Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 06.12.2018


BGH 06.12.2018 - IX ZR 143/17

Insolvenzanfechtung: Beurteilungszeitpunkt für die Unentgeltlichkeit einer Leistung; Inkongruenz der Leistung bei materiell-rechtlicher Anfechtbarkeit eines Vertrags; Kontrollfähigkeit einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Nachrangdarlehens geregelten vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre; hinreichende Transparenz einer qualifizierten Nachrangvereinbarung


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
06.12.2018
Aktenzeichen:
IX ZR 143/17
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2018:061218UIXZR143.17.0
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 10. Mai 2017, Az: 9 U 118/16vorgehend LG Itzehoe, 28. Oktober 2016, Az: 10 O 140/15
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. Die Unentgeltlichkeit einer Leistung ist nach den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen in dem Zeitpunkt zu beurteilen, in dem die jeweilige Leistung vorgenommen wurde.

2a. Eine erst nach der angefochtenen Rechtshandlung ausgesprochene materiell-rechtliche Anfechtung eines Vertrags führt nicht zur Inkongruenz der Leistung.

2b. Eine im Zeitpunkt der Rechtshandlung bestehende materiell-rechtliche Anfechtbarkeit eines Vertrags begründet die Inkongruenz der Leistung nur dann, wenn dem Schuldner ein materiell-rechtliches Anfechtungsrecht zustand; es genügt nicht, wenn nur der Insolvenzgläubiger anfechten kann.

3. Eine in allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Nachrangdarlehens geregelte vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre (qualifizierter Rangrücktritt), nach welcher Rückzahlungs- und Zinsansprüche des Darlehensgebers insbesondere bei einem Vermögensverfall des Darlehensnehmers bereits außerhalb eines Insolvenzverfahrens eingeschränkt sind, ist als Abrede über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung des Nachrangdarlehens der Inhaltskontrolle entzogen.

4. In allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern ist eine qualifizierte Nachrangvereinbarung nur dann hinreichend transparent, wenn aus ihr die Rangtiefe, die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre, deren Dauer und die Erstreckung auf die Zinsen klar und unmissverständlich hervorgehen. Knüpft eine solche Klausel die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre an das Entstehen von Insolvenzeröffnungsgründen, muss sie die erfassten Insolvenzeröffnungsgründe klar und unmissverständlich bezeichnen.

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 9. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 10. Mai 2017 aufgehoben und das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 28. Oktober 2016 unter Zurückweisung der Berufung des Klägers dahin abgeändert, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird.

Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die F.            KGaA (fortan: Schuldnerin) gab zur Finanzierung Orderschuldverschreibungen und Genussrechte aus. Sie war seit Ende 2012 überschuldet. Ab Sommer 2013 bot sie auch Privatanlegern die Möglichkeit, ihr Nachrangdarlehen zu gewähren. Diese warb die Schuldnerin mit Hilfe eines 167-seitigen Prospekts ein, der auf den Seiten 44-47 als Anlage auch die Darlehensbedingungen enthielt. Die eingenommenen Gelder nutzte die Schuldnerin, die ein Schneeballsystem betrieb, tatsächlich dazu, Verbindlichkeiten gegenüber Altanlegern zu bedienen.

2

Die Beklagte bot der Schuldnerin am 20. August 2013 auf einem aus einer Seite bestehenden Formular den Abschluss eines Nachrangdarlehens über 30.000 € für eine Mindestlaufzeit von 30 Tagen zu einem Zinssatz von 5 vom Hundert an. Zugleich kündigte die Beklagte dieses Darlehen zum 29. September 2013. Dem Darlehen lagen die von der Schuldnerin vorformulierten Bedingungen (fortan: Darlehensbedingungen) zugrunde; ob sie dem von der Beklagten unterzeichneten Antrag auf ein Nachrangdarlehen beigefügt gewesen oder der Beklagten ausgehändigt worden sind, ist nicht festgestellt. Nach § 10 der Darlehensbedingungen tritt das Nachrangdarlehen mit seinen Forderungen gegenüber allen anderen Ansprüchen von Gläubigern gegen die Darlehensnehmerin im Rang zurück. Die Beklagte überwies anschließend 30.000 € an die Schuldnerin.

3

Die Schuldnerin zahlte der Beklagten am 13. Oktober 2013 den Darlehensbetrag von 30.000 € nebst Zinsen in Höhe von 123,29 € zurück. Auf einen am 12. November 2013 eingegangenen Antrag eröffnete das Insolvenzgericht am 1. April 2014 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und ernannte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Der Kläger forderte die Beklagte auf, den Darlehensbetrag nebst den erhaltenen Zinsen zur Insolvenzmasse zurückzugewähren. Die Beklagte lehnte dies ab und erklärte mit Schreiben vom 2. Juni 2015 die Anfechtung der Darlehensvereinbarung und der Nachrangvereinbarung wegen arglistiger Täuschung, weil die Schuldnerin die bestehende Überschuldung arglistig verschwiegen habe.

4

Das Landgericht hat die Beklagte zur Rückzahlung der Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagte unter Zurückweisung ihrer Anschlussberufung auch zur Rückzahlung des Darlehensbetrags verurteilt. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur vollständigen Klageabweisung.

I.

6

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Anfechtungsgrund folge aus § 134 Abs. 1 InsO, weil die Zahlung auf eine Nichtschuld und damit unentgeltlich erfolgt sei. Maßgeblich sei das der Zahlung zugrundeliegende Kausalverhältnis. Entscheidend sei, ob der Anspruch bestanden habe, den die Schuldnerin habe erfüllen wollen. Aus dem Verwendungszweck der Überweisung ergebe sich, dass die Schuldnerin die Zahlung dem Nachrangdarlehen zugeordnet habe. Die Zahlung vom 13. Oktober 2013 sei daher ohne Rechtsgrund erfolgt, weil die Beklagte mit Schreiben vom 2. Juni 2015 den Darlehensvertrag oder die Nachrangvereinbarung wegen arglistiger Täuschung angefochten habe. Da die Schuldnerin über die bei Abschluss des Darlehensvertrags bereits vorliegende Insolvenzreife getäuscht habe, liege der Anfechtungsgrund des § 123 Abs. 1 BGB vor. Gemäß § 142 Abs. 1 BGB beseitige die wirksame Anfechtung rückwirkend die Erfüllungsansprüche.

7

Dem stehe nicht entgegen, dass der Rückgewähranspruch aus § 143 InsO mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehe. Es genüge, dass die mittelbare Gläubigerbenachteiligung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintrete. Gleiches müsse gelten, wenn die Voraussetzungen des Anfechtungsanspruchs erst nach Verfahrenseröffnung mit Wirkung ex tunc herbeigeführt worden seien.

8

Zinsen könne der Kläger jedoch erst ab dem Zeitpunkt verlangen, ab dem die Voraussetzungen des Rückgewähranspruchs aufgrund der Schenkungsanfechtung durch die materiell-rechtliche Anfechtungserklärung der Beklagten geschaffen worden seien. Andere Anfechtungstatbestände seien nicht erfüllt. § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO scheide aus, weil die Beklagte nicht Gesellschafterin der Schuldnerin gewesen sei. Ebensowenig folge aus dem Rangrücktritt gemäß § 10 der Darlehensbedingungen, dass es sich um eine unentgeltliche Leistung gehandelt habe. Es handele sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die dahin auszulegen sei, dass der Rangrücktritt nur eingreife, wenn gerade durch die Rückzahlung ein Insolvenzgrund herbeigeführt werde. Daran fehle es, weil die Insolvenzreife bereits zuvor bestanden habe.

II.

9

Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann keine unentgeltliche Leistung gemäß § 134 Abs. 1 InsO angenommen werden.

10

1. Unentgeltlich ist im Zwei-Personen-Verhältnis eine Leistung, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert vereinbarungsgemäß zufließen soll (BGH, Urteil vom 20. April 2017 - IX ZR 252/16, BGHZ 214, 350 Rn. 10 mwN). Auch ohne eine vertragliche Vereinbarung einer Gegenleistung fehlt es an einer für die Unentgeltlichkeit erforderlichen kompensationslosen Minderung des schuldnerischen Vermögens, wenn der Empfänger die Leistung des Schuldners auf andere Art und Weise auszugleichen hat (BGH, aaO Rn. 12). Leistet der Schuldner, weil er sich irrtümlich hierzu verpflichtet hält, steht ihm hinsichtlich der Leistung ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Der Empfänger ist von vornherein diesem Bereicherungsanspruch ausgesetzt. Insoweit fehlt es bei einer solchen Leistung an einem endgültigen, vom Empfänger nicht auszugleichenden, freigiebigen Vermögensverlust des Schuldners. Daher ist eine Leistung des Schuldners, wenn dieser irrtümlich annimmt, zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet zu sein, nicht nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar (BGH, Urteil vom 20. April 2017 - IX ZR 252/16, BGHZ 214, 350 Rn. 13 f mwN).

11

2. Nach diesen Maßstäben ist die Leistung der Schuldnerin nicht schon deshalb nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar, weil - wie das Berufungsgericht angenommen hat - die Zahlung der Schuldnerin aufgrund ihrer Leistungsbestimmung ausschließlich zur Erfüllung des Darlehensrückzahlungsanspruchs diente und die Beklagte den Darlehensvertrag später wirksam wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB angefochten hat.

12

a) Dem steht bereits entgegen, dass die erst rund 20 Monate nach der angefochtenen Rechtshandlung (§ 140 Abs. 1 InsO) erfolgte Anfechtung des Darlehensvertrags wegen arglistiger Täuschung nicht geeignet ist, rückwirkend die Voraussetzungen für eine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 Abs. 1 InsO herbeizuführen. Ob die Voraussetzungen eines Anfechtungstatbestandes erfüllt sind, richtet sich grundsätzlich nach den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung. Damit ist die Unentgeltlichkeit nach dem Zeitpunkt zu beurteilen, in dem die jeweilige Leistung vorgenommen wurde (MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 134 Rn. 20; Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2016, § 134 Rn. 41; vgl. auch BGH, Urteil vom 3. März 2005 - IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276, 281). Spätere Veränderungen führen im Allgemeinen nicht dazu, dass eine zum Zeitpunkt der Rechtshandlung entgeltliche Leistung nachträglich - rückwirkend - als unentgeltlich anzusehen ist (vgl. MünchKomm-InsO/Kayser, aaO; BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97, ZIP 1999, 316, 317).

13

Auch wenn ein wirksam angefochtenes Rechtsgeschäft gemäß § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen ist, ändert dies nichts daran, dass im Streitfall nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen zum Zeitpunkt der Rückzahlung der Darlehensvaluta ein Darlehensvertrag bestand, aus dem die Ansprüche auf Darlehensrückzahlung folgten. Gegen die Inanspruchnahme aus dem Darlehensvertrag konnte sich die Schuldnerin bis zur Anfechtung nicht damit verteidigen, dass die Beklagte den Vertrag anfechten könne. Gemäß § 140 Abs. 1 InsO gilt eine Rechtshandlung als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Dies war hier die Rückzahlung der Darlehensvaluta nebst Zinsen am 13. Oktober 2013. Diese Leistung war entgeltlich, soweit die Schuldnerin den aus der entgeltlichen Darlehenshingabe entstandenen Darlehensrückzahlungsanspruch erfüllte (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2016 - IX ZR 184/14, BGHZ 212, 272 Rn. 14).

14

b) Unabhängig davon ist die Zahlung des Schuldners vom 13. Oktober 2013 auch dann nicht nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar, wenn der Darlehensvertrag bereits zum Zeitpunkt der Leistung der Schuldnerin nicht mehr bestanden haben sollte. Nimmt der Schuldner zum Zeitpunkt der Leistung irrtümlich an, zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet zu sein, steht ihm hinsichtlich seiner Leistung ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zu; dieser tritt an die Stelle des weggegebenen Vermögensgegenstandes und steht damit der Unentgeltlichkeit entgegen (BGH, Urteil vom 20. April 2017 - IX ZR 252/16, BGHZ 214, 350 Rn. 13, 15). So liegt der Fall, wenn ein Schuldner irrtümlich einen tatsächlich nicht bestehenden Darlehensrückzahlungsanspruch erfüllt. Soweit in diesen Fällen eine Anfechtung nach § 134 InsO in Betracht kommt, wenn der Schuldner in Kenntnis des fehlenden Rechtsgrundes handelt und eine Rückforderung gemäß § 814 BGB ausgeschlossen ist (BGH, Urteil vom 20. April 2017 - IX ZR 252/16, BGHZ 214, 350 Rn. 16), fehlt es an Feststellungen des Berufungsgerichts.

III.

15

Die Entscheidung erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig.

16

1. Eine Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO scheidet aus. Zwar erfolgte die Darlehensrückzahlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit innerhalb des von § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO bestimmten Anfechtungszeitraums. Die Darlehensrückzahlung stellt jedoch keine inkongruente Deckung dar, weil der Beklagten am 13. Oktober 2013 ein durchsetzbarer und fälliger Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens nebst Zinsen zustand.

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a) Eine inkongruente Deckung liegt nicht deshalb vor, weil der Darlehensvertrag vom 20. August 2013 für die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts arglistig getäuschte Beklagte gemäß § 123 BGB anfechtbar war und die Beklagte am 2. Juni 2015 gemäß § 143 Abs. 1 BGB die Anfechtung erklärt hat.

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aa) Die von der Beklagten am 2. Juni 2015 erklärte Anfechtung gemäß § 123 BGB ist unerheblich. Die Frage, ob eine inkongruente Deckung vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung. Wird eine Deckungshandlung angefochten, kommt es auf die materielle Rechtslage, den Anspruch des Gläubigers zum Zeitpunkt der Leistung (§ 140 InsO) an (BGH, Urteil vom 3. März 1959 - VIII ZR 176/58, WM 1959, 470, 471 unter 3; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2014, § 131 Rn. 31). Die Inkongruenz ist zu dem Zeitpunkt zu beurteilen, in dem die Rechtshandlung vorgenommen wurde (Schoppmeyer, aaO Rn. 35 mwN; Jaeger/Henckel, InsO, § 131 Rn. 3; Schmidt/Ganter/Weinland, InsO, 19. Aufl., § 131 Rn. 9). Dabei unterscheidet gerade das Recht des Gläubigers, die Leistung zu fordern, kongruente und inkongruente Rechtshandlungen (BGH, Urteil vom 17. Juni 1999 - IX ZR 62/98, NJW 1999, 3780, 3781; vom 9. Juni 2005 - IX ZR 152/03, NZI 2005, 497; vom 14. Mai 2009 - IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 Rn. 14).

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Nach diesen Maßstäben berührt eine erst nach der angefochtenen Rechtshandlung ausgesprochene materiell-rechtliche Anfechtung des Vertrags nicht das im Zeitpunkt der Rechtshandlung rechtlich und tatsächlich bestehende Recht des Gläubigers, die entsprechende Leistung zu fordern. Die von § 142 Abs. 1 BGB angeordnete Rückwirkung genügt hierfür im Allgemeinen nicht. Solange das anfechtbare Rechtsgeschäft nicht angefochten wird, ist es gültig (BGH, Urteil vom 1. Juli 1987 - VIII ZR 331/86, ZIP 1987, 1256, 1258; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl., § 142 Rn. 3; Staudinger/Roth, BGB, 2015, § 142 Rn. 5). Hierfür spricht auch der vergleichbare Fall einer Leistung des Schuldners auf einen zum Zeitpunkt der Rechtshandlung auflösend bedingten Anspruch. Dieser ist - solange die Bedingung nicht eingetreten ist - voll wirksam (§ 158 Abs. 2 BGB). Die Leistung auf einen auflösend bedingten Anspruch ist daher kongruent (arg. § 42 InsO; MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 131 Rn. 15; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2014, § 131 Rn. 50; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 3. Aufl., § 131 Rn. 6).

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bb) Ebensowenig führt die im Zeitpunkt der Rechtshandlung bestehende materiell-rechtliche Anfechtbarkeit des Darlehensvertrags zur Inkongruenz. Allerdings liegt eine inkongruente Deckung vor, sofern der Schuldner auf einen im Zeitpunkt der Rechtshandlung anfechtbaren Vertrag leistet (MünchKomm-InsO/Kayser, aaO Rn. 14a; Schoppmeyer, aaO Rn. 51; Schmidt/Ganter/Weinland, aaO Rn. 20). Dies setzt jedoch voraus, dass gerade dem Schuldner ein Anfechtungsrecht nach §§ 119, 123 BGB zusteht; hingegen genügt es nicht, wenn nur der Insolvenzgläubiger anfechten kann.

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Der Vertrauensschutz, den § 130 InsO dem Gläubiger über die subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen gewährt, entfällt im Rahmen des § 131 InsO, weil der Schuldner mit seiner Leistung dem Gläubiger etwas gewährt, das der Gläubiger nicht kraft des ihm zustehenden Anspruchs durchsetzen kann (vgl. Schoppmeyer, aaO Rn. 5 f; Schoppmeyer, WM 2018, 301, 306). Der Insolvenzgläubiger, der eine ihm so nicht zustehende Deckung entgegennimmt, erscheint weniger schutzwürdig und weckt den Verdacht, dass er die wirtschaftliche Krise des Schuldners kennt oder voraussieht (MünchKomm-InsO/Kayser, aaO Rn. 1; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, aaO Rn. 6). Dies trifft zu, wenn der Schuldner zur Anfechtung des Vertrags berechtigt ist. In diesem Fall kann sich der Schuldner gegenüber einem Leistungsverlangen des Gläubigers verteidigen, indem er das Rechtsgeschäft anficht (§§ 142, 143 BGB). Leistet der Schuldner in Kenntnis der für ihn bestehenden Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts, ist eine darin liegende Bestätigung des Rechtsgeschäfts gemäß § 144 Abs. 1 BGB ebenfalls als eine inkongruente, ermöglichende Rechtshandlung anfechtbar, weil dem Insolvenzgläubiger regelmäßig kein Anspruch auf eine Bestätigung des Rechtsgeschäfts zusteht.

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Diese Wertung trifft jedoch nicht zu, sofern ein Anfechtungsgrund gemäß §§ 119, 123 BGB allein in der Person des Insolvenzgläubigers besteht. Verlangt der Insolvenzgläubiger in diesem Fall Erfüllung, hat der Schuldner keine Möglichkeit, diesen Anspruch abzuwehren. Vielmehr räumt das Gesetz allein dem Anfechtungsberechtigten die freie Wahl ein, ob er die Anfechtung gemäß § 143 Abs. 1 BGB erklärt, das Rechtsgeschäft gemäß § 144 Abs. 1 BGB bestätigt oder die bestehenden Anfechtungsfristen (§§ 121, 124 BGB) verstreichen lässt. Der Gegner hat hierauf keinen Einfluss. Damit ist eine Leistung des Schuldners auf einen nur für den Insolvenzgläubiger anfechtbaren, aber zum Zeitpunkt der Leistung nicht angefochtenen Vertrag kongruent, weil der Gläubiger sie zu diesem Zeitpunkt auch im Prozessweg durchsetzen konnte. Der Gläubiger erhält damit eine Leistung in der Art, wie er sie beanspruchen konnte.

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b) Die Darlehensrückzahlung am 13. Oktober 2013 ist schließlich nicht deshalb inkongruent, weil die Beklagte der Schuldnerin ein Nachrangdarlehen gewährt hatte. Soweit § 10 der Darlehensbedingungen auch eine vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre begründen soll, ist diese Klausel unwirksam.

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aa) Inkongruent ist eine Leistung, die ein Schuldner auf einen Anspruch erbringt, der aufgrund einer Nachrangvereinbarung mit einer Durchsetzungssperre behaftet ist. Der Gläubiger kann diese Leistung jedenfalls nicht zu der Zeit beanspruchen, soweit die Voraussetzungen der vereinbarten Durchsetzungssperre vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2015 - IX ZR 133/14, BGHZ 204, 231 Rn. 29 ff). Der Rangrücktritt und die Durchsetzungssperre bestimmen sich nach den getroffenen Vereinbarungen (vgl. Schmidt, ZIP 2015, 901, 904). Inhalt und Reichweite des Rangrücktritts können Gläubiger und Schuldner der Forderung frei vereinbaren (BGH, aaO Rn. 15 mwN). Ein Nachrang kann nur für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinbart sein (BGH, aaO). Eine Durchsetzungssperre kann vertraglich ebenso auch für die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinbart werden. Soll der Nachrang auch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingreifen, muss dies hinreichend klar und deutlich vereinbart werden. Es muss der Wille der Parteien feststehen, dass der Darlehensgeber nur Befriedigung verlangen kann, wenn bei der Schuldnerin weder Überschuldung noch Zahlungsunfähigkeit vorliegen noch einzutreten drohen (vgl. BGH, aaO Rn. 22).

25

bb) Im Streitfall fehlt es zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung an einer wirksam vereinbarten Durchsetzungssperre. Soweit das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat, ob die Darlehensbedingungen gemäß § 305 BGB wirksam in den Darlehensvertrag einbezogen worden sind, kann dies dahinstehen. § 10 der Darlehensbedingungen ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam, soweit die Klausel eine vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre anordnen soll, weil die Bestimmung nicht hinreichend klar und verständlich ist.

26

(1) Die Darlehensbedingungen stellen nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts Allgemeine Geschäftsbedingungen dar. § 10 der "Darlehensbedingungen zum Nachrangdarlehen 2013" der Schuldnerin enthält folgende Bestimmung:

"§ 10 Nachrangigkeit, qualifizierter Rangrücktritt

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Das Nachrangdarlehen tritt mit seinen Forderungen gegenüber allen anderen Ansprüchen von Gläubigern gegen die Darlehensnehmerin im Rang zurück. Zahlung von Ansprüchen aus den Nachrangdarlehen insbesondere die Zahlung der Zinsen sowie die Rückzahlung des valutierten Darlehensbetrages steht unter dem Vorbehalt, dass bei der Darlehensnehmerin ein Insolvenzeröffnungsgrund nicht entsteht. Können aufgrund dieses Zahlungsvorbehalts Zinszahlungen durch die Darlehensnehmerin nicht geleistet werden, sind diese, unter den Voraussetzungen des § 10 zum nächsten Zinstermin nachzuholen. Kann aufgrund des Zahlungsvorbehalts die Rückzahlung des Kapitals nicht zum Fälligkeitstag erfolgen, ist die Rückzahlung unter den Voraussetzungen des § 10 drei Monate nach dem Fälligkeitstag vorzunehmen. Das Nachrangdarlehen wird mit seinen Forderungen, im Fall des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Darlehensnehmerin oder der Liquidation der Darlehensnehmerin, erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger bedient."

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(2) § 10 der Darlehensbedingungen ist allerdings - soweit die Bestimmung eine vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre und einen qualifizierten Rangrücktritt regelt - als Abrede über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung des Nachrangdarlehens gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogen. Enthält ein Nachrangdarlehen eine in allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelte vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre (qualifizierten Rangrücktritt), stellt dies nicht schon deshalb eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB dar, weil dies Rückzahlungs- und Zinsansprüche des Darlehensgebers insbesondere bei einem Vermögensverfall des Darlehensnehmers bereits außerhalb eines Insolvenzverfahrens einschränkt.

29

(a) Gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliegen einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, §§ 308, 309 BGB nur solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Hingegen sind Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistungen (sog. Leistungsbeschreibungen) mit Rücksicht auf die Vertragsfreiheit ebenso wie Vereinbarungen über das vom anderen Teil zu erbringende Entgelt, insbesondere soweit sie dessen Höhe betreffen, der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB (und nach den vorliegend nicht einschlägigen §§ 308, 309 BGB) entzogen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - Xa ZR 5/09, NJW 2010, 1958 Rn. 20; vom 15. Mai 2013 - IV ZR 33/11, VersR 2013, 888 Rn. 42; vom 9. April 2014 - VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 Rn. 43; vom 23. August 2018 - III ZR 192/17, NJW 2019, 47 Rn. 14, jeweils mwN). Denn der im Bürgerlichen Recht geltende Grundsatz der Privatautonomie stellt es den Vertragsparteien im Allgemeinen frei, Leistung und Gegenleistung zu bestimmen, weshalb es insoweit regelmäßig auch an gesetzlichen Vorgaben und damit an einem Kontrollmaßstab fehlt (BGH, Urteil vom 23. August 2018 - III ZR 192/17, NJW 2019, 47 Rn. 14 mwN).

30

Nicht kontrollfähige Leistungsbeschreibungen in diesem Sinne sind allerdings nur solche Bestimmungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen (BGH, Urteil vom 9. Mai 2001 - IV ZR 121/00, NJW 2001, 2014 unter I 1 c; vom 12. Juni 2001 - XI ZR 274/00, BGHZ 148, 74, 78; vom 29. April 2010 - Xa ZR 5/09, aaO; vom 9. April 2014 - VIII ZR 404/12, aaO). Die zum Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung gehörenden Abreden sind von den nicht durch § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogenen (Preis-)Nebenabreden zu unterscheiden, die zwar mittelbare Auswirkungen auf Preis und Leistung haben, an deren Stelle aber im Falle der Unwirksamkeit dispositives Recht treten kann (BGH, Urteil vom 23. August 2018 - III ZR 192/17, aaO Rn. 15 mwN).

31

(b) Die Regelung über eine vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre und einen qualifizierten Rangrücktritt eines Nachrangdarlehens betrifft unmittelbar die Hauptleistungspflichten der Parteien. Sie unterliegt daher gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht der Inhaltskontrolle (Poelzig, WM 2014, 917, 923 f; Primozic/Schaaf, ZInsO 2014, 1831, 1834 f; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl. 2016, § 307 BGB, Rn. 68a; ebenso zu Genussrechtsbedingungen BGH, Urteil vom 22. März 2018 - IX ZR 99/17, ZIP 2018, 882 Rn. 31, zVb in BGHZ; MünchKomm-BGB/Habersack, 7. Aufl., § 793 Rn. 48; Bork, ZIP 2014, 997; Habersack, NZG 2014, 1041; MünchKomm-AktG/Habersack, 4. Aufl., § 221 Rn. 259; aA OLG Düsseldorf, ZIP 2018, 437, 440; OLG München, ZInsO 2018, 2480, 2481; Bitter, ZIP 2015, 345, 351 f; Wunschel/Gaßner, ZfIR 2015, 853, 868; Gehrlein, WM 2017, 1385, 1388 f; offen gelassen von BGH, Urteil vom 20. Februar 2014 - IX ZR 137/13, WM 2014, 897 Rn. 20 für einen einfachen Rangrücktritt im Sinne des § 39 Abs. 2 InsO).

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Die Bestimmungen über die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre zielen darauf, die wechselseitigen Hauptpflichten des Nachrangdarlehens nicht nur für den Insolvenzfall, sondern unabhängig hiervon festzulegen. Ein Nachrangdarlehen stellt einen im Rahmen der Vertragsfreiheit zulässigen eigenständigen Vertragstyp dar, der als besondere Finanzierungsform (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2015 - IX ZR 133/14, BGHZ 204, 231 Rn. 14 mwN) das geleistete Darlehenskapital von vornherein in einer vertraglich ausgestalteten Art und Weise bindet (vgl. BGH, aaO Rn. 15 ff, 25 f, 32) und die wechselseitigen Ansprüche prägt. Diese Bindung des Darlehenskapitals gehört zur vertragscharakteristischen Hauptleistung eines Nachrangdarlehens. Die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre betrifft nicht lediglich als bloße Nebenabreden einzuordnende Fälligkeits- und Kündigungsbestimmungen. Sie gestaltet vielmehr die Hauptpflicht des Darlehensgebers aus, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag zur Verfügung zu stellen (§ 488 Abs. 1 Satz 1 BGB), welche auch das Belassen des Geldes für die vereinbarte Laufzeit umfasst (Palandt/Weidenkaff, BGB, 78. Aufl., § 488 Rn. 5; MünchKomm-BGB/Berger, 7. Aufl., § 488 Rn. 31) und sich bei einem Nachrangdarlehen gerade darauf erstreckt, dass das Darlehenskapital auch in wirtschaftlichen Krisen zur Verfügung stehen muss. Für die umgekehrte Hauptpflicht des Darlehensnehmers zur Rückzahlung des zur Verfügung gestellten Darlehens (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB; BGH, Beschluss vom 16. Januar 2016 - XI ZR 366/15, NJW 2016, 2428 Rn. 13) gilt dies entsprechend. Dies erstreckt sich in gleicher Weise auf die Ausgestaltung der Zinsansprüche bei einem Nachrangdarlehen.

33

Damit handelt es sich bei vorinsolvenzlicher Durchsetzungssperre und qualifiziertem Rangrücktritt um die für das Nachrangdarlehen vertragscharakterisierende Festlegung der beiderseitigen Hauptleistungen (vgl. Poelzig, WM 2014, 917, 923 "Kern der Leistungszusage"; Primozic/Schaaf, ZInsO 2014, 1831, 1834 f). Das Darlehenskapital selbst wird über die Ausgestaltung der Hauptleistungspflichten in einer von den Parteien vereinbarten Art von vornherein dauerhaft und zu den vereinbarten Konditionen entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen zur Verfügung gestellt. Die Vorschriften des dispositiven Gesetzesrechts in § 488 Abs. 1 Satz 2, § 490 BGB sind nicht geeignet, an die Stelle der Regelungen über die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre zu treten (aA Gehrlein, WM 2017, 1385, 1388 f), weil dies den Charakter des Vertrags als eine besondere Finanzierungsform gerade auch für Zeiten wirtschaftlicher Krise in seinen Hauptleistungspflichten verändern würde. Der Darlehensgeber gewährt bei einem Nachrangdarlehen aufgrund der vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre und des qualifizierten Rangrücktritts ein Risikokapital, für das die Regelungen zur vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre und zum qualifizierten Rangrücktritt vertragswesentlich sind.

34

(3) Die Klausel in § 10 der Darlehensbedingungen ist - wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht annimmt - jedoch intransparent und hält deshalb der Inhaltskontrolle nicht stand (§ 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BGB).

35

(a) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragsgegners auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen (etwa BGH, Urteil vom 29. April 2015 - VIII ZR 104/14, WM 2015, 1487 Rn. 16; vom 25. Februar 2016 - VII ZR 156/13, NJW 2016, 1575 Rn. 31 jeweils mwN). Der Verwender muss folglich einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2015, aaO mwN). Der Vertragspartner soll andererseits ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte feststellen können, damit er nicht von deren Durchsetzung abgehalten wird (BGH, Urteil vom 26. September 2007 - VIII ZR 143/06, NJW 2007, 3632 Rn. 31 mwN; vom 22. März 2018 - IX ZR 99/17, ZIP 2018, 882 Rn. 34, zVb in BGHZ). Dies gilt auch für die Bestimmungen zu den Hauptleistungspflichten (§ 307 Abs. 3 Satz 2 BGB).

36

In allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern ist eine qualifizierte Nachrangvereinbarung nur dann hinreichend transparent, wenn aus ihr die Rangtiefe, die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre, deren Dauer und die Erstreckung auf die Zinsen (vgl. Schmidt, ZIP 2015, 901, 905) klar und unmissverständlich hervorgehen (vgl. Poelzig, WM 2014, 917, 926 f; Gehrlein, WM 2017, 1385, 1387 f). Dies erfordert auch, dass die Voraussetzungen der vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre hinreichend deutlich erläutert werden, insbesondere die Klausel klarstellt, inwieweit die Ansprüche aus dem Darlehen bereits dann nicht mehr durchsetzbar sind, wenn die Gesellschaft zum Zeitpunkt des Leistungsverlangens bereits zahlungsunfähig oder überschuldet ist oder dies zu werden droht.

37

(b) § 10 der Darlehensbedingungen genügt diesen Maßstäben nicht.

38

(aa) Aus der Überschrift von § 10 der Darlehensbedingungen ("Nachrangigkeit, qualifizierter Rangrücktritt") lässt sich nicht hinreichend deutlich und transparent entnehmen, inwieweit die Ansprüche der Beklagten aus dem Darlehen außerhalb eines eröffneten Insolvenzverfahrens eingeschränkt werden sollen. Der Begriff der "Nachrangigkeit" allein ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern nicht geeignet, die Rechtsfolgen für die Wirkungen außerhalb eines eröffneten Insolvenzverfahrens klar und deutlich darzustellen. Dies gilt auch für den Begriff "qualifizierter Rangrücktritt"; diesem vermag der juristisch nicht vorgebildete durchschnittliche Verbraucher nur zu entnehmen, dass der Rangrücktritt in irgendeiner Hinsicht Besonderheiten aufweist. Hingegen genügt er nicht, um die einschneidenden Rechtsfolgen bereits einer vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre und insbesondere deren zeitlich unbegrenzte Dauer zu verdeutlichen. Es ist nicht möglich, aus einem vertraglichen Rangrücktritt stets auf eine Stundung oder sonstige vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre hinsichtlich der Forderung zu schließen, weil die Gestaltungsmöglichkeiten in der Praxis vielfältig sind (vgl. Bitter/Rauhut, ZIP 2014, 1005, 1012).

39

(bb) Weder § 10 Satz 1 der Darlehensbedingungen noch § 10 Satz 5 der Darlehensbedingungen enthalten eine ausreichend klare und dem durchschnittlichen Verbraucher unmittelbar verständliche Regelung zu den Wirkungen eines Nachrangs der Darlehensansprüche außerhalb eines eröffneten Insolvenzverfahrens. § 10 Satz 5 der Darlehensbedingungen erfasst nur die Wirkungen nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder im Falle einer Liquidation der Schuldnerin. Allein die Formulierung in § 10 Satz 1 der Darlehensbedingungen, das "Nachrangdarlehen [trete] mit seinen Forderungen gegenüber allen anderen Ansprüchen von Gläubigern gegen die Darlehensnehmerin im Rang zurück" enthält keine Regelung, aus der ein durchschnittlicher Verbraucher vorab hinreichend sicher entnehmen könnte, unter welchen Voraussetzungen seine Ansprüche aus dem Darlehensvertrag außerhalb eines eröffneten Insolvenzverfahrens eingeschränkt sein sollten.

40

(cc) Schließlich genügen auch die Regelungen in § 10 Satz 2 bis 4 der Darlehensbedingungen nicht, um eine ausreichend klare und dem durchschnittlichen Anleger unmittelbar verständliche Regelung eines Nachrangs der Darlehensansprüche außerhalb eines eröffneten Insolvenzverfahrens zu treffen. Es fehlt insbesondere an einer klar verständlichen Regelung von Voraussetzungen, Umfang und Dauer der vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre.

41

Soweit danach eine Zahlung unter dem Vorbehalt steht, dass "ein Insolvenzeröffnungsgrund nicht entsteht", ist damit einem durchschnittlichen, juristisch nicht vorgebildeten Verbraucher nicht hinreichend klar und deutlich, welche Sachverhalte diese Klausel erfassen soll. Insbesondere vermag ein durchschnittlicher Verbraucher dies auch mit Blick auf die Bestimmungen der §§ 17 bis 19 InsO nicht hinreichend klar und unzweifelhaft klären. Diese Vorschriften enthalten verschiedene sich im Einzelnen unterscheidende Insolvenzeröffnungsgründe. Allein der Eröffnungsgrund der Überschuldung (§ 19 Abs. 1 InsO) regelt in § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO Nachrangverbindlichkeiten, worauf Überschrift und Inhalt von § 10 der Darlehensbedingungen verweisen. Die drohende Zahlungsunfähigkeit ist nur dann ein Eröffnungsgrund, wenn der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt (§ 18 Abs. 1 InsO). Hinsichtlich der Zahlungsunfähigkeit als allgemeinem Eröffnungsgrund (§ 17 Abs. 1 InsO) kommt es nach der gesetzlichen Formulierung auf einen Rangrücktritt nicht an. Auf dieser Grundlage ist mit dem nicht näher erläuterten Hinweis auf einen "Insolvenzeröffnungsgrund" unklar, ob sämtliche Eröffnungsgründe gemeint sind, nur der allgemeine Eröffnungsgrund des § 17 Abs. 1 InsO, nur der des § 19 InsO, weil der Rangrücktritt diesen Eröffnungsgrund gerade beseitigt, oder sogar eine drohende Überschuldung erfasst werden soll.

42

Auch im Übrigen sind die Bestimmungen in § 10 Satz 2 bis 4 der Darlehensbedingungen nicht geeignet, die erstrebte vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre gegenüber einem durchschnittlichen Verbraucher hinreichend zu erläutern. Dass im Fall einer vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre sämtliche Ansprüche aus dem Darlehen in rechtlich verbindlicher Weise bereits außerhalb des Insolvenzverfahrens für unbeschränkte Dauer nicht mehr durchsetzbar sein können, machen die Bestimmungen nicht ausreichend klar und verständlich erkennbar. Die hierzu erforderlichen Wirkungen des nach § 10 Satz 1 der Darlehensbedingungen vereinbarten Rangrücktritts werden nur unzureichend erklärt. Die Formulierung, die Zahlung "steht unter dem Vorbehalt", verschleiert die Wirkungen einer vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre ebenso wie die weiteren Bestimmungen, wonach Zahlungen, die "aufgrund dieses Zahlungsvorbehalts" nicht geleistet werden oder erfolgen können, zu einem bestimmten Termin nachzuholen seien. Dass Zahlungen nicht geleistet werden "können" und dass sie alsbald nachzuholen seien, ermöglicht ein Verständnis, es handele sich um eine bloß vorübergehende, tatsächliche Verzögerung der Zahlungen.

43

(c) Die Revisionserwiderung beruft sich zu Unrecht auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5. März 2015 (IX ZR 133/14, BGHZ 204, 231 ff). Die in jener Entscheidung zu beurteilende Klausel ist mit der Vereinbarung in § 10 der Darlehensbedingungen nicht vergleichbar. Die Urteile vom 22. März 2018 (IX ZR 99/17, ZIP 2018, 882, zVb in BGHZ) und vom 20. Februar 2014 (IX ZR 137/13, WM 2014, 897) betrafen nur die Transparenz eines einfachen Rang-rücktritts, nicht hingegen diejenige einer vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre.

44

(4) Damit kann dahinstehen, ob die in § 10 der Darlehensbedingungen getroffene vorinsolvenzliche Nachrangvereinbarung auch aus anderen Gründen unwirksam sein kann. Insbesondere kann offen bleiben, ob die Regelung - angesichts der insoweit im Hinblick auf die weitreichenden Auswirkungen einer vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre zu stellenden hohen Anforderungen - nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden ist.

45

2. Eine Anfechtung wegen unentgeltlicher Leistung gemäß § 134 InsO im Hinblick auf die Nachrangabrede (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2015 - IX ZR 133/14, BGHZ 204, 231 Rn. 46 ff) scheidet aus. Da die Regelung der vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre unwirksam ist, war die Schuldnerin nicht berechtigt, die Zahlung schon wegen einer bereits bestehenden Insolvenzreife zu verweigern. Ob ein Rückforderungsanspruch der Schuldnerin aus § 812 BGB wegen Kenntnis der Nachrangklausel ausscheidet, ist daher unerheblich.

46

3. Zutreffend verneint das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 135 Abs. 1 InsO, weil die Beklagte nicht Gesellschafterin der Schuldnerin war. Auf den vom Kläger mit der Gegenrüge geltend gemachten Einwand, § 135 Abs. 1 InsO sei in persönlicher Hinsicht unabhängig von einer formalen Gesellschafterstellung stets auf den Darlehensgeber anzuwenden, dessen Darlehen eine (einfache) Rangrücktrittsvereinbarung enthielt, kommt es nicht an. Eine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 InsO scheidet aus, wenn sich der Anfechtungsgegner auf das Kleinbeteiligungsprivileg gemäß § 39 Abs. 5 InsO berufen kann (allgemeine Meinung, vgl. nur MünchKomm-InsO/Gehrlein, 3. Aufl., § 135 Rn. 29 ff; Schmidt/Schmidt, InsO, 19. Aufl., § 135 Rn. 12). Angesichts des Darlehensbetrags von 30.000 € und der kurzen Laufzeit des Darlehens ist es nach dem Sachvortrag der Parteien ausgeschlossen, dass die Beklagte - selbst wenn man ihre Rechtsstellung allein im Hinblick auf die Rangrücktrittsvereinbarung gemäß § 10 Satz 5 der Darlehensbedingungen wie eine Gesellschaftsbeteiligung ansehen würde (so etwa Bork, ZIP 2012, 2277 ff; dagegen Bitter, ZIP 2013, 2 ff; Schmidt/Schmidt, aaO Rn. 12; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 15. Aufl., § 135 Rn. 8) - im Streitfall so zu behandeln wäre, als ob sie mit mehr als 10 vom Hundert am Haftkapital der Schuldnerin beteiligt gewesen wäre.

47

4. Eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 InsO oder nach § 133 Abs. 1 InsO scheitert schon daran, dass der Kläger keine Tatsachen vorgetragen hat, aufgrund derer die Beklagte die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin oder den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gekannt hätte.

48

5. Dem Kläger steht schließlich kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zu. Aus der Nachrangklausel folgt kein Bereicherungsanspruch des Klägers, weil die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre unwirksam ist. Soweit der Darlehensvertrag gemäß § 142 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen ist, nachdem die Beklagte ihn gemäß § 143 Abs. 1, § 123 BGB wirksam angefochten hat, ist zwar auch der Rechtsgrund für die Darlehensrückzahlung entfallen. Jedoch besteht insoweit nur ein einziger Bereicherungsanspruch in Höhe des Überschusses, und zwar zugunsten der Partei, die ursprünglich den weitergehenden Anspruch aus Bereicherungsausgleich hatte (BGH, Urteil vom 21. Januar 2011 - V ZR 243/09, NJW 2011, 1436 Rn. 17; vom 27. Januar 2015 - KZR 90/13, WM 2015, 680 Rn. 44). Der Kläger zeigt nicht auf, dass ihm ein solcher Anspruch angesichts der erforderlichen Saldierung der bereits vor Insolvenzeröffnung erfolgten wechselseitigen Leistungen zusteht.

49

Auf Einschränkungen der Saldotheorie im Insolvenzrecht (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2010 - IX ZR 163/09, ZIP 2010, 1253 Rn. 8 mwN) kommt es nicht an, weil sämtliche Leistungen bereits vor Insolvenzeröffnung ausgetauscht worden sind und dem Kläger kein Anfechtungsanspruch aus § 143 InsO zusteht. Soweit aufgrund der wechselseitigen Rückforderungsansprüche aus dem Vertragsverhältnis eine Aufrechnungslage entstanden ist, ist die Aufrechnung nicht nach § 96 Abs. 1 InsO unzulässig, weil die Aufrechnungslage unter diesen Voraussetzungen nicht als unentgeltliche Leistung anfechtbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2017 - IX ZR 252/16, BGHZ 214, 350 Rn. 25 ff, 29). Andere insolvenzrechtliche Gründe, die der Anwendung der Saldotheorie entgegenstehen, liegen nicht vor.

IV.

50

Die Sache ist zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Weil dem Kläger keine Rückzahlungsansprüche gegen die Beklagte zustehen, ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kayser     

      

Lohmann     

      

Pape   

      

Schoppmeyer     

      

Röhl