Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 11.02.2015


BGH 11.02.2015 - IV ZR 213/14

Kapitalbildende Lebensversicherung: Angemessene Beteiligung des Versicherungsnehmers an Überschüssen und Bewertungsreserven


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
11.02.2015
Aktenzeichen:
IV ZR 213/14
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend LG Kassel, 8. Mai 2014, Az: 1 S 290/13, Urteilvorgehend AG Fritzlar, 20. August 2013, Az: 8 C 236/12nachgehend BVerfG, 17. Februar 2017, Az: 1 BvR 781/15, Nichtannahmebeschluss
Zitierte Gesetze
§ 56a VAG
§ 56b VAG

Leitsätze

1. Aus den vom Versicherer zu bildenden Rückstellungen für Beitragsrückerstattung (§§ 56a, 56b VAG) sind sowohl die Beteiligung an dem Überschuss gemäß § 153 Abs. 2 VVG als auch die Bewertungsreserven gemäß § 153 Abs. 3 VVG zu bilden. Hat der Versicherer die Bewertungsreserven nach einem verursachungsorientierten Verfahren ermittelt, sind diese aus der Rückstellung für Beitragsrückerstattung auszuzahlen.

2. § 315 BGB findet im Rahmen der Regelung der Überschussbeteiligung gemäß § 153 VVG keine Anwendung.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 8. Mai 2014 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten eine höhere Beteiligung an Überschüssen und Bewertungsreserven einer Lebensversicherung. Der frühere Arbeitgeber des Klägers schloss für diesen bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine kapitalbildende Lebensversicherung ab. Versicherungsbeginn war der 1. Dezember 1987, Ablauf der Versicherung der 1. Dezember 2008. Dem Vertrag liegen "Allgemeine Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung" zugrunde. In § 16 heißt es unter der Überschrift "Wie sind Sie an unseren Überschüssen beteiligt?" unter anderem:

"… An dem erwirtschafteten Überschuß sind unsere Versicherungsnehmer entsprechend unserem jeweiligen von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplan beteiligt."

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Die Beklagte legte hierzu einen Auszug aus ihrem Geschäftsplan betreffend die Beteiligung an Bewertungsreserven sowie einen Erläuterungsvermerk vor. Nach Ausscheiden des Klägers bei seinem Arbeitgeber führte er die Versicherung selbst als Versicherungsnehmer fort. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2008 rechnete die Beklagte den Vertrag ab und zahlte dem Kläger 28.025,81 € aus, wovon auf das Garantiekapital 18.902 € sowie auf die garantierte Überschussbeteiligung 9.123,81 € entfallen. Ferner gab sie an, dass in der garantierten Überschussbeteiligung ein Schlussüberschuss von 1.581,60 € sowie die auf den Vertrag entfallende Bewertungsreserve von 678,21 € enthalten ist. Am 15. Januar 2009 erläuterte die Beklagte die Beteiligung an den Bewertungsreserven dahingehend, dass sich diese aus einem Sockelbetrag von 656,88 € sowie einem volatilen Anteil von 21,33 € zusammensetzt.

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Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe ein Anspruch auf Zahlung von 656,88 € entsprechend dem im Schreiben der Beklagten vom 15. Januar 2009 erwähnten Sockelbetrag für die Bewertungsreserve zu. Die Beklagte habe diesen Anteil an der Bewertungsreserve unzulässigerweise mit seinem Anspruch auf die Schlussüberschussbeteiligung verrechnet, obwohl ihm die Bewertungsreserve zusätzlich zu dem Schlussüberschussanteil zustehe. Mit der Klage verlangt der Kläger Zahlung dieser 656,88 €. Hilfsweise begehrt er im Wege der Stufenklage Feststellung der Unbilligkeit der von der Beklagten vorgenommenen Berechnung der Überschussbeteiligung, deren gerichtliche Neufestsetzung und sodann Auszahlung des sich hieraus ergebenden Betrages, weiter hilfsweise die Verurteilung der Beklagten, ihm Auskunft über die mathematische Berechnung des Anteils der Beteiligung an Überschuss und Bewertungsreserven einschließlich ihrer Berechnungsgrundlage zu erteilen und anschließend Zahlung des sich aus dieser Auskunft ergebenden Betrages.

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Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet.

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I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in VersR 2014, 1240 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Zahlung weiterer 656,88 € zu. Der Anspruch auf Beteiligung an den Bewertungsreserven sei durch die Beklagte durch die Auszahlung der Beteiligung an den stillen Reserven in Höhe von 678,21 € in Form eines Sockelbetrages in Höhe von 656,88 € und eines volatilen Anteils von 21,33 € erfüllt worden. Der Kläger habe nicht substantiiert behauptet, dass dieser Betrag nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Die Beklagte habe die Bewertungsreserve auf der Grundlage eines verursachungsorientierten Verfahrens ermittelt. Aus § 153 VVG folge nicht, dass der Kläger neben der Beteiligung an den Bewertungsreserven einen zusätzlichen Anspruch auf den bisher prognostizierten Schlussüberschuss habe. Bei dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag sei die Verringerung der Überschüsse die Folge einer Umstellung der Praxis bei der Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven durch die Beklagte zur Umsetzung der Novellierung des Versicherungsvertragsgesetzes. Realisiere die Beklagte weniger Reserven als bisher, etwa weil die Versicherungsnehmer nach § 153 Abs. 3 VVG nunmehr in anderer Weise an diesen partizipieren, führe dies zu einer Verringerung der Überschüsse und damit der Höhe der Schlussüberschussbeteiligung in derselben Weise wie wenn die Überschüsse aus anderen Gründen sinken. Damit handele es sich nicht um ein "Herausrechnen" des Sockelbetrages aus dem dadurch geringer ausfallenden Schlussüberschuss, sondern um eine Veränderung der einzelnen Komponenten der Überschussbeteiligung infolge der Schwankung der jeweiligen Bemessungsgrundlagen. Je höher die Bewertungsreserve sei, desto geringer sei der Überschuss und umgekehrt. Es sei ferner nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Sockelbetrag der Beteiligung an den Bewertungsreserven nach dem gleichen Verfahren finanziere wie die Schlussüberschussanteile.

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Der Kläger könne ferner nicht die begehrte Feststellung verlangen, dass die Höhe der Überschussbeteiligung unbillig sei und stattdessen eine vom Gericht zu ermittelnde billige und angemessene Höhe gelten solle. Die Parteien hätten nicht gemäß § 315 Abs. 1 BGB vereinbart, dass die Beklagte die Leistung einseitig nach billigem Ermessen bestimmen solle. Der Gesetzgeber habe ebenfalls keine Anwendung von § 315 BGB vorgesehen. Schließlich stehe dem Kläger kein weiterer Anspruch auf Auskunftserteilung gemäß § 242 BGB zu. Den bestehenden Anspruch habe die Beklagte erfüllt, indem sie die Berechnung des Sockelbetrages durch einen Auszug aus dem Geschäftsplan dargestellt und um eine Erläuterung ergänzt habe.

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Ein Anspruch auf mathematische Berechnung des Anteils der auf den Kläger zum Zeitpunkt des Vertragsablaufs entfallenden Beteiligung am Überschuss und den Bewertungsreserven bestehe unter Abwägung mit dem berechtigten Geheimhaltungsinteresse der Beklagten nicht. Schließlich benötige der Kläger die geforderte Auskunft nicht mehr, um seinen Anspruch geltend machen zu können. Der Kläger habe den von ihm verlangten Betrag, bei dem es sich um den Höchstbetrag handele, den er verlangen könne, auch ohne diese Auskunft bereits ermitteln können.

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II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

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1. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung weiterer 656,88 € nebst Zinsen zu.

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a) Gemäß § 153 Abs. 1 VVG in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung steht dem Versicherungsnehmer eine Beteiligung an dem Überschuss und an den Bewertungsreserven (Überschussbeteiligung) zu, es sei denn, die Überschussbeteiligung ist - wie hier nicht - durch ausdrückliche Vereinbarung ausgeschlossen. Nach § 153 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VVG hat der Versicherer die Beteiligung an dem Überschuss nach einem verursachungsorientierten Verfahren durchzuführen. Bezüglich der Bewertungsreserve bestimmt § 153 Abs. 3 Satz 1 VVG, dass der Versicherer diese jährlich neu zu ermitteln und nach einem verursachungsorientierten Verfahren rechnerisch zuzuordnen hat. Bei der Beendigung des Vertrages wird der für diesen Zeitpunkt zu ermittelnde Betrag zur Hälfte zugeteilt und an den Versicherungsnehmer ausgezahlt (§ 153 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 VVG). § 153 VVG findet gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EGVVG ab dem 1. Januar 2008 auch auf den hier geschlossenen Altvertrag Anwendung. Zwar gelten nach Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 EGVVG vereinbarte Verteilungsgrundsätze als angemessen. Diese Regelung hat für Bewertungsreserven indessen keine Bedeutung, weil bei Altverträgen keine Vereinbarungen über deren Verteilung getroffen wurden (vgl. Langheid in Römer/Langheid, VVG 4. Aufl. § 153 Rn. 44).

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b) Unter einem verursachungsorientierten Verfahren gemäß § 153 Abs. 2 und 3 VVG ist zu verstehen, dass der Versicherer die Versichertengemeinschaft in Abrechnungsverbände einteilen kann (vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 96; MünchKomm-VVG/Heiss, § 153 Rn. 42; Langheid in Römer/Langheid aaO Rn. 27; Krause in Looschelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 153 Rn. 37). Ein solches verursachungsorientiertes Verfahren hat die Beklagte angewendet, wie sich aus dem für die Überschussbeteiligung nach § 16 AVB maßgeblichen Geschäftsplan ergibt. Aus diesem sowie den ergänzenden Erläuterungen der Beklagten lässt sich entnehmen, dass die Beklagte zunächst nach Sicherstellung ihrer Solvabilität eine Zuordnung der Bewertungsreserven auf den anspruchsberechtigten Bestand der Versicherungsnehmer vornimmt. Dem schließt sich eine Zuordnung auf die einzelnen anspruchsberechtigten Verträge an. Der Anteil des einzelnen Vertrages an den Bewertungsreserven wird mithin in der Weise ermittelt, dass die Verteilung der gesamten anzusetzenden Bewertungsreserven im Verhältnis des Deckungskapitals des einzelnen Vertrages bei Vertragsablauf zur Summe des Deckungskapitals aller anspruchsberechtigten Verträge erfolgt. Dieser Betrag wird von der Beklagten nicht in einem Einmalbetrag errechnet, sondern teilt sich in einen Sockelbetrag und einen volatilen Anteil auf. Der Sockelbetrag, der Schwankungen am Kapitalmarkt ausgleichen soll, ist dem Versicherungsnehmer garantiert. Er wird in jedem Fall ausgezahlt, es sei denn, dass sich nach den allgemeinen Grundsätzen ein höherer Betrag ergibt. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte dem Kläger in ihrem Abrechnungsschreiben vom 22. Oktober 2008 eine Bewertungsreserve von 678,21 € zugeteilt, die ausweislich ihres Erläuterungsschreibens vom 15. Januar 2009 aus dem Sockelbetrag von 656,88 € sowie einem volatilen Anteil von 21,33 € besteht.

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c) Der Kläger behauptet - jedenfalls seit dem Berufungsverfahren - auch nicht mehr, dass diese Berechnung der Bewertungsreserven unzutreffend ist. So heißt es in der Berufungsbegründung ausdrücklich, er nehme an, dass sein Anteil an den Bewertungsreserven in Höhe von 678,21 € möglicherweise richtig von der Beklagten ermittelt worden sei. In der Sache geht es dem Kläger nicht um eine Neuberechnung der Bewertungsreserven, sondern er wendet sich gegen die nach seiner Auffassung unzulässige Verrechnung der Bewertungsreserven mit dem Schlussüberschussanteil.

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Insoweit unterscheidet der Kläger indessen nicht hinreichend zwischen der Berechnung und der Zuteilung der Bewertungsreserve einerseits sowie deren Auszahlung andererseits. Bewertungsreserven, auch "stille Reserven" genannt, sind zunächst rein rechnerische Posten, die sich aus der Differenz zwischen dem Buchwert und dem Zeitwert von Kapitalanlagen ergeben (vgl. Langheid in Römer/Langheid, VVG 4. Aufl. § 153 Rn. 37). Diese Bewertungsreserven können vom Versicherer durch Veräußerung der entsprechenden Wirtschaftsgüter realisiert werden. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, sie habe die Überschussbeteiligung bis zum 31. Dezember 2007 in der Weise vorgenommen, dass sie die Bewertungsreserven realisiert und die so erzeugten Gewinne an die Versicherungsnehmer mit der Schlussüberschusszahlung geleistet habe. Lediglich eine gesonderte Ausweisung sei wegen Fehlens einer entsprechenden gesetzlichen Vorschrift nicht erfolgt. Seit dem 1. Januar 2008 würden Bewertungsreserven nicht mehr realisiert, um sie mit dem Schlussüberschuss an die Versicherungsnehmer auszuzahlen.

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Die Beklagte ist im Rahmen von § 153 Abs. 3 VVG bei unterlassener Realisierung der stillen Reserven zunächst gehalten, deren Höhe rechnerisch zu ermitteln, wie dies hier ihrem vorgelegten Auszug aus dem Geschäftsplan entspricht. Ist dieser Betrag berechnet, so hat die Beklagte ihn an ihre Versicherungsnehmer auszuzahlen, wobei dies rechnerisch gesondert von der Überschussbeteiligung im Übrigen zu erfolgen hat (§ 153 Abs. 2 und 3 VVG). Die Ermittlung der Bewertungsreserve richtet sich hierbei nach §§ 54 ff. der Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen (RechVersV; vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 96).

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Eine hiervon zu trennende Frage ist, wie die an den einzelnen Versicherungsnehmer auszuzahlende Bewertungsreserve vom Versicherer finanziert wird. Hierzu regelte der für dieses Vertragsverhältnis anwendbare § 56a Abs. 2 VAG in der bis zum 6. August 2014 geltenden Fassung (vgl. jetzt § 56a Abs. 1 VAG n.F.), dass die für die Überschussbeteiligung der Versicherten bestimmten Beträge, soweit sie den Versicherten nicht unmittelbar zugeteilt wurden, in eine Rückstellung für Beitragsrückerstattung einzustellen waren. Nach § 56a Abs. 3 Satz 1 VAG (vgl. jetzt § 56b Abs. 1 Satz 1 VAG n.F.) durften die in der bis zum 8. April 2013 geltenden Fassung der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zugewiesenen Beträge nur für die Überschussbeteiligung der Versicherten einschließlich der durch § 153 VVG vorgeschriebenen Beteiligung an den Bewertungsreserven verwendet werden. Die Beteiligung an dem Überschuss und an den Bewertungsreserven sind Bestandteil des umfassenden Begriffs der Überschussbeteiligung i.S. von § 153 VVG und werden daher in gleicher Weise finanziert. Da es sich um eine Finanzierung der gesamten Überschussbeteiligung i.S. von § 153 Abs. 1 VVG handelt, die sowohl die Beteiligung an dem Überschuss (im engeren Sinne) als auch an den Bewertungsreserven umfasst, hat ein höherer Anteil der Bewertungsreserven bei den Rückstellungen für Beitragsrückerstattung zugleich ein Absinken des Schlussüberschusses zur Folge. Die Auffassung des Klägers läuft demgegenüber darauf hinaus, dass der Versicherer mit der Rückstellung für Beitragsrückerstattung ausschließlich den Schlussüberschussanteil des Versicherungsnehmers finanziert und auf diesen zusätzlich die Bewertungsreserve aufzuschlagen wäre. Dies hätte bei stillen Reserven zur Folge, dass der Versicherer diese verwerten müsste, um den Anspruch des Versicherungsnehmers auf die Bewertungsreserve bedienen zu können. Das ist nicht der Fall. Tatsächlich kann der Versicherer die Bewertungsreserve aus den nach §§ 56a, b VAG gebildeten Rückstellungen für Beitragsrückerstattung bedienen, soweit dort genügend liquide Mittel vorhanden sind, was sich der Höhe nach dann auf den verbleibenden Überschussanteil des Versicherungsnehmers auswirken kann. Erst wenn die Rückstellungen für Beitragsrückerstattung nicht ausreichen, um den zuvor rechnerisch ermittelten Anspruch des Versicherungsnehmers für die Bewertungsreserven zu erfüllen, ist der Versicherer gehalten, stille Reserven aufzulösen, um hieraus liquide Mittel zu erzielen.

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d) Da der nach Berücksichtigung der Bewertungsreserven verbleibende Schlussüberschussanteil des Versicherungsnehmers nicht garantiert ist, kann der Kläger auch nichts daraus herleiten, dass der Versicherungsvertreter der Beklagten ihm mit Schreiben vom 3. September 2007 noch eine Schlussüberschussbeteiligung von 2.477,60 € mitgeteilt hat, während sich aus dem Abrechnungsschreiben der Beklagten vom 22. Oktober 2008 lediglich ein Schlussüberschuss von 1.581,60 € (sowie zusätzlich Bewertungsreserven von 678,21 €) ergibt. Der Kläger übersieht ferner, dass in dem Schreiben des Versicherungsvertreters zwischen Überschussbeteiligung und Bewertungsreserven nicht differenziert wird und letztere nicht einmal gesondert aufgeführt werden.

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2. Unbegründet ist ferner der erste Hilfsantrag des Klägers, mit dem er die Feststellung begehrt, dass die Höhe der Beteiligung an dem Überschuss und an den Bewertungsreserven für den zwischen den Parteien geschlossenen Lebensversicherungsvertrag unbillig ist; ferner die Feststellung, dass stattdessen die vom Gericht zu ermittelnde billige und angemessene Beteiligungshöhe gilt, woraus sich anschließend ein entsprechender Zahlungsbetrag ergeben soll.

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a) Zum Rechtszustand vor dem 1. Januar 2008 entsprach es gefestigter Rechtsprechung des Senats, dass der Versicherungsnehmer keinen aus § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB herzuleitenden Anspruch auf Ermittlung des Überschusses sowie des auszuzahlenden Gewinns einer Lebensversicherung hatte (Urteile vom 23. November 1994 - IV ZR 124/93, BGHZ 128, 54, 57 f.; vom 7. November 2007 - IV ZR 116/04, VersR 2008, 338 Rn. 8). Im Schrifttum wird zum neuen Recht ab 1. Januar 2008 demgegenüber teilweise die Auffassung vertreten, der Versicherer bestimme die Überschussbeteiligung und die Beteiligung an den Bewertungsreserven nach billigem Ermessen i.S. von § 315 BGB (vgl. Winter in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 153 Rn. 208; PK-VersR/Ortmann, 2. Aufl. § 153 Rn. 32; MünchKomm-VVG/Heiss, § 153 Rn. 38). Eine derartige Anwendung von § 315 BGB hätte zur Folge, dass den Versicherer die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit der getroffenen Bestimmung träfe (vgl. BGH, Urteile vom 5. Februar 2003 - VIII ZR 111/02, BGHZ 154, 5, 8; vom 2. April 1964 - KZR 10/62, BGHZ 41, 271, 279; vom 30. Juni 1969 - VII ZR 170/67, NJW 1969, 1809 unter III 1).

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b) Dem ist nicht zu folgen. § 315 BGB findet auch im Rahmen der Regelung der Überschussbeteiligung gemäß § 153 VVG keine Anwendung. Die Vorschrift setzt eine ausdrückliche oder konkludente rechtsgeschäftliche Vereinbarung voraus, dass eine Partei durch einseitige Willenserklärung den Inhalt einer Vertragsleistung - nach billigem Ermessen - bestimmen kann (Senatsurteile vom 26. Juni 2013 - IV ZR 39/10, VersR 2013, 1381 Rn. 27; vom 5. Dezember 2012 - IV ZR 110/10, VersR 2013, 219 Rn. 21). Ein rein faktisches Bestimmungsrecht reicht nicht aus. Eine vertragliche Bestimmung der Leistung geht vor und schließt die Anwendung des § 315 BGB aus, wenn die Vertragspartner objektive Maßstäbe vereinbaren, die es ermöglichen, die vertraglichen Leistungspflichten zu bestimmen. So liegt es hier. In § 16 der AVB wird bezüglich der Beteiligung des Versicherungsnehmers am Überschuss auf den von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplan der Beklagten verwiesen. Aus diesem von der Beklagten auszugsweise vorgelegten Geschäftsplan einschließlich der Erläuterungen ergibt sich, wie die Bewertungsreserve abstrakt zu berechnen ist. Es handelt sich um eine detaillierte Beschreibung, die einer gerichtlichen Nachprüfung, gegebenenfalls durch ein Sachverständigengutachten, unterliegt. Ein billiges Ermessen ist der Beklagten nicht eingeräumt worden.

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§ 315 BGB kann zwar auch dann Anwendung finden, wenn dies ausdrücklich durch Gesetz bestimmt wird (vgl. MünchKomm-BGB/Würdinger, 6. Aufl. § 315 Rn. 1). Auch dies ist hier aber nicht geschehen. Aus dem Wortlaut von § 153 VVG lässt sich die Einräumung eines billigen Ermessens nicht entnehmen. Auch die Entstehungsgeschichte gibt hierfür nichts her. Dort heißt es zu § 153 Abs. 2 und 3 VVG, für die rechnerische Zuordnung sei ein verursachungsorientiertes Verfahren anzuwenden (BT-Drucks. 16/3945 S. 96). Der Versicherer erfülle diese Verpflichtung schon dann, wenn er ein Verteilungssystem entwickle und widerspruchsfrei praktiziere, das die Verträge unter dem Gesichtspunkt der Überschussbeteiligung sachgerecht zu Gruppen zusammenfasse, den zur Verteilung bestimmten Betrag nach den Kriterien der Überschussverursachung einer Gruppe zuordne und dem einzelnen Vertrag dessen rechnerischen Anteil an dem Betrag der Gruppe zuschreibe.

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Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber dem Versicherer ein billiges Ermessen i.S. von § 315 BGB einräumen wollte, ergeben sich hieraus mithin nicht (gegen eine Anwendung von § 315 BGB auch Langheid in Römer/Langheid, VVG 4. Aufl. § 153 Rn. 58; Krause in Looschelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 153 Rn. 32; Brömmelmeyer in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 2. Aufl. § 42 Rn. 299). Auch der Senat hat bereits in einem Rechtsstreit über die Berechnung des Rückkaufswerts und die Verrechnung der Abschlusskosten in einer kapitalbildenden Lebensversicherung entschieden, dass § 315 BGB in derartigen Fällen keine Anwendung findet (Urteil vom 26. Juni 2013 - IV ZR 39/10, VersR 2013, 1381 Rn. 27).

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3. Unbegründet ist auch der zweite Hilfsantrag des Klägers, die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen über die mathematische Berechnung des Anteils der auf ihn zum Zeitpunkt des Ablaufs des Lebensversicherungsvertrages zum 1. Dezember 2008 entfallenden Beteiligung am Überschuss und an den Bewertungsreserven einschließlich ihrer Berechnungsgrundlagen sowie anschließend den sich aus der Auskunft ergebenden Betrag auszuzahlen.

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a) Ein Auskunftsanspruch des Versicherungsnehmers kann sich allerdings dem Grunde nach aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nach § 242 BGB ergeben. Der Senat hat sich mit einem derartigen Auskunftsanspruch im Rahmen der Lebensversicherung bei der Ermittlung des Rückkaufswerts bereits befasst. Hiernach trifft den Schuldner nach Treu und Glauben ausnahmsweise eine Auskunftspflicht, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann (Senatsurteil vom 26. Juni 2013 - IV ZR 39/10, VersR 2013, 1381 Rn. 24; Senatsbeschluss vom 7. Januar 2014 - IV ZR 216/13, VersR 2014, 822 Rn. 10). So liegt es grundsätzlich auch bei § 153 VVG (vgl. LG Dortmund, Urteil vom 27. Oktober 2011 - 2 O 479/09, juris Rn. 30; Winter in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 153 Rn. 208; Langheid in Römer/Langheid, VVG 4. Aufl. § 153 Rn. 53-57; anders Grote in Marlow/Spuhl, Das Neue VVG kompakt 4. Aufl. Rn. 1008 f.). Umfang und Inhalt der zu erteilenden Auskunft richten sich danach, welche Informationen der Berechtigte benötigt, um seinen Anspruch geltend machen zu können, soweit dem nicht Zumutbarkeitsgesichtspunkte oder andere Grenzen entgegenstehen. Der Auskunftsanspruch umfasst hierbei grundsätzlich nicht die Verpflichtung zur Vorlage der fiktiven versicherungstechnischen Bilanzen oder anderer Geschäftsunterlagen und auch kein Einsichtsrecht. Die Zubilligung des Auskunftsanspruchs hat unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen. Dabei sind sowohl die Art und Schwere der Rechtsverletzung als auch die beiderseitigen Interessen des Berechtigten und des Verpflichteten angemessen zu berücksichtigen.

25

Der Senat hat in seiner neueren Rechtsprechung mehrfach Auskunftsansprüche im Zusammenhang mit der Berechnung des Rückkaufswerts abgelehnt. Im Urteil vom 26. Juni 2013 hat er wesentlich darauf abgestellt, dass der Kläger Auskunft in Form zahlreicher Einzelangaben verlangte, die inhaltlich weitgehend auf eine vom Versicherer nicht geschuldete Rechnungslegung nach § 259 Abs. 1 BGB hinausliefen. Ferner hat er auf das berechtigte Geheimhaltungsinteresse des Versicherers verwiesen (IV ZR 39/10, VersR 2013, 1381 Rn. 26). Auch in seinem Beschluss vom 7. Januar 2014 war entscheidend, dass ein Auskunftsanspruch, der zwecks Berechnung des Rückkaufswerts unter anderem die Überlassung des Algorithmus und der zugrunde liegenden Einsatzwerte an einen zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten zum Inhalt habe, nicht in Betracht komme (IV ZR 216/13, VersR 2014, 822 Rn. 19).

26

b) Ob und inwieweit dem Kläger auf dieser Grundlage und des Inhalts seines Antrags ein Auskunftsanspruch gegen die Beklagte zustehen oder ob diese sich - ganz oder teilweise - auf ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse berufen könnte, kann offen bleiben. Auskunft kann nur verlangt werden, wenn und soweit vom Bestehen eines Zahlungsanspruchs ausgegangen werden kann, zu dessen Durchsetzung die Auskunft dienen soll (Senatsurteil vom 23. November 1994 - IV ZR 124/93, BGHZ 128, 54, 58). So hat der Senat in seinem Urteil vom 26. Juni 2013 für das Bestehen eines Auskunftsanspruchs gemäß § 242 BGB darauf abgestellt, es ergäben sich ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass Nachzahlungsansprüche, die der Kläger mit Hilfe der Auskunft geltend machen wolle, bestünden (IV ZR 39/10, VersR 2013, 1381 Rn. 24). Daran fehlt es hier, weil der Kläger die Berechnung der Höhe der Bewertungsreserve durch die Beklagte als solche nicht angreift und sich ausschließlich dagegen wendet, die Beklagte habe die Bewertungsreserve unzulässig mit seinem Schlussüberschussanteil verrechnet, weshalb ihm ein Anspruch auf Zahlung weiterer 656,88 € zustehe. Das trifft indessen, wie oben im Einzelnen ausgeführt, nicht zu. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die erfolgte Auszahlung nicht den Vorgaben des von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplans der Beklagten entsprochen habe. Vielmehr handelt es sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts insoweit sogar um den Höchstbetrag, den der Kläger verlangen kann. Das greift die Revision nicht an. Jedenfalls in einem solchen Fall, in dem der Versicherungsnehmer lediglich zu Unrecht die Verrechnung der ermittelten Bewertungsreserve mit dem Schlussüberschussanteil angreift, die Berechnung der Höhe der Bewertungsreserve im Übrigen indessen nicht in Abrede stellt, steht ihm kein weitergehender Auskunftsanspruch gegen den Versicherer zu.

Mayen                       Harsdorf-Gebhardt                                   Dr. Karczewski

              Lehmann                                     Dr. Brockmöller