Entscheidungsdatum: 15.11.2010
Die erfolgreiche Teilnahme an einem freiwilligen Vorbereitungskurs beruflicher Organisationen im Sinne des § 6 Abs. 3 Satz 2 BNotO setzt neben dem Bestehen der sich an die Veranstaltung anschließenden Abschlussprüfung voraus, dass der Bewerber jedenfalls während des weit überwiegenden Teils der Fortbildungsveranstaltung anwesend ist .
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Senats für Notarsachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 26. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und der Antragsgegnerin und der weiteren Beteiligten die im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
Wert des Beschwerdegegenstands: 50.000 €
I.
Die Antragsgegnerin schrieb im Jahr 2007 zwei Anwaltsnotarstellen im Amtsgerichtsbezirk Lübeck aus, auf die sich insgesamt 11 Rechtsanwälte bewarben und von denen eine inzwischen besetzt worden ist. Um die verbliebene Stelle konkurrieren der 1965 geborene, seit 1996 als Rechtsanwalt zugelassene Antragsteller und die 1963 geborene, seit 1995 als Rechtsanwältin zugelassene weitere Beteiligte.
Die Antragsgegnerin ermittelte gemäß der Allgemeinen Verfügung über die Angelegenheiten der Notarinnen und der Notare für Schleswig-Holstein (AVNot) beim Erstellen der Rangfolge der Bewerber für die weitere Beteiligte 211,30 Punkte, für einen weiteren Bewerber 208,50 und für den Antragsteller 204,35 Punkte. Mit Bescheid vom 20. November 2008 gab die Antragsgegnerin dem Antragsteller bekannt, sie beabsichtige, nicht ihn sondern die weitere Beteiligte und den weiteren Bewerber zu Notaren im Amtsgerichtsbezirk Lübeck zu bestellen.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller gerichtliche Entscheidung beantragt mit der Begründung, er sei fachlich und persönlich besser geeignet als die weitere Beteiligte. Dieser stünden nur 184,09 Punkte und nicht 211,30 Punkte zu, da sie an 44 zu ihren Gunsten berücksichtigten halbtägigen Fortbildungsveranstaltungen vormittags jedenfalls nicht vor 11.30 Uhr und nachmittags nur zwischen 30 und 45 Minuten teilgenommen habe. Das Oberlandesgericht hat dem Begehren des Antragstellers, die Antragsgegnerin unter Aufhebung ihrer Entscheidung vom 20. November 2008 zu verpflichten, ihn anstelle der weiteren Beteiligten zum Notar zu bestellen, hilfsweise unter Aufhebung vorgenannter Entscheidung seinen Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden, nicht entsprochen. Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 111 Abs. 4 BNotO in der bis 31. August 2009 geltenden Fassung i.V.m. § 42 Abs. 4 BRAO, § 118 Abs. 3 BNotO zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin nicht rechtswidrig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 111 Abs. 1 Satz 2 BNotO a.F.). Die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin erweist sich im Ergebnis als beurteilungsfehlerfrei.
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob nicht bereits deshalb erhebliche Zweifel an der persönlichen Eignung des Antragstellers für das Amt des Notars bestehen, weil er nach seinem eigenen Vorbringen einen Detektiv mit der Ermittlung der Zeiten beauftragt hat, zu denen die weitere Beteiligte von Februar bis Juli 2007 aus dem Intercity-Hotel in Celle ausgecheckt hat und mit dem Zug von Lübeck nach Celle gefahren ist. Insbesondere kann offen bleiben, ob die vom Detektiv zu ermittelnden Tatsachen nicht offensichtlich nur durch rechtswidrige Maßnahmen - insbesondere Täuschungshandlungen und Verleitung zur Offenbarung geschützter Daten - zu erlangen waren.
2. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin der weiteren Beteiligten nach Ermittlung der fachlichen Eignung im Rahmen des Punktesystems nach § 6 AVNot und einer abschließenden Gesamtschau den Vorrang gegeben hat.
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats bestehen unter Berücksichtigung der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 (BVerfGE 110, 304) und vom 8. Oktober 2004 (NJW 2005, 50) keine Bedenken dagegen, dass die Antragsgegnerin ihre Auswahlentscheidung auf der Grundlage eines Punktesystems getroffen hat, wie es in § 6 AVNot näher geregelt ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom 20. November 2006 - NotZ 4/06, ZNotP 2007, 109, 110 ff.; vom 26. März 2007 - NotZ 38/06, NJW-RR 2007, 1130, 1131 und - NotZ 39/06, ZNotP 2007, 234, 235 f.; vom 20. April 2009 - NotZ 20/08, NJW-RR 2009, 1217 f. sowie vom 22. März 2010 - NotZ 20/09, zitiert nach juris Rn. 7). Dagegen werden auch im vorliegenden Fall keine Einwendungen erhoben.
b) Die Antragsgegnerin hat die den jeweiligen Bewerbern zustehenden Punkte im Grundsatz zutreffend ermittelt. Dabei durfte sie der Berechnung der auf die erfolgreiche Teilnahme an notarspezifischen Fortbildungskursen entfallenden Punkte auch die von der Fortbildungseinrichtung der Notarkammer Celle, dem Auditorium Celle, in der Zeit von Januar bis Juli 2007 erstellten Teilnahmebescheinigungen zugrunde legen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind diese Bescheinigungen zum Nachweis einer erfolgreichen Teilnahme i.S. des § 6 Abs. 2 Nr. 3 AVNot nicht von vornherein ungeeignet. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei den Bescheinigungen um öffentliche Urkunden i.S. des § 418 ZPO handelt. Denn sie stellen jedenfalls ein beweiskräftiges Indiz dafür dar, dass die in der jeweiligen Bescheinigung genannte Person nicht nur das Abschlusstestat bestanden, sondern auch während der Fortbildungsveranstaltung anwesend war. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts entfällt die Indizwirkung der Teilnahmebescheinigungen nicht deshalb, weil die Anwesenheitslisten jeweils mindestens bis zur Kaffeepause des jeweiligen Halbtags und für einen unbestimmten Zeitraum danach zur Eintragung auslagen. Dieser Umstand lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass in die Liste eingetragene Teilnehmer erst zur Kaffeepause oder später erschienen sind.
c) Es kann - mit Ausnahme des 28. April 2007 - auch nicht festgestellt werden, dass die weitere Beteiligte den vom Antragsteller im Einzelnen aufgeführten Fortbildungsveranstaltungen in einem Maße ferngeblieben wäre, das der Annahme einer erfolgreichen Teilnahme an der Veranstaltung i.S. des § 6 Abs. 2 Nr. 3 AVNot entgegenstünde. Dieser Umstand geht zu Lasten des Antragstellers, der die Feststellungslast für die seinen Anspruch begründenden Umstände trägt.
aa) Allerdings setzt die erfolgreiche Teilnahme an einem freiwilligen Vorbereitungskurs beruflicher Organisationen, die nach § 6 Abs. 3 Satz 2 BNotO, § 6 Abs. 2 Nr. 3 AVNot in die Bewertung der fachlichen Eignung einbezogen werden kann bzw. einzubeziehen ist, voraus, dass der Bewerber jedenfalls während des weit überwiegenden Teils der Fortbildungsveranstaltung auch tatsächlich anwesend ist. Das Bestehen der sich an die Veranstaltung anschließenden Abschlussprüfungen (Testate) genügt für sich genommen nicht. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der § 6 Abs. 3 Satz 2 BNotO, § 6 Abs. 2 Nr. 3 AVNot, wonach Eignungsmerkmal nicht das Erbringen eines Testatnachweises als solches, sondern der einer Erfolgskontrolle unterliegende Besuch eines Vorbereitungskurses der beruflichen Organisationen ist. Der Berücksichtigung dieses, auf das Anwaltsnotariat zugeschnittenen Eignungskriteriums bei der Auswahlentscheidung liegt der Gedanke zugrunde, dass in den Vorbereitungskursen berufspraktisches, zur Wahrnehmung des Amtes als Notar förderliches Wissen in überprüfbarer Weise vermittelt wird und die Teilnehmer in den neuesten Stand von Praxis und Lehre versetzt werden (vgl. Senat, Beschlüsse vom 18. September 1995 - NotZ 8/95, BGHZ 130, 356, 359 f.; vom 20. November 2006 - NotZ 15/06, ZNotP 2007, 70 Rn. 20).
Im Hinblick darauf, dass es sich bei der erfolgreichen Teilnahme an freiwilligen Vorbereitungskursen um einen auf das Anwaltsnotariat zugeschnittenen Sonderfall des Eignungsmerkmals der Vorbereitungsleistungen handelt und der Bewerber den erzielten Lernerfolg durch ein Testat nachweisen muss (vgl. Senat, Beschlüsse vom 13. Dezember 1993 - NotZ 56/92, BGHZ 124, 327, 341; vom 18. September 1995 - NotZ 8/95, aaO), sind an die Anwesenheit der Kursteilnehmer aber keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es ist nicht erforderlich, dass der Teilnehmer während der gesamten Kursdauer ununterbrochen zugegen ist. Vielmehr genügt es, wenn er der Veranstaltung zum weit überwiegenden Teil beiwohnt. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass sich Teilnehmer aus von ihnen nicht vorhersehbaren Gründen verspäten oder sich aus wichtigen Gründen vorübergehend aus den Kursräumen entfernen müssen, ohne dass deswegen der Lernerfolg in Frage gestellt wäre. Die Beurteilung der Frage, welche Abwesenheitszeiten der Annahme einer erfolgreichen Teilnahme an einem Vorbereitungskurs entgegenstehen, hängt dabei maßgeblich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer generellen Klärung. Insbesondere ist entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts kein Raum für die Annahme, grundsätzlich genüge eine Anwesenheit während zwei Dritteln der Veranstaltung.
bb) Nach diesen Grundsätzen hat die weitere Beteiligte an der Fortbildungsveranstaltung vom 28. April 2007 vormittags nicht erfolgreich teilgenommen. Denn an diesem Tag hat sie sich nach ihrem eigenen Vortrag, ohne dass dafür ein wichtiger Grund ersichtlich oder dargetan wäre, bereits eine halbe Stunde vor Beendigung des dreistündigen Kurses entfernt, um ihre Hotelrechnung im Intercity-Hotel Celle zu begleichen. Es ist weder ersichtlich noch dargetan, warum die weitere Beteiligte ihre Hotelrechnung nicht gleich morgens, in der 15-minütigen Kaffeepause zwischen 11.30 Uhr und 11.45 Uhr oder in der Mittagspause um 13.15 Uhr beglichen hat. Dieser Fortbildungskurs darf deshalb nicht in die Bewertung mit einbezogen werden. Unter dem Gesichtspunkt der Anrechnung von Fortbildungskursen bleibt dieser Umstand allerdings im Ergebnis ohne Auswirkung. Auch bei Abzug der der weiteren Beteiligten für die Fortbildungsveranstaltung vom 28. April 2007 vormittags gutgeschriebenen 0,6 Punkte übertrifft die Bewertung ihrer fachlichen Leistung diejenige des Antragstellers nach wie vor um mehr als 10 Punkte.
cc) Dagegen sind der weiteren Beteiligten für die Fortbildungsveranstaltung vom 14. April 2007 vormittags zu Recht Punkte gutgeschrieben worden. Zwar hat sie sich auch an diesem Tag von der Veranstaltung entfernt, um ihre Hotelrechnung zu begleichen. Dies ist aber unschädlich, da sie hierfür nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts die 15-minütige Kaffeepause von 11.30 Uhr bis 11.45 Uhr in Anspruch genommen hat.
dd) Der Senat konnte sich aufgrund des Ergebnisses der vom Oberlandesgericht durchgeführten Beweisaufnahme auch nicht davon überzeugen, dass die weitere Beteiligte den übrigen Fortbildungsveranstaltungen im Auditorium Celle in einem einer erfolgreichen Teilnahme entgegenstehenden Umfang ferngeblieben wäre. Er konnte sich insbesondere nicht davon überzeugen, dass die weitere Beteiligte, wie der Antragsteller behauptet, an den Kursen vormittags nicht vor 11.30 Uhr und an den Nachmittagskursen nur für 30 bis 45 Minuten teilgenommen hat.
Zwar gaben die Zeugen B., Dr. R. und K. an, die weitere Beteiligte sei häufig verspätet erschienen. Die Zeugen B. und K. mussten aber einräumen, nicht besonders nach ihr Ausschau gehalten (B.) bzw. nicht nach ihr gesucht zu haben (K.). Der Zeuge B. sah sich auch nicht in der Lage, konkrete Fehlzeiten der weiteren Beteiligten zu benennen. Soweit der Zeuge B. die weitere Beteiligte und Herrn A. mit Tüten zu einem PKW hat gehen sehen, was nach Auffassung des Antragstellers die Annahme rechtfertigt, die weitere Beteiligte habe während der Kurszeiten Einkäufe getätigt, konnte der Zeuge nicht angeben, ob er seine Beobachtung in der morgendlichen Kaffeepause, der Mittags- oder in der Nachmittagskaffeepause gemacht hat. Dies lässt die Möglichkeit offen, dass die weitere Beteiligte den nicht näher bekannten Inhalt der Tüten in der Mittagspause erworben hat. Die Zeugin Dr. R. gab in erster Linie persönliche Eindrücke wieder, ohne dass sie diese in ausreichendem Maße auf tatsächliche Beobachtungen hätte stützen können. Sie meinte sich zu erinnern, dass die weitere Beteiligte zwei- bis dreimal erst in der Frühstückspause angereist sei. Denn die weitere Beteiligte sei so auf den Vorplatz gekommen, als wenn sie angekommen sei. Ob sie von ihrem Auto, vom Zug oder woher auch immer gekommen sei, könne sie jedoch nicht sagen. Sie konnte auch nichts dazu sagen, ob die weitere Beteiligte bei den Veranstaltungen anwesend gewesen sei oder nicht.
Demgegenüber bestätigten die Zeugen Ki., C., H., A. und F. die Darstellung der weiteren Beteiligten. Die Zeugin Ki., die als Angestellte der Notarkammer die Teilnehmer der Kurse betreute, bekundete detailliert und nachvollziehbar, dass die weitere Beteiligte pünktlich erschienen sei. Sie sei ihr wegen ihrer schicken Kleidung und der Tatsache, dass sie trotz der Sommerzeit Stiefel getragen habe, aufgefallen. Aufgefallen sei ihr auch, dass sie ihre Stiefel manchmal ausgezogen und dann barfuß gegangen sei. Sie habe sich morgens gefragt, in welcher Aufmachung die weitere Beteiligte erscheinen werde, und diese sei dann pünktlich gekommen. Die Zeugin C., die lediglich am 27. Juli 2007 an einer Veranstaltung im Auditorium Celle teilgenommen hat, gab an, an diesem Tag die vormittägliche Kaffee- und die Mittagspause mit Frau M. verbracht zu haben. Nach dem Mittagessen seien sie mit ihrem Hund spazieren gegangen, hätten ihn in das Auto zurückgebracht und seien vor Beginn der Nachmittagsveranstaltung wieder in dem Veranstaltungsraum gewesen. Die Zeugin H., die an den Fortbildungsveranstaltungen des Auditoriums Celle ab dem 30. März 2007 regelmäßig teilgenommen hat, gab an, die weitere Beteiligte regelmäßig sowohl vormittags als auch nachmittags gesehen zu haben. Dies bestätigte auch der Zeuge F. Er bekundete unter anderem, bei der erstmaligen Konfrontation mit den Vorwürfen des Antragstellers durch Frau H. oder die weitere Beteiligte erklärt zu haben, "dass das doch Quatsch sei". Der Zeuge A. schließlich gab an, in der Zeit von Januar bis Ende Juli 2007 an den Fortbildungsveranstaltungen des Auditoriums Celle teilgenommen und die weitere Beteiligte regelmäßig schon im Zug getroffen zu haben. Sicher könne er dies aufgrund der ihm noch vorliegenden Belege für den 12. und 26. Januar, den 9. Februar, den 2., 9. und 23. März und den 13. und 27. April angeben. Er sei an all diesen Tagen mit der weiteren Beteiligten vom Bahnhof zum Veranstaltungsort gegangen und könne ausschließen, dass diese während der Veranstaltung Einkäufe erledigt habe oder spazieren gegangen sei.
Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass der Veranstaltungsort aufgrund der räumlichen Gestaltung, wie sie durch das Schreiben der Notarkammer Celle vom 16. Januar 2009 und die beigefügten Fotos belegt ist, schwer zu übersehen ist und sich die Zahl der Teilnehmer im maßgeblichen Zeitraum auf bis zu 125 bis 130 belief. Wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat, lassen diese Umstände es als möglich erscheinen, dass anwesende Teilnehmer von anderen nicht wahrgenommen wurden.
ee) Den Beweisanträgen des Antragstellers, der weiteren Beteiligten die Vorlage der Kontoauszüge für die Zeit von Januar bis Juli 2007 zum Beweis der Behauptung aufzugeben, dass sie während der Kurszeiten einkaufen gewesen sei, und ihren Verfahrensbevollmächtigten zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass sie ihm gegenüber bei Beauftragung zugegeben habe, jeweils erst nach der Kaffeepause erschienen zu sein, ist das Oberlandesgericht zu Recht nicht nachgegangen. Denn diese Anträge sind in unzulässiger Weise auf eine bloße Ausforschung des Sachverhalts gerichtet und damit unbeachtlich.
Der im Verfahren zur Anfechtung von Verwaltungsakten nach § 111 BNotO geltende Amtsermittlungsgrundsatz (vgl. § 111 Abs. 4 BNotO a.F., § 40 Abs. 4 BRAO, § 12 FGG a.F.) enthebt die Beteiligten nicht der Pflicht, durch umfassende und spezifische Tatsachendarstellung bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, zumal es sich bei diesen Verfahren um echte Streitverfahren handelt. Beweisermittlungsanträge, die darauf abzielen, in der Beweisaufnahme die zur Konkretisierung des eigenen Vorbringens nötigen Tatsachen zu erfahren sowie solche, die ins Blaue hinein aufgestellt sind und dem Ausforschungsbeweis dienen, können deshalb unbeachtet bleiben (vgl. OLG Hamburg, ZMR 2002, 961; Schmidt in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 12 Rn. 123; vgl. auch BVerwG NVwZ 2007, 346, 347).
Der Antragsteller hat die seinen Beweisanträgen zugrunde liegenden Behauptungen ohne jeden greifbaren Anhaltspunkt für deren Richtigkeit ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellt. Entgegen seiner Behauptung hat der Zeuge B. nicht bestätigt, dass die weitere Beteiligte während der Kurszeiten "auf Shopping-Tour" gewesen sei. Er hat sie lediglich zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt in einer der drei Pausen mit Tüten zum Auto gehen sehen. Auch die Behauptung, die weitere Beteiligte habe ihrem Verfahrensbevollmächtigten gegenüber eingeräumt, jeweils erst zu den Kaffeepausen erschienen zu sein, ist ersichtlich aus der Luft gegriffen. Diese Behauptung leitet der Antragsteller aus einem angeblichen Wechsel des Vortrags der weiteren Beteiligten zu ihrer Anwesenheit ab. Diese hat im Schriftsatz vom 5. Januar 2009 vorgetragen, sie sei an sämtlichen, vom Antragsteller genannten Tagen sowohl am Vormittag als auch am Nachmittag im Vortragsraum anwesend gewesen. Im Schriftsatz vom 29. Januar 2009 hat sie ausgeführt, sie habe regelmäßig vormittags und nachmittags an den Fortbildungsveranstaltungen teilgenommen. Im Schriftsatz vom 24. Mai 2009 hat sie vorgetragen, sie habe an allen Fortbildungsveranstaltungen während der weitaus überwiegenden Dauer der Veranstaltung regelmäßig je drei Stunden vormittags und nachmittags teilgenommen. Diese geringfügig unterschiedliche Wortwahl lässt keine Rückschlüsse darauf zu, welche Angaben die weitere Beteiligte gegenüber ihrem Verfahrensbevollmächtigten bei Auftragserteilung gemacht hat.
ff) Wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat, geht die Nichterweislichkeit der vom Antragsteller behaupteten Fehlzeiten der weiteren Beteiligten zu seinen Lasten. Zwar gibt es im Verfahren nach § 111 BNotO a.F., bei dem § 12 FGG Anwendung findet, keine Beweislast der Beteiligten im Sinne einer formellen oder subjektiven Beweislast (Beweisführungslast). Dies bedeutet aber nicht, dass es sich nicht zu Lasten eines Beteiligten auswirkt, wenn die vom Gericht von Amts wegen vorzunehmenden Ermittlungen zu keinem Erfolg geführt haben. Denn auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt die materielle oder objektive Beweislast (Feststellungslast) für die Frage, wer die Folgen einer Ungewissheit über eine erhebliche Tatsache zu tragen hat. Dabei ergeben sich die Grundsätze für die Verteilung der Feststellungslast unabhängig von der jeweiligen Verfahrensstellung der Beteiligten aus dem materiellen Recht (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Februar 2002 - 20 W 179/01, zitiert nach juris Rn. 19; Schmidt in Keidel/Kuntze/Winkler, aaO, Rn. 214). Lässt sich dem materiellen Recht keine besondere Anordnung über die Verteilung der Feststellungslast entnehmen, gilt die beweislastrechtliche Grundregel. Danach ist die zweifelhaft gebliebene Tatsache als nicht existent zu behandeln, so dass der Nachteil der Beweislosigkeit den Beteiligten trifft, für den sich aus dieser Tatsache günstige Rechtsfolgen ergeben würden (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Februar 2002 - 20 W 179/01, aaO; OLG Köln, NJW-RR 2004, 1015, 1016; Schmidt in Keidel/Kuntze/Winkler, aaO, Rn. 214; vgl. auch BVerwGE 118, 370, 378 zur beamtenrechtlichen Konkurrentenklage). Dementsprechend trifft die Feststellungslast für die Fehlerhaftigkeit einer Auswahlentscheidung grundsätzlich den Bewerber. So verhält es sich auch im vorliegenden Fall.
d) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die weitere Beteiligte entgegen der Beurteilung der Antragsgegnerin für das Amt des Notars persönlich ungeeignet wäre.
aa) Die persönliche Eignung ist zu bejahen, wenn die inneren und äußeren Eigenschaften des Bewerbers, wie sie sich insbesondere in seinem äußeren Verhalten offenbaren, keinen begründeten Zweifel daran aufkommen lassen, dass er die Aufgaben und Pflichten eines Notars gewissenhaft erfüllen werde. Mit Rücksicht auf die Bedeutung und Schwierigkeiten der Aufgaben, die der Notar als unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege zu erfüllen hat (§ 1 BNotO), darf der an die persönlichen Eigenschaften des Bewerbers anzulegende Maßstab nicht zu milde sein (vgl. Senat, Beschlüsse vom 31. Juli 2000 - NotZ 5/00, DNotZ 2000, 943; vom 17. November 2008 - NotZ 10/08, NJW-RR 2009, 350, 351 und vom 22. März 2010 - NotZ 21/09, ZNotP 2010, 314 Rn. 6 und NotZ 10/09, ZNotP 2010, 232 Rn. 22). Als Träger eines öffentlichen Amtes, der auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege hoheitliche Funktionen wahrnimmt, ist der Notar in besonderem Maße zur Integrität verpflichtet. Die erhöhten Anforderungen rechtfertigen sich daraus, dass die Leistungsfähigkeit der vorsorgenden Rechtspflege wesentlich von dem Vertrauen der Rechtsuchenden in die Rechtspflegeorgane abhängt und dafür unbedingte Integrität der Amtspersonen gefordert ist. Dementsprechend ist durch § 14 Abs. 3 Satz 1 BNotO festgelegt, dass sich der Notar durch sein Verhalten innerhalb und außerhalb seines Berufes der Achtung und des Vertrauens, die seinem Beruf entgegengebracht werden, würdig zu zeigen hat. Wesentliche Voraussetzungen dafür, dass der rechtsuchende Bürger dem Notar Achtung und Vertrauen entgegenbringen kann, sind nicht nur Fähigkeiten wie Urteilsvermögen, Entschlusskraft, Standfestigkeit, Verhandlungsgeschick und wirtschaftliches Verständnis, sondern vor allem uneingeschränkte Wahrhaftigkeit und Redlichkeit. Auch im Verhältnis zu den Aufsichtsbehörden kommt es auf die letztgenannten Eigenschaften an. Denn zur Wahrnehmung ihrer für die Gewährleistung einer funktionstüchtigen vorsorgenden Rechtspflege wesentlichen Aufsichtsbefugnisse müssen sich die Aufsichtsbehörden darauf verlassen können, dass der Notar ihnen vollständige und wahrheitsgemäße Auskünfte erteilt (vgl. Senat, Beschluss vom 22. März 2010 - NotZ 10/09 aaO, Rn. 23 m.w.N.). Die persönliche Eignung ist deshalb zu verneinen, wenn der Bewerber, beispielsweise durch Vorlage wissentlich unrichtiger Bescheinigungen, versucht hat, die Aufsichtsbehörde im Bewerbungsverfahren zu täuschen, um seine Bewerbungschancen zu verbessern (vgl. Senat, Beschlüsse vom 8. Mai 1995 - NotZ 12/94, DNotZ 96, 210, 211; vom 20. April 2009 - NotZ 20/08, ZNotP 2009, 282 Rn. 25 und vom 22. März 2010 - NotZ 10/09, Rn. 25 f.).
bb) Nach diesen Grundsätzen ist die persönliche Eignung der weiteren Beteiligten nicht deshalb zu verneinen, weil sie ihrer Bewerbung die Bescheinigung des Auditoriums Celle über die erfolgreiche Teilnahme an der Fortbildungsveranstaltung vom 28. April 2007 vormittags beigefügt hat. Zwar ist diese Bescheinigung insoweit objektiv unrichtig, als die weitere Beteiligte nicht während des weit überwiegenden Teils der Veranstaltung tatsächlich anwesend war, sondern diese ohne wichtigen Grund eine halbe Stunde vor ihrem Ende verlassen hat. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die weitere Beteiligte den erforderlichen Vorsatz hinsichtlich der Verwendung dieser unrichtigen Bescheinigung hatte. Da die Teilnahmebescheinigung - anders als in dem der Entscheidung des Senats vom 8. Mai 1995 (NotZ 12/94, DNotZ 1996, 210) zugrunde liegenden Fall - nicht aufgrund der bloßen Anwesenheit, sondern nur unter der Voraussetzung einer erfolgreichen Teilnahme an dem Abschlusstest ausgehändigt wurde und die weitere Beteiligte diesen Test bestanden hat, kann nicht angenommen werden, sie habe gewusst oder zumindest billigend in Kauf genommen, ihr sei wegen ihres vorzeitigen Verlassens des Kurses die Bescheinigung zu Unrecht ausgestellt worden. Dies gilt umso mehr, als auch das Oberlandesgericht im vorliegenden Fall Abwesenheitszeiten von bis zu einer Stunde für unschädlich gehalten hat.
cc) Erhebliche Zweifel an der Geeignetheit der weiteren Beteiligten ergeben sich auch nicht aus der Vorlage der übrigen Bescheinigungen des Auditoriums Celle. Wie unter c) dd) ausgeführt, kann nicht festgestellt werden, dass diese Bescheinigungen objektiv unrichtig sind. Dieser Umstand geht zu Lasten des Antragstellers, der wie ausgeführt die Feststellungslast für die seinen Anspruch begründenden Umstände trägt.
3. Dem Aussetzungsantrag des Antragstellers war nicht zu entsprechen. Es ist weder ersichtlich noch dargetan, dass sich in dem gegen die weitere Beteiligte eingeleiteten Ermittlungsverfahren weitergehende Erkenntnisse ergeben werden als im vorliegenden Verfahren.
Galke Kessal-Wulf von Pentz
Bauer Ebner