Entscheidungsdatum: 13.11.2014
Zur Kündigung eines Vertrags über betriebsärztliche Leistungen nach § 627 Abs. 1 BGB.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 85. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 28. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsrechtszugs.
Von Rechts wegen
Die Parteien - die Klägerin ist von Beruf Internistin und Betriebsärztin; die Beklagte betreibt ein zahntechnisches Labor in B. - streiten um die Wirksamkeit der Kündigung einer Vereinbarung über betriebsärztliche Leistungen und insoweit um die Anwendbarkeit von § 627 Abs. 1 BGB.
Die Parteien schlossen unter dem 1. Juli 1994 einen Vertrag über die "arbeitsmedizinische Betreuung und Beratung nach den Anforderungen des Arbeitssicherheitsgesetzes vom 12. Dezember 1973". Zu den Aufgaben der Klägerin hieß es näher in Ziffer II:
"1. Der Betriebsarzt nimmt die Aufgaben wahr, die sich für einen Betriebsarzt aus dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) ergeben. Maßgebend ist insbesondere inhaltlich § 3 des ASiG.
In der Ausübung seiner arbeitsmedizinischen Tätigkeit ist er weisungsfrei und nur dem Gesetz unterworfen.
…
2. Außer den im § 3 ASiG genannten Aufgaben werden vom Betriebsarzt auf Anforderung des Arbeitgebers Untersuchungen nach den "Berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen" durchgeführt.
3. Seine Aufgaben gemäß ASiG und Punkt 2 erfüllt der Betriebsarzt im Rahmen der Einsatzzeiten, die sich aus der geltenden Unfallverhütungsvorschrift "Betriebsärzte" für den Arbeitgeber ergeben.
Einstellungsuntersuchungen sind nicht auf die Einsatzzeit anzurechnen.
4. Außer den schon genannten Aufgaben kann der Betriebsarzt für den Arbeitgeber ärztliche Leistungen nach anderen Rechtsnormen erbringen. Hierzu können z.B. gehören:
Jugendarbeitsschutzgesetz, Behindertengesetz, Bundesseuchengesetz, bestimmte Schutzimpfungen, Röntgenverordnung, Strahlenschutzverordnung.
Diese Leistungen sind nicht auf die Einsatzzeit anzurechnen. ...
5. Zur Wahrung der Aufgaben im Betrieb besucht der Betriebsarzt in regelmäßigen Abständen den Betrieb, wobei die Termine jeweils zwischen der Firma und dem Betriebsarzt abgestimmt werden.
…"
Die Vergütung der Klägerin war in Ziffer VI und dem dort in Bezug genommenen "Honorarvertrag" wie folgt geregelt:
"VI. Vergütung
Für die vereinbarten Einsatzstunden zahlt der Arbeitgeber ein Stundenhonorar. Dieses wird entsprechend der Betriebsspezifik in der Honorarvereinbarung geregelt. Die Honorarvereinbarung ist Bestandteil des Vertrages. Für zusätzliche vereinbarte Aufgaben, d.h. Aufgaben, die nicht durch das ASiG und die sich aus der UVV "Betriebsärzte" ergebenden Einsatzzeiten geregelt sind, wird ein Zusatzhonorar entsprechend dem Stundensatz vereinbart bzw. für Untersuchungen die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) in der jeweils gültigen Fassung angewendet. …
Honorarvertrag |
||
Art der Berufsgruppe |
Einsatzzeit pro AN |
Summe der |
Zahntechniker |
|
|
64 |
0,4 Stdn |
25,6 Stdn |
Gesamteinsatzzeit pro Jahr in Stunden 25,6 Stdn |
Pro Einsatzstunde des Betriebsarztes wird ein Stundenhonorar von 200,00 DM vereinbart.
Bei gegebenem Anlass werden dem Betrieb Kostensteigerungen rechtzeitig mitgeteilt und neu verhandelt. Ansonsten bleibt der Stundensatz für jeweils ein weiteres Jahr gültig. Entscheidende Veränderungen der Arbeitnehmerzahl (+/- 15 %) teilt der Arbeitgeber jährlich bis Ende des Monats Januar mit oder bestätigt die Beschäftigtenzahl schriftlich.
Jahreshonorar (ohne Mehrwertsteuer):
Gesamtzeit 25,6 Stunden x 200,00 DM/Std. = 5.120,00 DM
Das Honorar ist in 4 Vierteljahresraten nach Rechnungslegung jeweils bis zum letzten Kalendertag des laufenden Monats zu entrichten.
Mit dem Honorar sind folgende Leistungen und Kosten abgegolten:
…
Alle Leistungen des Betriebsarztes entspr. dem Aufgabenkatalog des ASiG sowie Vorsorgeuntersuchungen, die Bestandteil der Einsatzzeiten sind (siehe Vertrag).
Kosten für Untersuchungen außerhalb der Einsatzzeit (z.B. Einstellungsuntersuchungen, Impfungen) regeln sich nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)."
Nach Ziffer VII galt der Vertrag ab 1. Juli 1994 für zwölf Monate. Er verlängerte sich jeweils um ein weiteres Jahr, soweit er nicht von einem der beiden Vertragspartner sechs Monate vorher schriftlich gekündigt wurde.
Mit Schreiben vom 5. September 2011 kündigte die Beklagte den Vertrag zum 30. September 2011. Das Honorar für das dritte Quartal 2011 zahlte sie nicht.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Kündigung sei nach Ziffer VII des Vertrags erst zum 30. Juni 2012 wirksam, sodass ihr für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Juni 2012 noch ein Honorar von 2.045,16 € (50 Mitarbeiter x 0,4 Stunden Einsatzzeit pro Jahr x 200 DM = 4.000 DM) zustehe. Das Amtsgericht hat - unter Abweisung der weitergehenden Klage - die Beklagte zur Zahlung lediglich der Vergütung für das dritte Quartal 2011 und zur Erstattung entsprechend anteiliger vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg gehabt. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
I.
Nach Auffassung des Landgerichts steht der Klägerin gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung einer weiteren Vergütung zu, da der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag wirksam zum 30. September 2011 gekündigt worden sei. Ein Betriebsarzt leiste Dienste höherer Art im Sinne von § 627 Abs. 1 BGB. Zwischen den Parteien habe auch kein dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen bestanden. Zum einen habe sich die Höhe des Honorars der Klägerin nach der Anzahl der Beschäftigten bei der Beklagten gerichtet und sei damit von einer sich verändernden Größe abhängig gemacht worden. Zum anderen hätten gegebenenfalls zusätzlich auf gesonderte Anforderung hin zu erbringende Leistungen variabel vergütet werden sollen; für Tätigkeiten außerhalb der Einsatzzeit oder für die Durchführung weitergehender Untersuchungen sei zum Beispiel die Anwendung der Gebührenordnung für Ärzte vereinbart gewesen. Die Klägerin habe auch als Betriebsärztin in fachlicher und persönlicher Hinsicht eine besondere Vertrauensstellung innegehabt. Eine solche bestehe nicht nur unmittelbar im Verhältnis zwischen Arzt und Patient. Vielmehr müsse die Bedeutung des Arztes für die Arbeitssicherheit im Betrieb berücksichtigt werden. Eine Vertrauensstellung könne insoweit auch im "Dreiecksverhältnis" zwischen Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Betriebsarzt vorliegen. Der Arbeitgeber bediene sich des Betriebsarztes zur Erfüllung seiner Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mitarbeitern. Dies begründe dessen besondere, vom wechselseitigen Vertrauen geprägte Position. Es seien letztlich auch keine Umstände ersichtlich, wonach das Kündigungsrecht der Beklagten aus § 627 BGB ausgeschlossen sei.
II.
Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand.
Nach § 627 Abs. 1 BGB ist bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 622 BGB darstellt, eine fristlose Kündigung auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten hat, die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Klägerin übernommenen Aufgaben solche Dienste darstellen. Denn die Tätigkeit eines Arztes fällt typischerweise unter § 627 Abs. 1 BGB (so bereits Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, II. Band, S. 913; siehe auch BGH, Urteil vom 18. Oktober 1984 - IX ZR 14/84, NJW 1986, 373, 374). Zwar erbringt der Betriebsarzt ärztliche Behandlungsleistungen nur im Verhältnis zu den Betriebsangehörigen und nicht zu seinem Vertragspartner (Arbeitgeber). Auch kann seine Tätigkeit im Einzelfall in einem Spannungsverhältnis zu den Vorstellungen des Arbeitgebers über die zum Arbeitsschutz und zur Arbeitssicherheit notwendigen Maßnahmen stehen. Diese von der Revision betonten Besonderheiten rechtfertigen es aber nicht, die Stellung des Betriebsarztes anders zu bewerten. Vielmehr leistet auch dieser nach Maßgabe der folgenden Ausführungen Dienste höherer Art, die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen.
a) Dienste höherer Art können solche sein, die besondere Fachkenntnis, Kunstfertigkeit oder wissenschaftliche Bildung voraussetzen (Mugdan aaO S. 912) oder die den persönlichen Lebensbereich betreffen (vgl. nur BGH, Urteil vom 24. Juni 1987 - IVa ZR 99/86, NJW 1987, 2808 zum Ehe- oder Partnerschaftsvermittler; Senat, Urteil vom 9. Juni 2011 - III ZR 203/10, NJW 2011, 2955 Rn. 17 f zum ambulanten Pflegedienst). Zu Betriebsärzten dürfen nur solche Personen bestellt werden, die berechtigt sind, den ärztlichen Beruf auszuüben, und die über die zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben erforderliche arbeitsmedizinische Fachkunde verfügen (§ 4 ASiG). Ein Betriebsarzt leistet insoweit unzweifelhaft Dienste höherer Art.
b) Diese werden aufgrund besonderen Vertrauens übertragen. Hiermit ist gemeint, dass sich das Vertrauen über die fachliche Kompetenz hinaus auch auf die Person des Vertragspartners erstreckt. Der Ausführung der Tätigkeit muss insoweit eine persönliche Beziehung (Bindung) zwischen den Vertragspartnern zugrunde liegen (Mugdan aaO; siehe auch Senat, Urteile vom 9. März 1995 - III ZR 44/94, NJW-RR 1995, 1058, 1059 und vom 19. November 1998 - III ZR 261/97, NJW 1999, 355, 356). Hierbei kommt es allerdings nicht darauf an, ob im konkreten Fall diese Voraussetzung vorliegt, sondern ob die Dienste im Allgemeinen, ihrer Art nach, nur infolge besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen (vgl. nur BGH, Urteil vom 18. Oktober 1984 aaO S. 373; Senat, Urteil vom 22. September 2011 - III ZR 95/11, NJW 2011, 3575 Rn. 9; siehe auch bereits RGZ 146, 116, 117).
Diese Voraussetzung ist bei gesundheitsbezogenen Diensten regelmäßig erfüllt (vgl. nur Senat, Urteil vom 9. Juni 2011 aaO Rn. 17 f). Dies gilt auch für den Betriebsarzt. Dessen Funktion besteht in erster Linie darin, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung zu unterstützen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 ASiG). Insoweit soll erreicht werden, dass die diesen Zielen dienenden Vorschriften den besonderen Verhältnissen des Betriebs entsprechend angewandt werden, gesicherte arbeitsmedizinische Erkenntnisse verwirklicht werden können und letztlich die dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung dienenden Maßnahmen einen hohen Wirkungsgrad erreichen (§ 1 Abs. 1 Satz 3 ASiG). Hierbei hat der Betriebsarzt nach § 3 Abs. 1 Satz 2 ASiG insbesondere die Aufgabe,
"1. den Arbeitgeber und die sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen zu beraten, insbesondere bei
a) der Planung, Ausführung und Unterhaltung von Betriebsanlagen und von sozialen und sanitären Einrichtungen,
b) der Beschaffung von technischen Arbeitsmitteln und der Einführung von Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffen,
c) der Auswahl und Erprobung von Körperschutzmitteln,
d) arbeitsphysiologischen, arbeitspsychologischen und sonstigen ergonomischen sowie arbeitshygienischen Fragen, insbesondere des Arbeitsrhythmus, der Arbeitszeit und der Pausenregelung, der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs und der Arbeitsumgebung,
e) der Organisation der "Ersten Hilfe" im Betrieb,
f) Fragen des Arbeitsplatzwechsels sowie der Eingliederung und Wiedereingliederung Behinderter in den Arbeitsprozeß,
g) der Beurteilung der Arbeitsbedingungen,
2. die Arbeitnehmer zu untersuchen, arbeitsmedizinisch zu beurteilen und zu beraten sowie die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten,
3. die Durchführung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beobachten und im Zusammenhang damit
a) die Arbeitsstätten in regelmäßigen Abständen zu begehen und festgestellte Mängel dem Arbeitgeber oder der sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Person mitzuteilen, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mängel vorzuschlagen und auf deren Durchführung hinzuwirken,
b) auf die Benutzung der Körperschutzmittel zu achten,
c) Ursachen von arbeitsbedingten Erkrankungen zu untersuchen, die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten und dem Arbeitgeber Maßnahmen zur Verhütung dieser Erkrankungen vorzuschlagen,
4. darauf hinzuwirken, daß sich alle im Betrieb Beschäftigten den Anforderungen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung entsprechend verhalten, insbesondere sie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen sie bei der Arbeit ausgesetzt sind, sowie über die Einrichtungen und Maßnahmen zur Anwendung dieser Gefahren zu belehren und bei der Einsatzplanung und Schulung der Helfer in "Erster Hilfe" und des medizinischen Hilfspersonals mitzuwirken."
Bei dieser wichtigen Arbeit ist der Betriebsarzt, wie vorliegend auch ausdrücklich geregelt, unabhängig (weisungsfrei) und nur seinem Gewissen unterworfen (§ 8 Abs. 1 Satz 1, 3 ASiG). Entgegen der Auffassung der Revision spricht dies nicht gegen die Annahme einer Vertrauensstellung, da den von § 627 BGB erfassten Rechtsbeziehungen "die Weisungsgebundenheit immanent" sei, sondern im Gegenteil für eine solche. Denn gerade angesichts der von Weisungen freien Stellung des Betriebsarztes muss sich der Arbeitgeber darauf verlassen könne, dass dieser seine herausgehobene Position ("Stabsstellung im Betrieb"; vgl. Schmatz/Nöthlichs, Sicherheitstechnik, Band II Teil 1 Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit, bearb. v. Wilrich/Weber, Erl. 6.1 und 6.2 zu § 8 ASiG mwN) korrekt ausübt. Dies setzt aber typischerweise ein nicht nur auf die Fachkunde des Arztes, sondern ein auch auf dessen Person gerichtetes Vertrauen voraus. Insoweit ist den von § 627 BGB erfassten Rechtsverhältnissen - wie beispielhaft die Tätigkeiten eines Arztes, Rechtsanwalts, Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers zeigen - auch keineswegs eine Weisungsgebundenheit und fehlende Unabhängigkeit immanent. Vielmehr ist gerade die unabhängige Stellung des Dienstverpflichteten ein wesentlicher Aspekt für die Rechtfertigung des weitreichenden Kündigungsrechts des Dienstberechtigten (vgl. nur BGH, Urteil vom 31. März 1967 - VI ZR 288/64, BGHZ 47, 303, 306).
Der Betriebsarzt erhält durch seine Tätigkeit Einblicke in die Betriebsabläufe beziehungsweise die Betriebsstruktur sowie in datengeschützte Bereiche. Auch auf diese Betriebsinterna, insbesondere auf die ihm bekannt gewordenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, bezieht sich seine ärztliche Schweigepflicht (§ 8 Abs. 1 Satz 3 ASiG; siehe auch Ziffer III des Vertrags vom 1. Juli 1994). Das Bestehen einer solchen Schweigepflicht ist aber gerade ein Indiz für das Vorliegen einer Vertrauensstellung (vgl. Senat, Urteil vom 9. Juni 2011 aaO Rn. 17). Bei der Beauftragung mit derartigen Dienstleistungen legt der Dienstberechtigte typischerweise einen gesteigerten Wert auf die persönliche Zuverlässigkeit und Seriosität des Dienstverpflichteten. Dass die ärztliche Schweigepflicht - worauf die Revision verweist - auch gegenüber dem Vertragspartner (Arbeitgeber) selbst besteht, soweit es - über die Frage der Arbeitsplatztauglichkeit hinaus - um bei der Tätigkeit gewonnene Erkenntnisse über einzelne Mitarbeiter geht, steht dem nicht entgegen.
Unter Berücksichtigung der herausgehobenen Aufgabenstellung des Betriebsarztes kann nicht zweifelhaft sein, dass betriebsärztliche Leistungen solche sind, die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen werden. Der Umstand, dass ärztliche Behandlungsmaßnahmen durch einen Betriebsarzt typischerweise nur gegenüber den Betriebsangehörigen, nicht aber gegenüber dem Vertragspartner (Arbeitgeber) erbracht werden, steht - wobei diese Leistungen im Übrigen sowieso nur einen Teil der von ihm geschuldeten Tätigkeit ausmachen - dem nicht entgegen (vgl. auch zum "Kassenarztvertrag" bereits RG HRR 1932 Nr. 1440 und RGZ 105, 418; siehe auch Mugdan aaO S. 913 zum Kündigungsrecht, wenn die ärztlichen Dienste einem Dritten geleistet werden sollen). Gleiches gilt für die von der Revision betonte Möglichkeit von Interessengegensätzen der Vertragspartner.
2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch festgestellt, dass zwischen den Parteien kein dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen bestanden hat.
a) Bei der näheren Bestimmung dessen, was unter einem solchen Verhältnis - beispielhaft werden bei Mugdan (aaO S. 913) die Tätigkeiten des Leibarztes, des Hofmeisters und des Syndikus erwähnt - zu verstehen ist, muss neben dem Sprachgebrauch und der Verkehrsauffassung auch der Gesetzeszweck der Gewährleistung der persönlichen Entschließungsfreiheit einerseits und des Schutzes des Vertrauens auf Sicherung der wirtschaftlichen Existenz durch eine auf Dauer vereinbarte feste Entlohnung andererseits maßgeblich berücksichtigt werden (vgl. nur Senat, Urteil vom 22. September 2011 - III ZR 95/11, NJW-RR 2011, 3575 Rn. 12).
Hiernach setzt ein dauerndes Dienstverhältnis nicht voraus, dass es auf unbestimmte Zeit eingegangen wird. Vielmehr liegt ein Dauerverhältnis zunächst und gerade dann vor, wenn vertraglich eine bestimmte längere Zeit festgelegt wird. Aber auch eine kürzere Zeit kann ausreichen, wenn sich nicht aus der Art der übertragenen Aufgabe (z.B. Urlaubs- oder Krankheitsvertretung; Aushilfe bei besonderem Arbeitsanfall) eine nur vorübergehende Verbindung ergibt, sondern sich die Verpflichtung auf ständige oder langfristige Aufgaben bezieht. Insoweit kann etwa auch die Vereinbarung einer Laufzeit von nur einem Jahr die Annahme eines dauernden Dienstverhältnisses rechtfertigen, wenn die Parteien von der Möglichkeit und Zweckmäßigkeit einer Verlängerung ausgehen (vgl. nur BGH, Urteile vom 31. März 1967 - VI ZR 288/64, BGHZ 47, 303, 307 f; vom 8. März 1984 - IX ZR 144/83, BGHZ 90, 280, 282; vom 28. Februar 1985 - IX ZR 92/84, NJW 1985, 2585 und vom 19. November 1992 - IX ZR 77/92, NJW-RR 1993, 374). Deshalb stehen auch vertragliche oder gesetzliche Kündigungsrechte, bei deren Nichtausübung sich die Laufzeit eines Vertrags verlängert, dem Bestehen eines Dauerdienstverhältnisses nicht entgegen (vgl. nur Staudinger/Preis, BGB. Neubearbeitung 2012, § 627 Rn. 15; MüKoBGB/Henssler, 6. Aufl., § 627 Rn. 14). Ausreichend ist im Übrigen auch, wenn rein tatsächlich das Dienstverhältnis längere Zeit bestanden hat und damit zu einem dauernden und nicht lediglich vorübergehenden Rechtsverhältnis geworden ist (vgl. RGZ 146, 116, 117).
Allerdings setzt der Begriff des dauerndes Dienstverhältnisses weder eine soziale und wirtschaftliche Abhängigkeit des Verpflichteten noch - anders als § 617 Abs. 1 Satz 1 BGB - voraus, dass hierdurch die Arbeitskraft des Dienstverpflichteten vollständig oder überwiegend in Anspruch genommen wird (vgl. nur BGH, Urteile vom 31. März 1967 aaO S. 306; vom 1. Februar 1989 - IVa ZR 354/89, BGHZ 106, 341, 346; vom 19. November 1992 aaO; Senat, Urteile vom 9. März 1995 - III ZR 44/94, NJW-RR 1995, 1058, 1059 und vom 22. September 2011 aaO Rn. 13). Jedoch muss die Tätigkeit ein gewisses Gewicht haben. Insoweit ist es im Regelfall erforderlich, dass das Dienstverhältnis die sachlichen und persönlichen Mittel des Dienstverpflichteten zumindest nicht nur unerheblich beansprucht (Senat, Urteil vom 22. September 2011 aaO). Durch die gesetzliche Regelung soll das Vertrauen des Dienstverpflichteten geschützt werden, dass ihm auf längere Sicht bestimmte, von vorne herein festgelegte Beträge in einem Umfang zufließen, welche (mit) die Grundlage seines wirtschaftlichen Daseins bilden können (vgl. BGH, Urteile vom 13. Januar 1993 - VIII ZR 112/92, NJW-RR 1993, 505, 506 und vom 11. Februar 2010 - IX ZR 114/09, NJW 2010, 1520 Rn. 20; siehe auch bereits RGZ 146, 116, 117). Deshalb bedarf es der Festlegung einer Regelvergütung, mit der ein in einem dauernden Vertragsverhältnis stehender Dienstverpflichteter als nicht unerheblichen Beitrag zur Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz rechnen und planen darf (vgl. Senat, Urteil vom 22. September 2011 aaO Rn. 12 f). In diesem Fall genießt das Vertrauen des Dienstverpflichteten auf seine Existenzsicherung Vorrang vor dem Schutz der Entschließungsfreiheit des Dienstberechtigten.
Für die Annahme fester Bezüge ist allerdings nicht notwendig, dass alle Honorar- oder Lohnbestandteile in diesem Sinn fest sind. Es genügt, wenn vertraglich ein festes Mindesthonorar vereinbart ist, auch wenn die darüber hinausgehenden Vergütungsansprüche nicht bestimmt sind (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1993 aaO; siehe auch Urteil vom 19. November 1992 aaO S. 375; RGZ aaO); nicht ausreichend ist dagegen, wenn im Rahmen eines umfassenden Vertragsverhältnisses (hier: Steuerberatermandat) lediglich für einen Teilbereich (hier: Lohn- und Finanzbuchhaltung) eine Pauschalvergütung vereinbart wird (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 aaO Rn. 22).
b) Diese Maßgaben hat das Berufungsgericht bei der ihm obliegenden tatrichterlichen Würdigung nicht verkannt. Es ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass zwar ein dauerndes Dienstverhältnis, aber keine festen Bezüge vorliegen. Soweit die Klägerin bestimmte zusätzliche Leistungen nur auf Anforderung und außerhalb der sogenannten Einsatzzeiten zu erbringen hatte, waren diese nach Stundenlohn oder nach der Gebührenordnung für Ärzte abzurechnen, so dass in diesem Umfang ohnehin nicht von feststehenden Honorareinnahmen gesprochen werden kann. Das der Klägerin im Rahmen der Einsatzzeiten zu zahlende "Grundhonorar" knüpfte an die Beschäftigtenzahl bei der Beklagten und damit an eine variable Größe an. Die Höhe des Honorars stand auch insoweit nicht von vorneherein fest.
Dieser Wertung steht auch der Einwand der Revision nicht entgegen, das Honorar der Klägerin müsse deshalb als fest angesehen werden, weil es aufgrund pauschalierter Stundenzahlen kalkuliert wurde und sich die Stundenzahl nach den Verhältnissen der Beklagten zu Jahresbeginn gerichtet habe und "von da an fest lag". Von einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen kann dann nicht gesprochen werden, wenn die Bezüge nur für 1 Jahr fest sind, im Übrigen aber jährlich - je nach der Mitarbeiterzahl - schwanken. Überdies ist vorliegend auch nicht ersichtlich, dass die von der Klägerin im Rahmen der Einsatzzeiten (0,4 Stunden pro Mitarbeiter pro Jahr) geschuldete Tätigkeit ihre sachlichen und persönlichen Mittel nicht nur unerheblich beansprucht hat beziehungsweise die ihr daraus zufließenden finanziellen Einnahmen (2.045,16 € pro Jahr = 170,43 € pro Monat) einen nicht unerheblichen Beitrag zu ihrer Existenzgrundlage geliefert haben.
3. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch nicht davon auszugehen, dass das Kündigungsrecht aus § 627 BGB ausgeschlossen wurde.
Allerdings kann - ungeachtet des Umstands, dass es sich bei dem Recht zur fristlosen Kündigung um eine zum Wesen der von § 627 BGB erfassten Vertrauensverhältnisse gehörende Regelung handelt - diese (auch konkludent) abbedungen werden. Hierzu bedarf es jedoch des klaren und bestimmten Ausdrucks eines entsprechenden Parteiwillens, dessen Vorhandensein nicht allein aus dem Umstand hergeleitet werden kann, dass im Vertrag eine feste Laufzeit vorgegeben ist (RGZ 80, 29 f; Senat, Urteile vom 13. Dezember 1990 - III ZR 333/89, WM 1991, 604, 606 und vom 5. November 1998 - III ZR 226/97, NJW 1999, 276, 278). Gleiches gilt auch für eine die vertragliche Laufzeit ergänzende Regelung, wonach sich die Laufzeit verlängert, soweit nicht innerhalb bestimmter Fristen gekündigt wird. Denn fallen Verträge mit kürzeren Laufzeiten unter den Begriff des dauernden Dienstverhältnisses, wenn eine Verlängerungsmöglichkeit besteht, kann dies nicht gleichzeitig als Ausschlusstatbestand gewürdigt werden. Regelungen über eine fristgebundene ordentliche Kündigung lassen deshalb für sich gesehen noch nicht den Schluss zu, die Parteien hätten auf ihr wechselseitiges Kündigungsrecht nach § 627 BGB bewusst verzichtet. Vielmehr bedarf es der Feststellung weitergehender Umstände, um diese Annahme zu rechtfertigen (vgl. hierzu etwa RGZ 105, 416, 417; Senat aaO).
Dies stellt auch die Revision zu Recht nicht in Frage. Allerdings sieht die Klägerin einen solchen Umstand in § 8 Abs. 1 Satz 2 ASiG. Diese Vorschrift erfordere im Fall eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrags die Annahme einer konkludenten Abbedingung des § 627 BGB. Die Vereinbarung einer festen Laufzeit diene ersichtlich dazu, dem Betriebsarzt gegenüber seinem Auftraggeber die Unabhängigkeit zu verschaffen, die er zur Erfüllung seiner Aufgaben benötige. Diese werde ihm jedoch nicht gewährt, wenn der Betriebsinhaber das Vertragsverhältnis jederzeit kündigen und sich auf diese Weise eines ihm missliebig gewordenen Arztes entledigen könne.
Dem vermag der Senat nicht zu folgen. § 8 Abs. 1 Satz 2 ASiG bestimmt, dass Betriebsärzte (und Fachkräfte für Arbeitssicherheit) wegen der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden dürfen. Diese Regelung ist durch Art. 2 Nr. 5 des Gesetzes zur Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz und weiterer Arbeitsschutz-Richtlinien vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246) in das Arbeitssicherheitsgesetz eingefügt worden. Die Regelung normiert insoweit in Umsetzung von Art. 7 Abs. 2 Unterabs. 1 der Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz ein allgemeines Benachteiligungsverbot für die Beratungskräfte (vgl. BT-Drucks. 13/3540 S. 22). Die Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz (Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit, ABl. EG Nr. L 183 S. 1) bestimmt hinsichtlich der mit Schutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Gefahrenverhütung beauftragten Dienste in Art. 7:
"(1) Unbeschadet seiner Pflichten nach den Artikeln 5 und 6 benennt der Arbeitgeber einen oder mehrere Arbeitnehmer, die er mit Schutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Verhütung berufsbedingter Gefahren im Unternehmen bzw. im Betrieb beauftragt.
(2) Den benannten Arbeitnehmern dürfen durch ihre Schutztätigkeiten und ihre Tätigkeiten zur Verhütung berufsbedingter Gefahren keine Nachteile entstehen.
Die benannten Arbeitnehmer müssen, um den sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen nachkommen zu können, über die entsprechende Zeit verfügen.
(3) Reichen die Möglichkeiten im Unternehmen bzw. im Betrieb nicht aus, um die Organisation dieser Schutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Gefahrenverhütung durchzuführen, so muss der Arbeitgeber außerbetriebliche Fachleute (Personen oder Dienste) hinzuziehen. …"
Hieraus folgt, dass sich Art. 7 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie nur auf im eigenen Betrieb des Arbeitgebers beschäftigte Arbeitnehmer und nicht auf einen externen Betriebsarzt bezieht. Allerdings hat § 8 Abs. 1 Satz 2 ASiG diese Differenzierung nicht übernommen. Deshalb darf auch der Honorararzt nicht wegen der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgabe benachteiligt werden. Daraus folgt aber nicht, dass der dienstberechtigte Unternehmer bei der Wahrnehmung der ihm von Gesetzes wegen zustehenden Kündigungsmöglichkeiten Einschränkungen unterworfen wäre. Dies zeigt ein Vergleich von § 8 ASiG mit § 58 BImSchG. In § 58 Abs. 2 BImschG wird über das auch dort geltende allgemeine Benachteiligungsverbot (§ 58 Abs. 1 BImSchG) hinaus ausdrücklich bestimmt, dass die Möglichkeit der Kündigung des als Arbeitnehmer in einem Betrieb beschäftigten Immissionsschutzbeauftragten an das Vorliegen eines wichtigen Grundes geknüpft ist.
4. Einschränkungen enthält das Arbeitssicherheitsgesetz allerdings dergestalt, dass - insoweit weniger weitgehend als bei der Abberufung eines angestellten Betriebsarztes, die nur mit Zustimmung des Betriebsrats erfolgen darf - vor der Entpflichtung eines freiberuflich tätigen Arztes der Betriebsrat zu hören ist (§ 9 Abs. 3 Satz 3 ASiG).
Dazu, dass im Betrieb der Beklagten überhaupt ein Betriebsrat besteht oder aber ein bestehender Betriebsrat vor der Kündigung nicht angehört worden ist, gibt es keine Feststellungen des Berufungsgerichts. Übergangenen Sachvortrag zeigt die Revision nicht auf. Abgesehen davon hat nach herrschender Meinung ein Verstoß gegen das Anhörungsrecht mangels einer § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG entsprechenden Vorschrift keine Auswirkung auf das Verhältnis des Arbeitgebers zum Honorararzt (vgl. nur Richardi, Betriebsverfassungsgesetz, 14. Aufl., § 87 Rn. 587, 593; Fitting, Betriebsverfassungsgesetz, 26. Aufl., § 87 Rn. 320; Kittner/Däubler/Zwanziger, Kündigungsschutzrecht, 7. Aufl., §§ 8, 9 ASiG Rn. 17).
Schlick Herrmann Wöstmann
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