Entscheidungsdatum: 22.07.2013
Zur Genehmigungsfähigkeit einer Nebentätigkeit eines Notars als Mitglied im Vorstand einer gemeinnützigen Stiftung, die Anteilseignerin von auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Gesellschaften ist.
Der Antrag des Beklagten, die Berufung gegen das am 17. und 18. Oktober 2012 zugestellte Urteil des Notarsenats des Oberlandesgerichts Celle zuzulassen, wird abgelehnt.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf bis zu 13.000 € festgesetzt.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Beklagten bestehen im Ergebnis weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Oberlandesgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO) noch stellen sich entscheidungserhebliche Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO).
1. Zu Unrecht macht der Beklagte geltend, die Vorinstanz habe der Gewinnerzielung und -maximierung der "G. -Gruppe" nicht die notwendige Bedeutung beigemessen. An diese Firmenstrategie sei die Tätigkeit der Stiftung - der die Anteile an den Gesellschaften dieser Gruppe gehören und deren Vorstandsmitglied der klagende Notar ist - gebunden. Das sei mit dem Leitbild eines unabhängigen und unparteiischen Notars unvereinbar und dem Ansehen des Notaramts insgesamt abträglich, was zur Versagung der Nebentätigkeitsgenehmigung führen müsse.
Da nicht eine verbotene Tätigkeit nach § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BNotO, sondern allein die Frage der Genehmigungsfähigkeit der Nebenbeschäftigung als Mitglied des Vorstands einer Stiftung in Rede steht, kommt dem Einwand der Beklagten hinsichtlich der Ausrichtung der Gesellschaften der "G. -Gruppe" auf Gewinnmaximierung kein entscheidendes Gewicht zu. Der Gesetzgeber hat in § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BNotO die Übernahme einer Nebenbeschäftigung insbesondere zu einer gewerblichen Tätigkeit als auch nach Nr. 2 dieser Vorschrift den Eintritt in den Vorstand, Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat oder ein sonstiges Organ einer auf Erwerb gerichteten Gesellschaft oder eines in einer anderen Rechtsform betriebenen wirtschaftlichen Unternehmens nur unter einen Genehmigungsvorbehalt gestellt. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass sowohl die gewerbliche Tätigkeit als auch der Eintritt in Organe einer auf Erwerb gerichteten Gesellschaft nicht generell unzulässig sind. Die Erzielung von Gewinn steht deshalb einer Nebenbeschäftigung nicht von vornherein entgegen.
Die Genehmigung einer Nebenbeschäftigung als Stiftungsvorstand kann dann aber auch nicht allein deshalb versagt werden, weil schon die Absicht der Gewinnerzielung als solche die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars in Frage stellen würde. Deshalb kommt dem Umstand, dass die dem Stiftungsvermögen zugehörigen Gesellschaften der "G. -Gruppe" auf Gewinnmaximierung sowie auf Expansion und Verdrängung von Wettbewerbern ausgerichtet sind, kein entscheidendes Gewicht zu. Allein hieraus kann nicht von vornherein der Schluss gezogen werden, dass die Tätigkeit im Vorstand der Stiftung unzulässig ist. Ob die Übernahme der Aufsichtsratstätigkeit in den Gesellschaften unzulässig ist, kann hier dahinstehen, da diese nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheids sind, sondern die Genehmigung dieser Tätigkeiten ausdrücklich zurückgestellt wurde.
Hier steht allein in Frage die Mitgliedschaft im Stiftungsvorstand. Ein unmittelbares Eingreifen der Vorstandsmitglieder der Stiftung in das operative Geschäft der von der Stiftung beherrschten einzelnen Gesellschaften ist mit dieser Stellung nicht verbunden, mögen auch bestimmte Geschäfte der Genehmigung des Vorstandes der Stiftung vorbehalten sein. Die dem Kläger eingeräumten Befugnisse gehen jedenfalls nicht über die eines Vorstandes oder Aufsichtsrats der Gesellschaft selbst hinaus. Die Mitgliedschaft in diesen Gesellschaftsorganen ist aber nach der gesetzlichen Regelung - wie bereits ausgeführt - nicht von vornherein unzulässig. Die Einflussmöglichkeiten des Klägers als Vorstandsmitglied der Stiftung sind daher nicht als mit dem Notaramt unvereinbar anzusehen.
Da die Tätigkeit des Stiftungsvorstands als solche nicht mit dem Notaramt unvereinbar ist und ein unmittelbares Nachaußentreten der "Aufsichtsorgane", sei es des Stiftungsvorstands oder des Aufsichtsrats der jeweiligen Gesellschaft, im operativen Geschäft nicht inmitten steht, ist auch die mögliche Wahrnehmung der Tätigkeit des Klägers im Stiftungsvorstand - oder dem hier nicht in Rede stehenden Aufsichtsrat der jeweiligen Gesellschaften - nicht von entscheidendem Gewicht, um die Genehmigungsfähigkeit der jeweiligen Tätigkeit zu verneinen.
2. Zu Unrecht macht der Beklagte geltend, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. September 2002 (DNotZ 2003, 65 ff.) und die Senatsentscheidung vom 11. Juli 2005 (NotZ 9/05, DNotZ 2005, 951 ff.) geklärt.
3. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, die Entscheidung des Oberlandesgerichts weiche von der Senatsentscheidung vom 11. Juli 2005 (aaO) ab. Im dortigen Fall war tragend für die Versagung der Genehmigung, dass der Notar eine Tätigkeit in einem Wirtschafts- bzw. unternehmensberatenden Bereich ausübte, der dem Anwaltsnotar als weiterer Beruf nach § 8 Abs. 2 Satz 2 BNotO untersagt ist. Darum geht es im vorliegenden Fall nicht.
4. Erfolglos macht der Beklagte geltend, die Entscheidung beruhe auf Verfahrensmängeln. Das Oberlandesgericht habe zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass zum Stiftungsvermögen umfangreiches Grundvermögen gehöre und deswegen auch Grundstücksgeschäfte zu besorgen seien, mit denen der Kläger infolge seiner Tätigkeit in Kontakt komme. Das Oberlandesgericht hat hier zutreffend darauf abgestellt, dass der Zweck der Firmen der "G. -Gruppe" nicht im Bereich des Grundstücksverkehrs liegt und auch keine besondere Affinität zu diesem Bereich aufweist. Daran ändert nichts, dass die Gesellschaft aufgrund ihrer Größe bereits umfangreiches Grundvermögen besitzt. Bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des Eintritts in ein vertretungsberechtigtes Organ einer Gesellschaft ist grundsätzlich zugrunde zu legen, dass sich der Notar im Falle der Genehmigung an die bestehenden Mitwirkungsverbote halten werde und alle Ge- und Verbote beachte. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass nach dem Geschäftszweck der Gesellschaft beurkundungsbedürftige Rechtsgeschäfte kaum anfallen dürften (Senatsbeschluss vom 11. Juli 2005 aaO S. 953).
Nicht durchgreifend ist der Einwand des Beklagten, das Berufungsgericht habe nicht hinreichend beachtet, dass in einem kleinstädtischen, geschäftlich und gesellschaftlich äußerst überschaubaren Gemeinwesen wie Celle nicht unbekannt bleibe, dass der Kläger Mitglied des Stiftungsvorstands und der - hier nicht in Rede stehenden - Aufsichtsräte sei. Die Offenlegung der Beziehung zu der Gesellschaft, in deren Organ der Notar eingetreten ist, kann jedoch als ausreichendes Mittel angesehen werden, gerade dem bösen Schein zu begegnen, weil die andere Partei einer Beurkundung berechtigt ist, aus diesem Grund einen Notarwechsel zu verlangen (vgl. BVerfG, DNotZ 2003, 65, 67). Daneben hat der Gesetzgeber mit der generellen Genehmigungsfähigkeit eines Eintritts in ein Organ einer Gesellschaft zum Ausdruck gebracht, dass die damit verbundene öffentliche Bekanntmachung z.B. durch Registereintragung oder durch schlichtes tatsächliches Bekanntwerden nicht generell einer Genehmigung entgegensteht. Die Bestimmungen des Beurkundungsgesetzes zu den für den Notar geltenden Mitwirkungsverboten (§ 3 BeurkG) setzen gleichfalls voraus, dass es dem Notar erlaubt sein kann, einem vertretungsberechtigten oder einem nicht vertretungsberechtigten Organ anzugehören (vgl. BVerfG aaO S. 66 f.). § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeurkG regelt, dass die Mitgliedschaft in einem Organ, das nicht zur Vertretung berechtigt, keinen Ausschluss von der Beurkundungstätigkeit bedingt, im Gegensatz zur Mitgliedschaft in einem vertretungsberechtigten Organ nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BeurkG. Die Aufklärung über die Tätigkeit als Aufsichtsrat einer Gesellschaft begründet damit nur eine Hinweispflicht nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BeurkG. Der Gesetzgeber sieht zur Vermeidung des Anscheins der Abhängigkeit und Parteilichkeit des Notars einen Hinweis an die Urkundsbeteiligten als ausreichend an. Jeder Fall der Mitgliedschaft in einem vertretungsberechtigten Organ schließt die Beurkundungstätigkeit unter Beteiligung der jeweiligen Gesellschaft, deren vertretungsberechtigtem Organ der Notar angehört, aus.
Die Mitgliedschaft des Klägers im Stiftungsvorstand ist so weit entfernt von der operativen Tätigkeit der einzelnen am Markt tätigen Unternehmen der "G. -Gruppe", dass dessen Bekanntwerden für sich genommen keinen Anschein der Abhängigkeit oder Parteilichkeit begründet. Bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit ist davon auszugehen, dass der Kläger bei seiner Beurkundungstätigkeit § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BeurkG beachtet. Soweit er Mitglied in den Aufsichtsräten der Gesellschaften der "G. -Gruppe" ist, hat der Gesetzgeber - wie ausgeführt - diesem Umstand keine so wesentliche Bedeutung beigemessen, dass er einer Beurkundungstätigkeit entgegenstünde. Das Bekanntwerden der Tätigkeit im Aufsichtsrat ist deshalb für sich genommen kein hinreichender Anhalt, die Genehmigungsfähigkeit des Eintritts in den Aufsichtsrat zu verneinen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Die Wertfestsetzung ist gemäß § 111g Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG erfolgt.
Galke Wöstmann von Pentz
Doyé Müller-Eising