Entscheidungsdatum: 14.02.2013
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg vom 26. August 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 19.869,99 € festgesetzt.
I.
Der weitere Beteiligte zu 2 war vom 3. November 2009 bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin am 1. Dezember 2009 als vorläufiger Insolvenzverwalter tätig. Das Insolvenzgericht hat seine Vergütung antragsgemäß auf insgesamt 57.594,23 € festgesetzt (Vergütung 47.686,51 €, Zustellungswesen 462 €, Auslagenpauschale 250 €, jeweils zuzüglich 19 vom Hundert Umsatzsteuer). Es hat die Berechnungsgrundlage mit 2.018.679,19 € angenommen und dabei auch den Wert von Gegenständen einbezogen, an denen bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens Aus- und Absonderungsrechte bestanden. Den Vergütungssatz hat es unter Berücksichtigung mehrerer Zuschläge auf 70 vom Hundert des Regelsatzes nach § 2 Abs. 1 InsVV festgelegt. Auf die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 hat das Beschwerdegericht die Vergütung auf insgesamt 33.670,88 € herabgesetzt. Mit der Rechtsbeschwerde erstrebt der weitere Beteiligte zu 2 eine zusätzliche Vergütung in Höhe von 19.869,99 € (einschließlich Umsatzsteuer).
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 7 aF, §§ 6, 64 Abs. 3, § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2, § 575 Abs. 1 und 2 ZPO). In der Sache führt sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Berechnungsgrundlage sei der Betrag von 734.258,34 €. Der vom weiteren Beteiligten zu 2 angegebene Erlös in Höhe von 1.284.420,84 € aus der Verwertung von Gegenständen mit Aus- oder Absonderungsrechten erhöhe die Berechnungsgrundlage nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs komme insoweit allenfalls ein Zuschlag zur Regelvergütung in Betracht. Voraussetzung der Gewährung eines Zuschlags sei aber, dass sich der vorläufige Insolvenzverwalter mit den Aus- und Absonderungsrechten in erheblichem Umfang befasst habe. Dies sei nicht der Fall gewesen. Aus anderen Gründen seien Zuschläge in Höhe von insgesamt 40 vom Hundert der Regelvergütung gerechtfertigt.
2. Die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 nimmt die Herabsetzung des Gesamtzuschlags um 5 vom Hundert hin, wendet sich aber gegen den niedrigeren Ansatz der Berechnungsgrundlage. Sie rügt, das Beschwerdegericht habe die Regelung in § 11 Abs. 1 Satz 4 InsVV außer Acht gelassen, nach der Gegenstände, an denen bei Verfahrenseröffnung Aus- oder Absonderungsrechte bestehen, der Berechnungsgrundlage hinzuzurechnen seien, sofern sich der vorläufige Insolvenzverwalter in erheblichem Umfang mit ihnen befasst habe. Letzteres sei der Fall, die abweichende Beurteilung des Beschwerdegerichts sei rechtsfehlerhaft.
3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts kann mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben.
a) Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Regelung in § 11 Abs. 1 Satz 4 InsVV über die Einbeziehung von Gegenständen mit Aus- oder Absonderungsrechten in die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters teilweise nicht durch die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage gedeckt und insoweit nichtig (BGH, Beschluss vom 15. November 2012 - IX ZB 88/09, WM 2013, 77 Rn. 21; vom 15. November 2012 - IX ZB 130/10, WM 2013, 85 Rn. 25). Gegenstände, an denen bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens Aussonderungsrechte bestehen, gehören nicht zu dem Vermögen des Schuldners und sind deshalb nicht der Berechnungsgrundlage hinzuzurechnen (BGH, Beschluss vom 15. November 2012 - IX ZB 88/09, aaO Rn. 21 ff). Gegenstände, an denen bei Verfahrenseröffnung Absonderungsrechte bestehen, zählen hingegen zu dem Vermögen des Schuldners und sind in die Berechnungsgrundlage selbst dann einzubeziehen, wenn sich der vorläufige Verwalter mit ihnen nicht befasst hat. Zu berücksichtigen sind diese Gegenstände allerdings nur insoweit, als aus ihnen der späteren Masse ein Überschuss zusteht (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3, § 10 InsVV; BGH, Beschluss vom 15. November 2012 - IX ZB 130/10, aaO Rn. 25 ff).
b) Mit diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht zu vereinbaren, weil sie bei der Bestimmung der Berechnungsgrundlage die Gegenstände mit Absonderungsrechten unberücksichtigt gelassen hat, ohne zu prüfen, ob ein Überschuss für die Masse zu erwarten war. Die Entscheidung ist deshalb aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
4. Eine eigene Entscheidung kann der Senat nicht treffen (§ 577 Abs. 5 ZPO). Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif.
a) Der in der Beschwerdeentscheidung in Bezug genommene Vortrag des weiteren Beteiligten zu 2, im eröffneten Verfahren sei aus der Verwertung der Absonderungsrechte ein Erlös in Höhe von 385.420,84 € erzielt worden, lässt nicht erkennen, ob es sich dabei um den Gesamterlös aus der Verwertung der mit Absonderungsrechten belasteten Gegenstände handelt oder um den Überschuss, welcher nach Auskehr der den absonderungsberechtigten Gläubigern zustehenden Beträge der Masse verblieben ist. Nur dieser Überschuss kann in die Berechnungsgrundlage einbezogen werden. Dabei wird das Beschwerdegericht allerdings zu prüfen haben, ob der im eröffneten Verfahren erzielte Übererlös einen zuverlässigen Schluss auf den freien, von den Absonderungsrechten nicht abgedeckten Wert der Gegenstände zu dem nach § 11 Abs. 1 Satz 3 InsVV maßgeblichen Zeitpunkt erlaubt.
b) Hat das Beschwerdegericht die Berechnungsgrundlage nach den vorstehenden Grundsätzen neu ermittelt, wird es zu prüfen haben, ob dem vorläufigen Insolvenzverwalter für die Bearbeitung der (späteren) Aus- und Absonderungsrechte zusätzlich ein Zuschlag nach §§ 10, 3 Abs. 1 Buchst. a InsVV zu gewähren ist, sofern der Mehraufwand durch die Erhöhung der Berechnungsgrundlage nicht angemessen abgegolten sein sollte (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 2012 - IX ZB 130/10, aaO Rn. 46).
Kayser Raebel Pape
Grupp Möhring