Entscheidungsdatum: 14.07.2016
Vergütungen und Auslagen des gemeinsamen Vertreters für die Gläubiger von inhaltsgleichen Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen gehören nicht zu den Kosten des Insolvenzverfahrens. Sie können nicht vom Insolvenzgericht festgesetzt werden.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 12. Juni 2015 wird auf Kosten des Rechtsbeschwerdeführers zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 14.538,62 €.
I.
Über das Vermögen der Schuldnerin wurde mit Beschluss vom 1. April 2014 das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte zu 1 zum Insolvenzverwalter bestellt.
Die Schuldnerin gab insgesamt 4852 Serien an Orderschuldverschreibungen aus. Das Insolvenzgericht führte für jede der Orderschuldverschreibungsserien einzelne Gläubigerversammlungen zur Frage der Bestellung und Wahl gemeinsamer Vertreter gemäß § 19 des Gesetzes über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (Schuldverschreibungsgesetz - SchVG) durch. Der weitere Beteiligte zu 2 wurde zum gemeinsamen Vertreter für 18 der Orderschuldverschreibungsserien bestellt.
Mit Schreiben vom 4. Februar 2015 beantragte der weitere Beteiligte zu 2 beim Insolvenzgericht, ihm einen Auslagenvorschuss für den Abschluss einer ergänzenden Vermögensschadenhaftpflichtversicherung sowie einen Abschlag auf die für die Tätigkeit als gemeinsamer Vertreter entstandenen Vergütungsansprüche in einer Gesamthöhe von 14.538,62 € zu gewähren. Das Insolvenzgericht lehnte den Antrag ab. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 zurückgewiesen. Mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Antrag weiter.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, es bestehe kein die Festsetzung der Vergütung durch das Insolvenzgericht rechtfertigendes Verfahrensrechtsverhältnis zwischen einem gemeinsamen Vertreter und der Schuldnerin. Insbesondere könne der gemäß §§ 7, 19 SchVG bestellte gemeinsame Vertreter einem Sonderinsolvenzverwalter nicht gleichgestellt werden. Es bestehe kein Anlass, dem gemeinsamen Vertreter, der seinen Vergütungsanspruch nach § 7 Abs. 6 SchVG im allgemeinen auf dem ordentlichen Rechtsweg geltend machen müsse, ein Vergütungsfestsetzungsverfahren entsprechend der Insolvenzordnung zu eröffnen.
In der Sache könne die Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters weder mit der eines Sonderinsolvenzverwalters noch mit der eines Mitglieds des Gläubigerausschusses verglichen werden. In den Fällen, in denen das Insolvenzgericht die Vergütung festzusetzen habe, wähle es die Vergütungsgläubiger aus und habe die Tätigkeit des Vergütungsgläubigers im laufenden Verfahren zu überwachen. Daran fehle es beim gemeinsamen Vertreter. Ebenso seien die Vergütungsansprüche des gemeinsamen Vertreters nicht den Kosten des Insolvenzverfahrens nach § 54 Nr. 2 InsO vergleichbar. Vielmehr sei der gemeinsame Vertreter dem Vertreter eines einzelnen Insolvenzgläubigers vergleichbar, der ebenfalls vom Insolvenzgericht weder bestellt noch überwacht noch entlassen noch vergütet werde.
2. Das hält rechtlicher Überprüfung stand. Das Insolvenzgericht hat die Festsetzung einer Vergütung für den weiteren Beteiligten zu 2 zu Recht abgelehnt. Eine solche Vergütungsfestsetzung ist gesetzlich nicht vorgesehen.
a) Eine gesetzliche Regelung, dass das Insolvenzgericht die Vergütung eines gemeinsamen Vertreters von Anleihegläubigern nach Insolvenzeröffnung durch Beschluss mit Wirkung gegen die Masse festsetzt, enthalten weder das Schuldverschreibungsgesetz noch die Insolvenzordnung.
aa) Der Schuldner trägt gemäß § 7 Abs. 6 SchVG die durch die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters der Anleihegläubiger entstehenden Kosten und Aufwendungen, einschließlich einer angemessenen Vergütung des gemeinsamen Vertreters. Wie sich die Höhe der Vergütung errechnet und auf welche Art und Weise der gemeinsame Vertreter seinen Vergütungsanspruch durchsetzen kann, regelt das Schuldverschreibungsgesetz nicht. Soweit § 19 Abs. 2 SchVG es ermöglicht, auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Emittenten (erstmals) einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, enthält § 19 SchVG keine Bestimmungen über die Vergütung des gemeinsamen Vertreters, insbesondere nicht, dass sie vom Insolvenzgericht festzusetzen wäre (vgl. Kübler in Liber Amicorum Wolfram Henckel, 2015, S. 183, 190; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 35; FK-SchVG/Friedl, § 19 Rn. 49; Veranneman/Fürmaier, SchVG § 19 Rn. 7).
bb) Die Insolvenzordnung ordnet nur für bestimmte Beteiligte an, dass das Insolvenzgericht die Vergütungen festzusetzen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Mai 2008 - IX ZB 303/05, WM 2008, 1372 Rn. 17). Gemäß § 64 Abs. 1 InsO setzt das Insolvenzgericht die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluss fest. Dies gilt nach § 73 Abs. 2 InsO für den Anspruch der Mitglieder des Gläubigerausschusses auf Vergütung und Erstattung angemessener Auslagen entsprechend. Gleiche gesetzliche Verweisungen enthalten § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InsO für den vorläufigen Insolvenzverwalter, § 274 Abs. 1 InsO für den Sachwalter und § 293 Abs. 2 InsO für den Treuhänder. Weiter setzt nach § 26a InsO das Insolvenzgericht die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters auch dann fest, wenn das Insolvenzverfahren nicht eröffnet wird. Die Vergütung eines gemeinsamen Vertreters wird von der Insolvenzordnung weder erwähnt noch geregelt.
b) Eine entsprechende Anwendung der Bestimmungen über die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters oder des Mitglieds eines Gläubigerausschusses durch das Insolvenzgericht auf die von einem gemeinsamen Vertreter von Anleihegläubigern verlangte Vergütung scheidet aus. Vielmehr besteht kein Grund, den gemeinsamen Vertreter von Anleihegläubigern gegenüber anderen Gläubigervertretern bei der Durchsetzung seiner Vergütungsansprüche durch eine gesonderte Festsetzung zu bevorzugen. Dabei kann dahinstehen, ob die Vergütungsansprüche des gemeinsamen Vertreters Masseverbindlichkeiten sind.
aa) Ein Gläubiger hat seine Ansprüche auf Vergütung in einem ordentlichen Zivilprozess geltend zu machen. Ob einzelne Ansprüche in einem gesonderten, von den allgemeinen Regeln abweichenden Verfahren durchgesetzt werden können, ist grundsätzlich eine Entscheidung des Gesetzgebers. In einem Insolvenzverfahren kann ein Gläubiger seine Ansprüche je nach ihrer Art, sei es im Wege einer Klage, sei es durch Anmeldung zur Tabelle, durchsetzen. Dieser Weg steht auch einem gemeinsamen Vertreter offen, sofern seine Vergütungsansprüche als Masseverbindlichkeiten oder Insolvenzforderungen einzuordnen wären. Eine gesetzgeberische Entscheidung, dass abweichend hiervon aufgrund der Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Festsetzung der Vergütung durch das Insolvenzgericht zu erfolgen hat, ist nicht ersichtlich.
bb) Die Regelungen der Insolvenzordnung über die Festsetzung der Vergütung durch das Insolvenzgericht können auf die Vergütung des gemeinsamen Vertreters nicht übertragen werden (aA wohl LG Düsseldorf, ZIP 2016, 1036, 1038). Die entsprechenden Bestimmungen beruhen auf gesetzlichen Wertungen, welche die Tätigkeit eines gemeinsamen Vertreters von Anleihegläubigern nicht erfüllt. Eine freie Rechtsschöpfung durch richterlichen Gestaltungsakt verbietet sich. Insbesondere sind die Vergütungsansprüche nicht als Kosten des Insolvenzverfahrens analog § 54 Nr. 2 InsO einzuordnen.
(1) Einer Festsetzung der Vergütung durch das Insolvenzgericht in entsprechender Anwendung des § 64 InsO steht schon entgegen, dass die Wertungen, die den Gesetzgeber veranlasst haben, die Vergütung bestimmter Beteiligter durch das Insolvenzgericht festsetzen zu lassen, auf den gemeinsamen Vertreter der Orderschuldverschreibungsgläubiger nicht zutreffen.
(a) Die Beteiligten, die für die Gesamtheit der Gläubiger tätig sind, sollen ihre Vergütung aufgrund einer Festsetzung durch das Insolvenzgericht erhalten: Insolvenzverwalter, Sachwalter, Treuhänder und Mitglieder des Gläubigerausschusses haben bei ihrer Tätigkeit stets die Interessen der Gläubigergesamtheit zu wahren. Die Vorteile einer Tätigkeit des Insolvenzverwalters, Sachwalters, Treuhänders oder Mitglieds des Gläubigerausschusses kommen allen Gläubigern im Insolvenzverfahren in gleicher Art und Weise zugute. Gemeinsam ist diesen Beteiligten, dass sie nicht für einen einzelnen Gläubiger oder für eine bestimmte Gruppe von Gläubigern tätig sind, sondern stets der Gesamtheit der Gläubiger verpflichtet sind und in diesem Sinn neutral zu sein haben. Darauf beruht auch die Entscheidung des Gesetzgebers, dass Insolvenzverwalter (§§ 60, 61 InsO und hierauf verweisend § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InsO), Mitglieder des Gläubigerausschusses (§ 71 InsO) und Sachwalter (§ 274 Abs. 1 InsO iVm § 60 InsO) den Beteiligten zum Schadensersatz verpflichtet sind, wenn sie ihre insolvenzspezifischen Pflichten verletzen. Nicht zuletzt aus diesem Grund unterliegen Insolvenzverwalter, Sachwalter und Treuhänder bei der Ausübung ihrer Tätigkeit der Aufsicht des Insolvenzgerichts (§ 58 InsO und hierauf verweisend § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 274 Abs. 1, § 292 Abs. 3 Satz 2 InsO); dies gilt auch für die Mitglieder des Gläubigerausschusses (arg. § 70 InsO). Auf dieser Grundlage hat der Gesetzgeber es für gerechtfertigt gehalten, dass die Vergütung dieser Beteiligten durch das Insolvenzgericht festgesetzt werden soll. Entsprechendes gilt für die in § 26a InsO getroffene Regelung.
(b) Tätigkeit und Aufgaben des gemeinsamen Vertreters von Anleihegläubigern sind damit nicht vergleichbar. Er wird im Interesse der von ihm vertretenen Anleihegläubiger tätig (vgl. Brenner, NZI 2014, 789). § 19 Abs. 2 SchVG bestimmt ausdrücklich, dass die Gläubiger den gemeinsamen Vertreter zur Wahrnehmung ihrer Rechte im Insolvenzverfahren bestellen können. Es ist seine Aufgabe, einseitig und möglichst wirksam die Interessen der von ihm vertretenen Anleihegläubiger durchzusetzen (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG; FK-SchVG/Friedl, § 19 Rn. 19). Zu irgendeiner Rücksicht auf die Interessen des Schuldners ist er nicht verpflichtet. Er haftet gemäß § 7 Abs. 3 SchVG nur den von ihm vertretenen Gläubigern. Die Vorteile aus der Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters erlangen in erster Linie die von ihm vertretenen Gläubiger der Schuldverschreibungen. Die übrigen Gläubiger und die Gläubigerschaft insgesamt haben hingegen allenfalls mittelbar ein Interesse an der Tätigkeit eines gemeinsamen Vertreters.
Für den Insolvenzverwalter und das Insolvenzgericht mag das Auftreten eines gemeinsamen Vertreters die Abwicklung des Insolvenzverfahrens erleichtern. Hierauf beruht die Bemerkung in der Begründung des Regierungsentwurfs zum Schuldverschreibungsgesetz, dass die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters "in aller Regel wünschenswert wäre" (BT-Drucks. 16/12814 S. 25). Das rechtfertigt es nicht, eine vom Gesetz nicht vorgesehene Regelung der Vergütungsfestsetzung im Wege der Rechtsfortbildung einzuführen. Dass die Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters auch im Interesse einer rationellen Abwicklung des Insolvenzverfahrens erfolgt (Kübler, aaO 192) und eine zügige und geordnete Durchführung des Insolvenzverfahrens erleichtert (BT-Drucks. 16/12814 S. 25; FK-SchVG/Friedl, § 19 Rn. 19; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 32), ändert nichts an der wesentlichen Funktion und Bindung des gemeinsamen Vertreters: Er bleibt ein Gläubigervertreter, ist jedenfalls im Innenverhältnis den Weisungen der Anleihegläubiger unterworfen (Preuße/Scherber, aaO Rn. 34; FK-SchVG/Friedl, § 19 Rn. 54) und fördert mit seiner Tätigkeit den Insolvenzzweck allenfalls mittelbar und ist ihm keineswegs verpflichtet.
Aus den gleichen Gründen ist es unerheblich, ob der gemeinsame Vertreter als Organ für die von ihm vertretenen Gläubiger im Insolvenzverfahren anzusehen ist (so etwa Brenner, NZI 2014, 789, 794). Die Frage, ob die Vergütung durch das Insolvenzgericht festgesetzt werden kann und ob die Stellung des gemeinsamen Vertreters derjenigen der übrigen Beteiligten vergleichbar ist, richtet sich nicht danach, ob der gemeinsame Vertreter als Organ der Anleihegläubiger angesehen werden kann. Entscheidend ist vielmehr die sachliche Vergleichbarkeit der durchgeführten Tätigkeiten und Aufgaben sowie ihrer Zielrichtung. Daran fehlt es.
(c) Ein gemeinsamer Vertreter steht vom Aufgabenbereich und der Tätigkeit her auch im Insolvenzverfahren einem Vertreter eines Insolvenzgläubigers näher als den Beteiligten des Insolvenzverfahrens, für die das Gesetz eine Festsetzung der Vergütung durch das Insolvenzgericht vorsieht. Für einfache Insolvenzgläubiger ist jedoch anerkannt, dass die ihnen durch eine Vertretung entstehenden Kosten keine Kosten des Insolvenzverfahrens sind (arg. § 39 Abs. 1 Nr. 2 InsO; MünchKomm-InsO/Hefermehl, 3. Aufl. § 54 Rn. 34; Pape/Schaltke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2011, § 54 Rn. 37). Sie können damit auch nicht vom Insolvenzgericht festgesetzt werden. Zwar hat - anders als bei einfachen Gläubigern - nach § 7 Abs. 6 SchVG der Emittent die dem gemeinsamen Vertreter zustehende Vergütung zu tragen; dies genügt aber nicht, um für das Insolvenzverfahren eine Festsetzungsbefugnis durch das Insolvenzgericht zu bejahen.
Der von der Rechtsbeschwerde gezogene Vergleich zum Sonderinsolvenzverwalter oder zu einem Mitglied des Gläubigerausschusses trägt nicht. Der Gläubigerausschuss ist ein zur Unterstützung und Überwachung des Verwalters berufenes Organ der Gläubigerschaft (§ 69 InsO; MünchKomm-InsO/Stephan/Riedel, 3. Aufl., § 73 Rn. 6). Die Mitglieder haben ihre Aufgaben unabhängig im Sinne des Gesamtinteresses der Gesamtgläubigerschaft auszuüben (HK-InsO/Riedel, 8. Aufl., § 69 Rn. 9; Kübler in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2015, § 69 Rn. 5). Soweit die Vergütungsansprüche eines Sonderinsolvenzverwalters ebenfalls vom Insolvenzgericht festzusetzen sind (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2008 - IX ZB 303/05, WM 2008, 1372 Rn. 26; vom 26. März 2015 - IX ZB 62/13, ZIP 2015, 1034 Rn. 6), beruht dies darauf, dass der Sonderinsolvenzverwalter sein Amt selbständig auszuüben hat (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2008 aaO Rn. 18), er in seinem Aufgabenbereich an die Stelle des Insolvenzverwalters tritt, weil dieser tatsächlich oder rechtlich verhindert ist, sein Amt auszuüben (BGH, Beschluss vom 2. März 2006 - IX ZB 225/04, NZI 2006, 474 Rn. 11; vom 25. Januar 2007 - IX ZB 240/05, ZIP 2007, 548 Rn. 22), und die Aufgaben des Sonderinsolvenzverwalters regelmäßig mit denen eines Insolvenzverwalters vergleichbar sind (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2008, aaO Rn. 21). Der Sonderinsolvenzverwalter wird mithin ebenso wie ein Insolvenzverwalter im Interesse der Gläubigergesamtheit tätig, nicht wie der gemeinsame Vertreter zur Durchsetzung von Rechten einzelner Insolvenzgläubiger.
(2) Dass die in § 54 Nr. 2 InsO genannten Vergütungen durch das Insolvenzgericht festgesetzt werden, ist ebenfalls kein Grund, die Vergütung des gemeinsamen Vertreters durch das Insolvenzgericht festzusetzen. Die Vergütungsansprüche des gemeinsamen Vertreters fallen nicht unter § 54 Nr. 2 InsO; § 54 Nr. 2 InsO ist auch nicht entsprechend anwendbar (Antoniadis, NZI 2014, 785, 788; Schmidt/Thole, InsO, 19. Aufl., § 54 Rn. 10; FK-SchVG/Friedl, § 19 Rn. 49; aA Brenner, NZI 2014, 789, 793 f; Veranneman/Fürmaier, SchVG, § 19 Rn. 7; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 35; Bliesener/Schneider in Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl., Kapitel 17 § 19 SchVG Rn. 24; Cagalj, Restrukturierung von Anleihen nach dem neuen Schuldverschreibungsgesetz, 169; Kübler, aaO 192).
Was zu den Kosten des Insolvenzverfahrens gehört, ist in § 54 InsO gesetzlich definiert (BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - IX ZB 224/08, ZIP 2010, 2252 Rn. 9). Die Regelung in § 54 Nr. 2 InsO beruht auf einer bewussten Abwägung des Gesetzgebers. Darin werden die zu berücksichtigenden Kosten des Verfahrens enumerativ aufgezählt (Pape/Schaltke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2011, § 54 Rn. 64; LG Saarbrücken, ZIP 2016, 1038, 1040). Ziel ist es, die Eröffnung und Durchführung von Verfahren zu erleichtern; damit korrespondiert die Entscheidung des Gesetzgebers, im Falle einer Masseunzulänglichkeit nur die in § 54 InsO genannten Kosten mit Vorrang auszustatten (§ 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO; vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 126, 220). Diese gesetzgeberische Entscheidung, nur bestimmte Kosten des Insolvenzverfahrens mit einem Vorrang vor anderen Masseverbindlichkeiten auszustatten, ist bindend. Eine entsprechende Anwendung von § 54 Nr. 2 InsO auf andere Kosten verbietet sich grundsätzlich, weil auf diese Weise in die Entscheidungsprärogative des Gesetzgebers eingegriffen würde.
§ 54 Nr. 2 InsO nennt die Vergütungen und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses und behandelt sie als Teil der Kosten des Insolvenzverfahrens. Dass dies auch für Vergütung und Auslagen des Sachwalters gilt (vgl. MünchKomm-InsO/Hefermehl, 3. Aufl., § 54 Rn. 48; HK-InsO/Lohmann, 8. Aufl. § 54 Rn. 12), beruht auf der gesetzlichen Anordnung in § 274 Abs. 1 InsO. Soweit Vergütung und Auslagen des Sonderinsolvenzverwalters in entsprechender Anwendung der §§ 63 bis 65 InsO und der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung zu bemessen sind (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2008 - IX ZB 303/05, WM 2008, 1372 Rn. 11, 17 ff) und ebenfalls unter § 54 Nr. 2 InsO fallen können, gründet dies auf der Vergleichbarkeit mit der Tätigkeit eines Insolvenzverwalters. Hingegen fehlt es angesichts der mit diesen Aufgabenbereichen nicht vergleichbaren Tätigkeit eines gemeinsamen Vertreters an einem hinreichenden Grund, um § 54 Nr. 2 InsO auf seinen Vergütungsanspruch entsprechend anzuwenden.
Dass es sich bei § 54 Nr. 2 InsO um eine abschließende Regelung der Vergütungsansprüche handelt, die durch das Insolvenzgericht festgesetzt werden können, zeigt sich weiter an der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung. Aufgrund der Ermächtigung in § 65 InsO enthält die Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung jeweils Bestimmungen über die Vergütungen und Auslagen für Insolvenzverwalter, Sachwalter, Treuhänder und Mitglieder des (vorläufigen) Gläubigerausschusses, die gemäß § 64 InsO vom Insolvenzgericht festzusetzen sind und - möglicherweise abgesehen von den Ansprüchen des Treuhänders - gemäß § 54 Nr. 2 InsO zu den Kosten des Insolvenzverfahrens gehören. Eine entsprechende Regelung über die Höhe der Vergütung für den gemeinsamen Vertreter der Anleihegläubiger fehlt. Es fehlt auch an einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage.
(3) Weder aus der Regelung in § 19 SchVG noch aus Sinn und Zweck der Bestimmungen über den gemeinsamen Vertreter im Insolvenzverfahren ergibt sich, dass die Vergütungsansprüche des gemeinsamen Vertreters so zu behandeln sind wie die der Beteiligten, deren Vergütung das Insolvenzgericht durch Beschluss festsetzt. § 19 SchVG enthält eine Sonderregelung für das Insolvenzverfahren. § 19 Abs. 1 Satz 1 SchVG bestimmt, dass die Beschlüsse der Gläubiger einer Schuldverschreibung den Bestimmungen der Insolvenzordnung unterliegen, sobald über das Vermögen des Schuldners im Inland das Insolvenzverfahren eröffnet ist.
Gemäß § 19 Abs. 2 SchVG können - nicht müssen - die Gläubiger durch Mehrheitsbeschluss einen gemeinsamen Vertreter für alle Gläubiger bestellen. Dieser gemeinsame Vertreter hat kraft gesetzlicher Anordnung in § 19 Abs. 3 SchVG die Befugnis, die Rechte der Insolvenzgläubiger allein wahrzunehmen. Es geht also nach diesen Bestimmungen darum, die Beteiligung der einzelnen Insolvenzgläubiger am Insolvenzverfahren im Interesse dieser Insolvenzgläubiger zu bündeln. Ob sich die Insolvenzgläubiger hierzu entschließen, steht ihnen frei. Soweit nach der Begründung des Regierungsentwurfs die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners "wünschenswert" ist (BT-Drucks. 16/12814 S. 25), ergibt sich daraus weder eine gesetzliche Regelung, auf welche Art und Weise die Vergütung eines gemeinsamen Vertreters festzusetzen ist, noch rechtfertigt diese Bemerkung, eine nicht vorhandene gesetzliche Regelung durch Richterrecht zu schaffen.
Vielmehr statuiert § 19 Abs. 1 SchVG einen Vorrang des Insolvenzrechts (BT-Drucks. 16/12814 S. 25; Cagalj, aaO 169; Preuße/Scherber, SchVG, § 19 Rn. 2; FK-SchVG/Friedl, § 19 Rn. 8). Lediglich § 19 Abs. 2 bis 4 SchVG enthält gegenüber den Bestimmungen der Insolvenzordnung vorrangige Sondervorschriften (BT-Drucks. aaO). Die Vorgaben der Insolvenzordnung, auf welche Weise Ansprüche geltend zu machen sind, gelten daher auch für den gemeinsamen Vertreter. Eine Ausweitung dieser Bestimmung im Wege der Rechtsfortbildung ist nicht möglich. Selbst wenn es sich bei den Vergütungsansprüchen um Masseverbindlichkeiten handeln sollte, wären diese grundsätzlich nach § 53 InsO vom Insolvenzverwalter zu berichtigen (vgl. Schmidt/Thole, InsO, 19. Aufl. § 53 Rn. 9).
Kayser Gehrlein Vill
Grupp Schoppmeyer