Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 23.11.2011


BGH 23.11.2011 - IV ZR 49/11

Berufung im streitigen Verfahren auf Feststellung eines Miterbenrechts: Gehörsverletzung bei Verwertung von Sachverständigengutachten aus einem Erbscheinsverfahren


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
23.11.2011
Aktenzeichen:
IV ZR 49/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 8. Februar 2011, Az: 2 U 17/07, Urteilvorgehend LG Hamburg, 25. Mai 2007, Az: 323 O 23/07
Zitierte Gesetze

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 2. Zivilsenat, vom 8. Februar 2011 zugelassen.

Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: 80.784,11 €

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt die Feststellung seines Miterbenrechts, hilfsweise seiner Stellung als Vermächtnisnehmer.

2

Die Erblasserin hatte mit notariellem Testament vom 27. Oktober 1988 den Beklagten und weitere 12 Personen zu ihren Erben eingesetzt sowie Testamentsvollstreckung angeordnet. In diesem Testament ist der Kläger nicht bedacht. Durch weiteres notarielles Testament vom 17. Januar 1991 hob die Erblasserin frühere letztwillige Verfügungen auf, ordnete erneut Testamentsvollstreckung an und wandte verschiedenen Personen ohne ausdrückliche Erbeinsetzung Vermächtnisse zu. Unter anderem sollten die beiden Parteien sowie zwei andere Personen eine Eigentumswohnung erhalten. In einem notariellen Testament vom 6. Juli 1991 nahm die Erblasserin schließlich Änderungen hinsichtlich der Vermächtnisse vor und setzte bezüglich der Eigentumswohnung statt des Beklagten eine andere Person ein. Außerdem sollten der Kläger sowie seine Ehefrau das Ankaufsrecht für ein Pachtgrundstück und ein Teilgrundstück erhalten. Auch in diesem Testament erfolgte keine ausdrückliche Erbeinsetzung.

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Der Testamentsvollstrecker beantragte die Erteilung eines Erbscheins, der 28 in den Testamenten aus dem Jahre 1991 mit Grundstücks- und Geldzuwendungen bedachte Personen als Erben ausweisen sollte. Dagegen wandte sich der Beklagte und beantragte am 12. Juli 1995 seinerseits unter Berufung auf die Unwirksamkeit der beiden Testamente aus 1991, ihm entsprechend dem Testament aus 1988 einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Miterben zu 1/13 ausweisen sollte. Nach Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen sowie Einholung eines Sachverständigengutachtens wies das Amtsgericht mit Beschluss vom 7. April 1998 den Erbscheinsantrag des Testamentsvollstreckers zurück und kündigte an, dem Teilerbscheinsantrag des Beklagten stattzugeben. Zur Begründung führte es aus, dass die Testamente aus dem Jahre 1991 wegen Testierunfähigkeit der Erblasserin nichtig seien. Die dagegen eingelegte Beschwerde wurde vom Landgericht nach Einholung eines zusätzlichen Sachverständigengutachtens zurückgewiesen. Die weitere Beschwerde des Klägers blieb ausweislich des Beschlusses des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 13. Dezember 2006 ohne Erfolg. Dem Beklagten wurde am 5. September 2007 ein Erbschein ausgestellt, der ihn als Teilerben über 1/12 des Nachlasses ausweist.

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Der Kläger begehrt nunmehr die Feststellung, dass er aufgrund der Testamente vom 17. Januar 1991 und 6. Juli 1991 Miterbe der Erblasserin geworden sei bzw. ihm zumindest ein Vermächtnisanspruch zustehe. Die Vorinstanzen haben die Klage zunächst als unzulässig abgewiesen. Der Senat hat mit Urteil vom 14. April 2010 (IV ZR 135/08, ZEV 2010, 468) das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses hat die Berufung des Klägers erneut zurückgewiesen.

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II. Das Berufungsgericht hat die Klage als zulässig behandelt, sie jedoch wegen Testierunfähigkeit der Erblasserin gemäß § 2229 Abs. 4 BGB als unbegründet angesehen. Hierbei hat es sich auf die im Erbscheinsverfahren eingeholten Gutachten der Sachverständigen Prof. S.    und Prof. K.    gestützt, die es gemäß § 411a ZPO verwertet hat. Hieraus ergebe sich, dass die Erblasserin unter einer schizoaffektiven Psychose gelitten habe und auch im Zeitpunkt der Testamentserrichtung keine "lichten Augenblicke" vorhanden gewesen seien. Die Notwendigkeit der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens folge nicht daraus, dass die Gutachter Auffassungen verträten, die von denjenigen anderer Psychiater abwichen. Dem Beklagten komme für die Beweisführung der Anscheinsbeweis zugute, den der Kläger nicht erschüttert habe. Die Erblasserin sei jedenfalls um die Zeit der Testamentserrichtung, also vor- und/oder nachher, testierunfähig gewesen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass es zu einer überraschenden, kurzfristigen Auflösung des Wahns durch eine kurz zuvor erhaltene Mitteilung der Erblasserin über eine lebensgefährliche Hautkrebserkrankung gekommen sei. Hierfür sprächen auch die Angaben der im Erbscheinsverfahren vernommenen Zeugen Dr. Sch.    und Dr. R.        . Im Übrigen sehe das Gericht die Testierunfähigkeit der Erblasserin auch ohne Berücksichtigung des Anscheinsbeweises als erwiesen an.

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III. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde ist die Revision zuzulassen, das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit gemäß § 544 Abs. 7 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

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1. Die Zulassung der Revision folgt aus einem entscheidungserheblichen Verstoß des Berufungsgerichts gegen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO.

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a) Das Berufungsgericht hat die im Erbscheinsverfahren zur Testierunfähigkeit der Erblasserin eingeholten Gutachten der Sachverständigen Prof. S.     und Prof. K.    gemäß § 411a ZPO im streitigen Verfahren verwertet, ohne die Parteien hierauf vorher hinzuweisen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Hierbei kann offen bleiben, ob die Verwertung eines Gutachtens nach § 411a ZPO einen förmlichen Beweisbeschluss voraussetzt (so Zöller/Greger, ZPO 29. Aufl. § 411a Rn. 4; Leipold in Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 411a Rn. 17). Jedenfalls setzt eine Verwertung eines in einem anderen Verfahren eingeholten Gutachtens einen Hinweis an die Parteien auf das beabsichtigte Verfahren voraus, damit diese noch vor der Verwertung des Gutachtens in der abschließenden Entscheidung des Gerichts Gelegenheit zur Stellungnahme haben (vgl. BVerwG NJW 2009, 2614 Rn. 9; MünchKomm-ZPO/Zimmermann, 3. Aufl. § 411a Rn. 7, 10; Musielak/Huber, ZPO 8. Aufl. § 411a Rn. 11; Katzenmeier in Prütting/Gehrlein, ZPO 3. Aufl. § 411a Rn. 7; Leipold aaO Rn. 16; Zöller/Greger aaO).

9

Diese Verfahrensweise hat das Berufungsgericht nicht eingehalten, da es die Parteien zu keiner Zeit auf das beabsichtigte Vorgehen nach § 411a ZPO hingewiesen hatte. Die bloße Beiziehung der Nachlassakten des Amtsgerichts durch das Berufungsgericht in der mündlichen Verhandlung vom 3. April 2008 ersetzt das Verfahren nach § 411a ZPO nicht. Hierdurch sind die Akten lediglich zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden und können gegebenenfalls im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden. Das Verfahren nach § 411a ZPO stellt demgegenüber die Einholung eines Sachverständigenbeweises mit der Anwendung der allgemeinen Regeln der §§ 404 ff. ZPO dar (MünchKomm-ZPO/Zimmermann aaO Rn. 13; Zöller/Greger aaO Rn. 1; Leipold aaO Rn. 19). Zu einer derartigen Klarstellung hinsichtlich der weiteren Verfahrensweise bestand für das Berufungsgericht umso mehr Anlass, als zwar der Beklagte die Verwertung der im Erbscheinsverfahren eingeholten Gutachten nach § 411a ZPO angeregt hatte, der Kläger sich hiermit aber nicht einverstanden erklärt, sondern Einwände gegen die Richtigkeit der Gutachten erhoben hat.

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b) Nur bei einer vorherigen Unterrichtung der Parteien über das beabsichtigte Verfahren nach § 411a ZPO sind diese in der Lage, die ihnen zustehenden prozessualen Rechte auszuüben, insbesondere gemäß § 411 Abs. 4 ZPO Einwendungen gegen das Gutachten zu erheben oder gemäß §§ 402, 397 ZPO die Anhörung des Gutachters in der mündlichen Verhandlung zu beantragen. Die Partei hat zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Erläuterung der Sache für erforderlich hält, diesem zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann. Dieses Antragsrecht der Parteien besteht unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO und davon, ob das Gericht das schriftliche Gutachten für überzeugend hält und selbst keinen weiteren Erläuterungsbedarf sieht (Senatsurteil vom 23. Januar 2008 - IV ZR 10/07, VersR 2008, 479 Rn. 15; BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 295/08, NJW-RR 2009, 1361 Rn. 10; vom 22. Mai 2007 - VI ZR 233/06, VersR 2007, 1713 Rn. 3; vom 5. September 2006 - VI ZR 176/05, NJW-RR 2007, 212 Rn. 2). Hierbei ist die Partei nicht verpflichtet, die Fragen, die sie an den Sachverständigen zu richten beabsichtigt, im Voraus konkret zu formulieren. Es genügt, wenn sie allgemein angibt, in welche Richtung sie durch ihre Fragen eine weitere Aufklärung herbeizuführen wünscht.

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Hier hat der Kläger geltend gemacht, dass er bei einem rechtzeitigen Hinweis des Berufungsgerichts über das beabsichtigte Verfahren nach § 411a ZPO beantragt hätte, die Sachverständigen Prof. S.  und Prof. K.   zur mündlichen Verhandlung zu laden, um die Widersprüche zu den Begutachtungen durch die Ärzte Dr. L.  und Prof. Dr. M.      aufzuklären, die jeweils nicht von einer Testierunfähigkeit der Erblasserin ausgegangen seien (vgl. Gutachten des Dr. L.  vom 18. Januar 1999, Anlage K 8, sowie des Prof. Dr. M.    vom 18. Mai 2000, Anlage K 9). Darüber hinaus hat der Kläger dargelegt, welche Fragen er den Sachverständigen im Einzelnen gestellt hätte, nämlich zur Dauer der Rückbildung eines Wahns, dem Vorhandensein eines chronifizierten Wahnsystems infolge der Befürchtung einer Verfolgung durch Nazis, dem Verhältnis der angenommenen Testierunfähigkeit der Erblasserin 1991 zu einer Remission ihrer Erkrankung in den Jahren 1983 bis 1990 sowie der Heilbarkeit einer endogenen Psychose.

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Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Antragsrecht des Klägers unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs oder der Prozessverschleppung beschränkt wäre. Zwar ist im Erbscheinsverfahren der Sachverständige Prof. K.    am 19. August 2002 zu seinem Gutachten angehört worden (Anlage B 6). Diese Anhörung lag im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht aber bereits mehr als acht Jahre zurück und konnte etwa eine weitere Stellungnahme des Prof. Dr. M.     vom 19. Dezember 2002 nicht berücksichtigen. Ohnehin hat die Partei unabhängig vom Gang der Beweisaufnahme in einem anderen Verfahren im Falle der Verwertung eines dort eingeholten Gutachtens gemäß § 411a ZPO einen Anspruch darauf, den Sachverständigen gemäß §§ 397, 402 ZPO vor dem erkennenden Gericht zu befragen. Eine mündliche Anhörung des Sachverständigen Prof. S.   war im Erbscheinsverfahren nicht erfolgt.

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2. Aus dem Verstoß gegen § 411a ZPO ergibt sich eine weitere Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, weil das Berufungsgericht entgegen § 285 Abs. 1, § 279 Abs. 3 ZPO mit den Parteien nicht über das Ergebnis der Beweisaufnahme verhandelt und den Sach- und Streitstand erneut erörtert hat. Findet sich - wie hier - im Protokoll kein Hinweis darauf, dass die Parteien zum Beweisergebnis verhandelt haben, steht ein Verstoß gegen § 285 Abs. 1, § 279 Abs. 3 ZPO fest (Senatsurteil vom 24. Januar 2001 - IV ZR 264/99, MDR 2001, 830; BGH, Beschlüsse vom 25. September 2007 - VI ZR 162/06, ZMGR 2007, 141; vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 307/04, BGH-Report 2006, 529). Dieser Verfahrensfehler stellt zugleich eine Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf rechtliches Gehör dar, weil nicht auszuschließen ist, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf ihm beruht. Eine Stellungnahme des Klägers hätte zu einer für ihn günstigeren Entscheidung führen können. Zu einer derartigen Verhandlung über das Ergebnis der Beweisaufnahme konnte es hier nicht kommen, weil das Berufungsgericht bereits die Bekanntgabe einer beabsichtigten Beweisaufnahme nach § 411a ZPO unterlassen hatte.

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3. Das Berufungsgericht hat ferner gegen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen, indem es die Angaben des im Erbscheinsverfahren vernommenen Neurologen und Psychiaters Dr. R.         verwertet hat, ohne den Zeugen persönlich zu vernehmen. Dieser hatte in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 21. September 1994 im Erbscheinsverfahren zunächst ausgeführt, dass die Erblasserin bei ihm vom 14. Juni 1991 bis zum 21. September 1992 in nervenärztlicher Behandlung gestanden habe. Sie habe auch am 6. Juli 1991 unter einer paranoiden Psychose im Sinne einer schweren krankhaften Störung der Geistestätigkeit gelitten. Die Einsichtsfähigkeit sei zu diesem Zeitpunkt schwer gestört gewesen, da nicht realistische Bedrohungsängste, Verfolgungsgedanken und krankhafte Beziehungsideen die Einsichtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit der Erblasserin krankhaft gestört hätten. In seiner Vernehmung vor dem Nachlassgericht am 27. März 1996 hat Dr. R.        sich zunächst auf seine schriftliche Stellungnahme bezogen, diese am Ende seiner Vernehmung aber relativiert, weil er nicht sicher ausschließen könne, dass die Erblasserin am 6. Juli 1991 nicht doch einsichtsfähig gewesen sein könnte. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung unter anderem auch auf die Aussage dieses Zeugen gestützt (BU 12 Abs. 2, 15 Abs. 1). Selbst vernommen hat es den Zeugen nicht, sondern die Akten des Erbscheinsverfahrens lediglich beigezogen. Zwar können schriftliche Aussagen sowie Protokolle über die Aussagen von Zeugen in einem anderen Verfahren im Wege des Urkundenbeweises in den Zivilprozess eingeführt und dort gewürdigt werden. Unzulässig ist allerdings die Verwertung der früheren Aussagen im Wege des Urkundenbeweises anstelle der Vernehmung des Zeugen im anhängigen Verfahren, wenn eine Partei zum Zwecke des unmittelbaren Beweises die Vernehmung dieses Zeugen beantragt (BGH, Urteile vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01, NJW 2004, 1324 unter II 2 a; vom 30. November 1999 - VI ZR 207/98, VersR 2000, 610 unter II 2 a).

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Einen derartigen Beweisantrag hat der Kläger gestellt, indem er sich zum Beweis für die Testierfähigkeit der Erblasserin bei Errichtung der Testamente vom 17. Januar 1991 und 6. Juli 1991 auf das (sachverständige) Zeugnis des Dr. R.       berufen hat (Schriftsatz vom 17. April 2007 S. 6 f.; vom 14. November 2007 S. 6 f.; vom 8. Dezember 2010 S. 3). Anhaltspunkte dafür, dass der Vortrag und Beweisantritt des Klägers lediglich unzulässig "ins Blaue hinein" erfolgt wäre und sich als Rechtsmissbrauch darstellt, bestehen nicht. Soweit das Berufungsgericht demgegenüber ausführt, eine Vernehmung des Dr. R.      sei nicht angezeigt gewesen, da kein neuer Sachvortrag in sein Zeugnis gestellt worden sei, stellt dies nach den dargelegten Grundsätzen eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung dar, die im Prozessrecht keine Stütze findet und Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (Senatsbeschlüsse vom 29. Oktober 2008 - IV ZR 272/06, VersR 2009, 517 Rn. 7; vom 21. November 2007 - IV ZR 129/05, VersR 2008, 382 Rn. 2).

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4. Nach dieser ergänzenden Beweisaufnahme durch Anhörung der Sachverständigen Prof. S.    und Prof. K.    sowie Vernehmung des (sachverständigen) Zeugen Dr. R.        wird das Berufungsgericht sodann zu entscheiden haben, ob es selbst ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen hat.

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a) Der Kläger hat sich für seine Behauptung, dass die Erblasserin im Zeitpunkt der Errichtung der Testamente am 17. Januar 1991 und 6. Juli 1991 testierfähig gewesen sei, unter anderem auf die bereits im Erbscheinsverfahren vorliegenden Gutachten des Dr. L.  vom 18. Januar 1999 sowie des Prof. Dr. M.    vom 18. Mai 2000 berufen. Dr. L.  war zu dem Ergebnis gekommen, dass bei der Erblasserin von einer krankheitsbedingten Einschränkung der Steuerungsfähigkeit hinsichtlich ihrer letztwilligen Verfügungen nicht gesprochen werden könne (vgl. S. 3, 15, 20-24 des Gutachtens). Prof. Dr. M.    hat ausgeführt, dass sich Testierunfähigkeit nicht begründen lasse, sondern dass umgekehrt mehr dafür als dagegen spreche, dass die Erblasserin zu den Zeitpunkten der Errichtung der Testamente testierfähig gewesen sei (S. 30-34 des Gutachtens).

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Legt eine Partei ein medizinisches Gutachten vor, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, so ist vom Tatrichter besondere Sorgfalt gefordert. Er darf in diesem Fall - wie auch im Fall sich widersprechender Gutachten zweier gerichtlich bestellter Sachverständiger - den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt (Senatsurteile vom 25. Februar 2009 - IV ZR 27/08, VersR 2009, 817 Rn. 9; vom 24. September 2008 - IV ZR 250/06, VersR 2008, 1676 Rn. 11; vom 22. September 2004 - IV ZR 200/03, VersR 2005, 676 unter II 2 b aa). Der Tatrichter muss daher die Gründe darlegen, warum er einem Gutachten den Vorzug gibt. Zur weiteren Aufklärung ist gegebenenfalls der gerichtliche Sachverständige gemäß § 411 Abs. 3 ZPO mündlich anzuhören oder ein Obergutachten nach § 412 ZPO einzuholen.

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b) Hier hat das Berufungsgericht sich mit den entgegenstehenden Gutachten Dr. L.  und Prof. Dr. M.    inhaltlich nicht auseinandergesetzt, sondern lediglich in verfahrensrechtlich unzulässiger Weise die Gutachten Prof. S.     und Prof. K.    gemäß § 411a ZPO verwertet. Ergänzend hat es nur ausgeführt, die Notwendigkeit der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens folge auch nicht daraus, dass die gerichtlichen Gutachter Auffassungen verträten, die von denjenigen anderer Psychiater abwichen. Ein weiteres Gutachten würde die Entscheidungsfindung des Gerichts weder fördern noch beeinflussen. Soweit das Berufungsgericht dann ausführt, die vier Gutachten der Sachverständigen Prof. S.    und Prof. K.    stellten in ihrer Gesamtheit eine hinreichende Entscheidungsgrundlage dar, fehlt es auf dieser Grundlage an einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den abweichenden Feststellungen Dr. L.  und Prof. Dr. M.    .

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Allerdings ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Es ist nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Damit sich ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen lässt, müssen besondere Umstände deutlich gemacht werden, die zweifelsfrei darauf schließen lassen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfG, ZEV 2009, 142 unter II 1 a; FamRZ 2008, 244 unter II 1 a aa; BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 300). Hier ist zu berücksichtigen, dass die Sachverständigen Prof. S.   und Prof. K.    sich inhaltlich bereits teilweise mit den entgegenstehenden Gutachten des Dr. L.  und des Prof. Dr. M.      beschäftigt und ausgeführt haben, warum sie diesen nicht folgen (ergänzendes psychiatrisches Gutachten des Prof. S.   vom 15. März 1999, S. 29-36 zu dem Gutachten Dr. L.  ; Gutachten des Sachverständigen Prof. K.   vom 16. September 1999, S. 8-20 ebenfalls zu den Ausführungen des Dr. L.  ; gutachterliche Stellungnahme des Prof. K.    vom 26. September 2001, S. 16-21, sowie Anhörung des Sachverständigen Prof. K.    vom 19. August 2002 S. 4, zu den Feststellungen des Prof. Dr. M.     ). Das Berufungsgericht wird nach der ohnehin erforderlichen Anhörung der Sachverständigen Prof. S.   und Prof. K.    sowie Vernehmung des Zeugen Dr. R.      (oben zu III 1-3) nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden haben, ob und gegebenenfalls welche weiteren Beweiserhebungen erforderlich sind.

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5. Für die hiernach vorzunehmende Beweisaufnahme ist es auch unerheblich, ob und inwieweit der Beklagte sich für die Frage der Testierunfähigkeit der Erblasserin auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises berufen kann. Aus dem Grundsatz, dass die Störung der Geistestätigkeit und damit die Testierunfähigkeit die Ausnahme und die Testierfähigkeit die Regel ist, ergibt sich, dass die Testierunfähigkeit des Erblassers gemäß § 2229 Abs. 4 BGB von demjenigen zu beweisen ist, der sich auf die Nichtigkeit des Testaments beruft (MünchKomm-BGB/Hagena, 5. Aufl. § 2229 Rn. 57; Staudinger/Baumann, BGB [2003] § 2229 Rn. 52). Ist allerdings Testierunfähigkeit vor und nach Testamentserrichtung gegeben, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für Testierunfähigkeit auch im Zeitpunkt der Testamentserrichtung (BayObLG, Beschluss vom 22. November 2001 - 1Z BR 38/01, juris Rn. 29 ff.; MünchKomm-BGB/Hagena aaO Rn. 62; Soergel/Mayer, BGB 13. Aufl. § 2229 Rn. 35; Staudinger/Baumann aaO Rn. 52, 54). Liegen diese Voraussetzungen vor, so muss der durch das Testament Begünstigte Umstände darlegen und beweisen, durch die der Beweis des ersten Anscheins erschüttert wird. Dazu genügt der Nachweis einer ernsthaften Möglichkeit einer vorübergehenden Besserung des Gesundheitszustandes des Erblassers, so genanntes lichtes Intervall, bei Errichtung des Testaments. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt. Ob die tatsächlichen Voraussetzungen für den Anscheinsbeweis vorliegen, lässt sich demgegenüber erst nach der ergänzenden Beweisaufnahme klären. Soweit der Kläger darüber hinaus die Voraussetzungen eines Anscheinsbeweises jedenfalls für das Testament vom 6. Juli 2001 nicht für gegeben hält, weil das Berufungsgericht Ausführungen zur Testierunfähigkeit der Erblasserin lediglich für den Zeitraum davor, nicht aber danach getroffen habe, kam es hierauf ebenso wenig an wie darauf, ob der Kläger den Anscheinsbeweis erschüttert hatte. Das Berufungsgericht hat die Testierunfähigkeit der Erblasserin nämlich unabhängig von der Berücksichtigung des Anscheinsbeweises als erwiesen erachtet.

Dr. Kessal-Wulf                                               Harsdorf-Gebhardt                                                    Dr. Karczewski

                                       Lehmann                                                            Dr. Brockmöller