 274 Rn. 17). Die von ihm benannte Vertrauensperson ist daher nicht berechtigt, unter Hinwegsetzung über den von dem Betroffenen oder seinem Verfahrensbevollmächtigten geäußerten Willen die Feststellung der Rechtswidrigkeit von Abschiebungshaft zu beantragen. Ein solcher Antrag ist unzulässig.

IV.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 36 Abs. 3 GNotKG.

Stresemann     

        

RiBGH Dr. Roth ist infolge

Krankheit an der Unterschrift

gehindert.

        

Brückner

                 

Karlsruhe, den 4. Juli 2014

                 
        

Weinland    

Die Vorsitzende

Stresemann

     Kazele