Entscheidungsdatum: 09.06.2011
1. Hat sich die zuständige Behörde des suizidgefährdeten Schuldners angenommen und Maßnahmen ergriffen, kann das Vollstreckungsgericht davon ausgehen, dass diese ausreichen .
2. Flankierende Maßnahmen hat das Vollstreckungsgericht nur zu erwägen, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass die von der Behörde ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen, oder wenn sich konkrete neue Gesichtspunkte ergeben, die die Lage entscheidend verändern .
Die Rechtsbeschwerde des Schuldners gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Würzburg vom 22. November 2010 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt für:
1. die Gerichtskosten 139.680 €,
2. die Vertretung des Schuldners 161.801 €,
3. die Vertretung der Gläubigerin 250.533,04 €,
4. die Vertretung des Erstehers W. 65.001 €,
5. die Vertretung des Erstehers U. 96.800 €.
I.
Auf Antrag der Gläubigerin ordnete das Amtsgericht mit Beschluss vom 10. Juli 2007 die Zwangsversteigerung des eingangs bezeichneten, von dem Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners freigegebenen Grundbesitzes an. Grundlage der Zwangsversteigerung sind fünf vollstreckbare Briefgrundschulden, von denen vier ursprünglich der F.C. Bank bestellt und eine dieser Bank abgetreten worden waren. Diese wurden zunächst der späteren B. H. und von dieser der Gläubigerin abgetreten. Ob es sich dabei um Sicherungsgrundschulden handelte, ist zwischen den Beteiligten streitig. Mit Beschluss vom 23. Oktober 2009 stellte das Amtsgericht sachverständig beraten das Verfahren auf Antrag des Schuldners für die Dauer von fünf Monaten ein, weil der Verdacht bestand, er werde sich im Fall der Versteigerung seines Grundbesitzes das Leben nehmen. Die Einstellung verband es mit den Auflagen an den Schuldner, sich deswegen stationär behandeln, danach durch den Landgerichtsarzt untersuchen und eine Betreuung einrichten zu lassen. Der Schuldner ließ sich nach dem Gutachten des Landgerichtsarztes zunächst stationär behandeln, brach die Behandlung aber ab, war mit der Einrichtung einer Betreuung nicht einverstanden und beantwortete auch die Fragen des Landgerichtsarztes zu seinem Vorbringen, sich das Leben nehmen zu wollen, nicht. Daraufhin ordnete das Amtsgericht mit Beschluss vom 27. Juli 2010 die Fortsetzung des Verfahrens an und bestimmte einen Versteigerungstermin auf den 13. Oktober 2010. Am 4. Oktober 2010 beantragte der Schuldner erneut die Einstellung des Verfahrens wegen Suizidgefahr. Am 12. Oktober 2010 erfuhr das Amtsgericht von der örtlichen Polizei, dass der Schuldner wegen Suizidgefährdung auf Anordnung des Gesundheitsamts in einem Krankenhaus untergebracht worden war. Gestützt auf einen im Termin behaupteten Suizidversuch beantragte der Vertreter des Schuldners im Versteigerungstermin am 13. Oktober 2010 erneut die Einstellung des Verfahrens.
Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, die Versteigerung durchgeführt und nach Ablauf der Bietstunde den Grundbesitz zu a) dem Ersteher W. und den Grundbesitz zu b) dem Ersteher U. zugeschlagen. Wegen des Grundstücks zu c) hat es mangels Geboten auf Antrag der Gläubigerin die Fortsetzung der Versteigerung angeordnet. Die Beschwerde des Schuldners gegen die Zurückweisung des Einstellungsantrags und gegen die Zuschlagsbeschlüsse hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Schuldner mit der Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Gläubigerin beantragt.
II.
Das Beschwerdegericht meint, die Grundschulden seien der Gläubigerin mit der Vollstreckungsunterwerfung abgetreten worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setze das zwar bei Sicherungsgrundschulden auch den Eintritt in die Sicherungsabrede voraus. Die Vollstreckungsklauseln der Grundschulden, auf welche die Anordnung der Zwangsversteigerung gestützt sei, enthielten selbst aber keinerlei Hinweise auf eine treuhänderische Bindung. Ein etwa bestehender Sicherungszweck habe in den urkundlichen Erklärungen der Parteien keinen Niederschlag gefunden.
Die Zwangsversteigerung sei auch nicht wegen Suizidgefährdung des Schuldners einzustellen. Eine solche sei zwar weder nach dem vorgelegten ärztlichen Attest noch nach dem Gutachten des Landgerichtsarztes auszuschließen. Das führe aber nicht zwangsläufig zu einer (einstweiligen) Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens. Vielmehr sei eine umfassende Abwägung erforderlich, in der auch die Mitwirkung des Schuldners selbst an der Bewältigung seiner Gefährdung und anderweitige Möglichkeiten zu berücksichtigen seien, dieses Problem zu lösen. Danach sei die Zwangsversteigerung hier nicht einzustellen. Der Schuldner habe die ihm erteilten Auflagen in wesentlichen Teilen nicht erfüllt, sich bei seiner Untersuchung durch den Landgerichtsarzt sehr bedeckt gehalten und diesem die Ergebnisse anderweitiger Untersuchungen nicht zugänglich gemacht.
III.
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand. Die nach § 96 ZVG i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Der Erteilung der Zuschläge stand nicht entgegen, dass die Zwangsversteigerung auf Grund mehrerer an die Gläubigerin abgetretener nach § 800 ZPO vollstreckbarer Grundschulden angeordnet worden war. Die von dem Schuldner im Verfahren vor dem Senat vorgelegten Unterlagen bieten zwar Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei diesen Grundschulden um Sicherungsgrundschulden im Sinne von § 1192a BGB handelt. Der Zessionar einer solchen Sicherungsgrundschuld kann auch aus der Unterwerfungserklärung nur vorgehen, wenn er in den Sicherungsvertrag eintritt (BGH, Urteil vom 30. März 2010 - XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133, 148 Rn. 35 f.). Diesen Fragen ist aber nicht im Zwangsversteigerungsverfahren, sondern im Klauselerteilungsverfahren und mit den dort nach §§ 723, 768 ZPO gegebenen Rechtsbehelfen nachzugehen (BGH, Urteil vom 30. März 2010 - XI ZR 200/09, aaO S. 150 f. Rn. 39 f.). Solange ein solches Verfahren nicht eingeleitet und die (einstweilige) Einstellung der Zwangsversteigerung nicht angeordnet wird, darf der Zuschlag erteilt werden.
2. Die Vollstreckungsschutzanträge des Schuldners standen der Erteilung des Zuschlags nicht entgegen, weil sie unbegründet waren.
a) Die Gefährdung des unter dem Schutz des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG stehenden Lebens des Schuldners durch die Versteigerung ist ein im Zuschlagsbeschwerdeverfahren nach § 100 Abs. 1, 3 i.V.m. § 83 Nr. 6 ZVG von Amts wegen zu berücksichtigender Umstand (Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - V ZB 82/10, NJW-RR 2011, 421 Rn. 16). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 4. Mai 2005 - I ZB 10/05, BGHZ 163, 66, 73; Senat, Beschlüsse vom 24. November 2005 - V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506 f. und vom 14. Juni 2007 - V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3720) ist die Zwangsversteigerung selbst dann nicht ohne weiteres (einstweilen) einzustellen, wenn mit der Zwangsvollstreckung eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners verbunden ist. Vielmehr ist stets eine Abwägung des Lebensinteresses des Betroffenen mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers geboten. Dabei darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich auch der Gläubiger auf Grundrechte berufen kann. Unterbleibt die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens wegen der Annahme einer Suizidgefahr, die auch bei sorgfältiger fachlicher Prüfung nur auf der Beurteilung von Wahrscheinlichkeiten beruhen kann, wird in das Grundrecht des Gläubigers auf Schutz seines Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) eingegriffen. Die Aufgabe des Staates, das Recht zu wahren, umfasst die Pflicht, titulierte Ansprüche notfalls mit Zwang durchzusetzen und dem Gläubiger zu seinem Recht zu verhelfen (BVerfGE 49, 220, 231). Der Gläubiger hat gemäß Art. 19 Abs. 4 GG einen verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz (vgl. BVerfGE 49, 220, 225). Ihm dürfen nicht die Aufgaben überbürdet werden, die aufgrund des Sozialstaatsprinzips dem Staat und damit der Allgemeinheit obliegen. Mit Blick auf die Interessen des Erstehers gilt nichts anderes (Senat, Beschluss vom 15. Juli 2010 - V ZB 1/10, NJW-RR 2010, 1649, 1650).
b) Deshalb ist auch dann, wenn bei dem Abschluss eines Versteigerungsverfahrens durch Erteilung des Zuschlags die konkrete Gefahr einer Selbsttötung des Schuldners besteht, sorgfältig zu prüfen, ob dieser Gefahr nicht auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann. Hierzu gehören zum einen zumutbare Anstrengungen des Suizidgefährdeten selbst (vgl. etwa BVerfG NJW 1992, 1155; 2004, 49 f.; NJW-RR 1993, 463, 464), etwa die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe, ggf. unter Einbeziehung eines stationären Klinikaufenthaltes. Darüber hinaus kommen als mögliche Maßnahmen die Ingewahrsamnahme des Gefährdeten insbesondere nach polizeirechtlichen Vorschriften oder die Unterbringung nach den landesrechtlichen Vorschriften in Betracht (Senat, Beschluss vom 24. November 2005 - V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506). Da die staatliche Aufgabe des Lebensschutzes des Schuldners nicht durch eine dauerhafte Einstellung der Vollstreckung gelöst werden kann, sind die Vollstreckungsorgane ggf. gehalten, bei den zuständigen Behörden eine Unterbringung des Schuldners oder bei dem Vormundschaftsgericht eine Betreuung anzuregen und dabei darauf hinzuweisen, dass die Vollstreckung fortzusetzen sein wird, wenn die für den Lebensschutz primär zuständigen Behörden und Vormundschaftsgerichte Maßnahmen zum Schutze des Lebens des Schuldners nicht für notwendig erachten. Wird danach eine Unterbringung zum Schutz des Lebens des Schuldners nicht für erforderlich gehalten und wird diese Entscheidung bestandskräftig, so liegt darin eine Entscheidung der für die Frage der Unterbringung unter dem Gesichtspunkt der Selbstgefährdung primär zuständigen Stelle, die es im Regelfall gestattet, die Zwangsvollstreckung fortzusetzen (Senat, Beschlüsse vom 14. Juni 2007 - V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3721 Rn. 15 und vom 15. Juli 2010 - V ZB 1/10, NJW-RR 2010, 1649, 1650 Rn. 11).
c) Ein solcher Fall liegt hier vor.
aa) Dafür kommt es entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts nicht entscheidend darauf an, ob der Schuldner vor dem Beschluss vom 27. Juli 2010, mit dem das Amtsgericht die Fortsetzung des Versteigerungsverfahrens angeordnet hat, die ihm zumutbaren eigenen Anstrengungen unternommen hat, seiner psychischen Probleme Herr zu werden. Es muss auch nicht entschieden werden, ob das Vollstreckungsgericht angesichts der Weigerung des Schuldners, die Fragen des Landgerichtsarztes zu seinen Suizidgedanken zu beantworten und ihm das vorliegende Ergebnis anderweitiger Untersuchungen zugänglich zu machen, von der an sich gebotenen (dazu Senat, Beschluss vom 30. September 2010 - V ZB 199/09, ZfIR 2011, 29, 30 Rn. 8) Prüfung der Suizidgefahr absehen durfte. Diese Vorgänge waren bei der Durchführung des Versteigerungstermins am 13. Oktober 2010 prozessual überholt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Suizidgefährdung des Schuldners mit dem Vorfall vom 12. Oktober 2010 eine akute Zuspitzung erfahren, die unabhängig von der Beurteilung der bisherigen Verfassung des Schuldners eine neue Prüfung der Lage erforderlich machte. Diese Zuspitzung liegt unabhängig davon vor, ob es sich, wie der Schuldner meint, um einen Suizidversuch oder „nur“ um die Äußerung von Suizidabsichten gehandelt hat. Das Verhalten des Schuldners war jedenfalls so auffällig, dass es Anlass zu Anzeigen bei dem Gesundheitsamt gab. Von der gebotenen Prüfung durfte das Amtsgericht auch nicht, wie es bis dahin gemeint hatte, deshalb absehen, weil der Landgerichtsarzt keinen Zugang zu den Untersuchungsergebnissen hatte. Vielmehr hätte es, von dem hier allerdings eingetretenen Ausnahmefall abgesehen, versuchen müssen, sich notfalls durch eine Anhörung des Schuldners in Anwesenheit des Landgerichtsarztes Aufschluss zu verschaffen (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - V ZB 82/10, NJW-RR 2011, 421, 423 f. Rn. 31).
bb) Das Amtsgericht musste dem Vorfall vom 12. Oktober 2010 aber deshalb nicht nachgehen, weil sich das für seine Bewältigung in erster Linie zuständige Gesundheitsamt des Schuldners angenommen und die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hatte.
(1) Das Amtsgericht war ausweislich eines Aktenvermerks des Rechtspflegers vom 12. Oktober 2010 durch die zuständige Polizeidienststelle darüber unterrichtet worden, dass der Schuldner Suizidabsichten geäußert hatte, deshalb auf Anzeige Dritter hin durch die Amtsärztin des Gesundheitsamts untersucht und auf Grund des Untersuchungsergebnisses in ein Krankenhaus eingewiesen worden war. Diese Nachricht zeigte dem Amtsgericht einerseits eine Zuspitzung der Situation, andererseits aber auch auf, dass die zuständige Stelle die notwendigen Maßnahmen ergriffen hatte.
(2) Das Tätigwerden der zuständigen Behörde hat zur Folge, dass das Vollstreckungsgericht keine zusätzlichen Maßnahmen zum Schutz des Lebens des Betroffenen ergreifen muss, sondern das Versteigerungsverfahren fortsetzen kann. Der Lebensschutz ist, wie der Senat stets betont hat, weder Aufgabe des Gläubigers noch des Vollstreckungsgerichts. Er ist vielmehr Aufgabe der zuständigen Ordnungsbehörden der Länder und, wenn eine Betreuung Abhilfe schaffen oder die staatlichen Maßnahmen unterstützen kann, auch des Vormundschaftsgerichts. Das Vollstreckungsgericht muss den Lebensschutz des Schuldners oder anderer Betroffener nur gewährleisten, wenn er durch die Versteigerung (oder den Vollzug des Zuschlagsbeschlusses) gefährdet ist und die zuständigen Behörden nicht tätig werden. Werden die zuständigen Behörden hingegen tätig, muss das Vollstreckungsgericht keine zusätzlichen Maßnahmen zum Lebensschutz ergreifen. Es kann sich vielmehr darauf verlassen, dass die Behörden alles Notwendige veranlassen und das Verfahren ohne weiteres fortsetzen. Das hat der Senat für den Fall ausgesprochen, dass die zuständige Behörden von Schutzmaßnahmen absehen, weil sie solche nicht für erforderlich halten (Beschlüsse vom 14. Juni 2007 - V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3721 Rn. 16 und vom 15. Juli 2010 - V ZB 1/10, NJW-RR 2010, 1649, 1650 Rn. 11). Nichts anderes gilt, wenn die zuständigen Behörden - wie hier - tätig werden und die aus ihrer Sicht gebotenen Schutzmaßnahmen ergreifen.
(3) Das Amtsgericht war auch nicht gehalten, begleitende Maßnahmen zum Schutz des Lebens des Schuldners zu ergreifen. Zu einer entsprechenden Prüfung war es allerdings verpflichtet. Eine solche Prüfung ist in erster Linie geboten, wenn die zuständigen Behörden nichts weiter unternehmen (Senat, Beschluss vom 14. Juni 2007 - V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3721 Rn. 16 aE), kann aber auch bei einem Tätigwerden nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Vollstreckungsgericht konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass die ergriffenen Maßnahmen etwa wegen einer weiteren Zuspitzung der Lage unzureichend sein könnten. Solche Anzeichen hatte das Amtsgericht nicht. Nach der Auskunft der Polizeidienststelle war der Schuldner wegen Suizidabsichten durch das Gesundheitsamt untersucht und als Ergebnis der Untersuchung in ein Krankenhaus eingewiesen worden. Diese Maßnahme versprach eine nach den Umständen gebotene Betreuung und Überwachung des Schuldners. Einen greifbaren Anhaltspunkt, zusätzliche Maßnahmen zu erwägen, hatte das Amtsgericht nicht. Einen Anlass dazu bot auch der Verlauf des Versteigerungstermins nicht. In dem Termin hatte der Sohn des Schuldners zwar behauptet, sein Vater habe versucht, sich das Leben zu nehmen. Er hatte aber auch vorgetragen, sein Vater lasse vom Krankenbett aus ausrichten, es gehe ihm wieder besser. Daraus konnte das Amtsgericht nur den Schluss ziehen, dass die veranlassten Maßnahmen sachgerecht und ausreichend waren. Das bestätigte auch die Rückfrage, die das Amtsgericht am Schluss des Termins bei der Polizeibehörde gehalten hat.
cc) Auch das Beschwerdegericht durfte davon ausgehen, dass die von dem Gesundheitsamt als der fachlich zuständigen Behörde ergriffenen Maßnahmen sachgerecht waren und ausreichten. Flankierende Maßnahmen hat es nur zu erwägen, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass die von der Behörde ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen oder wenn sich konkrete neue Gesichtspunkte ergeben, die die Lage entscheidend verändern. An beidem fehlt es hier. Der Schuldner ist bis zum 2. November 2010 in stationärer Behandlung in der Klinik verblieben. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass sich die Situation nach der Entlassung aus dem Krankenhaus verändert haben könnte, hatte das Beschwerdegericht nicht. Solche Anhaltspunkte hat der Schuldner nicht vorgetragen. Er hat sich allein auf die mit dem Einstellungsantrag vom 4. Oktober 2010 vorgelegten Unterlagen und auf die Feststellungen des Arztes des Gesundheitsamts gestützt, der die Einweisung des Schuldners in das Krankenhaus angeordnet hatte. Vortrag dazu, dass und aus welchen Gründen seine Einweisung in das Krankenhaus und sein Verbleib dort bis zum 2. November 2010 nicht ausgereicht haben, die Situation zu beherrschen, hat der Schuldner nicht gehalten. Das Beschwerdegericht konnte daher davon ausgehen, dass die behandelnden Ärzte das Gesundheitsamt, das die Einweisung angeordnet hatte, unterrichtet hätten, wenn ernstlich zu befürchten gewesen wäre, dass sich der Schuldner nach der Entlassung aus dem Krankenhaus das Leben nehmen würde. Den Entlassungsbericht des Krankenhauses hat der Schuldner dem Beschwerdegericht trotz entsprechender Aufforderung hierzu nicht zugänglich gemacht. Deshalb ist auch nicht festzustellen, ob sich aus diesem Bericht Anhaltspunkte für eine Veränderung der Lage ergeben. Das geht zu Lasten des Schuldners, der diesen Bericht vorlegen oder freigeben konnte.
dd) Nach dem im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgelegten Gutachten hat der Schuldner die Versteigerung seines Grundbesitzes zwar noch nicht verarbeitet. Eine Gefährdung des Schuldners ist danach aber nicht mehr von der Versteigerung, sondern von der bevorstehenden Räumung zu erwarten. Dieser Gefährdung kann und muss nicht im Verfahren über die Zuschlagsbeschwerde, sondern nur im Zusammenhang mit der Durchsetzung des Beschlusses über den Zuschlag des Grundbesitzes zu a) Rechnung getragen werden (vgl. Senat, Beschlüsse vom 24. November 2005 - V ZB 99/05, NJW 2006, 505 und vom 19. Juni 2008 - V ZB 129/07, NJW-RR 2008, 1741, 1742 Rn. 15).
IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da sich die Beteiligten in einem durchgeführten Zwangsversteigerungsverfahren nicht kontradiktorisch gegenüber stehen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378, 381 Rn. 7). Die Festsetzung der Gegenstandswerte beruht auf § 54 Abs. 2 GKG und § 26 RVG. Dabei war dem Bargebot des Erstehers U. der Wert der bestehenden Rechte hinzuzurechnen. Die Zurückweisung der Einstellungsanträge hat keinen über den Wert der Zuschlagsbeschwerden hinausgehenden Wert.
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