Entscheidungsdatum: 20.07.2017
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 9. Dezember 2016 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 13. Januar 2016 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Gläubigerantrag am 9. Dezember 2011 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Z. GmbH & Co. KG (nachfolgend: Schuldnerin), einer Publikums-KG, an der sich der Beklagte als Kommanditist mit einer in das Handelsregister eingetragenen Hafteinlage von 80.000 € beteiligte.
§ 18.6 des Gesellschaftsvertrages lautet: "Für die Geschäftsjahre 2004 bis einschließlich 2008 erhalten die Kommanditisten vorab eine garantierte Verzinsung auf die von ihnen geleistete Kommanditeinlage i.H.v. 6 % p.a. für den Zeitraum vom Tage der Wertstellung der Einlage auf dem Konto der Gesellschaft bis zum jeweiligen Ende des Geschäftsjahres, zahlbar bis jeweils Ende des dritten Monats des Folgejahres. Es wird auf den Zinsgarantievertrag verwiesen. Die Verzinsung wird auf das Ergebnis angerechnet."
Zugleich schloss die Schuldnerin mit der J. AG einen Ausschüttungsgarantievertrag, in dem diese sich verpflichtete, der Schuldnerin liquide Mittel zur Erfüllung der gegenüber den Kommanditisten bestehenden Verpflichtung zur Verfügung zu stellen, sollte deren Ertragslage nur eine geringere als die vertraglich vereinbarte Ausschüttung zulassen. Im Geschäftsjahr 2007 erzielte die Schuldnerin keine Gewinne. Auf der Grundlage des Ausschüttungsgarantievertrages stellte die nunmehr ebenfalls insolvente J. AG der Schuldnerin Mittel zur Verfügung, aus denen die Schuldnerin am 31. März 2008 über die Treuhandkommanditistin einen als Garantieausschüttung für das Jahr 2007 bezeichneten Betrag von 4.800 € an den Beklagten zahlte.
Das Amtsgericht hat die auf anfechtungsrechtliche Rückgewähr dieses Betrages nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch gemäß § 143 Abs. 1, § 134 Abs. 1 InsO zu. Die angefochtene Zahlung stelle eine unentgeltliche Leistung an den Beklagten dar, weil dieser keinen Anspruch auf Auszahlung der streitgegenständlichen Ausschüttung habe. § 18.6 des Gesellschaftsvertrags sei nach Wortlaut und Systematik und unter Berücksichtigung des Ausschüttungsgarantievertrages dahin auszulegen, dass den Kommanditisten ein Vorschuss auf künftige Gewinne garantiert werde. Der Geltendmachung dieses Anspruchs stehe die Treuepflicht der Gesellschafter entgegen, der es widerspreche, auf Vorauszahlungen auf die hier aller Voraussicht nach nicht anfallenden Gewinne zu bestehen. Die angefochtene Zahlung habe zudem die Gläubiger benachteiligt und weder sei der Rückgewähranspruch durch Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen wegen Prospektfehlern erloschen, noch könne der Beklagte die Leistung wegen Eintritts der Verjährung verweigern.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Leistung an den Beklagten erfolgte nicht unentgeltlich im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO.
1. Unentgeltlich ist eine Leistung im hier gegebenen Zwei-Personen-Verhältnis, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert vereinbarungsgemäß zufließen soll (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2015 - IX ZR 133/14, BGHZ 204, 231; vom 15. September 2016 - IX ZR 250/15, WM 2016, 2312 Rn. 20 f; vom 20. April 2017 - IX ZR 252/16, WM 2017, 1215 Rn. 10 ff, zVb in BGHZ). Zahlungen, mit denen eine Kommanditgesellschaft den Anspruch auf Rückgewähr einer Einlage oder auf Zahlung eines Auseinandersetzungsguthabens erfüllt, sind keine unentgeltlichen Leistungen (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2010 - IX ZR 225/09, ZIP 2010, 1455 Rn. 11; vom 18. Juli 2013 - IX ZR 198/10, NJW 2014, 305 Rn. 9). Auszahlungen von in "Schneeballsystemen" erzielten Scheingewinnen können demgegenüber unbeschadet eines ordnungsgemäßen Zustandekommens des Gewinnverwendungsbeschlusses als objektiv unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO angefochten werden (BGH, Urteil vom 22. April 2010, aaO; vom 18. Juli 2013, aaO). Erhält ein Anleger in derartigen Fällen Auszahlungen, die sowohl auf Scheingewinne als auch auf die Einlage erfolgen, so sind diese nur gemäß § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar, soweit es um die Auszahlung auf Scheingewinne geht. Die Rückzahlung der Einlage stellt in diesen Fällen regelmäßig den Gegenwert für die vom Anleger erbrachte Einlage dar (BGH, Urteil vom 22. April 2010, aaO).
2. Gemessen hieran ist die Zahlung an den Beklagten nicht unentgeltlich im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO. Wie der Senat mit Urteil vom 20. April 2017 (IX ZR 189/16, ZIP 2017, 1284) in einem dieselbe Gesellschaft betreffenden Fall bereits entschieden hat, gewährt der Gesellschaftsvertrag den Kommanditisten einen Anspruch auf die erhaltene Zahlung, dessen Geltendmachung auch die Treuepflicht eines Kommanditisten nicht entgegensteht.
a) Über die Regelung des § 169 Abs. 1 HGB hinaus sind Ausschüttungen an die Kommanditisten zulässig, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht oder die Ausschüttung durch das Einverständnis aller Gesellschafter gedeckt ist (BGH, Urteil vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, NJW 2013, 2278 Rn. 9 mwN). Solche Ausschüttungen können in der Weise vereinbart werden, dass sie auch insoweit zu gewähren und zu belassen sind, als sie nicht durch Gewinne gedeckt sind, also letztlich in Form einer festen Kapitalverzinsung oder garantierter Mindesttantieme zu Lasten des Kapitals gehen (BGH, Urteil vom 12. März 2013, aaO). Sie sind entgeltlich, wenn sie Gegenleistung für die Pflichteinlage sind. So verhält es sich hier.
aa) Der Gesellschaftsvertrag gewährt hier den Kommanditisten für ihre tatsächlich geleistete Einlage einen Anspruch auf eine gewinnunabhängige Ausschüttung. Dies kann der Senat selbst feststellen, weil Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften nach ihrem objektiven Erklärungsbefund auszulegen sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 153/09, NZG 2011, 1142 Rn. 11; vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, NJW 2013, 2278 Rn. 13). Zwar ist § 18 des Gesellschaftsvertrags mit "Ergebnisverteilung" überschrieben. Aber nach dem insoweit klaren Wortlaut der Regelung in § 18.6 wird den Kommanditisten auf die erbrachte Einlage eine Verzinsung mit einem festen, gewinnunabhängigen Zinssatz garantiert. Dass diese Zinszahlungen auf etwaige Gewinne angerechnet werden, lässt die Verpflichtung zu deren Zahlung nicht für den Fall entfallen, dass Gewinne nicht erwirtschaftet werden (BGH, Urteil vom 20. April 2017 - IX ZR 189/16, aaO).
bb) Anhaltspunkte dafür, dass die Kommanditisten die Auszahlungen gemäß § 18.6 des Gesellschaftsvertrags unter dem Vorbehalt einer Rückforderung erhalten haben, sind nicht ersichtlich. Dass der Gesellschaftsvertrag keine dahingehende Regelung enthält, steht zwar der Annahme einer gewinnabhängigen Vorabausschüttung nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 198/10, NJW 2014, 305 Rn. 40). Aus deren Fehlen kann aber nicht geschlossen werden, es müsse sich (deswegen) um gewinnabhängige Vorabausschüttungen handeln. Vielmehr ist ein Kommanditist, wenn an ihn auf der Grundlage einer Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag eine Auszahlung geleistet wurde, obwohl sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert wird oder eine bereits bestehende Belastung vertieft wird, nur dann zur Rückzahlung an die Gesellschaft verpflichtet, wenn der Gesellschaftsvertrag dies hinreichend klar vorsieht (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2017 - IX ZR 189/16, aaO, Rn. 11 mwN). Eine solche Regelung wurde hier nicht getroffen.
cc) Die Vorschriften des Handelsgesetzbuches stehen einer derartigen Vertragsgestaltung nicht entgegen. Sie kennen für die Kommanditgesellschaft keinen im Innenverhältnis wirkenden Kapitalerhaltungsgrundsatz. Die Gesellschafter können ihre Rechtsbeziehungen im Innenverhältnis insoweit untereinander und zur Gesellschaft weitgehend frei gestalten. Deswegen kann auch der Umstand, dass es sich bei der Zahlung an den Beklagten mangels erwirtschafteter Gewinne um die Rückgewähr von Einlagen handelt, keine Unentgeltlichkeit der Leistung im Sinne von § 134 InsO begründen. Solche Zahlungen können zwar zu einer Haftung nach § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 HGB führen. Diese Vorschriften betreffen aber ausschließlich die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern im Außenverhältnis und nicht dessen Verhältnis zur Gesellschaft (BGH, Urteil vom 20. April 2017 - IX ZR 189/16, aaO, Rn. 12).
b) Die Ausübung des Anspruchs auf Auszahlung der garantierten Zinsen war zum Zeitpunkt der Zahlung auch nicht durch die Treuepflicht des Gesellschafters eingeschränkt. Allein das Ausbleiben von Gewinnen bei der Schuldnerin begründet keine solche Treuepflicht, zumal für die Schuldnerin die Zahlung der gewinnunabhängigen Ausschüttungen durch den Vertrag mit der J. AG abgesichert war. Der Hinweis auf die Senatsentscheidung vom 18. Juli 2013 (IX ZR 193/10, NJW 2014, 305 Rn. 44) kann insoweit nicht verfangen, als diese Entscheidung Vorauszahlungen auf künftig aller Voraussicht nach nicht anfallende Gewinne betrifft, die nur aus Einlagen neu beitretender Gesellschafter finanziert werden können.
III.
Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Klage wird ausschließlich auf die Voraussetzungen der §§ 143, 134 InsO gestützt. Eine Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gläubigern ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Im Übrigen ist das Vorliegen der Voraussetzungen der § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 HGB - wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat - nicht schlüssig dargetan.
IV.
Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Weitere tatsächliche Feststellungen sind nicht zu erwarten. Die Berufung des Klägers ist zurückzuweisen, weil das Amtsgericht die Klage mit Recht abgewiesen hat.
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