Entscheidungsdatum: 17.07.2014
Trifft ein zahlungsunfähiger Schuldner mit seinem Auftraggeber (Bauherrn) und seinem Lieferanten vor der Fälligkeit der nächsten Werklohnrate die Vereinbarung, dass der Kaufpreis für die von dem Lieferanten zu liefernden Bauteile von dem Auftraggeber vor der Lieferung direkt gezahlt werde, kann in der vom Schuldner veranlassten Direktzahlung eine kongruente Deckung liegen und der Schuldner trotz erkannter Zahlungsunfähigkeit ohne Benachteiligungsvorsatz handeln.
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 23. Oktober 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Die B. Hausbau GmbH (fortan: Schuldnerin) stand in ständiger Geschäftsbeziehung zur Beklagten, die ihr Fenster und Türen auf der Grundlage derer Allgemeinen Geschäftsbedingungen lieferte. Seit Oktober 2010 bestanden erhebliche Zahlungsrückstände gegenüber der Beklagten; Ratenzahlungsvereinbarungen hielt die Schuldnerin nicht ein; versprochene Sicherheiten erbrachte sie nicht. Im Februar 2011 vereinbarte sie bei einem Zahlungsrückstand in Höhe von 97.983,76 € mit der Beklagten und ihren Auftraggebern, den Bauherren S. und Sch. /A. , dass diese den Kaufpreis für die von der Schuldnerin einzubauenden Fenster und Türen direkt an die Beklagte zahlen sollten und die Beklagte diese Werkteile sodann an die Baustellen ausliefern sollte. Die Zahlungen erfolgten absprachegemäß am 29. März 2011 über 19.756,13 € (Sch. /A. ) und 13.982,39 € (S. ). Nach Gutschrift der Beträge auf ihrem Konto lieferte die Beklagte die bestellten Fenster und Türen aus.
Am 12. April 2011 stellte die Schuldnerin den Antrag, das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen zu eröffnen. Durch Beschluss vom 6. Juli 2011 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger als Insolvenzverwalter bestellt. Dieser verlangt von der Beklagten die Direktzahlungen der Bauherren im Wege der Insolvenzanfechtung zurück. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klagebegehren weiter.
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Dem Kläger stehe kein Zahlungsanspruch aus Insolvenzanfechtung zu, weil es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) fehle. Die Vermögenslage der Schuldnerin sei durch die Zahlungen der Bauherren an die Beklagte nicht zum Nachteil der Gläubiger verschlechtert worden. Teile der Werklohnansprüche der Schuldnerin in Höhe der tatsächlichen Zahlung der jeweiligen Bauherren für die Fenster an die Beklagte seien entweder durch Teilkündigung oder durch Abtretung deren Vermögen entzogen worden. Diese Teile der Werklohnansprüche hätten jedoch bei der gebotenen konkreten Betrachtungsweise bereits zuvor keinen tatsächlichen Wert mehr gehabt. Denn ohne die Beschaffung der Fenster bei der Beklagten hätte die Schuldnerin weder die Voraussetzungen der Fälligkeit der achten Werklohnrate herbeiführen noch die übernommene Herstellungspflicht erfüllen können. Die Beklagte sei nach dem Liefervertrag nicht zu Vorleistungen verpflichtet gewesen. Aufgrund der bestehenden erheblichen Zahlungsrückstände der Schuldnerin seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte die Lieferung der Fenster vor Zahlung der dafür vereinbarten Entgelte erbracht hätte. Daraus folge, dass die Zahlungen der Bauherren nicht auf die Werklohnforderungen der Schuldnerin hätten angerechnet werden sollen, die unabhängig von Leistungen begründet worden seien, welche die Beklagte zu erbringen gehabt habe.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Zahlungen der Bauherren an die Beklagte haben entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung nach § 129 Abs. 1 InsO geführt, weil sie die Werklohnforderungen der Schuldnerin in dieser Höhe zum Erlöschen gebracht haben.
1. Der Insolvenzanfechtung sind nach § 129 Abs. 1 InsO solche Rechtshandlungen unterworfen, welche die Insolvenzgläubiger objektiv benachteiligen. Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, sich somit die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 - IX ZR 127/11, NJW 2014, 1239 Rn. 7). Eine Verkürzung der Masse kann insbesondere dann eintreten, wenn eine dem Schuldner zustehende Forderung durch Zahlung an einen Dritten getilgt wird, weil der Schuldner für die Befriedigung des Zahlungsempfängers einen Vermögensgegenstand aufgibt, der anderenfalls den Gläubigern insgesamt zur Verfügung gestanden hätte (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - IX ZR 58/10, NZI 2011, 141 Rn. 12).
Keine Gläubigerbenachteiligung tritt hingegen ein, wenn sich die Rechtshandlungen auf Gegenstände beziehen, die für die Insolvenzmasse wirtschaftlich wertlos sind (vgl. MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 129 Rn. 108). Die Weggabe von - aus welchen Gründen auch immer - völlig wertlosen Gegenständen aus dem Schuldnervermögen vermindert dieses nicht, weil eine Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger auf solche Gegenstände zum Zwecke der Verwertung auch vor der Weggabe nicht bestand (BGH, Urteil vom 23. September 1981 - VIII ZR 245/80, ZIP 1981, 1229, 1230; vom 11. Dezember 2003 - IX ZR 336/01, NZI 2004, 253, 254). Dies gilt auch, wenn ein Schuldner über eine wirtschaftlich wertlose Forderung verfügt.
2. Durch die Zahlungen der Bauherren an die Beklagte ist die Masse verkürzt worden, weil sie mit Einwilligung der Schuldnerin erfolgt und dadurch deren Werklohnforderungen nach § 362 Abs. 2, § 185 Abs. 1 BGB in Höhe der Direktzahlungen erloschen sind.
a) Zwischen der Schuldnerin und den Bauherren bestanden wirksame, ungekündigte Werkverträge. Nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts wurden die Verträge im Februar 2011 durch dreiseitige Vereinbarungen der Schuldnerin, der Beklagten und der jeweiligen Bauherren dahin ergänzt, dass für die von der Beklagten geschuldeten Baustofflieferungen für die Bauvorhaben S. und Sch. /A. diese Bauherren eine Direktzahlung in Höhe des jeweiligen Kaufpreises an die Beklagte vornehmen und die Fenster und Türen dann ausgeliefert werden sollten. Darin hat das Landgericht eine konkludente Teilkündigung des Werkvertrages gesehen, das Berufungsgericht hat eine solche Teilkündigung zumindest für möglich angesehen. Das ist nicht richtig.
Der Besteller kann zwar den Bauvertrag jederzeit ohne Einhaltung einer Frist und ohne besondere Begründung kündigen (§ 649 BGB, § 8 Abs. 1 VOB/B), muss allerdings dann dem Unternehmer grundsätzlich den noch ausstehenden Werklohn in voller Höhe zahlen. Doch kann aus dem Verhalten der Bauherren im Streitfall schon nicht sicher auf den Umfang einer etwaigen Kündigung geschlossen werden. Eine auf die Lieferung der Fenster- und Türelemente beschränkte Teilkündigung dürfte nicht zulässig sein (vgl. MünchKomm-BGB/Busche, 6. Aufl., § 649 Rn. 13). Aber auch im Übrigen besteht kein Anlass, dass die Bauherren sich der Gefahr aussetzen wollten, unter Umständen zwei Vertragspartnern verpflichtet zu sein. Ebenso wenig ist anzunehmen, dass die Bauherren durch die Teilkündigung etwaige Gewährleistungsansprüche gegen die Schuldnerin gefährden wollten. Dass ihnen im Februar 2011 ein wichtiger Grund zur Kündigung zur Seite gestanden hätte, die Schuldnerin sich etwa mit ihren Werkvertragsleistungen in Verzug befunden hätte, ist weder festgestellt noch vorgetragen. Zudem spricht der vom Landgericht festgestellte Wortlaut der Vereinbarung einer Direktzahlung der Bauherren an die Beklagte dagegen, dass sie den Bauvertrag gekündigt haben. Denn unter einer Direktzahlung wird die Zahlung eines Drittschuldners auf Weisung des Schuldners an dessen Gläubiger verstanden. Entsprechendes gilt für die Auslegung des Verhaltens der Beklagten. Ebenso wenig können aus entsprechenden Gründen die vom Landgericht festgestellten dreiseitigen Vereinbarungen dahin ausgelegt werden, dass die Schuldnerin ihren - wie das Berufungsgericht selbst festgestellt hat - noch nicht fälligen Anspruch auf Zahlung der achten Werklohnraten an die Beklagte abgetreten hätte.
Vielmehr haben sich die Bauherren im Februar 2011 bereit erklärt, auf Weisung der Schuldnerin deren noch offene Werklohnforderungen in Höhe des jeweiligen Kaufpreises für die Türen und Fenster vor Fälligkeit durch Direktzahlung an die Beklagte zu erfüllen und durch diese Zahlungen einerseits die gegen sie gerichteten Werklohnforderungen und andererseits die Kaufpreisforderungen der Beklagten gegen die Schuldnerin zum Erlöschen zu bringen (§ 362 BGB). Hieraus folgt, dass die Bauherren durch die Zahlungen an die Beklagte eigene Verbindlichkeiten gegenüber der Schuldnerin getilgt haben (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2012 - IX ZR 59/11, NZI 2012, 805 Rn. 12).
b) Hierdurch sind die Gläubiger der Schuldnerin objektiv benachteiligt worden.
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts waren die Werklohnteilforderungen, welche die Schuldnerin durch die Direktzahlung verloren hat, wirtschaftlich nicht wertlos. Denn infolge der dreiseitigen Änderungsvereinbarungen im Februar 2011 sind die Werklohnforderungen der Schuldnerin werthaltig geworden, weil die Bauherren unter Verzicht auf die Fälligkeit durch die Zahlung an die Beklagte auf die Werklohnforderungen der Schuldnerin leisten wollten und tatsächlich auch geleistet und somit die Forderungen der Schuldnerin insoweit zum Erlöschen gebracht haben. Die in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen des Berufungsgerichts, die Beklagte hätte ohne die Direktzahlungen der Bauherren die Auslieferung der Türen und Fenster verweigern können, sind im Rahmen der Prüfung, ob eine Gläubigerbenachteiligung vorliegt, nicht erheblich. Die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Rechtshandlung und der Gläubigerbenachteiligung ist aufgrund des realen Geschehens zu beurteilen. Für hypothetische, nur gedachte Kausalverläufe ist insoweit kein Raum (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - IX ZR 58/10, NZI 2011, 141 Rn. 14). Die Schuldnerin hat durch ihre mittelbare Zuwendung der Beklagten zu Lasten ihrer anderen Gläubiger volle Deckung verschafft (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2011, aaO Rn. 15).
bb) Die objektive Gläubigerbenachteiligung ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Beklagte an den Werklohnforderungen der Schuldnerin gegen die Bauherren ein insolvenzfestes Aus- oder Absonderungsrecht besessen und sie sich aufgrund dieses Rechts befriedigt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, NZI 2009, 644 Rn. 12; vom 19. Dezember 2013 - IX ZR 127/11, NJW 2014, 1239 Rn. 8) oder die Schuldnerin diese Rechte durch Zahlung abgelöst hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - IX ZR 39/08, NZI 2009, 379 Rn. 13). Der Beklagten stand gegenüber der Schuldnerin in Höhe ihrer Kaufpreisforderungen bezogen auf die Bauvorhaben S. und Sch. /A. kein Absonderungs- oder Aussonderungsrecht zu. Zwar haben die Schuldnerin und die Beklagte in den Lieferverträgen einen verlängerten Eigentumsvorbehalt vereinbart; die Schuldnerin durfte deswegen die Türen und Fenster in die Bauten ihrer Kunden nur einbauen, sofern sie die daraus erzielten Werklohnforderungen an die Beklagte abtrat (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012 - IX ZR 67/09, NJW 2012, 2517 Rn. 33). Doch kam dieser Eigentumsvorbehalt schon deswegen nicht zur Wirkung, weil die Beklagte die Türen und Fenster nicht an die Schuldnerin ausgeliefert hat, bevor sie nicht die volle Zahlung des diese Lieferung betreffenden Vorbehaltsguts erhalten hat. Nichts anderes gilt, wenn die Beklagte und die Schuldnerin darüber hinaus wirksam vereinbart haben sollten, dass die Forderungsabtretungen neben dem Kaufpreisanspruch aus der Lieferung der jeweiligen Ware auch weitere Forderungen der Beklagten aus der Geschäftsbeziehung sichern sollten. Denn auch insoweit erfolgten die Zahlungen nicht auf einen bestehenden Eigentumsvorbehalt oder auf eine der Beklagten abgetretene Forderung.
III.
Das Urteil erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Dem Kläger steht kein Rückgewähranspruch nach § 143 Abs. 1 InsO gegen die Beklagte zu, weil die Rechtshandlungen nach keinem der in Betracht kommenden Anfechtungstatbestände anfechtbar sind. Dies konnte der Senat aufgrund der unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts selbst entscheiden.
1. Die Direktzahlungen der Bauherren an die Beklagte sind nicht gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar, auch wenn sie im letzten Monat vor Insolvenzantragsstellung erfolgt sind. Denn sie sind als kongruente Rechtshandlungen anzusehen.
a) Grundsätzlich ist die Direktzahlung durch den Auftraggeber an den Subunternehmer oder Lieferanten seines Auftragnehmers allerdings eine inkongruente Leistung im Sinne von § 131 Abs. 1 InsO. Subunternehmer und Lieferant haben aufgrund ihres Werk- oder Werklieferungsvertrages regelmäßig keinen Anspruch gegen den Auftragnehmer auf Zahlung des Werklohns oder des Kaufpreises durch den Auftraggeber. Befriedigungen, die nicht in der Art erbracht werden, in der sie geschuldet sind, gewähren eine inkongruente Deckung im Sinne von § 131 Abs. 1 InsO (BGH, Beschluss vom 6. Juni 2002 - IX ZR 425/99, ZInsO 2002, 766; Urteil vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 2/05, NZI 2009, 55 Rn. 13; vom 20. Januar 2011 - IX ZR 58/10, NZI 2011, 141 Rn. 17). Die Insolvenzgläubiger benachteiligende nicht geschuldete Direktzahlungen, die ein Dritter auf Anweisung des Schuldners erbringt, sind deswegen dem Empfänger gegenüber als inkongruente Deckung anfechtbar (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011, aaO). Derartige Direktzahlungen sind zudem besonders verdächtig, wenn sie - wie auch hier - an einen Zahlungsverzug des Auftragnehmers und Käufers und damit typischerweise an dessen Liquiditätsschwierigkeiten anknüpfen (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2008, aaO Rn. 13; vom 20. Januar 2011, aaO). Auch die beiden Werklieferungsverträge, welche die Türen und Fenster für die Bauvorhaben S. und Sch. /A. zum Gegenstand haben und deren Inhalt sich aus den Auftragsbestätigungen der Beklagten vom 2. September 2010 (S. ) und vom 18. November 2010 (Sch. /A. ) ergibt, begründeten keinen Anspruch der Beklagten gegen die Schuldnerin auf Zahlung des Kaufpreises direkt durch die Bauherren.
b) Doch haben die Schuldnerin, die Beklagte und die beteiligten Bauherren in jeweils dreiseitigen Verträgen im Februar 2011 in Abänderung der ursprünglichen Verträge vereinbart, dass für die von der Beklagten geschuldeten Baustofflieferungen die Bauherren Direktzahlungen in Höhe des jeweiligen Kaufpreises an die Beklagte vornehmen und die Fenster und Türen dann ausgeliefert werden sollten. Nach dieser Vereinbarung waren die Direktzahlungen der Bauherren, weil sie von der Schuldnerin in dieser Weise geschuldet waren, kongruent.
Ein Abänderungsvertrag stellt allerdings dann keine wirksame Kongruenzvereinbarung für spätere Direktzahlungen dar, wenn er seinerseits anfechtbar ist (BGH, Urteil vom 7. Mai 2013 - IX ZR 113/10, NZI 2013, 888 Rn. 13). Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall.
aa) Die Kongruenzvereinbarung ist nicht nach §§ 130, 131 InsO anfechtbar, weil sie keine Deckungshandlung im Sinne dieser Vorschriften darstellt.
Vertragsparteien können den Inhalt ihrer Vereinbarungen noch abändern, ohne den Charakter der Bardeckung zu gefährden, wenn sie die Abänderungsvereinbarung treffen, bevor die erste Leistung eines Vertragsteils erbracht worden ist (BGH, Urteil vom 10. Mai 2007 - IX ZR 146/05, ZIP 2007, 1162 Rn. 14). In einem solchen Fall ist nach Sinn und Zweck der §§ 132, 142 InsO eine abändernde Kongruenzvereinbarung, durch die ein Bargeschäft erst ermöglicht wird, der Deckungsanfechtung entzogen. Hiervon ist der Senat in der angeführten Entscheidung ausgegangen.
Diese Voraussetzungen waren erfüllt, als die Vertragsparteien im Februar 2011 die ergänzenden Vereinbarungen schlossen. Die Schuldnerin hatte auf die Werklieferungsverträge über die Türen und Fenster betreffend die Bauvorhaben S. und Sch. /A. weder Zahlungen erbracht noch Leistungen von der Beklagten erhalten. Diese hatte die bestellten Türen und Fenster zwar bereits gefertigt, jedoch noch nicht ausgeliefert (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2007, aaO). Auch hatten die Abänderungsvereinbarungen Bardeckungen im Sinne von § 142 InsO zum Ziel. Die Schuldnerin sollte für ihre durch die Direktzahlungen der Bauherren bewirkten Leistungen an die Beklagte in engem zeitlichen Zusammenhang (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, 3. Aufl., § 142 Rn. 15 ff) eine gleichwertige Gegenleistung durch die Beklagte in ihr Vermögen erhalten (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2007, aaO Rn. 16). Die Beklagte sollte die bestellten Türen und Fenster, deren Wert dem vereinbarten Kaufpreis entsprach, unmittelbar nach den Direktzahlungen auf die Baustellen der Schuldnerin ausliefern.
bb) Die nachträglichen Kongruenzvereinbarungen unterfallen auch nicht der Anfechtung nach § 132 InsO, weil sie die Gläubiger nicht unmittelbar benachteiligt haben. Die Werklohnteilforderungen, die die Schuldnerin durch die späteren Direktzahlungen der Bauherren verlor, waren nämlich im Februar 2011, als die Parteien die jeweiligen Zahlungsmodalitäten änderten, wirtschaftlich wertlos, weil sie nicht durchsetzbar waren. Die Vertragsänderungen machten die Werklohnteilforderungen erst werthaltig und benachteiligten die Gläubiger zum Zeitpunkt der Vereinbarung deswegen nicht unmittelbar.
Denn der Anspruch der Schuldnerin gegen die Bauherren auf Zahlung der achten Rate wurde erst fällig nach Einbau der Fenster. Dazu war die Schuldnerin jedoch nicht in der Lage, weil die Beklagte die bestellten Fenster aufgrund ihres schon aus den ursprünglichen Verträgen bestehenden Zurückbehaltungsrechts nur gegen Vorkasse auszuliefern bereit war. Diese Kaufpreiszahlungen konnte die Schuldnerin nicht erbringen, ohne auf die noch nicht fälligen achten Werklohnraten zurückzugreifen. Die Bauherren waren zu einer vorfälligen Zahlung der achten Rate an die Schuldnerin nicht bereit, weil sie befürchten mussten, das Geld werde nicht an die Vorlieferanten weitergeleitet. Erst durch die dreiseitigen Vereinbarungen haben die Beteiligten diese Blockade auflösen können.
cc) Aus ähnlichen Gründen sind die Kongruenzvereinbarungen auch nicht nach § 133 InsO anfechtbar, weil sie nicht mit einem hierfür erforderlichen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin getroffen worden sind. Ein Schuldner handelt mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlungen will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Er muss also entweder wissen, dass er neben dem Anfechtungsgegner nicht alle Gläubiger innerhalb angemessener Zeit befriedigen kann, oder sich diese Folge zumindest als möglich vorgestellt, aber in Kauf genommen haben, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 14; vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 10; vom 24. Januar 2013 - IX ZR 11/12, NZI 2013, 249 Rn. 23). Demgegenüber wollte die Schuldnerin durch die dreiseitigen Vereinbarungen und die danach unmittelbar nach den Zahlungen zu erfolgenden Auslieferungen der notwendigen Baustoffe erreichen, dass die Bauvorhaben fortgesetzt wurden und sie somit zum Wohle aller Gläubiger den noch ausstehenden Werklohn verdienen konnte.
2. Ebenso wenig sind die Direktzahlungen der Bauherren nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 132 Abs. 1 InsO anfechtbar. Denn sie stellen sich nach dem bereits Ausgeführten infolge der maßgeblichen dreiseitigen Vereinbarungen aus Februar 2011 als Bargeschäft im Sinne von § 142 InsO über gleichwertige Leistungen dar. Die Beklagte hat unmittelbar nach Erhalt der Direktzahlungen die Fenster und Türen auf die Baustellen der Schuldnerin ausgeliefert.
3. Auch die Direktzahlungen der Bauherren an die Beklagte können wegen Fehlens eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin nicht nach § 133 Abs. 1 InsO angefochten werden.
a) Allerdings kann nach ständiger Rechtsprechung auf einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners geschlossen werden, wenn dieser Leistungen trotz Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit oder seiner drohenden Zahlungsunfähigkeit erbringt. In diesem Fall handelt er nur dann nicht mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er aufgrund konkreter Umstände - etwa der sicheren Aussicht demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können - mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann. Droht die Zahlungsunfähigkeit, bedarf es konkreter Umstände, die nahelegen, dass die Krise noch abgewendet werden kann (BGH, Urteil vom 13. April 2006, aaO; vom 5. März 2009, aaO; vom 24. Januar 2013, aaO Rn. 23 f). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn eine kongruente Leistung angefochten wird (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, NZI 2008, 231 Rn. 19; vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, NJW 2013, 611 Rn. 15). Entsprechendes gilt bei Bardeckungen, soweit hierbei eine Gläubigerbenachteiligung wenigstens mittelbar eintreten kann. Insbesondere ist derjenige nicht schutzbedürftig, der dem Schuldner einen Vermögensgegenstand zu einem angemessenen Preis, aber in dem Wissen abkauft, dass der Schuldner den Erlös seinen Gläubigern entziehen will. Gerade eine bewusste und erkannte Bevorzugung Einzelner soll zugunsten des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Gläubiger verhindert werden (BGH, Urteil vom 30. September 1993 - IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 324 zu § 31 Nr. 1 KO).
Dagegen ist ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz in aller Regel nicht gegeben, wenn der Schuldner in einem engen zeitlichen Zusammenhang eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringt, welche zur Fortführung seines eigenen Unternehmens nötig ist und damit den Gläubigern im Allgemeinen nützt (BGH, Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 234/96, NJW 1997, 3028, 3029; BAG, ZIP 2014, 37 Rn. 69). Dies gilt auch dann, wenn Schuldner und Anfechtungsgegner Vorkasse für die von diesem erbrachten Leistungen vereinbart haben (BGH, Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rn. 2; vom 24. September 2009 - IX ZR 178/07, nv Rn. 4). Der subjektive Tatbestand kann mithin entfallen, wenn im unmittelbaren Zusammenhang mit den potentiell anfechtbaren Rechtshandlungen eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners gelangt, also ein Leistungsaustausch ähnlich einem Bargeschäft stattfindet (vgl. Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl. § 133 Rn. 28; HK-InsO/Kreft, 7. Aufl., § 133 Rn. 17; Schmidt/Ganter/Weinland, InsO, 18. Aufl., § 133 Rn. 58; MünchKomm-InsO/Kayser, aaO § 133 Rn. 33a ff; Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2012, § 133 Rn. 42; Ganter, WM 2014, 49, 50 f; Kayser, NJW 2014, 422, 427).
b) So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die Schuldnerin hat im unmittelbaren Zusammenhang mit den Zahlungen an die Beklagte durch die Auslieferung der Fenster und Türen eine gleichwertige Gegenleistung erhalten. Ohne die Direktzahlungen hätte sie die Bauvorhaben nicht fortsetzen können und die berechtigte Aussicht, die achte Werklohnrate oder gar alle noch ausstehenden Raten zu verdienen, verloren.
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