Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 01.12.2011


BGH 01.12.2011 - V ZB 186/11

Zwangsversteigerung: Zuschlagserteilung an den gleich- oder vorrangigen Gläubiger auf Grund eines Doppelausgebots zu der Bedingung des Fortbestandes bzw. des Erlöschens eines als Altenteil eingetragenen Rechts; Ermessen des Vollstreckungsgerichts bei der Zuschlagserteilung


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
01.12.2011
Aktenzeichen:
V ZB 186/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Bamberg, 15. Juli 2011, Az: 3 T 99/11vorgehend AG Bamberg, 5. April 2011, Az: 3 K 4/10
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. Steht nicht fest, ob das Recht eines vor- oder gleichrangigen Gläubigers durch das Fortbestehen eines als Altenteil eingetragenen Rechts nach § 9 Abs. 1 EGZVG beeinträchtigt ist, ist das Grundstück entsprechend § 59 Abs. 2 ZVG gleichzeitig zu den Bedingungen nach § 9 Abs. 1 EGZVG und zu den Bedingungen nach § 9 Abs. 2 EGZVG auszubieten.

2. Für den Zuschlag kommt es darauf an, ob der antragstellende Gläubiger bei dem Ausgebot zu der Bedingung des Fortbestands des als Altenteil eingetragenen Rechts (§ 9 Abs. 1 EGZVG) keine oder eine schlechtere Deckung erreicht als bei dem Ausgebot zu der Bedingung des Erlöschen dieses Rechts (§ 9 Abs. 2 EGZVG). Der Wert des als Altenteil eingetragenen Rechts bleibt dabei außer Betracht.

3. Bei der Erteilung des Zuschlags hat das Vollstreckungsgericht kein Ermessen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bamberg vom 15. Juli 2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Kostenentscheidung in dem Beschluss aufgehoben wird.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt:

557.622 € für die Gerichtskosten und für die Vertretung der Ersteherin,

333.000 € für die Vertretung der Rechtsbeschwerdeführer,

546.294,50 € für die Vertretung der Gläubigerin und

400.000 € für die Vertretung des Schuldners.

Gründe

1

Mit Beschluss vom 18. Januar 2010 ordnete das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - auf Antrag der Beteiligten zu 4, der betreibenden Gläubigerin, auf Grund von vollstreckbaren Grundschulden die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses Beschlusses genannten Erbbaurechts an. Es setzte den Verkehrswert auf 400.000 € fest und bestimmte einen Versteigerungstermin auf den 30. März 2011. Zu Beginn dieses Termins wies die Rechtspflegerin darauf hin, dass für die Beteiligten zu 1 bis 3 an dem Erbbaurecht ein dingliches Wohnungsrecht eingetragen sei und dieses nach Art. 30 BayAGGVG außerhalb des geringsten Gebots bestehen bleibe. Die Gläubigerin beantragte daraufhin, nach § 9 Abs. 2 EGZVG das Erlöschen des Rechts zu bestimmen. Das Erbbaurecht wurde deshalb gleichzeitig sowohl unter der Bedingung eines Bestehenbleibens des Rechts als auch zu der seines Erlöschens ausgeboten. Abgegeben wurden nur Gebote zu der zweiten Bedingung. Das Vollstreckungsgericht bestimmte einen besonderen Termin zur Verkündung des Zuschlags. In diesem Termin hat es das Erbbaurecht bei Erlöschen des Wohnungsrechts der Meistbietenden zugeschlagen. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde streben sie weiterhin die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses an.

II.

2

Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist der Zuschlagsbeschluss nicht zu beanstanden. Dafür könne offen bleiben, ob das Wohnungsrecht der Beteiligten zu 1 bis 3 als Altenteil im Sinne von § 9 Abs. 1 EGZVG anzusehen sei und nach dieser Vorschrift grundsätzlich außerhalb des geringsten Gebots bestehen bleibe. Die Gläubigerin habe nach § 9 Abs. 2 EGZVG das Erlöschen beantragt. Das Erbbaurecht habe gleichzeitig unter der Bedingung des Bestehenbleibens des Wohnungsrechts und unter der des Erlöschens dieses Rechts ausgeboten werden dürfen. Bei der Erteilung des Zuschlags habe das Vollstreckungsgericht auch keine Interessenabwägung vornehmen müssen, weil Gebote nur auf das Ausgebot unter Erlöschen des Rechts abgegeben worden seien. Schließlich habe das Vollstreckungsgericht den Beteiligten zu 1 auch nicht mit einem sachlich unzutreffenden Hinweis davon abgehalten, auf das Ausgebot unter Bestehenbleiben des Wohnungsrechts 350.000 € zu bieten. Sein Hinweis darauf, dass es auf das zahlenmäßig höchste Gebot ankomme und nicht darauf, welches Gebot wirtschaftlich das höchste sei, sei sachlich zutreffend.

III.

3

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung stand. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 ist unbegründet.

4

1. Der Zuschlag war nicht nach § 83 Nr. 1 ZVG zu versagen. Das Ausgebot des Erbbaurechts ist nicht zu beanstanden.

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a) Doppelt auszubieten war das Erbbaurecht nur, wenn es mit einem Wohnungsrecht belastet war, das als Altenteil eingetragen worden ist. Dann nämlich blieb das Wohnungsrecht nach § 9 Abs. 1 EGZVG i.V.m. Art. 30 Abs. 1 BayAGGVG bestehen, obwohl es den Grundpfandrechten der Gläubigerin im Rang nachging und deshalb nach § 44 Abs. 1 ZVG nicht in das geringste Gebot aufzunehmen war. Das wiederum berechtigte die Gläubiger nach § 9 Abs. 2 EGZVG zu dem gestellten Antrag, das Erbbaurecht (auch) zu der Bedingung auszubieten, dass das Wohnungsrecht daran erlischt. Ob dieses Recht als Teil eines Altenteils eingetragen worden ist, ist zweifelhaft. Allein aus der Vereinbarung eines Wohnungsrechts als Gegenleistung für die Übertragung eines Erbbaurechts kann nicht auf das Vorliegen eines Altenteils geschlossen werden. Entscheidend ist vielmehr, dass ein Beteiligter dem anderen seine wirtschaftliche Lebensgrundlage überträgt, um dafür in die persönliche Gebundenheit eines abhängigen Versorgungsverhältnisses einzutreten, während der Übernehmer eine wirtschaftlich selbstständige Stellung erlangt (Senat, Beschluss vom 31. März 2011 - V ZB 313/10, WuM 2011, 533). Daran kann es fehlen, wenn das Wohnungsrecht , wie hier, nicht dem bisherigen Inhaber des Erbbaurechts, sondern einem Dritten eingeräumt wird. Diese von dem Beschwerdegericht offen gelassene Frage bedarf indes keiner Klärung.

6

b) War das Wohnungsrecht kein Altenteil, war das Erbbaurecht nicht doppelt auszubieten. Es blieb vielmehr bei dem Erlöschen nachrangiger Rechte nach § 44 Abs. 1, § 52 Abs. 1 ZVG. Dass das Erbbaurecht dennoch doppelt ausgeboten worden ist, wäre unschädlich. Es ist jedenfalls auch zu den Bedingungen des § 44 Abs. 1 ZVG ausgeboten und zu diesen Bedingungen zugeschlagen worden.

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c) Das Ausgebot ist aber ebenfalls nicht zu beanstanden, wenn das Wohnungsrecht im Sinne von § 9 Abs. 1 EGZVG als Altenteil eingetragen worden sein sollte. Die Gläubigerin hatte beantragt, das Erlöschen des Wohnungsrechts als Versteigerungsbedingung zu bestimmen. Dazu war sie nach § 9 Abs. 2 EGZVG berechtigt, wenn ihre vorrangigen Rechte bei Fortbestehen des Wohnungsrechts beeinträchtigt wurden. Wenn das - wie hier - nicht sicher ist, ist entsprechend § 59 Abs. 2 ZVG doppelt auszubieten (Steiner/Riedel, ZVG, 8. Aufl., § 9 EGZVG Rn. 11 unter (2); für direkte Anwendung der Norm: Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 9 EGZVG Anm. 10; Dorner, Bad. Ausführungsgesetz zum BGB, 1902 S. 258; Drischler, KTS 1971, 145, 147). Dieses doppelte Ausgebot ist erfolgt. Es ist nicht zu beanstanden, dass beide Ausgebote - eines mit dem Erlöschen und eines ohne das Erlöschen des Wohnungsrechts - gleichzeitig erfolgten.

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aa) Die Frage, wie das doppelte Ausgebot bei § 9 Abs. 2 EGZVG technisch durchzuführen ist, wird allerdings unterschiedlich beantwortet. Nach einer Ansicht ist das Grundstück gleichzeitig zu den gesetzlichen Bedingungen des § 9 Abs. 1 EGZVG und zu den beantragten abweichenden Bedingungen des § 9 Abs. 2 EGZVG auszubieten (Löhnig/Makos, ZVG, § 9 EGZVG Rn. 23; Stöber, ZVG, 19. Aufl., § 9 EGZVG Rn. 4.8; Drischler, Rpfleger 1983, 229, 231; Hagena, Rpfleger 1975, 73, 75 f.; davon gehen auch aus OLG Königsberg, OLGE 2, 509, 510; OLG Darmstadt, HessRspr 9 (1909) 123; Dorner, aaO, Bad. Ausführungsgesetz zum BGB, 1902 S. 258; Jaeckel/Güthe, aaO, § 9 EGZVG Anm. 10 Absatz 2; Steiner/Riedel, ZVG, 8. Aufl., § 9 EGZVG Rn. 11 Absatz (2) aE). Nach der Gegenmeinung müssen die Ausgebote nacheinander erfolgen. Das Grundstück müsse erst unter Fortbestand des Wohnungsrechts und sodann unter dessen Erlöschen ausgeboten werden (Hintzen in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 13. Aufl., § 9 EGZVG Rn. 19 f., klarer noch in der Vorauflage dieses Kommentars Reinhard/Müller, ZVG, 3./4. Aufl., § 9 EGZVG Anm. II 5; so wohl auch Scheyhing, SchlHA 1965, 122). Der Bundesgerichtshof hat sich mit dieser Frage bislang nicht befasst. Der Senat entscheidet sie im Sinne der zuerst genannten Ansicht.

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bb) Für die zweite Meinung lässt sich zwar der Wortlaut der Vorschrift anführen, die eine tatsächliche Beeinträchtigung der vorrangigen Rechte des Gläubigers und damit letztlich auch einen Versuch voraussetzt, diese festzustellen (Hagena, Rpfleger 1975, 73, 75). Die Vorschrift sieht aber in diesem Fall gerade kein doppeltes, sondern ein Ausgebot zu der von der Regelung in § 9 Abs. 1 EGZVG abweichenden Bedingung vor, dass das Wohnungsrecht erlischt. Zu der Notwendigkeit eines doppelten Ausgebots gelangt man nicht allein auf Grund von § 9 Abs. 2 EGZVG, sondern unter entsprechender Anwendung von § 59 Abs. 2 ZVG, der das für eine vergleichbare Fallgestaltung vorsieht. Ein doppeltes Ausgebot nach § 59 Abs. 2 ZVG darf aber gleichzeitig erfolgen (Hintzen in Dassler/Schiffhauer/Hintzen, Engels/Rellermeyer, aaO, § 59 Rn. 60; Löhnig/Siwonia, ZVG, aaO, § 59 Rn. 15; Stöber, aaO, § 59 Rn. 4.4). Das gilt auch im Fall des § 9 Abs. 2 EGZVG.

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cc) Dafür sprechen die Gesetzgebungsgeschichte und die Systematik der Vorschrift. Die heute in § 9 Abs. 2 EGZVG aufgenommene Regelung war im ursprünglichen Gesetzentwurf nicht enthalten. Sie beruht auf einem Vorschlag der XVI. Kommission des Reichstags (Drucks. 685, abgedruckt bei Hahn/Mugdan, die Gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 5, 1897, S. 100, 119 f.). Diese hielt es für geboten, die Wohnungsrechte für Altenteiler gegen ihren Fortfall in der Zwangsversteigerung abzusichern und hatte dazu zunächst erwogen, den heutigen § 59 ZVG entsprechend zu erweitern oder um einen § 59a mit entsprechendem Inhalt zu ergänzen. Vereinfachungsüberlegungen führten schließlich dazu, eine Erweiterung des bis dahin enger gefassten § 9 EGZVG vorzusehen, die später Gesetz geworden ist und bis heute gilt. Dieser Beratungsverlauf zeigt, dass dem Gesetzgeber ein Vorgehen nach § 59 Abs. 2 ZVG vorgeschwebt hat. An diese Vorschrift lehnt sich § 9 EGZVG jedenfalls systematisch an (RGZ 148, 310, 314). Das spricht für die Möglichkeit eines gleichzeitigen doppelten Ausgebots.

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dd) Dafür sprechen auch praktische Überlegungen (Hagena, Rpfleger 1975, 73, 76). Die Forderung nach zwei aufeinander folgenden Ausgeboten liegt zwar auf den ersten Blick nahe, weil sie die ergebnisoffene Prüfung verspricht, ob das Grundstück auch mit dem Wohnungsrecht zu einem den Gläubiger befriedigenden Gebot versteigert werden kann. Bei näherem Hinsehen zeigt sich aber, dass das praktisch nicht erreichbar ist. Der Gläubiger muss zu Beginn der Versteigerung auf die Notwendigkeit eines Antrags auf ein doppeltes Ausgebot hingewiesen werden (BGH, Urteil vom 21. März 1991 - III ZR 118/89, NJW 1991, 2759, 2760). Für die Bietinteressenten ist damit von vornherein klar, dass es zu einem solchen Antrag und damit auch zu einem Ausgebot kommen kann, das von § 9 Abs. 1 EGZVG abweicht. Dem Gläubiger muss rechtzeitig vor Ablauf der Bietstunde die Möglichkeit gegeben werden, diesen Antrag zu stellen. Das hat zur Folge, dass die Chancen auf ein für den Wohnungsrechtsinhaber günstigeres Versteigerungsergebnis durch ein Hinausschieben des Ausgebots zu den gemäß § 9 Abs. 2 EGZVG abweichenden Versteigerungsbedingungen nicht steigen. Dann aber ist es zweckmäßiger, ein gleichzeitiges Ausgebot zuzulassen.

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ee) Diesem Ergebnis steht, anders als die Beteiligten zu 1 bis 3 meinen, der Schutzzweck des § 9 Abs. 1 EGZVG nicht entgegen. Der Vorschrift wird zwar gelegentlich die Funktion entnommen, dem Altenteiler auf Kosten des Gläubigers das Wohnungsrecht zu sichern (Kahlke, Rpfleger 1990, 233, 237 f.). Das entspricht aber weder der Intention des Gesetzgebers noch dem Text der Vorschrift. Sie will den Gläubiger nicht zurücksetzen. Das wäre auch schwer vertretbar, weil das Wohnungsrecht des Altenteilers in der von § 9 Abs. 1 EGZVG geregelten Fallsituation regelmäßig den Rechten des Gläubigers im Rang nachgeht. Die vorrangigen Gläubiger können auf den Fortbestand ihrer Rechte und der damit verbundenen Vollstreckungsmöglichkeiten vertrauen. Diesen Zugriff sichert ihnen § 9 Abs. 2 EGZVG (Hintzen in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, aaO, § 9 EGZVG Rn. 2, 16). Damit reduziert sich der Schutzzweck des § 9 Abs. 1 EGZVG darauf, dem Altenteiler die Chance zu verschaffen, den Verlust seines Wohnungsrechts zu vermeiden, wenn der vorrangige Gläubiger keinen Antrag auf Bestimmung des Erlöschens stellt oder wenn zu den gesetzlichen Bedingungen ein den Gläubiger zufriedenstellendes Gebot abgegeben wird (vgl. RGZ 148, 310, 315). Diese wird durch ein gleichzeitiges Ausgebot gegenüber den denkbaren Alternativen nicht geschmälert.

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2. Der Zuschlag war nicht nach § 83 Nr. 6 ZVG zu versagen. Das Verfahren des Vollstreckungsgerichts ist nämlich auch im Übrigen nicht zu beanstanden.

14

Das Vollstreckungsgericht hat seine Hinweispflicht nicht verletzt.

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a) Es musste dem Beteiligten zu 1 als Bietinteressenten auf dessen - aus dem Protokoll allerdings nicht ersichtliche - Frage, welche Gebote zu berücksichtigen seien, eine zutreffende Auskunft über die Rechtslage geben (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 1991 - III ZR 118/89, NJW 1991, 2759). Dem entspricht die von den Beteiligten zu 1 bis 3 behauptete Antwort des Vollstreckungsgerichts, es komme auf das zahlenmäßig höchste Gebot an. Diese Antwort war jedenfalls im vorliegenden Fall richtig.

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b) Auch die Frage, welche Gebote bei der Prüfung einer Beeinträchtigung der Rechte des Gläubigers nach § 9 Abs. 2 EGZVG zu berücksichtigen sind, ist streitig. Nach einer Meinung kommt es nicht entscheidend auf den Betrag des Gebots, sondern auf seinen wirtschaftlichen Wert an (OLG Celle, Rpfleger 2010, 532, 533 f.). Gemeint ist damit im Wesentlichen, dass der Wert des Wohnungsrechts dem Gebot hinzuzurechnen ist. Nach einer anderen Meinung kommt es darauf an, in welchem Umfang der Gläubiger bei Bestehenbleiben oder Erlöschen des Wohnungsrechts mit seinen Rechten ausfällt (Alff, Rpfleger 2010, 467). Das muss zwar nicht immer dazu führen, dass der Zuschlag auf das zahlenmäßig höchste Gebot zu erteilen ist. Auch ein niedrigeres Gebot unter der Bedingung des Bestehenbleibens des Wohnungsrechts kann dazu führen, dass der Gläubiger mit seinem Recht nicht ausfällt. Dann wäre es dem zahlenmäßig höheren unter der Bedingung des Erlöschens des Wohnungsrechts vorzuziehen (OLG Darmstadt, HessRspr 9 (1909) 123; Alff, Rpfleger 2010, 467, 468). Dieser Sonderfall liegt hier aber nicht vor. Die Gläubigerin verliert als Folge der Versteigerung ihre Rechte vollständig. Für sie kommt es allein darauf an, welchen Erlös die Versteigerung erbringt. Deshalb wäre die Antwort der Rechtspflegerin auf die Frage des Beteiligten zu 1 richtig, wenn man der zweiten Meinung folgt.

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c) Diese hält der Senat für zutreffend. Die Regelung in § 9 Abs. 2 EGZVG soll dem vorrangigen Gläubiger die Möglichkeit geben, einen Ausfall mit seinem Recht zu vermeiden, der auf dem Fortbestand des später begründeten Wohnungsrechts beruht. Maßgeblich ist dafür eine Beeinträchtigung seines Rechts. Die liegt zwar nicht schon darin, dass das Wohnungsrecht bestehen bleibt, wohl aber darin, dass er bei einem Ausgebot mit Bestehenbleiben des Rechts weniger Erlös erzielt als auf ein Ausgebot mit Erlöschen dieses Rechts (RGZ 148, 310, 315). Der Wert des bestehenbleibenden Wohnungsrechts ist für ihn dabei ohne Bedeutung, weil er ihm nicht zugutekommt. Entscheidend ist die zahlenmäßige Höhe des Gebots. Das war auch die Vorstellung des Gesetzgebers. Die XVI. Kommission des Reichstags hat bei ihren Überlegungen zum Schutz der Altenteiler auch einen entsprechenden Textvorschlag erarbeitet (Hahn/Mugdan, aaO, S. 120). Dieser Vorschlag ist zwar nicht Gesetz geworden, aber nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern, weil man mit § 9 EGZVG eine schlankere Formulierung erreichen wollte.

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3. Der Zuschlag ist auch nicht deswegen zu beanstanden, weil es sich, wie die Beteiligten zu 1 bis 3 formulieren, um "einen Fall unzulässiger Rechtsausübung handele".

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a) Die Beteiligten zu 1 bis 3 machen in diesem Rahmen in erster Linie geltend, das Vollstreckungsgericht habe bei Erteilung des Zuschlags eine Abwägung zwischen den Interessen der Gläubigerin und ihren Interessen vornehmen und dabei zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass die Erteilung des Zuschlags in Anbetracht der Folgen für sie als Wohnungsberechtigte unbillig sei. Mit dem Wohnungsrecht gehe nämlich die einzige Gegenleistung für die Übertragung des Erbbaurechts auf die Schuldnerin verloren. Das führe angesichts der kurzen Nutzungsdauer von nur sechs Jahren zu einer Wertverzerrung, die nicht hingenommen werden könne.

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b) Dem ist nicht zu folgen. Dem Vollstreckungsgericht steht nach allgemeiner Meinung bei der Erteilung des Zuschlags im Fall des § 9 EGZVG kein Ermessen zu. Seine Entscheidung ist gebunden und bestimmt sich allein danach, ob der betroffene Gläubiger einen Antrag nach § 9 Abs. 2 EGZVG stellt und ob er bei einem Ausgebot unter Fortbestehen des Wohnungsrechts keine oder eine schlechtere Deckung erreicht als bei einem Ausgebot ohne Fortbestehen dieses Rechts (OLG Darmstadt, HessRspr 9 (1909) 123; LG Arnsberg, Rpfleger 1984, 427; Hintzen in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, aaO, § 9 EGZVG Rn. 16; Löhnig/Makos, aaO, § 9 EGZVG Rn. 24; Stöber, aaO, § 9 EGZVG Rn. 4.7 aE; Drischler, Rpfleger 1983, 229, 230). Entgegen einer vereinzelt gebliebenen Ansicht (Kahlke, Rpfleger 1990, 233, 237 f.), die sich die Beteiligten zu 1 bis 3 zu Eigen machen, ergibt sich die Notwendigkeit einer Abwägung der Interessen des Gläubigers mit denen des Wohnungsrechtsinhabers auch nicht aus einer verfassungskonformen Auslegung der Norm. Verfassungsrechtlich geboten ist im Gegenteil der Abänderungsanspruch des Gläubigers. Die Norm stellt den Wohnungsrechtsinhaber in Absatz 1 besser, als es dem Rang seines Rechts entspricht. Das wäre bedenklich, wenn der Gläubiger eine dadurch ausgelöste Beeinträchtigung seines besseren Rechts entschädigungslos in Kauf nehmen müsste. Gerade das soll § 9 Abs. 2 EGZVG vermeiden. Das Beschwerdegericht hat deshalb zu Recht auch nur nebenbei erwähnt, dass die Schuldnerin für das Erbbaurecht keineswegs nur das Wohnungsrecht bestellt, sondern im Gegenteil auch die den Wert des Erbbaurechts ausschöpfenden Grundschuldverpflichtungen übernommen hat.

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c) Der Zuschlag ist schließlich auch nicht deshalb zu versagen, weil, wie die Beteiligten zu 1 bis 3 weiter meinen, das Vorgehen von Gläubigerin und Ersteherin rechtsmissbräuchlich sei. Richtig ist zwar, dass ein rechtsmissbräuchliches Gebot nicht zuschlagsfähig gewesen wäre und dass ein Rechtsmissbrauch in einem kollusiven Zusammenwirken von Beteiligten an dem Zwangsversteigerungsverfahren liegen kann (Senat, Beschluss vom 10. Juni 2010 - V ZB 192/09, NJW-RR 2010, 1314, 1315 Rn. 11 f.). Dafür fehlt hier aber die notwendige Tatsachengrundlage.

22

4. Aufzuheben ist die Kostenentscheidung. Die Beteiligten stehen sich in einem Zuschlagsbeschwerdeverfahren nicht kontradiktorisch gegenüber. § 97 Abs. 1 ZPO ist deshalb nicht anwendbar (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378, 381 Rn. 7).

IV.

23

Eine Kostenentscheidung ist aus dem vorgenannten Grund nicht veranlasst. Die Festsetzung der Gegenstandswerte beruht auf § 54 Abs. 2 GKG und § 26 RVG.

Krüger                                                    Lemke                                           Schmidt-Räntsch

                           Brückner                                                 Weinland