Entscheidungsdatum: 23.07.2012
1. Im Interesse einer möglichst umfassenden vollständigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für das Amt des Notars muss die Auskunftspflicht peinlich genau erfüllt werden. Die Relevanz der auskunftspflichtigen Tatsachen für die Beurteilung der persönlichen Eignung bestimmt ausschließlich die Besetzungsbehörde.
2. Gibt ein Anwaltsnotar aufgrund einer Veränderung seiner Lebensumstände das Amt des Notars auf und bewirbt er sich zu einem späteren Zeitpunkt erneut, muss er sich zwar dem Auswahlverfahren stellen. Im neuen Auswahlverfahren ist allerdings besonders zu berücksichtigen, dass der Bewerber bereits einmal erfolgreich das Bewerbungsverfahren durchlaufen und seine fachliche und persönliche Eignung für dieses Amt dadurch und durch die Ausübung des Amts bewiesen hat.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Senats für Notarsachen des Kammergerichts in Berlin vom 5. Juli 2011 abgeändert und neu gefasst.
Die Bescheide der Beklagten vom 2. November 2010 und vom 8. November 2010 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Zuweisung einer der am 26. September 2008 (Amtsblatt S. 2279 ff.) ausgeschriebenen zu besetzenden Notarstellen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu bescheiden.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 6 zu tragen. Die übrigen Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Kläger wendet sich dagegen, dass seine Bewerbung auf eine der von der Beklagten am 26. September 2008 (Amtsblatt S. 2279 ff.) ausgeschriebenen 30 Notarstellen für 28 Bewerber mit der zweiten juristischen Staatsprüfung nach dem Deutschen Richtergesetz und für zwei Bewerber mit juristischem Diplomabschluss nach der Prüfungsordnung der DDR abschlägig verbeschieden worden ist.
Der am 28. Februar 1956 geborene Kläger legte im Jahr 1980 die erste juristische Staatsprüfung und im Jahr 1982 die zweite juristische Staatsprüfung jeweils mit der Gesamtnote "gut" ab. Im Jahre 1983 wurde er in Essen als Rechtsanwalt zugelassen und am 21. Juni 1995 zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm unter Zuweisung des Amtssitzes in Essen (Bezirk des Amtsgerichts Essen) bestellt. Auf eigenen Antrag schied der Kläger im Jahr 2000 wegen eines umzugsbedingten Wechsels in den Bezirk der Anwaltskammer Düsseldorf aus dem Amt des Notars aus, weil im Bezirk Düsseldorf das System des "Nur-Notariats" besteht. Er ist seit 2003 für eine überörtliche Anwaltssozietät, der er angehört, verstärkt in Berlin als Rechtsanwalt tätig und wurde am 26. September 2007 in die Berliner Rechtsanwaltskammer aufgenommen. Der Kläger bewarb sich auf eine der von der Beklagten ausgeschriebenen Notarstellen. Am 8. November 2010 teilte die Beklagte dem Kläger "im Nachgang zum Bescheid vom 2. November 2010" mit, dass nach Ablauf von zwei Wochen nach Zugang des Benachrichtigungsschreibens das Besetzungsverfahren fortgesetzt werde. Der Bescheid vom 2. November 2010 wurde dem Kläger am 11. November 2010 zugestellt. Darin äußerte die Beklagte die Absicht, die Notarstellen anderen Bewerbern zu übertragen. Der Kläger nehme die Rangstelle 31 ein. Seine fachliche Eignung sei mit 174,15 Punkten zu bewerten. Die Bewerber auf den Rangstellen 1 bis 28 hätten Punktzahlen von 217,65 (1. Rang) bis 180,88 (28. Rang) erreicht.
Der Kläger hat daraufhin beantragt, die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, eine der ausgeschriebenen Notarstellen bis zu einer rechts- oder bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache für ihn freizuhalten. Am 22. November 2010 hat er Klage mit dem Ziel der Aufhebung der Bescheide der Beklagten vom 2. und 8. November 2010 und neuer Bescheidung seines Antrags unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erhoben.
Der Kläger macht geltend, dass die Beklagte seine frühere Notartätigkeit bei der Beurteilung der fachlichen Eignung zu wenig berücksichtigt habe. Zwar würden für ca. 5 ½ Jahre Notartätigkeit 23,82 Punkte in Ansatz gebracht. Wegen der erheblichen Zahl von Notarvertretungen und wegen einer ständigen Notariatsverwaltung werde jedoch infolge der Kappungsgrenze bei 20 Punkten seine Tätigkeit als Notar nicht in dem gebotenen Umfang berücksichtigt. Auch seine frühere Dozententätigkeit sei mit einem Sonderpunkt zu gering bewertet. Im Übrigen seien die Bewerber mit den Rängen 12, 21 und 24 aufgrund der Verletzung der Pflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben in ihren Bewerbungen persönlich nicht für das Amt des Notars geeignet.
In dem inzwischen rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren, dem die Klage des Bewerbers mit der Rangstelle 29 gegen den Bewerber mit der Rangstelle 24 zugrunde liegt, hat der Notarsenat des Kammergerichts mit Urteil vom 16. August 2011, Az.: Not 26/10, den Bescheid gegen den Bewerber mit der Rangstelle 29 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dessen Antrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Es bestünden Zweifel an der persönlichen Eignung des Bewerbers mit der Rangstelle 24 für das Amt des Notars.
Im Streitfall hat der Notarsenat des Kammergerichts die Klage abgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Klageziel in vollem Umfang weiter.
I.
Das Kammergericht hat ausgeführt:
Die fachliche Qualifikation des Klägers sei auf der Grundlage des in der Ausschreibung näher geregelten Punktesystems mit 174,15 Punkten frei von Rechtsfehlern ermittelt worden. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Beklagte dem Kläger für die Tätigkeiten als Notar, Notarvertreter und ständiger Vertreter eines Notars die maximal mögliche Punktezahl von 20 Sonderpunkten angerechnet habe. Da die Kappungsgrenze bereits durch die Notartätigkeit in den Jahren 1995 bis 2000 erreicht werde, sei unschädlich, dass die Beklagte bei den Notarvertretungen zwischen 1985 und 1994 von Notariaten mit unterdurchschnittlichem Urkundenaufkommen ausgegangen sei. Der Gewinn an notarspezifischer Qualifikation nehme nicht im Laufe der Zeit stetig zu, weil es wie bei den Urkundsgeschäften auch bei der Führung eines Notariats zu Wiederholungen komme. Dass bei der Vergabe von Sonderpunkten nicht nach der Tätigkeit als Notar, Notarvertreter oder Notariatsverwalter unterschieden werde, liege im Rahmen des Beurteilungsspielraums der Landesjustizverwaltung. Auch die Bewertung der Tätigkeit des Klägers als Dozent bei der Deutschen Notarakademie halte sich im Rahmen des der Beklagten zustehenden Beurteilungsermessens. Die Beklagte habe keinen Anlass gehabt, von den errechneten 174,15 Punkten zu Gunsten des Klägers nach einer wertenden Gesamtschau abzuweichen. Hierfür bestehe nur insoweit Raum, als Umstände in Rede ständen, die im Punktesystem noch keine hinreichende Berücksichtigung gefunden hätten. Die Beklagte habe aber sämtliche Qualifikationen des Klägers bereits berücksichtigt. Auch wenn einzelne Tätigkeiten bei der Vergabe von Sonderpunkten im Ergebnis keinen Eingang in die Gesamtpunktezahl gefunden hätten, sei dies im Einzelfall hinzunehmen. Dies liege an der Kappungsgrenze von 20 Punkten gemäß Nr. 2 f aa der Ausschreibung.
Die Mitbewerber auf den Rangstellen 12 und 21 seien von der Beklagten zutreffend als persönlich geeignet beurteilt worden. Die gegen den Bewerber Dr. B. (Rangstelle 12) geführten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren seien gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. In den gegen ihn geführten standesrechtlichen Verfahren sei mit einer Ausnahme ein berufsrechtlicher Verstoß nicht festgestellt worden. Da auch dort nur eine Rüge ausgesprochen worden sei und es sich um die einzige berufsrechtliche Maßnahme innerhalb einer dreizehnjährigen Anwaltszeit handle, ergäben sich daraus keine Bedenken gegen die persönliche Eignung des Bewerbers. Solche bestünden auch nicht deshalb, weil er in seiner Bewerbung um eine Notarstelle vom 10. November 2008 mehrere gegen sich geführte Verfahren nicht benannt habe. Die persönliche Eignung für das Amt des Notars sei dann zweifelhaft, wenn ein Bewerber Ermittlungsverfahren bewusst verschweige, um die Justizverwaltung zu täuschen und seine Bewerbungschancen gegenüber den Mitbewerbern zu verbessern. Dies sei nicht der Fall. Der Bewerber habe die Verfahren benannt, bei denen er davon habe ausgehen müssen, dass sie für das Bewerbungsverfahren von Bedeutung sein könnten. Soweit er Verfahren nicht angegeben habe, sei eine Täuschung aus seiner Sicht nicht erforderlich gewesen. Die verschwiegenen Verfahren hätten jedenfalls inhaltlich keine Bedenken gegen seine persönliche Eignung begründen können.
Hinsichtlich der persönlichen Eignung des Bewerbers Rechtsanwalt Sch. (Rangstelle 21) gelte im Ergebnis nichts anderes. Alleine die Anzahl der berufsrechtlichen Verfahren stehe seiner persönlichen Eignung nicht entgegen. Etwas anderes widerspräche der Unschuldsvermutung. Auch der Umstand, dass Rechtsanwalt Sch. im Bewerbungsbogen Verfahren nicht angegeben habe, begründe nicht Zweifel an der persönlichen Eignung. Er habe zwar insgesamt zehn von vierzehn gegen ihn bei der Rechtsanwaltskammer anhängigen/anhängig gewesenen Beschwerdeverfahren und in einer Selbstauskunft vom 8. August 2006 für eine Notarvertretung eine durch die Rechtsanwaltskammer erteilte und später wieder aufgehobene Rüge nicht angegeben. Jedoch habe der Bewerber dabei nicht über das Vorhandensein weiterer Verfahren bewusst täuschen wollen. Dagegen spreche bereits, dass er seine Angaben im Bewerbungsbogen mit dem einschränkenden Vermerk "jeweils soweit ersichtlich" versehen habe.
II.
Die zulässige Berufung (§ 111d Satz 1 BNotO) des Klägers hat Erfolg.
1. Das Kammergericht und die Beklagte haben die Bedeutung der Verpflichtung zu vollständigen und wahrheitsgemäßen Angaben des Bewerbers im Verhältnis zu den Aufsichtsbehörden für die persönliche Eignungsprognose verkannt und infolgedessen der unvollständigen und mithin nicht wahrheitsgemäßen Auskunft der Bewerber auf den Rangstellen 12 und 21 ein zu geringes Gewicht für die Gesamtbeurteilung der charakterlichen Eignung für das Amt des Notars beigemessen. Bei gebotener Gewichtung der persönlichen Merkmale der Redlichkeit und uneingeschränkten Wahrhaftigkeit bestehen durchgreifende Zweifel an der persönlichen Eignung dieser Bewerber für das Amt des Notars. Da aufgrund des inzwischen rechtskräftigen Urteils des Kammergerichts auch der Bewerber mit der Rangstelle 24 weggefallen ist (Urteil vom 16. August 2011, Az.: Not 26/10; Berufung nicht zugelassen durch Beschluss vom 5. März 2012 - NotZ(Brfg) 13/11; Verfassungsbeschwerde nicht angenommen), scheiden drei Bewerber auf Rangstellen vor dem Kläger infolge von Zweifeln an der persönlichen Eignung aus. Der Kläger erreicht danach jedenfalls die Rangstelle 28.
a) Die persönliche Eignung für das Notariat stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, dessen Interpretation durch die Landesjustizverwaltung gerichtlich voll überprüfbar ist. Dieser verbleibt bei der Prognose, ob der Bewerber aufgrund seiner richtig festgestellten und rechtlich zutreffend bewerteten persönlichen Umstände für das Amt geeignet ist, ein Beurteilungsspielraum (Senat, Beschluss vom 25. November 1996 - NotZ 48/95, BGHZ 134, 137, 138 ff.). Der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt allerdings die Frage, ob ein Umstand überhaupt für die Eignung von Bedeutung ist und welches Gewicht ihm im Einzelfall zukommt.
aa) Die persönliche Eignung ist zu bejahen, wenn die Eigenschaften des Bewerbers, wie sie sich insbesondere in seinem äußeren Verhalten offenbaren, keine begründeten Zweifel daran aufkommen lassen, dass er die Aufgaben und Pflichten eines Notars gewissenhaft erfüllen werde. Mit Rücksicht auf die Bedeutung und Schwierigkeiten der Aufgaben, die der Notar als unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege zu erfüllen hat (§ 1 BNotO), darf der an die persönlichen Eigenschaften des Bewerbers anzulegende Maßstab nicht zu milde sein (vgl. Senat, Beschlüsse vom 31. Juli 2000 - NotZ 5/00, DNotZ 2000, 943; vom 17. November 2008 - NotZ 10/08, NJW-RR 2009, 350, 251; vom 22. März 2010 - NotZ 21/09, ZNotP 2010, 314 Rn. 6 und NotZ 10/09, ZNotP 2010, 232 Rn. 22 und vom 15. November 2010 - NotZ 1/10, ZNotP 2011, 36 juris Rn. 23). Als Träger eines öffentlichen Amtes, der auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege wichtige Funktionen wahrnimmt, ist der Notar in besonderem Maße zur Integrität verpflichtet. Die erhöhten Anforderungen rechtfertigen sich daraus, dass die Leistungsfähigkeit der vorsorgenden Rechtspflege wesentlich vom Vertrauen der Rechtsuchenden in die Rechtspflegeorgane abhängt und dafür unbedingte Integrität der Amtspersonen gefordert ist. Dementsprechend ist durch § 14 Abs. 3 Satz 1 BNotO festgelegt, dass sich der Notar durch sein Verhalten innerhalb und außerhalb seines Berufes der Achtung und des Vertrauens, die seinem Beruf entgegengebracht werden, würdig zu zeigen hat. Wesentliche Vorausset-zungen dafür, dass der rechtsuchende Bürger dem Notar Achtung und Vertrauen entgegenbringen kann, sind nicht nur Fähigkeiten wie Urteilsvermögen, Entschlusskraft, Standfestigkeit, Verhandlungsgeschick und wirtschaftliches Verständnis, sondern vor allem uneingeschränkte Wahrhaftigkeit und Redlichkeit. Auch im Verhältnis zu den Aufsichtsbehörden kommt es auf die letztgenannten Eigenschaften an. Denn zur Wahrnehmung ihrer für die Gewährleistung einer funktionstüchtigen vorsorgenden Rechtspflege wesentlichen Aufsichtsbefugnisse müssen sich die Aufsichtsbehörden darauf verlassen können, dass der Notar ihnen vollständige und wahrheitsgemäße Auskünfte erteilt (vgl. Senat, Beschlüsse vom 22. März 2010 - NotZ 10/09, aaO, Rn. 23 und vom 15. November 2010 - NotZ 1/10, aaO). Die persönliche Eignung ist deshalb zu verneinen, wenn der Bewerber durch falsche Angaben versucht hat, die Aufsichtsbehörde im Bewerbungsverfahren zu täuschen, um seine Bewerbungschancen zu verbessern (vgl. Senat, Beschlüsse vom 8. Mai 1995 - NotZ 12/94, DNotZ 96, 210, 211; vom 20. April 2009 - NotZ 20/08, ZNotP 2009, 282 Rn. 25; vom 22. März 2010 - NotZ 10/09, aaO Rn. 25 f. und vom 15. November 2010 - NotZ 1/10, aaO). Zwar dürfen nicht zuletzt wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die Anforderungen nicht überspannt werden. Sie sind nicht Selbstzweck, sondern müssen stets in Beziehung zu den Bedürfnissen einer leistungsfähigen vorsorgenden Rechtspflege gesetzt werden. Gefordert ist eine Gesamtbewertung aller, gemessen an den persönlichen Anforderungen an einen Notar, aussagekräftigen Umstände, die in der Persönlichkeit und in dem früheren Verhalten des Bewerbers zutage getreten sind. Dabei können Verhaltensweisen und Auffälligkeiten, die jeweils für sich betrachtet eine negative Bewertung nicht tragen würden, in ihrem Zusammentreffen ausreichen, um nicht ausräumbare Zweifel an der persönlichen Eignung zu begründen. Bei der Gesamtbeurteilung darf und muss auch ein früheres Fehlverhalten als Rechtsanwalt oder Notarvertreter einbezogen werden (BGH, Beschlüsse vom 13. Dezember 1993 - NotZ 33/92, BGHR BNotO § 6 Eignung 4; vom 2. Juli 1984 - NotZ 1/84, DNotZ 1985, 500, 502 und vom 12. November 1984 - NotZ 9/84, DNotZ 1985, 502, 503 jeweils mwN). Der Verwertbarkeit solchen Verhaltens steht nicht entgegen, dass einschlägige staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren, Strafverfahren oder anwaltsgerichtliche Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts, wegen geringfügigen Verschuldens, nach Erfüllung von Auflagen oder aus anderen Gründen eingestellt worden sind (Beschluss vom 13. Dezember 1993 - NotZ 33/92, BGHR BNotO § 6 Eignung 4). Denn wesentlich ist nicht so sehr die strafrechtliche Bewertung und/oder die Beurteilung nach dem Standesrecht der Rechtsanwälte, als vielmehr die im Bewerbungsverfahren selbständig zu prüfende Frage, ob aus dem zugrunde liegenden Verhalten negative Folgerungen im Hinblick auf die wegen des öffentlichen Amts erhöhten persönlichen Anforderungen an einen Notar zu ziehen sind.
bb) Unverzichtbare Grundlage für die Prüfung der charakterlichen Eignung für das Amt des Notars ist die vollständige und sorgfältige Beantwortung der Fragen an den Bewerber. Sie verlangt die Angabe von anhängigen und anhängig gewesenen straf-, disziplinar- oder standesrechtlichen Ermittlungsverfahren, sonstigen berufsrechtlichen Verfahren, auch bei der Rechtanwaltskammer in den letzten fünf Jahren geführte Beschwerde- bzw. Gebührenbeschwerdeverfahren. Dementsprechend wird in Nr. 4 der betreffenden Anlage zu dem von der Beklagten verwendeten Bewerbungsbogen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nicht nur Verfahren, die zu einer Bestrafung oder Ahndung geführt haben, anzugeben sind. Macht der Bewerber unvollständige Angaben, verfügt er eigenmächtig über die tatsächliche Beurteilungsgrundlage der Aufsichtsbehörde. Die Versicherung der Vollständigkeit ist dann jedenfalls objektiv unwahr. Verschweigt der Bewerber nach seiner eigenen Einschätzung irrelevante gegen ihn eingeleitete Verfahren, selektiert er eigenmächtig in nicht hinnehmbarer Weise die im Auswahlverfahren zu berücksichtigenden Tatsachen. Ob die den Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalte seine persönliche Eignung in Frage stellen könnten, kann jedenfalls nicht der Bewerber beurteilen. Die Relevanz der Verfahren für die Beurteilung der persönlichen Eignung bestimmt ausschließlich die Aufsichtsbehörde. Im Interesse einer möglichst umfassenden vollständigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung des Bewerbers muss die Auskunftspflicht peinlich genau erfüllt werden.
cc) Wahrheitswidrig unvollständige Angaben im Bewerbungsverfahren begründen im Allgemeinen Zweifel an der persönlichen Eignung des Bewerbers zum Notar. Dabei kommt es nicht in erster Linie auf die Verhaltensweisen an, die den nicht genannten Verfahren zugrunde liegen. Unvollständige Angaben sprechen regelmäßig für eine Täuschungsabsicht des Bewerbers. Der Versuch, auf diese Weise, Sachverhalte nach seiner Auswahl der Beurteilung durch die für die Besetzung zuständige Justizverwaltungsbehörde zu entziehen, liegt dabei nahe. Auch wenn bei objektiver Betrachtung mit einer negativen Auswirkung durch das verschwiegene Verfahren nicht zu rechnen ist, hat dieser Umstand keinen Einfluss auf die Verpflichtung zur Vollständigkeit und Wahrhaftigkeit der Angaben.
b) Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze bestehen begründete Zweifel an der persönlichen Eignung der weiteren Beteiligten mit den Rangstellen 12 und 21.
(1) Der Mitbewerber mit der Rangstelle 12, Rechtsanwalt Dr. B., hat zwar in der von ihm am 10. November 2008 selbst unterschriebenen Anlage zur Selbstauskunft in Nr. 4 zu seinem Antrag an die Beklagte auf Bestellung zum Notar ein Rügeverfahren der Rechtsanwaltskammer Berlin und drei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellte Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Berlin angegeben. Jedoch hat er folgende Verfahren, obwohl diese ihm zur Kenntnis gelangt waren, verschwiegen:
3 Wi Js 851/07 Staatsanwaltschaft Berlin = II BS 849.07 RAK, eingestellt mit Verfügung vom 27. November 2007
61 Js 5003/07 Staatsanwaltschaft Berlin
53 Js 2044/03 Staatsanwaltschaft Berlin
I BS 2579.05 Rechtsanwaltskammer Berlin
I BS 901.04 Rechtsanwaltskammer Berlin.
Auf Rückfrage der Beklagten mit Schreiben vom 31. Juli 2009 zur fehlenden Angabe der Rügeverfahren hat er sich darauf berufen, dass ihm die Verfahren der Rechtsanwaltskammer bei Abfassung der Bewerbung nicht mehr erinnerlich gewesen seien. Vom Ermittlungsverfahren mit dem Aktenzeichen 61 Js 5003/07 habe er niemals Kenntnis erlangt. Die Angaben zu den Verfahren 3 Wi Js 851/07 und 53 Js 2044/03 hat der Bewerber nicht ergänzt. Erst auf das weitere Schreiben der Beklagten vom 10. September 2009 entschuldigte Rechtsanwalt Dr. B. die Lücken damit, dass ihm diese Verfahren beim Ausfüllen des Fragebogens nicht mehr in Erinnerung gewesen seien. Die Vorwürfe seien unberechtigt gewesen und er habe darüber keine Akten geführt.
Mit Recht hat der Vorstand der Notarkammer in der Stellungnahme vom 20. September 2010 aufgrund dieses Verhaltens Zweifel an der persönlichen Eignung des Bewerbers für das Amt des Notars für gegeben erachtet. Dass Rechtsanwalt Dr. B. behauptet, er habe die nicht angegebenen Vorgänge nicht mehr in Erinnerung gehabt, muss als Schutzbehauptung gewertet werden, die ein zusätzliches Indiz für eine mangelnde persönliche Eignung darstellt. Das Ermittlungsverfahren Az. 3 Wi Js 851/07 Staatsanwaltschaft Berlin, hatte die Mitteilung des Inhalts einer Gerichtsverhandlung über das Internet zum Gegenstand. Es war erst im Jahr 2007 eingestellt worden. Dieses Verfahren konnte kaum nach einem Jahr so in Vergessenheit geraten sein, dass es auch bei sorgfältigem Nachdenken, das für die Fertigung der Auskunft geboten ist, nicht präsent war. Das Verfahren mit dem Az. 53 Js 2044/03 Staatsanwaltschaft Berlin dürfte dem Bewerber im Gedächtnis geblieben sein, weil es dabei um die Anzeige seiner Ehefrau wegen häuslicher Gewalt ging. Selbst wenn die Verfahren beim Ausfüllen der Bewerbungsunterlagen von Dr. B. vergessen worden wären, hätte ihn die erste Nachfrage der Beklagten vom 31. Juli 2009 veranlassen müssen, sorgfältig zu prüfen, ob und gegebenenfalls welche Ergänzungen seiner Angaben geboten sind. Stattdessen hat Rechtsanwalt Dr. B. abgewartet, bis er von der Beklagten durch eine zweite Nachfrage mit den verbliebenen Lücken in seinen Angaben konfrontiert worden ist.
Eine andere Betrachtungsweise ist nicht schon deshalb geboten, weil Dr. B. bereits aus Anlass der Bestellung zum Notarvertreter in der Selbstauskunft vom 26. September 2005 angegeben hatte, gegen ihn seien verschiedene straf- und berufsrechtliche Ermittlungsverfahren anhängig gewesen, die eingestellt worden seien. Es sei ihm nicht mehr möglich, die Aktenzeichen zu benennen, sie seien aber alle in Berlin geführt worden. Fehlen dem Bewerber gesicherte Kenntnisse muss von ihm erwartet werden, dass er sich durch eine Rückfrage bei der Beklagten versichert, ob er seiner Auskunftspflicht mit unpräzisen Angaben noch hinreichend genügt. Erforderlichenfalls hat er sich bei der Staatsanwaltschaft und der Rechtsanwaltskammer nach den ihm nicht mehr gegenwärtigen Aktenzeichen zu erkundigen.
Schon gar nicht vermag die eigene Pflicht zu einer sorgfältigen und wahrheitsgemäßen Auskunft zu mindern, dass der Bewerber mit der Einholung von Auskünften bei der Staatsanwaltschaft und der Rechtsanwaltskammer sowie mit der Beiziehung der dort geführten Vorgänge durch die Besetzungsbehörde einverstanden ist. Andernfalls würde die Auskunftspflicht auf Verfahren reduziert, die von der Beklagten nicht selbst recherchiert werden können. Der Fragestellung in Nr. 4 der Anlage kann irgendeine Einschränkung der Verpflichtung zu vollständigen Angaben nicht entnommen werden. Dem hatte jeder Bewerber um das Amt eines Notars zu entsprechen. Die Wahrheitspflicht würde in nicht hinnehmbarer Weise ausgehöhlt, würde der Auffassung der Beklagten und des Kammergerichts gefolgt.
(2) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet danach auch die persönliche Eignung des Bewerbers auf der Rangstelle 21, Rechtsanwalt Sch. Er hat nur einen geringen Teil der gegen ihn anhängigen bzw. anhängig gewesenen Verfahren angegeben. Er hat zwar Verfahren aus den Jahren 2000 und 2003 genannt, zu denen keine Unterlagen mehr vorhanden sind. Hingegen sind zur Bewerbung zeitnähere Verfahren - nach seinem Vortrag - von ihm vergessen worden. Vorbeugend wurde die Vollständigkeit der Angaben durch den Zusatz "jeweils soweit ersichtlich" relativiert. Mindestens zehn Rüge- bzw. Beschwerdeverfahren der letzten fünf Jahre wurden nicht genannt. Noch im Vermerk vom 6. Juli 2009 hat die Beklagte deshalb mit Recht als relevant für die Beurteilung angesehen, dass Rechtsanwalt Sch. in der Selbstauskunft vom 8. August 2006 zu seinem Antrag auf Bestellung zum Notarvertreter das noch anhängige Rügeverfahren der Rechtsanwaltskammer Berlin (V BS 1094.05) verschwiegen hatte. Dass das Verfahren dem Bewerber zum Zeitpunkt der Selbstauskunft nicht mehr präsent gewesen sein soll, ist für den erkennenden Senat schon im Hinblick auf die zeitliche Abfolge nicht glaubhaft. Das Verfahren wurde auf den Einspruch von Rechtsanwalt Sch. vom 14. Dezember 2005 gegen den Rügebescheid vom 11. November 2005 eingestellt. Die Nachricht davon erging am 13. Februar 2006 an Rechtsanwalt Sch. Aufgehoben wurde der Rügebescheid aber erst am 23. Oktober 2006. Das Rügeverfahren war mithin noch anhängig zum Zeitpunkt des Antrags auf Bestellung zum Notarvertreter im August 2006. Es liegt nahe, dass Rechtsanwalt Sch. das Verfahren verschwieg, um die Notarvertretung, die für eine spätere Bewerbung um das Amt des Notars nützlich sein konnte, nicht zu gefährden.
Ob schon die hohe Anzahl berufsrechtlicher Verfahren (14 Verfahren in 5 Jahren) unter Berücksichtigung der ihnen zugrunde liegenden Umstände die persönliche Eignung von Rechtsanwalt Sch. für das Amt des Notars in Zweifel ziehen könnte, bedarf keiner Klärung. Jedenfalls kann sich ein Bewerber nicht der Verpflichtung zu wahrheitsgemäßen und vollständigen Angaben durch den Hinweis "jeweils soweit ersichtlich" entledigen. Die von der Beklagten und dem Kammergericht hierzu vertretene gegenteilige Auffassung ist mit den Sorgfaltsanforderungen an einen künftigen Notar nicht vereinbar. Der Bewerber hat sich erforderlichenfalls kundig zu machen, sollte er nicht auf einen gesicherten Wissensstand zurückgreifen können.
2. Der Kläger wendet sich außerdem mit Erfolg gegen die Beurteilung seiner fachlichen Eignung, weil seine frühere Tätigkeit als Notar in Nordrhein-Westfalen aufgrund der Kappungsgrenze gemäß Nr. 2 f aa) der Ausschreibung für die Tätigkeit als Notar, Notarvertreter und Notariatsverwalter mit 20 Sonderpunkten von der Beklagten nicht hinreichend berücksichtigt worden sei.
a) Nicht zu beanstanden ist allerdings, dass dem Kläger für seine Tätigkeit als Dozent bei Fortbildungskursen lediglich ein Punkt angerechnet worden ist. Die Bewertung der Beklagten, dass die Honorierung des Aufwands für die Vorbereitung und Durchführung der von dem Kläger geleiteten Fortbildungskurse zu vergleichen ist mit der Honorierung der übrigen Tätigkeiten, die mit Sonderpunkten berücksichtigt werden können, beruht auf sachlichen Gesichtspunkten und ist frei von Rechtsfehlern. Da ein Bewerber bei der Vertretung eines unterdurchschnittlichen Notariats 100 Tage im Jahr tätig sein muss, bei der Vertretung eines überdurchschnittlichen Notariats immerhin 45 Tage, um einen Sonderpunkt zu erhalten, ist die Bewertung der Dozententätigkeit - wie festgesetzt - hinzunehmen, zumal die Tätigkeit des Klägers in den Jahren 1996 bis 1998 bereits mehr als 10 Jahre zurückliegt.
b) Die Anrechnung von insgesamt 20 Punkten für die Tätigkeit als Notar, Notarvertreter oder Notariatsverwalter ist auch nicht deshalb unrichtig, weil nach der Regelung in Nr. 2 f aa) für jede einzelne der dort genannten Tätigkeiten die Vergabe von 20 Punkten geboten wäre. Die Auffassung der Beklagten und des Kammergerichts, dass die Kappungsgrenze insgesamt bei 20 Sonderpunkten für die Tätigkeit als Notar, Notarvertreter und Notariatsverwalter im Regelfall setzt, stimmt überein mit der des erkennenden Senats (vgl. Senat, Beschluss vom 14. April 2008 - NotZ 4/08, DNotZ 2008, 872, juris Rn. 11).
c) Die fachliche Eignungsprognose der Beklagten verletzt allerdings den Grundsatz der Bestenauslese deshalb (vgl. Senatsbeschluss vom 20. November 2006 - NotZ 4/06, ZNotP 2007, 109 Rn. 29), weil die Bewertung mit insgesamt 20 Punkten für Erfahrungen aus einer Tätigkeit als Notar, Notarvertreter oder Notariatsverwalter für abschließend erachtet und nicht im Rahmen der im Einzelfall gebotenen Gesamtwürdigung überprüft worden ist. Die Fähigkeiten und Erfahrungen, die der Kläger im Laufe der 5 ½ jährigen Tätigkeit als selbständiger Notar erworben hat, sind aufgrund der Kappung bei 20 Punkten bei der Beurteilung der fachlichen Eignung nur von untergeordneter Bedeutung geblieben, weil schon 12,94 Punkte aufgrund einer ständigen Notariatsverwaltung und von Notarvertretungen erreicht wurden, obwohl die Beklagte durchgängig nur von einem unterdurchschnittlichen Urkundenaufkommen ausgegangen ist. Solche strukturellen Defizite des gekappten Punktewertesystems sind im Einzelfall aber im Rahmen der Gesamtwürdigung auszugleichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a., BVerfGE 110, 304 Rn. 102 juris).
Die Besetzungsbehörde schöpft regelmäßig ihren Beurteilungsspielraum nicht aus, wenn sie sich auf eine Gegenüberstellung der für die einzelnen Bewerber innerhalb des Bezugsystems gewonnenen Gesamtpunktzahlen beschränkt und ohne weiteres ("im Regelfall") dem Bewerber den Vorzug gibt, der die auf diese Weise ermittelte höchste Punktezahl erreicht hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 14. Juli 2006 - NotZ 3/06, ZNotP 2006, 392, 394 juris Rn. 14 und vom 20. November 2006 - NotZ 4/06, ZNotP 2007, 109 juris Rn. 21). Sie hat, bevor sie ihre endgültige Auswahl trifft, danach zu fragen, ob für die jeweiligen Bewerber Umstände ersichtlich sind, die in das an den genannten festen Kriterien ausgerichtete Punktesystem keinen Eingang gefunden haben, aber dennoch maßgebend für die vollständige und zutreffende Beurteilung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Bewerbers sind. Durch die Öffnungsklausel in Nr. 2 f. können im Rahmen der Gesamtentscheidung grundsätzlich weitere Punkte für im Einzelfall vorhandene besondere notarspezifische Qualifikationen angerechnet werden. Dadurch erhalten herausragende notarspezifische Leistungen das ihnen gebührende Gewicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a., BVerfGE 110, 304, 334).
Die Berücksichtigung einer langjährigen Tätigkeit als selbständiger Notar im Rahmen der Gesamtbewertung widerspricht entgegen der Auffassung des Kammergerichts nicht dem Verbot der Doppelbewertung. Zwar dürfen Umstände, die bereits im Rahmen des Punktesystems gewertet worden sind, nicht noch einmal im Individualvergleich der Bewerber herangezogen werden (vgl. Senat, Beschlüsse vom 23. Juli 2007 - NotZ 8/07, ZNotP 2007, 475, 477 Rn. 14; vom 14. April 2008 - NotZ 100/07, BRAK-Mitt. 2008, 181, juris Rn. 25 und vom 22. März 2010 - NotZ 20/09, juris Rn. 10). Doch geht es bei der Berücksichtigung der Notarvertretung und Notariatsverwaltung in erster Linie um den Nachweis der fachlichen Leistungen durch die Erarbeitung von Entwürfen und Beurkundungen. Die eigenverantwortliche Führung eines Notariats hingegen umfasst zusätzlich wirtschaftliche und organisatorische Aufgaben, die von einem Notar zu bewältigen sind. Ein langjähriges eigenes Notariat ist in der Regel von ganz anderem Zuschnitt als eine Notariatsverwaltung oder Notarvertretung. Dem entspricht, dass bei einem Bewerber um eine Stelle als Anwaltsnotar, der sein Amt gemäß § 48b BNotO aus familiären Gründen (Betreuung und Pflege von Angehörigen) für mehr als ein Jahr vorübergehend niedergelegt hatte, bei der künftigen Auswahlentscheidung nach § 6 BNotO besonders zu berücksichtigen ist, dass er schon einmal eine Notarstelle inne hatte (Senatsurteil vom 21. November 2011 - NotZ(Brfg) 3/11, ZNotP 2012, 73 Rn. 13 a.E.). Auch die Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 3 BNotO in der seit dem 1. Mai 2011 geltenden Fassung trägt dem Umstand Rechnung, dass ein Bewerber um das Amt des Notars (§ 3 Abs. 2 BNotO) bereits Notar war. Auch wenn derjenige, der bereits zum Notar bestellt worden war und das Amt aufgrund einer Veränderung seiner Lebensumstände aufgegeben hat, sich erneut dem Auswahlverfahren stellen muss (vgl. Senatsurteil vom 21. November 2011 - NotZ(Brfg) 3/11, aaO), muss im neuen Auswahlverfahren besonders berücksichtigt werden, dass der Bewerber bereits einmal erfolgreich das Bewerbungsverfahren durchlaufen und seine fachliche und persönliche Eignung für dieses Amt dadurch und durch die Ausübung des Amts bewiesen hat.
Die selbständige Notartätigkeit ist auch nicht schon dadurch hinreichend berücksichtigt worden, dass die örtliche Wartezeit für den Kläger auf ein Jahr verkürzt worden ist. Die örtliche Wartezeit ist nicht ein Gesichtspunkt der fachlichen Eignung. Sie soll eine ausreichende wirtschaftliche Grundlage des Rechtsanwalts für die Führung eines Notariats vor Ort gewährleisten (vgl. Senat, Beschlüsse vom 24. Juli 2006 - NotZ 13/06, DNotZ 2007, 757 und vom 3. Dezember 2001 - NotZ 17/01, DNotZ 2002, 552 f.).
d) Dem Umstand, dass der Kläger nicht das erforderliche ausgewogene Verhältnis zwischen theoretischer und praktischer Vorbereitung auf das angestrebte Notaramt aufweist, weil er lediglich 6,50 Punkte von möglichen 60 Punkten für Fortbildungskurse und 49,40 Punkte von möglichen 60 Punkten für die Beurkundungstätigkeit erreicht hat, kann die Beklagte gegebenenfalls bei der Neubescheidung Rechnung tragen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 111d Abs. 1 Satz 1 BNotO, § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Wertfestsetzung ergibt sich aus § 111g Abs. 2 Satz 1 BNotO.
Galke Diederichsen Appl
Doyé Müller-Eising