Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 18.04.2013


BGH 18.04.2013 - III ZR 156/12

Kosten des Klägers bei Klagerücknahme vor Rechtshängigkeit: Wahlrecht zwischen Kostenantrag und Kostenerstattungsklage


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
18.04.2013
Aktenzeichen:
III ZR 156/12
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend LG Traunstein, 2. Mai 2012, Az: 6 S 911/12 (2)vorgehend AG Traunstein, 29. Februar 2012, Az: 311 C 1400/11
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. Die Möglichkeit des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO hindert eine Kostenerstattungsklage nicht.

2. Die klagende Partei hat in dem Fall, dass ihre Klage vor Rechtshängigkeit zur Erledigung kommt und daraufhin zurückgenommen wird, die Wahl, ob sie den von ihr geltend gemachten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Wege des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO verfolgen oder deswegen eine Kostenerstattungsklage erheben will.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein vom 2. Mai 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Erstattung von Prozesskosten, die der Klägerin für eine von ihr zurückgenommene negative Feststellungsklage entstanden sind.

2

Die Klägerin, eine Rechtsanwaltssozietät, sah sich außergerichtlich von Rechtsanwälten der Beklagten im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage in einem Hedgefonds auf Schadensersatz in Anspruch genommen und reichte deswegen bei dem Landgericht T.                  eine Klage auf Feststellung ein, dass den Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 39.291,39 € gegen sie, die Klägerin, nicht zustehe. Nachdem die Beklagten mitgeteilt hatten, dass sie "endgültig und verbindlich auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber Ihrer Kanzlei verzichten", nahm die Klägerin ihre Feststellungsklage vor deren Zustellung zurück. Zugleich erhob sie vor dem Amtsgericht T.         Klage auf Erstattung der im Zusammenhang mit der zurückgenommenen Klage entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 1.590,60 €.

3

Die Beklagten haben eingewandt, dass die Zahlungsklage nicht zulässig und die zurückgenommene Feststellungsklage ihrerseits unzulässig und unbegründet gewesen sei.

4

Das Amtsgericht hat die (Zahlungs-)Klage als unzulässig abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

6

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass für die Zahlungsklage kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, weil die Klägerin die Möglichkeit habe, die Kosten der negativen Feststellungsklage gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO in dem dortigen Prozess geltend zu machen. Bei dem Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 ZPO handele es sich um einen gleichwertigen Weg, da in diesem Rahmen nicht lediglich eine summarische, sondern eine vollständige und umfassende Überprüfung der Sach- und Rechtslage einschließlich etwaiger Beweisaufnahmen erfolgen müsse.

II.

7

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

8

1. Nach überwiegender, vom erkennenden Senat geteilter Auffassung hindert die Möglichkeit des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO eine Kostenerstattungsklage nicht (s. KG, Beschluss vom 31. März 2011 - 8 U 125/10, Juris Rn. 4; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 4. Aufl., § 269 Rn. 103, 104; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 269 Rn. 57; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 269 Rn. 18e; MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 4. Aufl., § 269 Rn. 67; Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl., § 269 Rn. 13c; Saenger, ZPO, 5. Aufl., § 269 Rn. 40, 41; Deckenbrock/Dötsch, MDR 2004, 1214, 1217; vgl. auch OLG Hamm, NJW-RR 2011, 1563, 1564; a.A. Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 33. Aufl., § 91a Rn. 36; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 91a Rn. 33; wohl auch Tegeder, NJW 2003, 3327, 3328). Die klagende Partei hat daher in dem Fall, dass ihre Klage vor Rechtshängigkeit zur Erledigung kommt und daraufhin zurückgenommen wird, die Wahl, ob sie den von ihr geltend gemachten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch im Wege des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO verfolgen oder deswegen eine Kostenerstattungsklage erheben will.

9

a) Der Klagepartei kann in diesen Fällen das Rechtsschutzbedürfnis für eine Kostenerstattungsklage nicht generell versagt werden.

10

aa) Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt regelmäßig dann, wenn dem Kläger ein einfacherer und billigerer Weg zur Erlangung eines vollstreckbaren Titels zur Verfügung steht (vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. April 1990 - VI ZR 110/89, BGHZ 111, 168, 171; vom 24. Februar 1994 - IX ZR 120/93, NJW 1994, 1351, 1352 und vom 17. November 2005 - IX ZR 179/04, BGHZ 165, 96, 99; Beschluss vom 9. Juli 2009 - IX ZR 29/09, NJW-RR 2009, 1148, 1149 Rn. 5). Auf einen verfahrensmäßig unsicheren Weg darf der Kläger allerdings nicht verwiesen werden (BGH, Urteile vom 24. April 1990 aaO; vom 24. Februar 1994 aaO und vom 17. November 2005 aaO S. 99 f; Beschluss vom 9. Juli 2009 aaO Rn. 6). Ein schnelleres und billigeres Mittel des Rechtsschutzes lässt das berechtigte Interesse für eine Klage deshalb nur entfallen, sofern es wenigstens vergleichbar sicher oder wirkungsvoll alle erforderlichen Rechtsschutzziele herbeiführen kann (BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 aaO; Beschluss vom 9. Juli 2009 aaO).

11

bb) Der Weg des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO ist gegenüber der Kostenerstattungsklage weder notwendig einfacher und billiger noch vergleichbar sicher und wirkungsvoll, um den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch des Klägers zur Durchsetzung zu bringen.

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(1) Ist die zurückgenommene Klage - wie hier - noch nicht rechtshängig geworden und stellt der Kläger keinen Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO, so verbleibt es bei der Abrechnung der bislang angefallenen Anwalts- und Gerichtskosten unter Berücksichtigung der Gebührenermäßigung nach Nummer 1211 Ziffer 1 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz [KV GKG] (eine Gerichtsgebühr statt drei Gerichtsgebühren). Diese Kosten bestimmen den Betrag der Klageforderung (und mithin auch den Streitwert) in dem nachfolgenden Kostenerstattungsprozess, in dem der vom Kläger geltend gemachte materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vollumfänglich überprüft wird.

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(2) Entscheidet sich der Kläger hingegen für einen Kostenantrag gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO, so geht die Gebührenermäßigung nach Nummer 1211 Ziffer 1 KV GKG verloren (s. auch Deckenbrock/Dötsch aaO S. 1218; Stein/Jonas/Roth aaO § 269 Rn. 55; Zöller/Greger aaO; Musielak/Foerste aaO). Es hat nun zwar eine sachliche Prüfung nicht nur der ursprünglichen Erfolgsaussicht der erledigten Klage, sondern auch des behaupteten erledigenden Ereignisses und gegebenenfalls eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs zu erfolgen (BGH, Beschluss vom 6. Juli 2005 - IV ZB 6/05, NJW-RR 2005, 1662, 1663 f). Der Kläger muss darlegen und beweisen, dass seine Belastung mit Kosten billigem Ermessen widerspricht, und die beklagte Partei hat ihrerseits Anspruch auf rechtliches Gehör mit der Möglichkeit, Tatsachen vorzutragen und Beweismittel anzubieten (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2005 - I ZB 37/05, NJW 2006, 775 f Rn. 10). Allerdings ist die Kostenregelung in § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO der Regelung in § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO insofern nachgebildet, als in beiden Fällen über die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu bestimmen ist (s. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722 S. 81; vgl. ferner BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2003 - II ZB 38/02, NJW 2004, 223, 224; vom 6. Juli 2005 aaO S. 1663 und vom 6. Oktober 2005 aaO S. 775 Rn. 10; OLG Braunschweig, BeckRS 2012, 04765; Wieczorek/Schütze/Assmann aaO § 269 Rn. 95; Stein/Jonas/Roth aaO; Zöller/Vollkommer aaO § 91a Rn. 31, 33). Ob sich das Gericht im Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO hinsichtlich der Tatsachenfeststellung deshalb mit einem bloßen Wahrscheinlichkeitsurteil begnügen darf, (so Stein/Jonas/Roth aaO § 269 Rn. 56), braucht hier nicht entschieden zu werden. Jedenfalls findet im Verfahren der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO in rechtlicher Hinsicht lediglich eine summarische Prüfung statt, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache alle bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (s. etwa BGH, Beschlüsse vom 28. Oktober 2008 - VIII ZB 28/08, NJW-RR 2009, 422 Rn. 5 und vom 20. Juni 2012 - XII ZR 131/10, BeckRS 2012, 16688 Rn. 1 mwN). Dies gilt in gleicher Weise für die § 91a Abs. 1 ZPO nachgebildete Kostenentscheidung gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO (vgl. OLG Braunschweig aaO; Deckenbrock/Dötsch aaO S. 1216, 1217; Wieczorek/Schütze/Assmann aaO § 269 Rn. 103; Stein/Jonas/Roth aaO § 269 Rn. 57; Zöller/Greger aaO; MünchKommZPO/Becker-Eberhard aaO; s. auch Baumbach/Hartmann, ZPO, 71. Aufl., § 269 Rn. 41: "weiter Entscheidungsspielraum" des Richters).

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(3) Hiernach gestaltet sich das Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO möglicherweise teurer (keine Gebührenermäßigung nach Nummer 1211 Ziffer 1 KV GKG) und nicht notwendig einfacher als eine Kostenerstattungsklage. Vor allem aber darf im ersterwähnten Verfahren eine umfassende rechtliche Überprüfung unterbleiben, so dass dieser Weg für den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch des Klägers nicht in vergleichbarer Weise sicher und wirkungsvoll ist.

15

b) Ein allgemeiner Vorrang des Verfahrens nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO gegenüber einer Kostenerstattungsklage ergibt sich nicht aus Gründen der Rechtssicherheit und der Vermeidung einander widersprechender Entscheidungen.

16

aa) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es anerkannt, dass eine prozessuale Kostenentscheidung grundsätzlich nicht erschöpfend ist, sondern Raum lässt für die Durchsetzung materiell-rechtlicher Ansprüche auf Kostenerstattung etwa aus Vertrag, Verzug oder unerlaubter Handlung (vgl. BGH, Urteile vom 18. Mai 1966 - Ib ZR 73/64, BGHZ 45, 251, 256 f; vom 24. April 1990 aaO S. 170 f; vom 19. Oktober 1994 - I ZR 187/92, NJW-RR 1995, 495; vom 22. November 2001 - VII ZR 405/00, NJW 2002, 680; vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 224/05, NJW 2007, 1458 Rn. 7 und vom 16. Februar 2011 – VIII ZR 80/10, NJW 2011, 2368, 2369 Rn. 10; Beschluss vom 9. Februar 2012 - VII ZB 95/09, NJW 2012, 1291 f Rn. 8). Ein materiell-rechtlicher Anspruch kann danach je nach Sachlage neben die prozessuale Kostenregelung treten, er kann ihr sogar entgegengerichtet sein, sofern zusätzliche Umstände hinzukommen, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt werden konnten. Bleibt hingegen der Sachverhalt, der zu einer abschließenden prozessualen Kostenentscheidung geführt hat, unverändert, geht es nicht an, ihn erneut zur Nachprüfung zu stellen und in seinen kostenrechtlichen Auswirkungen materiell-rechtlich entgegengesetzt zu beurteilen. Dies dient dazu, Unterschiede zwischen auf gleichem Sachverhalt beruhenden Entscheidungen über den materiell-rechtlichen Anspruch einerseits und den prozessualen Kostenerstattungsanspruch andererseits zu vermeiden (vgl. Senatsurteil vom 11. September 2008 - III ZR 212/07, NJW 2008, 3558, 3559 Rn. 8; BGH, Urteile vom 18. Mai 1966 aaO S. 257; vom 19. Oktober 1994 aaO; vom 22. November 2001 aaO; vom 11. Februar 2010 - VII ZR 153/08, NJW-RR 2010, 674, 675 Rn. 13 und vom 16. Februar 2011 aaO; Beschluss vom 9. Februar 2012 aaO S. 1292 Rn. 8). Der mit der Entscheidung über den Kostenerstattungsanspruch eingetretene Rechtsfriede darf nicht nachträglich wieder mit der Begründung beseitigt werden, die Kostenentscheidung sei nach sachlichem Recht eigentlich ungerechtfertigt, sofern nicht die gesetzliche Regelung ihrerseits Korrekturmöglichkeiten vorsieht (BGH, Urteile vom 18. Mai 1966 aaO und vom 19. Oktober 1994 aaO; Beschluss vom 9. Februar 2012 aaO).

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bb) Demzufolge ist es dem Kläger, der seine Klage zurücknimmt, einen Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO stellt und hierüber eine ihm ungünstige Entscheidung erhält, versagt, seinen Kostenerstattungsanspruch in einem neuen Prozess geltend zu machen, sofern keine zusätzlichen, bei der Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 4 ZPO nicht berücksichtigten Umstände hinzutreten. Es ist dem Kläger aber nicht verwehrt, von einem Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO abzusehen und stattdessen den Weg einer Kostenerstattungsklage zu beschreiten. Entscheidet sich der Kläger nach Rücknahme seiner - vor Rechtshängigkeit erledigten - Klage für die Erhebung einer Kostenerstattungsklage und gelangt er hiermit nicht zum Erfolg, so steht die bindende Entscheidung des Gerichts über den mit dieser Klage geltend gemachten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch einer erneuten Entscheidung über den Kostenerstattungsanspruch in einem Verfahren nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 aaO Rn. 11). Sonach werden einander widersprechende Entscheidungen auch dann abgewendet, wenn dem Kläger eine Wahlfreiheit zugebilligt wird.

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c) Letztlich läuft das Wahlrecht des Klägers (Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO oder Kostenerstattungsklage) auch nicht dem Zweck des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO zuwider.

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aa) § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO soll dem Kläger die Möglichkeit geben, unter Mitberücksichtigung eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs eine ihm günstige Kostentragungsregelung zu erreichen, ohne dass hierfür ein neues Verfahren erforderlich wird, und auf diese Weise der Prozessökonomie dienen (s. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722 S. 81; s. auch Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Justizmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 15/1508 S. 18; BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2003 aaO; vom 26. Juli 2004 - VIII ZB 44/03, NJW-RR 2005, 217, 218 und vom 6. Juli 2005 aaO). Ist das den Rechtsstreit erledigende Ereignis vor Rechtshängigkeit eingetreten, so war der Kläger vor Schaffung des (in seiner Ursprungsfassung am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen und mit Wirkung vom 1. September 2004 geänderten) § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO häufig darauf verwiesen, zur Durchsetzung seines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs einen Folgeprozess zu führen. Erklärt er nämlich die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache und schließt sich der Beklagte der Erledigungserklärung nicht an (vgl. § 91a Abs. 1 ZPO), so ist die als Feststellungsklage zu behandelnde Klage mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen, da die durch Urteil festzustellende Erledigung der Hauptsache voraussetzt, dass die Klage nach Eintritt der Rechtshängigkeit unzulässig oder unbegründet geworden ist (BT-Drucks. 14/4722 aaO; s. BGH, Beschlüsse vom 26. Juli 2004 aaO und vom 6. Juli 2005 aaO; s. ferner BGH, Urteile vom 15. Januar 1982 - V ZR 50/81, BGHZ 83, 12, 14 ff; vom 8. Juni 1988 - I ZR 148/86, NJW-RR 1988, 1151 und vom 17. Juli 2003 - IX ZR 268/02, NJW 2003, 3134 mwN).

20

bb) Demnach verfolgt § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO das Ziel, den Kläger in den betreffenden Fallgestaltungen von einem "Zwang" zur Kostenerstattungsklage zu befreien. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass er hierzu fortan nicht mehr befugt und zur Durchsetzung seines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs auf den Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO beschränkt sein sollte. Der Weg des Kostenantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO wird sich insbesondere in einfach gelagerten Fällen empfehlen, in denen etwa der in Verzug befindliche Beklagte seine Zahlungspflicht erst zwischen der Einreichung und der Zustellung der Klage erfüllt, ohne dass sich eine einvernehmliche Kostenregelung zwischen den Parteien erzielen lässt. Geht es hingegen um schwierige Rechtsfragen oder klaffen die Streitwerte der zurückgenommenen Klage und einer Kostenerstattungsklage sehr weit auseinander (so dass der Wegfall der Gebührenermäßigung nach Nummer 1211 Ziffer 1 KV GKG ganz erheblich ins Gewicht fällt), so kann eine Kostenerstattungsklage vorzugswürdig sein.

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2. Nach alledem durfte das Berufungsgericht die Klage nicht wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abweisen. Das Berufungsurteil ist mithin aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Zur Begründetheit der (Zahlungs-)Klage hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Diese wird es nachzuholen haben.

Herrmann                       Wöstmann                        Seiters

                 Tombrink                         Remmert