Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 28.01.2014


BFH 28.01.2014 - III B 20/13

Revisionszulassung wegen fehlerhafter Kostenentscheidung - Divergenzrüge


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
3. Senat
Entscheidungsdatum:
28.01.2014
Aktenzeichen:
III B 20/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend FG Münster, 9. November 2012, Az: 13 K 2115/09 E, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. NV: Die Rüge einer fehlerhaften Kostenentscheidung kann nicht zur Zulassung der Revision führen, wenn der Nichtzulassungsbeschwerde in der Hauptsache der Erfolg zu versagen ist oder in Bezug auf die Hauptsache keine Zulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 FGO geltend gemacht werden.

2. NV: Zu den Darlegungsanforderungen bei Divergenzrügen.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

2

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat keine Revisionszulassungsgründe in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise dargelegt.

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1. a) Die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung setzt voraus, dass das Finanzgericht (FG) in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (z.B. BFH-Beschluss vom 31. März 2010 IV B 131/08, BFH/NV 2010, 1487). Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichungsrüge muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den behaupteten, mit Datum sowie Aktenzeichen und/oder Fundstelle bezeichneten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so die behauptete Abweichung zu verdeutlichen (z.B. Senatsbeschluss vom 11. März 2011 III B 76/10, BFH/NV 2011, 981). Außerdem muss sich aus der Beschwerdebegründung ergeben, dass dem Streitfall ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegt wie der Divergenzentscheidung.

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b) Soweit in der Beschwerdeschrift diverse Abweichungen zu Urteilen des BFH gerügt werden, genügt dies den vorstehend beschriebenen Anforderungen nicht.

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aa) Mehrere der in der Beschwerdeschrift dargestellten Rechtssätze, die angeblich von Entscheidungen des BFH abweichen, hat das FG tatsächlich nicht aufgestellt. Im Hinblick auf die vom FG angenommene Gewerblichkeit der über eine Internetauktionsplattform abgewickelten Verkaufsaktivitäten des Klägers konnte der Senat dem angegriffenen Urteil die abstrakten Rechtssätze, "dass allein die Veräußerungsvorgänge vor längerer Zeit erworbener Fahrzeuge und Fahrzeugteile die Gewerblichkeit begründen", "dass der Kläger in vollem Umfang von Anbeginn einen Gewerbebetrieb betreibt, wenn er seine – zuvor privat erworbenen Vermögensgegenstände veräußert", "dass die ursprüngliche Motivation des Klägers unerheblich sei" und "dass einzig relevant sei, dass Fahrzeuge und –teile in kurzer Folge veräußert werden" nicht entnehmen. Die Beschwerdeschrift zeigt damit keine Abweichung, sondern allenfalls das Vorliegen eines schlichten Rechtsanwendungsfehlers auf. Dies rechtfertigt die Revisionszulassung wegen Divergenz aber nicht (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 55, m.w.N.).

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bb) Wenn der Kläger auf S. 38 seiner Beschwerdeschrift eine Divergenz zu einem weiteren Urteil des BFH (vom 15. November 2005 IX R 25/03, BFHE 211, 318, BStBl II 2006, 623) behauptet, verkennt er, dass sich das FG zum Rechtsproblem des Drittaufwandes nicht geäußert hat. Es ging lediglich in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass keine weiteren Kosten entstanden waren, die bei der Schätzung der gewerblichen Einkünfte des Klägers zu berücksichtigen sein könnten. Dass der Mutter überhaupt ein spezifischer Aufwand für den Gewerbebetrieb des Sohnes entstanden ist, wurde vom FG indes nicht festgestellt. Damit ist keine Vergleichbarkeit der Sachverhalte gegeben.

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cc) Mit dem dem FG zugeschriebenen Rechtssatz, "dass sofern nicht eine vollumfängliche berufliche Nutzung des Wirtschaftsguts belegt ist, ein Werbungskostenabzug ausgeschlossen ist", wird die --angebliche-- Abweichung des angegriffenen Urteils vom Beschluss des Großen Senats des BFH zum Aufteilungs- und Abzugsverbot bei gemischt veranlassten Erwerbsaufwendungen (BFH-Beschluss vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672) nicht herausgearbeitet. Denn bei der vollständigen Versagung des Betriebsausgabenabzugs für den vom Kläger angeschafften Laptop ging das FG nicht von einer gemischten Veranlassung aus, so dass sich die Frage einer Aufteilung und eines teilweisen Abzugs gar nicht stellte. Vielmehr sah das FG in rein tatsächlicher Hinsicht den Nachweis der betrieblichen Veranlassung dem Grunde nach nicht als geführt an. In einem solchen Falle kommt der Abzug von Erwerbsaufwendungen nicht in Betracht (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672 unter B.III.4.d der Gründe).

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dd) Soweit gerügt wird, das FG sei bei der Anerkennung von Fahrtaufwendungen mit dem Rechtssatz, wonach "stets die kürzeste, nicht aber die verkehrsgünstigste Verbindung anzusetzen ist", von der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 16. November 2011 VI R 19/11, BFHE 236, 65, BStBl II 2012, 520; vom 21. März 2013 VI R 46/11, BFHE 241, 175, BStBl II 2013, 1044; vom 19. April 2012 VI R 53/11, BFHE 237, 446, BStBl II 2012, 802) abgewichen, kann offenbleiben, ob das FG seinem Urteil diesen Rechtssatz überhaupt zugrunde gelegt hat. Jedenfalls fehlen in der Beschwerdeschrift substantielle Ausführungen zur Identität der Rechtsfrage und zur Vergleichbarkeit der Sachverhalte. Denn während es im Streitfall um Fahrten eines Vermieters, des Klägers, zum Mietobjekt ging, befassen sich die vermeintlichen Divergenzentscheidungen mit den Fahrten eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Ob die unmittelbar nur für Arbeitnehmer geltenden gesetzlichen Regelungen der Entfernungspauschale in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) überhaupt über § 9 Abs. 3 EStG im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zur Anwendung kommen können (vgl. Schmidt/ Loschelder, EStG, 32. Aufl., § 9 Rz 183, m.w.N.; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Rz 657, m.w.N.), wird in der Beschwerde nicht problematisiert. Somit ist das Vorliegen einer Abweichung vom Kläger nicht erkennbar gemacht worden.

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2. a) Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ferner auch dann zuzulassen, wenn die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) greifbar gesetzwidrig ist. Die Annahme einer greifbar gesetzwidrigen Entscheidung muss aber auf ganz ungewöhnliche Fallgestaltungen beschränkt bleiben. So kann eine greifbare Gesetzwidrigkeit bejaht werden, wenn eine Entscheidung jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt, auf einer Gesetzesauslegung beruht, die offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widerspricht und die eine Gesetzesanwendung zur Folge hat, die durch das Gesetz ersichtlich ausgeschlossen werden sollte, oder wenn das FG eine offensichtlich einschlägige entscheidungserhebliche Vorschrift übersehen hat oder eine solche Vorschrift völlig unvertretbar ausgelegt hat. Nur in solchen Fällen beruht das angegriffene Urteil auf einem gravierenden, unerträglichen und außerdem offensichtlichen, d.h. ohne Weiteres erkennbaren Rechtsverstoß. Diese besonderen Umstände sind in der Beschwerdeschrift substantiiert darzulegen, insbesondere der schwerwiegende Fehler, seine Offensichtlichkeit sowie seine Korrekturmöglichkeit im Revisionsverfahren. Unterhalb dieser Schwelle liegende --ggf. auch erhebliche-- Rechtsfehler reichen dagegen nicht aus (BFH-Beschlüsse vom 1. April 2008 X B 154/04, BFH/NV 2008, 1116; vom 16. Mai 2012 IV B 48/11, BFH/NV 2012, 1462; vom 12. November 2012 III B 186/11, BFH/NV 2013, 236; vom 19. November 2013 IX B 79/13, juris).

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b) Besondere Gründe im vorstehend beschriebenen Sinn werden in der umfangreichen Beschwerdeschrift an keiner Stelle angeführt. Das Vorbringen des Klägers erschöpft sich vielmehr darin, die vom FG vorgenommene Würdigung der vom Kläger über eine Internetauktionsplattform getätigten Verkäufe als Gewerbebetrieb i.S. des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG als rechtlich unzutreffend darzustellen. Dies genügt für die Revisionszulassung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO aber gerade nicht. Im Übrigen bleibt anzumerken, dass sich die vom FG gegebene Begründung ersichtlich an den in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG niedergelegten Merkmalen und der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung orientiert. Sie kann sachlich ohne Weiteres nachvollzogen werden und ist somit nicht willkürlich.

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Die umfangreichen Angriffe des Klägers gegen die instanzgerichtliche Tatsachenwürdigung und die Rechtsrichtigkeit des finanzgerichtlichen Urteils können als solche der Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht zum Erfolg verhelfen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 22. März 2011 X B 151/10, BFH/NV 2011, 1165; vom 21. Mai 2013 III B 131/12, BFH/NV 2013, 1270).

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3. Soweit in der Beschwerde wiederholt auch die Verletzung von Verfahrensvorschriften (u.a. Verstöße gegen § 76 Abs. 1, § 96 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 FGO) geltend gemacht wird, entspricht sie den Anforderungen zur Darlegung der jeweiligen Verfahrensrügen durchweg nicht (vgl. im Einzelnen zur Sachaufklärungsrüge z.B. BFH-Beschlüsse vom 25. Juni 2002 X B 199/01, BFH/NV 2002, 1332; vom 13. Dezember 2001 II B 46/00, BFH/NV 2002, 654; vom 19. Januar 2006 VIII B 84/05, BFH/NV 2006, 803; zur Gehörsrüge z.B. BFH-Beschluss vom 5. August 2004 II B 159/02, BFH/NV 2004, 1665; zur Rüge einer Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO z.B. BFH-Beschluss vom 30. Oktober 2012 III B 151/11, BFH/NV 2013, 396).

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4. Auch mit den Einwendungen gegen die vom FG getroffene Kostenentscheidung kann der Kläger nicht durchdringen.

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a) Nach § 145 FGO ist die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Aus dieser Vorschrift folgt, dass die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage, die sich nur im Hinblick auf die Kostenentscheidung stellt, oder eines der sonstigen Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO, der allein die Kostenentscheidung betrifft, nicht zuzulassen ist (BFH-Beschlüsse vom 18. März 1994 III B 543/90, BFHE 173, 506, BStBl II 1994, 473; vom 24. Oktober 1995 III B 169/95, BFH/NV 1996, 430, m.w.N.). Die Rüge einer fehlerhaften Kostenentscheidung kann damit nicht zur Zulassung der Revision führen, wenn der Nichtzulassungsbeschwerde in der Hauptsache der Erfolg zu versagen ist oder in Bezug auf die Hauptsache keine Zulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 FGO geltend gemacht werden (BFH-Beschluss vom 28. Februar 2012 III B 55/10, BFH/NV 2012, 972, m.w.N.).

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b) Das FG hat dem Kläger, auch soweit er obsiegt hat, die Kosten gemäß § 137 Satz 1 FGO auferlegt. Da im Hinblick auf die Hauptsacheentscheidung eine Revisionszulassung nach den unter II.1. bis 3. der Gründe dieses Beschlusses gemachten Ausführungen nicht in Betracht kommt, kann die Rüge, das FG habe § 137 FGO unzutreffend angewandt, der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Abgesehen davon werden im Hinblick auf die Kostenentscheidung in der Beschwerdeschrift keine Revisionszulassungsgründe genannt. Dort wird allein die --vermeintliche-- Unrichtigkeit der Kostenentscheidung dargetan. Die Nichtzulassungsbeschwerde dient aber nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Entscheidungen zu gewährleisten.

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5. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weitergehenden Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.