Entscheidungsdatum: 15.11.2018
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 23. März 2018 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 210.785,62 € festgesetzt.
Die Beschwerde deckt keinen durchgreifenden Zulassungsgrund auf.
1. Zwar kann der Würdigung des Berufungsgerichts nicht beigetreten werden, eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) sei nicht hinreichend dargelegt, weil nicht festgestellt werden könne, ob die Schuldnerin einen wesentlichen Teil ihrer Verbindlichkeiten nicht habe bezahlen können. Dieser Rechtsfehler ist indessen nicht entscheidungserheblich.
a) Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, WM 2015, 1202 Rn. 12).
aa) Eine Zahlungseinstellung kann aus einem einzelnen, aber auch aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender, in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden. Sind derartige Indizien vorhanden, bedarf es einer darüber hinausgehenden Darlegung und Feststellung der genauen Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Verbindlichkeiten oder einer Unterdeckung von mindestens 10 v.H. nicht (BGH, aaO Rn. 13).
bb) Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten kann eine Zahlungseinstellung begründen. Das gilt selbst dann, wenn tatsächlich noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 12). Ein weiteres Indiz für eine Zahlungseinstellung kann in der Nichtzahlung sowie der schleppenden Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen (BGH, aaO Rn. 15) oder Steuerforderungen (BGH, aaO Rn. 16) erblickt werden. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, kann regelmäßig von einer Zahlungsunfähigkeit zu diesem Zeitpunkt ausgegangen werden (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, WM 2006, 2312 Rn. 28). Eigene Erklärungen des Schuldners, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können, deuten auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen sind (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 21). Schließlich können gegen den Schuldner betriebene Vollstreckungsverfahren die Schlussfolgerung der Zahlungseinstellung nahelegen (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 17). Verwirklichen sich mehrere gewichtige Beweisanzeichen, ermöglicht dies die Bewertung, dass eine Zahlungseinstellung vorliegt (BGH, aaO Rn. 18).
cc) Vor diesem Hintergrund kann eine Zahlungseinstellung nicht allein deswegen abgelehnt werden, weil es an Feststellungen dazu fehlt, ob ein erheblicher Teil der fälligen Verbindlichkeiten nicht beglichen wurde. Scheidet dieses Indiz einer Zahlungseinstellung aus, kann diese vielmehr aus sonstigen, im konkreten Streitfall einschlägigen Beweisanzeichen gefolgert werden. Bei dieser Sachlage verbietet es sich, allein mangels Darlegung des Verhältnisses der fälligen Verbindlichkeiten zu den Gesamtverbindlichkeiten eine Zahlungseinstellung abzulehnen. Diese Würdigung liefe auf die Notwendigkeit der Erstellung einer Liquiditätsbilanz hinaus, die in Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO gerade entbehrlich ist (BGH, aaO Rn. 10; Urteil vom 7. Mai 2015, aaO Rn. 12).
b) Dieser Rechtsfehler ist indessen nicht entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat eine Zahlungsunfähigkeit auch aus der Erwägung abgelehnt, dass der Schuldnerin nach den Feststellungen des von dem vormaligen Insolvenzverwalter erstellten Eröffnungsgutachtens im fraglichen Zeitraum ein Kreditrahmen von 1.937.000 € sowie ein weiterer Darlehensrahmen von 2 Mio. € offen gestanden hatte. Bei dieser Sachlage war die Schuldnerin imstande, mit Hilfe eines sofort abrufbaren Kredits ihren fälligen Verbindlichkeiten zu genügen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2011 - IX ZR 32/10, Rn. 4; Urteil vom 26. Januar 2016 - II ZR 394/13, WM 2016, 974 Rn. 31). Die Rüge der Beschwerde, im April 2011 hätten Verbindlichkeiten der Schuldnerin von 14.450.000 € lediglich liquide Mittel von 1.440.000 € gegenüber gestanden, bezieht sich nicht auf den hier maßgeblichen Anfechtungszeitraum. Dass die Kreditmittel ausreichten, um während des Anfechtungszeitraums die laufenden Verbindlichkeiten abzudecken, wird von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen. Insoweit scheidet jedenfalls eine Verletzung des allein geltend gemachten Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG) aus.
2. Kann eine Zahlungsunfähigkeit nicht festgestellt werden, scheidet die geltend gemachte Deckungsanfechtung aus § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO aus. Bei dieser Sachlage kann auch das für die Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO maßgebliche Indiz der beiderseits erkannten Zahlungsunfähigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2013 - IX ZR 104/13, WM 2013, 2231 Rn. 11) nicht greifen. Auf die Anwendung des § 142 InsO kommt es folglich nicht an.
Kayser |
|
Gehrlein |
|
Pape |
|
Grupp |
|
Möhring |
|