Entscheidungsdatum: 14.04.2016
1. Das Rechtsmittelgericht hat die Entscheidung des unteren Gerichts, aufgrund einer Anhörungsrüge das Verfahren fortzuführen, darauf zu überprüfen, ob die Anhörungsrüge statthaft, zulässig und begründet war.
2. Mit einer Anhörungsrüge muss eine Verletzung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG geltend gemacht werden. § 321a ZPO eröffnet keine Möglichkeit der Durchbrechung der Rechtskraft bei anderen Verfahrensverstößen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2007, I ZR 47/06, NJW 2008, 2126).
Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 27. August 2015 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin - eine nach eigenen Angaben aus zwei Anwälten bestehende Anwaltssozietät, die in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts auftritt - verlangt von den Beklagten restliches Anwaltshonorar in Höhe von 387,35 €. Die Beklagten haben bestritten, dass die Klägerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts existiere, und weiter behauptet, sie hätten nur einem der beiden Anwälte, nicht aber der Klägerin ein Mandat erteilt. Zudem sei die Honorarrechnung überhöht, die Klägerin bereits überzahlt und es stünden ihnen Gegenforderungen aus schuldhafter Verletzung des Anwaltsvertrags zu.
Mit Urteil vom 27. Januar 2012 hat das Amtsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen, weil die Klägerin keinen Beweis dafür angetreten habe, dass sie als Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehe. Auf die dagegen von der Klägerin erhobene Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO hat das Amtsgericht das Verfahren mit Beschluss vom 19. Juni 2012 fortgesetzt und die mit der Anhörungsrüge benannten Zeugen vernommen. Die Beklagten rechneten nunmehr mit Schadensersatzansprüchen auf und erhoben Hilfswiderklage, mit der sie Zahlung von 758,47 € wegen angeblich überzahlter Gebühren und als Schadensersatz aus Anwaltsverschulden verlangten. Mit Urteil vom 16. April 2013 hat das Amtsgericht das Urteil vom 27. Januar 2012 aufrecht erhalten, weil die Klage unzulässig sei. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie tatsächlich als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet sei. Die Klägerin erhob wiederum Anhörungsrüge; am 4. Februar 2014 hat das Amtsgericht erneut beschlossen, das Verfahren fortzusetzen.
Mit Urteil vom 6. November 2014 hat das Amtsgericht die Beklagten verurteilt, an die Klägerin 387,35 € nebst Zinsen, abzüglich am 11. Oktober 2011 im Wege der Aufrechnung gezahlter 257,42 € zu zahlen; im Übrigen hat es die Klage und die Hilfswiderklage abgewiesen. Auf die dagegen von den Beklagten eingelegte Berufung hat das Landgericht diese Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und die Anhörungsrüge der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 16. April 2013 - unter Zurückweisung der von der Klägerin eingelegten Anschlussberufung - zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer zugelassenen Revision, mit der sie die vollständige Verurteilung der Beklagten und die Abweisung der Hilfswiderklage anstrebt.
Die Revision hat keinen Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Zulässigkeit und Begründetheit einer Gehörsrüge sei im Berufungsrechtszug zu überprüfen. Anders als § 321a Abs. 4 ZPO enthalte § 321a Abs. 5 ZPO für die erfolgreiche Gehörsrüge keine Bestimmung, dass die Entscheidung unanfechtbar sei. Die Gehörsrüge der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 16. April 2013 sei unbegründet. Eine Gehörsverletzung habe nicht vorgelegen. Das Amtsgericht sei nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin nach durchgeführter Beweisaufnahme darauf hinzuweisen, dass es den Beweis bislang nicht als erbracht ansehe. Das Amtsgericht habe die Zeugenaussagen vollständig zur Kenntnis genommen; die Würdigung der Zeugenaussagen stelle keinen Gehörsverstoß dar. Ebenso habe sich das Amtsgericht mit dem Antrag auf Einholung einer amtlichen Auskunft auseinandergesetzt.
Der Rechtsstreit sei daher mit dem Urteil des Amtsgerichts vom 16. April 2013 rechtskräftig abgeschlossen gewesen. Deshalb sei die Anhörungsrüge gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 16. April 2013 zurückzuweisen. Über die Hilfswiderklage sei mangels Bedingungseintritts nicht mehr zu entscheiden.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Entscheidung eines Gerichts, auf eine Anhörungsrüge hin das Verfahren fortzuführen, vom Rechtsmittelgericht darauf zu überprüfen ist, ob die Anhörungsrüge statthaft, zulässig und begründet war.
aa) Zu Unrecht meint die Revision, eine Überprüfung der Entscheidung des Amtsgerichts, das Verfahren gemäß § 321a Abs. 1, 5 ZPO fortzuführen, scheide aufgrund der Selbstbindung des Amtsgerichts aus. Es mag sein, dass ein Gericht an die von ihm getroffene Entscheidung, ein Verfahren auf die Anhörungsrüge einer Partei gemäß § 321a Abs. 1, 5 ZPO fortzusetzen, selbst gebunden ist. Dieses aus § 318 ZPO (Petry, MDR 2007, 497, 498; MünchKomm-ZPO/Musielak, 4. Aufl. § 321a Rn. 16; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl. § 321a Rn. 56; vgl. auch Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, DÖV 2007, 296; a.A. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl. § 321a Rn. 54) hergeleitete Ergebnis sagt jedoch nichts darüber aus, ob die Entscheidung des Gerichts, das Verfahren gemäß § 321a Abs. 1, 5 ZPO fortzusetzen, in der Rechtsmittelinstanz überprüft werden kann. § 318 ZPO regelt eine Innenbindung für das Gericht, das die Entscheidung in der Instanz gefällt hat (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. § 318 Rn. 10; MünchKomm-ZPO/Musielak, aaO § 318 Rn. 8); eine bindende Wirkung im Instanzenzug folgt daraus nicht.
bb) Das Rechtsmittelgericht hat vielmehr - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - die Entscheidung des unteren Gerichts, ein Verfahren gemäß § 321a Abs. 1, 5 ZPO fortzuführen, nach einem zulässigen Rechtsmittel zu überprüfen. Dies folgt aus den allgemeinen Bestimmungen des Rechtsmittelrechts. Danach ist ein im Instanzenzug höheres Gericht nicht an die der Endentscheidung vorausgehenden Entscheidungen des unteren Gerichts in derselben Sache gebunden (arg. §§ 512, 557 Abs. 2 ZPO). Es ist gerade Sinn eines Rechtsmittels, dass auch solche Entscheidungen überprüft werden, die der Endentscheidung vorausgegangen sind (Wieczorek/Schütze/Gerken, ZPO, 4. Aufl., § 512 Rn. 2; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, 4. Aufl. § 512 Rn. 1). Ausnahmen ergeben sich aus ausdrücklichen gesetzlichen Anordnungen oder aus dem Sinn und Zweck der prozessualen Vorschriften. Beides ist für die Fortsetzung des Verfahrens nach § 321a Abs. 5 ZPO nicht der Fall.
(1) Eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung, dass die vom Gericht gemäß § 321a Abs. 5 Satz 1 ZPO getroffene Entscheidung unanfechtbar ist, besteht nicht. Der Gesetzgeber hat lediglich die Entscheidung des Gerichts, die Rüge als unzulässig zu verwerfen oder als unbegründet zurückzuweisen, für unanfechtbar erklärt (§ 321a Abs. 4 Satz 4 ZPO). Für die Entscheidung des Gerichts, das Verfahren fortzuführen (§ 321a Abs. 5 ZPO), fehlt es jedoch an einer solchen gesetzlichen Anordnung.
(2) Ebensowenig kann aus Sinn und Zweck der Regelungen über die Rüge nach § 321a ZPO angenommen werden, dass die Entscheidung des Gerichts, das Verfahren fortzusetzen, in der Rechtsmittelinstanz nicht überprüfbar ist. Im Gegenteil ergibt sich aus den gesetzlichen Wertungen, dass das Rechtsmittelgericht aufgrund eines zulässigen Rechtsmittels auch zu prüfen hat, ob die Anhörungsrüge statthaft, zulässig und begründet war und ob das erstinstanzliche Gericht den Umfang der sich aus § 321a Abs. 5 ZPO ergebenden Abänderungsbefugnis eingehalten hat.
(a) So ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die nachträgliche Zulassung des Rechtsmittels aufgrund einer Anhörungsrüge unwirksam, wenn kein auf die Zulassungsentscheidung bezogener Vortrag der Parteien verfahrensfehlerhaft übergangen worden ist (BGH, Urteil vom 4. März 2011 - V ZR 123/10, NJW 2011, 1516 Rn. 4, 6; vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 70/10, WM 2012, 325 Rn. 7 f; vom 16. September 2014 - VI ZR 55/14, VersR 2015, 82, Rn. 7, 9). Denn die Anhörungsrüge nach § 321a ZPO räumt dem Gericht keine umfassende Abhilfemöglichkeit ein, sondern dient allein dazu, Verstöße gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör zu beheben (BVerfG, NJW 2009, 3710 Rn. 17; BGH, Urteil vom 4. März 2011 aaO Rn. 6; vom 1. Dezember 2011 aaO Rn. 8; vom 16. September 2014 aaO Rn. 9). Fehlt es an einer entscheidungserheblichen Verletzung des rechtlichen Gehörs, ist das Ausgangsgericht vielmehr gemäß § 318 ZPO an die von ihm getroffene Entscheidung gebunden (BGH, Urteil vom 4. März 2011 aaO Rn. 4; vom 1. Dezember 2011 aaO Rn. 7; vom 16. September 2014 aaO Rn. 7).
(b) Hierfür sprechen weiter rechtssystematische Überlegungen. Das vom Gesetz für eine Anhörungsrüge vorgesehene Verfahren lehnt sich an die Regelungen des Versäumnisverfahrens an (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 86; 15/1508 S. 19). Für das Versäumnisverfahren entspricht es aber allgemeiner Auffassung, dass auch das Rechtsmittelgericht von Amts wegen zu überprüfen hat, ob der Einspruch statthaft und zulässig war (BGH, Urteil vom 21. Juni 1976 - III ZR 22/75, NJW 1976, 1940; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl. § 341 Rn. 6). Ebenso hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung statthaft und zulässig war (BGH, Urteil vom 30. September 1987 - IVb ZR 86/86, BGHZ 102, 37, 38 mwN).
Soweit der Anhörungsrüge eine mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder der Wiederaufnahme vergleichbare prozessuale Funktion zukommt (BT-Drucks. 15/3706 S. 14, 16; Musielak/Voit/Musielak, ZPO, 13. Aufl., § 321a Rn. 2; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. § 321a Rn. 2), ergibt sich daraus nicht, dass die Entscheidung des Gerichts, das Verfahren gemäß § 321a Abs. 1, 5 ZPO fortzusetzen, unanfechtbar ist. So ist die Entscheidung, ein durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenes Verfahren aufgrund einer Nichtigkeits- oder Restitutionsklage wiederaufzunehmen, im Rechtsmittelzug überprüfbar (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - IX ZR 59/04, BGHZ 161, 1, 3). Soweit § 238 Abs. 3 ZPO bestimmt, dass Entscheidungen, mit denen einer Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird, unanfechtbar sind, fehlt eine vergleichbare Bestimmung in § 321a Abs. 5 ZPO für die Entscheidung des Gerichts, das Verfahren fortzusetzen. Da der Gesetzgeber in § 321a Abs. 4 ZPO ausdrücklich die Verwerfung und die Zurückweisung der Rüge für unanfechtbar erklärt hat, eine solche Regelung für die Fortführung des Verfahrens in § 321a Abs. 5 ZPO jedoch fehlt, spricht dies für eine bewusst getroffene Entscheidung des Gesetzgebers. Dem Gesetzgebungsverfahren lässt sich nichts dafür entnehmen, dass es sich hierbei um ein Versehen handelt. Eine vergleichbare unterschiedliche Regelung der Anfechtbarkeit findet sich vielmehr auch in anderen Bestimmungen der ZPO (vgl. etwa § 46 Abs. 2, § 406 Abs. 5 ZPO).
(c) Die Überlegung der Revision, es widerspreche dem Gebot der Rechtssicherheit, eine Entscheidung über die Fortsetzung des Verfahrens in der Rechtsmittelinstanz zu überprüfen, trifft nicht zu. Auch wenn - wie die Revision geltend macht - eine zunächst parallel zur Anhörungsrüge anhängig gemachte Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf den Erfolg der Anhörungsrüge in der Instanz für erledigt erklärt worden ist, steht dies einer Überprüfung der Anhörungsrüge nicht entgegen. Da im Rechtsmittelzug zu prüfen ist, ob tatsächlich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegt, werden die Rechte des Beschwerdeführers durch eine solche Überprüfungsmöglichkeit nicht verkürzt. Fehlt es an einer Verletzung des rechtlichen Gehörs, wäre auch die Verfassungsbeschwerde unbegründet gewesen; liegt sie vor, bleibt es bei der Fortsetzung des Verfahrens.
(d) Schließlich ergibt sich auch aus der vom Ausgangsgericht nach einer Fortführung des Verfahrens durchgeführten weiteren materiellen Prüfung des Falles nichts dafür, dass die Entscheidung über die Fortführung des Verfahrens auch im Rechtsmittelzug unanfechtbar ist.
Zwar ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass verfahrensfehlerhaft zugelassenes Vorbringen einer Partei im Rechtsmittelzug nicht mehr zurückgewiesen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2006 - XII ZR 210/04, BGHZ 166, 283 Rn. 22). Hierzu zählt etwa die Zulassung verspäteten Vorbringens entgegen § 296 Abs. 1, 2 ZPO (BGH, Urteil vom 21. Januar 1981 - VIII ZR 10/80, NJW 1981, 928 unter 2.; vom 26. Oktober 1983 - IVb ZR 14/82, NJW 1984, 305 unter II.2.a.; vom 11. Juni 2010 - V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 Rn. 27 mwN), entgegen § 528 Abs. 3 ZPO aF (BGH, Beschluss vom 26. Februar 1991 - XI ZR 163/90, NJW 1991, 1896 f) oder entgegen § 531 Abs. 2 ZPO (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2004 - V ZR 187/03, NJW 2004, 1458, 1459 unter 4.; Urteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 56/06, NJW 2007, 3127 Rn. 19). Ebenso kann mit einem Rechtsmittel nicht überprüft werden, ob die vom Berufungsgericht durchgeführte erneute Tatsachenfeststellung gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig war (BGH, Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 266/03, BGHZ 162, 313, 319). Hintergrund ist, dass die Zulassung des verspäteten Vorbringens der Wahrheitsfindung dient; das Interesse an einer materiell richtigen Entscheidung ist höher als das Interesse an einer prozessual richtigen Behandlung der Verspätungsvorschriften.
Diese Sachlage ist jedoch nicht vergleichbar mit der Frage, ob ein Verfahren nach § 321a Abs. 5 ZPO fortzusetzen ist. Denn im Fall des § 321a ZPO ist das Verfahren durch eine Endentscheidung bereits abgeschlossen und gegen diese Entscheidung kein Rechtsmittel oder anderer Rechtsbehelf mehr gegeben (§ 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Es liegt also eine für das Gericht gemäß § 318 ZPO bindende und regelmäßig zudem formell rechtskräftige Entscheidung vor. Die Anhörungsrüge betrifft damit einen Fall der gesetzlich angeordneten Rechtskraftdurchbrechung (BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04, NJW 2005, 1432; vom 15. Juni 2010 - XI ZB 33/09, WM 2010, 1424 Rn. 17 f; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. § 321a Rn. 2); es handelt sich um einen Rechtsbehelf eigener Art, durch den das Gericht von der Bindungswirkung des § 318 ZPO sowie von der formellen und materiellen Rechtskraft freigestellt wird (BGH, Beschluss vom 24. Juni 2009 - IV ZB 2/09, r+s 2010, 40 Rn. 15; Musielak/Voit/Musielak, ZPO, 13. Aufl. § 321a Rn. 2).
Sowohl aus den mit der Rechtskraft verfolgten Zielen einer streitbeendenden Wirkung und einer rechtssicheren Klärung der streitigen Fragen als auch dem Postulat der Rechtsmittelklarheit (BVerfGE 107, 395, 416 ff; 122, 190, 203) ergibt sich, dass eine Durchbrechung der Rechtskraft nur unter den gesetzlich geregelten Voraussetzungen in Betracht kommt. Andernfalls stünde die Rechtskraft und die Bindungswirkung gemäß § 318 ZPO bei einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO letztlich zur Disposition des Gerichts. Das ist mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit nicht vereinbar. Das Interesse an einer Verteidigung der rechtskräftigen Entscheidung ist im Gegenteil schutzwürdig, wenn die Voraussetzungen einer Anhörungsrüge nicht vorliegen. Mithin ist es - anders als bei der Zulassung verspäteten Vorbringens - in den Fällen, in denen die Anhörungsrüge nicht statthaft, unzulässig oder unbegründet war, das Gericht aber gleichwohl das Verfahren fortsetzt, geboten, diese Entscheidung im Rechtsmittelzug zu korrigieren.
b) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass das Amtsgericht mit seinem Urteil vom 16. April 2013 den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör nicht verletzt hat.
aa) § 321a ZPO eröffnet ausschließlich die Möglichkeit, einen Verstoß gegen den in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgten Anspruch auf rechtliches Gehör geltend zu machen (BT-Drucks. 15/3706 S. 14; BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2007 - I ZR 47/06, NJW 2008, 2126 Rn. 4 f; Urteil vom 16. September 2014 - VI ZR 55/14, VersR 2015, 82 Rn. 9; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl. § 321a Rn. 38); andere Rechtsverletzungen können nach § 321a ZPO nicht gerügt werden (BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2007 aaO Rn. 5; BVerfG, NJW 2009, 3710 Rn. 17; Wieczorek/Schütze/Rensen, ZPO, 4. Aufl., § 321a Rn. 56, 60). Daher ist auf eine Anhörungsrüge hin nur zu prüfen, ob das Gericht gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen hat.
bb) Die Klägerin hat mit ihrer - fristgemäß - erhobenen Anhörungsrüge vom 26. April 2013 keine Verletzungen des rechtlichen Gehörs gerügt, die für die Entscheidung des Amtsgerichts erheblich waren. Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, das Amtsgericht habe weder die Hinweispflicht nach § 139 Abs. 3 ZPO verletzt noch die Zeugenaussagen unzureichend zur Kenntnis genommen, erhebt die Revision die Rügen der Unverständlichkeit und damit der Willkür. Die entsprechende Beurteilung des Berufungsgerichts ist jedoch revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beurteilung des Landgerichts lässt Willkür nicht erkennen. Insbesondere sind die Gerichte nach Art. 103 Abs. 1 GG nur verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Vorbringens auch ausführlich zu bescheiden (BGH, Beschluss vom 1. Juli 2008 - VI ZR 5/08, VersR 2009, 130 Rn. 1). So liegt der Fall hinsichtlich der Beweiswürdigung durch das Amtsgericht. Hingegen dient eine Anhörungsrüge nicht dazu, dass das Amtsgericht seine (von der die Anhörungsrüge erhebenden Partei als falsch angesehene) Beweiswürdigung erneut überprüft und ändert.
Gleiches gilt für die Revisionsrüge der Klägerin, es sei willkürlich, in der Entscheidung des Amtsgerichts über die von der Klägerin beantragte Einholung einer amtlichen Auskunft keine Gehörsverletzung zu sehen. Soweit die Klägerin gerügt hat, das Amtsgericht habe ihren Antrag auf Einholung einer amtlichen Auskunft nur unvollständig zur Kenntnis genommen, weil sie die Auskunft nicht nur zum Beweis der Tatsache beantragt habe, dass sie beim Finanzamt K. zum 1. Juli 2007 zum Zwecke der steuerlichen Erfassung angemeldet worden sei, sondern diese sich auch auf die Tatsache erstrecke, dass sich seit der Anmeldung zum Zweck der steuerlichen Erfassung "daran seither nichts geändert habe", ist damit keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dargetan. Das Amtsgericht hat den Antrag der Klägerin, eine amtliche Auskunft einzuholen, zur Kenntnis genommen und in seinem Urteil darüber entschieden. Es hat hierzu ausgeführt, dass eine solche amtliche Auskunft allenfalls diese Meldung bestätigen würde, hingegen nicht klären könne, ob die Klägerin fortbestand beziehungsweise tatsächlich auch gegründet worden ist. Damit hat das Amtsgericht die von der Klägerin mit der amtlichen Auskunft unter Beweis gestellten Tatsachen als wahr unterstellt. Eine solche Vorgehensweise ist im Beweisrecht zulässig. Dass das Amtsgericht aus der als wahr unterstellten Tatsache nicht die von der Klägerin gewünschten Schlüsse zog, verletzt das von § 321a ZPO geschützte rechtliche Gehör der Klägerin nicht.
Vill Gehrlein Lohmann
Pape Schoppmeyer