Entscheidungsdatum: 20.07.2017
1. Das Insolvenzgericht kann einen vom Schuldner vorgelegten Insolvenzplan im Vorprüfungsverfahren zurückweisen, wenn offensichtlich ist, dass ein erfolgreicher Antrag auf Versagung der gerichtlichen Bestätigung zum Schutz von Minderheiten gestellt werden wird.
2. Soll die durch einen Insolvenzplan verursachte Schlechterstellung eines Beteiligten mittels einer Kompensationsregelung ausgeglichen werden, muss die Finanzierung der zum Ausgleich vorgesehenen Mittel gesichert sein und durch diese zusätzlichen Mittel ein vollständiger Ausgleich der Schlechterstellung eindeutig erreicht werden können.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 9. Februar 2016 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
I.
Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 16. April 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der weiteren Beteiligten zu 1 steht eine in der Insolvenztabelle für den Ausfall festgestellte Forderung in Höhe von 1.267.634,92 € zu. Die Forderung ist durch ein erstrangiges Grundpfandrecht im Betrag von 2.939.928 € nebst Zinsen an einem mit einer Gewerbeimmobilie bebauten Grundstück der Schuldnerin gesichert. Die weitere Beteiligte zu 1 betreibt die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Nach einem im Zwangsversteigerungsverfahren eingeholten Gutachten beträgt der Verkehrswert des Grundstücks 5.624.210 €.
Im Laufe des Insolvenzverfahrens legte die Schuldnerin mehrfach Insolvenzpläne vor, die zunächst sämtlich vom Insolvenzgericht im Vorprüfungsverfahren nach § 231 InsO zurückgewiesen wurden. Im Jahr 2014 versagte das Insolvenzgericht einem Insolvenzplan, der eine Zahlung von 587,99 € auf die Forderung der weiteren Beteiligten zu 1 unter Wegfall der dinglichen Sicherheit vorsah, die Bestätigung nach §§ 248, 251 InsO. Unter dem 17. Juni 2015, überarbeitet am 10. August 2015, legte die Schuldnerin einen weiteren Insolvenzplan vor. Dieser sieht wiederum eine Zahlung von 587,99 € auf die Forderung der weiteren Beteiligten zu 1 unter Wegfall der dinglichen Sicherheit vor, enthält aber nunmehr eine Kompensationsregelung für eine nachgewiesene Schlechterstellung. Hierfür soll die Kostengarantin des Plans, die A. , eine Bürgschaft in Höhe von 400.000 € stellen. Daneben soll eine Sicherheit gestellt werden durch Abtretung einer Eigentümergrundschuld in Höhe von 400.000 € nebst 2,5 v.H. Zinsen p.a.
Das Insolvenzgericht hat diesen Insolvenzplan nach § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Schuldnerin die Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, §§ 6, 231 Abs. 3 InsO) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 Abs. 1 und 2 ZPO). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Das Insolvenzgericht habe den Insolvenzplan mit Recht zurückgewiesen, weil der Plan offensichtlich keine Aussicht auf Bestätigung durch das Gericht habe. Die Bestätigung wäre nach § 251 InsO zu versagen, weil die weitere Beteiligte zu 1 durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt werde, als sie ohne den Plan stünde. Bei der Verwertung des Grundstücks durch Zwangsversteigerung könne die weitere Beteiligte zu 1 mit einem Erlös rechnen, der den im Insolvenzplan vorgesehenen Betrag von 587,99 € deutlich übersteige. Die im Plan vorgesehene Kompensation gleiche diese Schlechterstellung nicht aus. Es stehe nicht fest, dass bei einer Zwangsversteigerung lediglich ein Erlös von 400.000 € erwartet werden könne. Zudem müsse die weitere Beteiligte zu 1 nach dem Insolvenzplan verschiedene Risiken tragen, etwa das Risiko des Nachweises einer nicht näher definierten Schlechterstellung und das Risiko der Zahlungsfähigkeit der Kostengarantin.
2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
a) Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob ein Insolvenzplan noch nach § 231 Abs. 1 InsO zurückgewiesen werden kann, nachdem er bereits den Beteiligten nach § 232 InsO zur Stellungnahme übersandt wurde, stellt sich nicht. § 231 InsO ermöglicht es dem Insolvenzgericht, einen vorgelegten Insolvenzplan einer Vorprüfung zu unterziehen und ihn unter den dort genannten Voraussetzungen zurückzuweisen. Weist das Insolvenzgericht den Plan nicht zurück, hat es das Erörterungs- und Abstimmungsverfahren über den Plan einzuleiten und zu diesem Zweck den Plan zunächst den in § 232 Abs. 1 InsO genannten Personen und Institutionen zur Stellungnahme zuzuleiten. Entgegen der Darstellung der Rechtsbeschwerde war das Insolvenzgericht zum Zeitpunkt der Zurückweisung des Insolvenzplans noch nicht in das Stadium des § 232 InsO eingetreten. Es hatte die Schuldnerin unter dem 31. Juli 2015 darauf hingewiesen, dass der Insolvenzplan vom 17. Juni 2015 mangels einer ausreichenden Kompensationsregelung nach § 231 InsO zurückgewiesen werden müsse. Unter demselben Datum übersandte es einen die Kompensationsregelung enthaltenden Auszug des Plans an den Vertreter der weiteren Beteiligten zu 1 zur Stellungnahme. Dies erfolgte vor dem Hintergrund, dass es bei der Kompensationsregelung gerade um den Schutz der weiteren Beteiligten zu 1 ging, auf deren Betreiben die Bestätigung des im Jahr 2014 vorgelegten Insolvenzplans, der noch keine Regelung zur Kompensation einer Schlechterstellung enthielt, versagt worden war. Damit diente die Anhörung der weiteren Beteiligten zu 1 ausschließlich der Vorbereitung der Entscheidung des Insolvenzgerichts nach § 231 InsO. Diese Entscheidung erging, nachdem die Schuldnerin die ergänzte Fassung des Insolvenzplans vom 10. August 2015 eingereicht hatte. Eine Zuleitung des Insolvenzplans an die in § 232 InsO genannten Institutionen, insbesondere an den Insolvenzverwalter, veranlasste das Insolvenzgericht vor der Zurückweisung des Insolvenzplans nicht. Deshalb kommt es auf die Frage nicht an, ob ein Insolvenzplan nach einer solchen Zuleitung noch nach § 231 InsO zurückgewiesen werden kann (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 30. Juni 2011 - IX ZB 30/10, ZInsO 2011, 1550 Rn. 2).
b) Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung des Insolvenzplans nach § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO lagen, wie das Beschwerdegericht ohne Rechtsfehler angenommen hat, vor.
aa) Nach dieser Norm wird ein vom Schuldner vorgelegter Insolvenzplan von Amts wegen unter anderem dann zurückgewiesen, wenn er offensichtlich keine Aussicht auf Bestätigung durch das Gericht hat. Das Insolvenzgericht hat daher eine Prognose zu treffen. Bezugspunkt der Prognose ist die nach der Annahme des Insolvenzplans durch die Beteiligten und der Zustimmung des Schuldners vom Gericht nach § 248 InsO zu treffende Entscheidung über die Bestätigung des Insolvenzplans. Die Prognose hat sich mithin auf die Frage zu erstrecken, ob die Bestätigung aus einem gesetzlichen Grund zu versagen sein wird. Einen solchen Versagungsgrund enthält auch die den Minderheitenschutz betreffende Regelung in § 251 InsO. Steht bereits im Zeitpunkt der Vorprüfung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass ein Insolvenzplan aus Gründen des Minderheitenschutzes nach § 251 InsO nicht bestätigt werden wird, führte es zu einer unnötigen Verfahrensverzögerung, wenn zunächst das Erörterungs- und Abstimmungsverfahren nach den §§ 232 ff InsO vorbereitet und durchgeführt würde. Eine solche Verzögerung soll durch die Vorprüfung nach § 231 InsO gerade vermieden werden.
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat § 251 InsO im Rahmen der Vorprüfung des Insolvenzplans nicht deshalb außer Betracht zu bleiben, weil diese Norm eine Versagung der Bestätigung nur auf den Antrag eines Gläubigers oder einer am Schuldner beteiligten Person vorsieht und im Zeitpunkt der Vorprüfung noch nicht bekannt ist, ob ein solcher Antrag gestellt werden wird. Auch die Antragstellung ist Gegenstand der Prognose. Ergebnis der Prognose muss allerdings sein, dass eine Versagung der Bestätigung nicht lediglich wahrscheinlich ist. Das Wort "offensichtlich" in § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO soll, so die Begründung des Gesetzesentwurfs, zum Ausdruck bringen, dass nur in eindeutigen Fällen von der Befugnis zur Zurückweisung Gebrauch gemacht werden darf (BT-Drucks. 12/2443, S. 204 zu § 275 RegE-InsO).
bb) Das Beschwerdegericht hat diese Grundsätze berücksichtigt. Seine Beurteilung, der von der Schuldnerin vorgelegte Insolvenzplan habe offensichtlich keine Aussicht auf Bestätigung durch das Gericht, weil die Bestätigung nach § 251 InsO zu versagen wäre, ist nicht zu beanstanden.
(1) Die weitere Beteiligte zu 1 hat bereits dem im Jahr 2014 von der Schuldnerin vorgelegten Insolvenzplan widersprochen und durch ihren Antrag erreicht, dass die gerichtliche Bestätigung versagt wurde. Sie hat während des Beschwerdeverfahrens mitgeteilt, sie widerspreche auch dem nunmehr vorgelegten Insolvenzplan und beantrage die Versagung der gerichtlichen Bestätigung, weil sie durch den Plan schlechter gestellt werde. Selbst wenn diese Erklärungen verfrüht abgegeben worden sein sollten, weil der Inhalt des Insolvenzplans vor dem Erörterungs- und Abstimmungstermin nicht feststeht, erlauben sie jedenfalls den Schluss, dass die weitere Beteiligte zu 1 zu gegebener Zeit dem Plan nach § 251 Abs. 1 Nr. 1 InsO form- und fristgerecht widersprechen und einen Antrag auf Versagung der Bestätigung stellen wird. Bereits vorliegende Äußerungen eines Gläubigers können in diesem Zusammenhang ebenso berücksichtigt werden wie bei der Frage, ob mit einer Annahme des Insolvenzplans durch die Gläubiger zu rechnen ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - IX ZB 21/09, ZIP 2011, 340 Rn. 3; vom 30. Juni 2011 - IX ZB 30/10, ZInsO 2011, 1550 Rn. 2 f).
(2) Die weitere Beteiligte zu 1 wird durch den von der Schuldnerin vorgelegten Plan voraussichtlich schlechter gestellt, als sie ohne den Plan stünde (§ 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Mit Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, dass die weitere Beteiligte zu 1 erwarten kann, durch die Verwertung ihres erstrangigen Grundpfandrechts eine deutlich höhere Befriedigung ihrer zur Insolvenztabelle festgestellten Forderung zu erlangen als nach dem Insolvenzplan, der lediglich eine Zahlung von 587,99 € vorsieht.
(3) Diese Schlechterstellung wird durch die Kompensationsregelung in Nr. 6b des Insolvenzplans nicht ausgeglichen. Nach § 251 Abs. 3 InsO ist ein Antrag auf Versagung der Bestätigung abzuweisen, wenn im gestaltenden Teil des Plans Mittel für den Fall bereitgestellt werden, dass ein Beteiligter eine Schlechterstellung nachweist. Diese zum 1. März 2012 in das Gesetz eingefügte Regelung ist zwar in Insolvenzverfahren, die wie das vorliegende vor dem genannten Datum eröffnet wurden, nicht anwendbar (Art. 103g Satz 1 EGInsO). Auch zum alten Recht war aber anerkannt, dass die Schlechterstellung eines Beteiligten durch eine Regelung im Insolvenzplan kompensiert werden kann (BT-Drucks. 12/2443, S. 212 zu § 298 RegE-InsO). Voraussetzung hierfür ist, dass die Finanzierung der zum Ausgleich vorgesehenen Mittel gesichert ist und ein vollständiger Ausgleich der Schlechterstellung mittels der zusätzlichen Leistungen eindeutig erreicht werden kann (BT-Drucks. 12/2443, aaO).
An beiden Voraussetzungen fehlt es. Die vorgesehene Kompensation deckt den mit dem Insolvenzplan verbundenen Befriedigungsnachteil der weiteren Beteiligten zu 1 nicht zuverlässig ab. Nach dem eigenen Verständnis der Schuldnerin als Planvorlegerin ist die Kompensationsleistung auf einen Betrag von 400.000 €, möglicherweise zuzüglich 2,5 v.H. Zinsen p.a., begrenzt. Angesichts des vom Sachverständigen im Zwangsversteigerungsverfahren ermittelten Verkehrswerts des Grundstücks von mehr als 5 Mio. € kann auf das erstrangige Grundpfandrecht der weiteren Beteiligten zu 1 ein Versteigerungserlös von deutlich mehr als 400.000 € entfallen. Der Umstand, dass das vom Versteigerungsgericht eingeholte Gutachten aus dem Jahr 1997 stammt und ein von der weiteren Beteiligten zu 1 vorgelegtes Privatgutachten aus dem Jahr 2012 einen Verkaufswert von nur noch 380.000 € bis 400.000 € ermittelt hat, steht dieser Möglichkeit ebenso wenig entgegen wie die Tatsache, dass die weitere Beteiligte zu 1 sich bereit erklärt hat, gegen Zahlung von 400.000 € eine Lastenfreistellung zu erklären.
Zudem steht nicht fest, dass die zur Kompensation vorgesehenen Sicherheiten werthaltig sind. Dies gilt sowohl für die Bürgschaft der A. , die nur realisiert werden kann, wenn die bürgende Gesellschaft bei Inanspruchnahme zahlungsfähig ist, als auch für die abzutretende Eigentümergrundschuld, bei der weder die Eintragung an erster Rangstelle noch der zu erzielende Erlös sicher ist.
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