Entscheidungsdatum: 28.02.2012
1. NV: Die Revision ist nicht zuzulassen, wenn Zulassungsgründe nur im Hinblick auf die vom FG getroffene Kostenentscheidung gegeben sind.
2. NV: Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist dagegen nicht ausgeschlossen bei solchen Verfahren, deren Gegenstand in der Hauptsache Kosten sind, wie etwa Klageverfahren wegen der Erstattung der Vorverfahrenskosten in Kindergeldangelegenheiten.
I. Nach einer Außenprüfung änderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) diverse Steuerfestsetzungen. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) legten rechtzeitig Einspruch ein. Ihren zugleich gestellten Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) entsprach das FA jeweils in vollem Umfang. Die Aussetzungsverfügungen wurden der damaligen Vertreterin der Kläger, einer Steuerberaterin, bekannt gegeben. Durch ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten ließen die Kläger Einspruch gegen die Aussetzungsverfügungen einlegen. Diesen Einspruch verwarf das FA mit der Begründung als unzulässig, dass die Einspruchsfrist nicht gewahrt und überdies eine Beschwer der Kläger i.S. des § 350 der Abgabenordnung nicht gegeben sei. Das FA fügte seiner Einspruchsentscheidung eine Rechtsbehelfsbelehrung bei, in der es heißt, dass gegen diese Entscheidung Klage erhoben werden könne. Im weiteren Text der Belehrung werden Hinweise zu Form, Frist und den sonstigen Modalitäten der Klageerhebung gegeben.
Die Kläger wandten sich mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 7. Januar 2010 an das Finanzgericht (FG). Im Rubrum des Schriftsatzes ist von "neuer Klage" die Rede. Außerdem ist dort die Formulierung enthalten, dass namens und im Auftrag der Kläger Klage erhoben werde. Es folgt sodann "gemäß § 65 I 2 FGO" die Stellung verschiedener Anträge.
Auf Seiten des FG wurde die Klage zunächst als AdV-Verfahren registriert, worauf die Kläger schriftlich hingewiesen wurden. Nachdem in der Klagebegründung ausgeführt worden war, dass entsprechend der Rechtsmittelbelehrung in der Einspruchsentscheidung Klage erhoben worden sei, und der Prozessbevollmächtigte in einem Telefonat mit der Berichterstatterin des FG die Erfassung des Rechtsbehelfs als Klage ausdrücklich als richtig bestätigt hatte, wurde ein Klageverfahren durchgeführt, das mit dem angegriffenen Prozessurteil beendet wurde. Die ausgesprochene Abweisung der Klage begründete das FG damit, dass nach § 69 Abs. 7 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Klage wegen AdV unstatthaft sei. Die Kosten legte es den Klägern gemäß § 135 Abs. 1 FGO auf. Von der Anwendung des § 137 Satz 2 FGO, wonach Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, diesem auferlegt werden können, sah das FG mit der Begründung ab, dass die unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung zwar als ein solches Verschulden zu werten sei. Doch hätten die Kläger trotz des gerichtlichen Hinweises die unzulässige Klage ausdrücklich weiter aufrechterhalten.
Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Nach § 145 FGO ist die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Aus dieser Vorschrift folgt, dass die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage, die sich nur im Hinblick auf die Kostenentscheidung stellt, oder eines der sonstigen Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO, der allein die Kostenentscheidung betrifft, nicht zuzulassen ist (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. März 1994 III B 543/90, BFHE 173, 506, BStBl II 1994, 473; vom 24. Oktober 1995 III B 169/95, BFH/NV 1996, 430, m.w.N.). Die Rüge einer fehlerhaften Kostenentscheidung kann damit nicht zur Zulassung der Revision führen, wenn der Nichtzulassungsbeschwerde in der Hauptsache der Erfolg zu versagen ist oder in Bezug auf die Hauptsache gar keine Zulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 FGO geltend gemacht werden (BFH-Beschlüsse in BFHE 173, 506, BStBl II 1994, 473, und in BFH/NV 1996, 430). Die Regelung in § 128 Abs. 4 FGO, wonach in Streitigkeiten über Kosten zwar die Beschwerde ausgeschlossen ist, nicht jedoch die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, ändert daran nichts. Denn die genannte Vorschrift hat nur Bedeutung für Verfahren, deren Gegenstand in der Hauptsache Kosten sind (BFH-Beschluss in BFH/NV 1996, 430), wie etwa Klageverfahren wegen der Erstattung der Vorverfahrenskosten in Kindergeldangelegenheiten gemäß § 77 des Einkommensteuergesetzes (hierzu Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 77 Rz 7; zur Klageart vgl. z.B. Urteil des FG Nürnberg vom 21. Oktober 2008 7 K 773/2008, Juris).
2. Nach diesen Grundsätzen muss der Nichtzulassungsbeschwerde der Erfolg versagt bleiben.
a) Die Kläger machen in Bezug auf die Hauptsache keinen Revisionszulassungsgrund geltend.
aa) Innerhalb der --im Streitfall verlängerten-- Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde haben die Kläger einen Verstoß gegen § 137 Satz 2 FGO gerügt und dargelegt, dass das FG mit der Nichtanwendung dieser Kostentragungsregelung im Streitfall von bestimmten Entscheidungen anderer FG und des BFH abgewichen sei. In der Beschwerde wird weiter vorgetragen, dass der BFH im Streitfall durchentscheiden und das angegriffene Urteil dahingehend abändern könne, dass die Kosten vom FA zu tragen sind.
Mit diesen Ausführungen haben die Kläger ausschließlich einen Revisionszulassungsgrund in Bezug auf die Kostenentscheidung geltend gemacht. Auch soweit eine rechtsfehlerhafte Umdeutung einer Klage in einen AdV-Antrag gerügt und im Übrigen pauschal behauptet wird, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und dem FG seien zudem Verfahrensfehler unterlaufen, stehen diese Ausführungen allein im Zusammenhang mit der beanstandeten Nichtanwendung des § 137 Satz 2 FGO.
bb) Selbst wenn das außerhalb der Begründungsfrist beim BFH eingegangene weitere Beschwerdevorbringen zu berücksichtigen wäre, könnte die Revision nicht zugelassen werden. Denn es fehlt auch dann noch an einem Revisionszulassungsgrund in Bezug auf die Hauptsache.
(1) Das FG hat in der Hauptsache die Klage als unzulässig abgewiesen, weil eine Klage wegen AdV nach § 69 Abs. 7 FGO nicht statthaft ist. Die Kläger erheben diesbezüglich die Rüge, das FG habe "eine klare und eindeutige Klageerhebung gegen allen bisherigen Auslegungsregeln einfach in einen Aussetzungsantrag umgedeutet". Für diese Umdeutung sei kein Raum gewesen, zumal die eindeutige Erklärung von einem Angehörigen der rechtsberatenden Berufe gestammt habe. Das FG sei demnach von Entscheidungen des BFH abgewichen.
(2) Eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ist damit in Bezug auf die Hauptsacheentscheidung des FG weder in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt worden noch liegt eine solche Abweichung tatsächlich vor. Es fehlt offenkundig an der Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage, in der das FG von Entscheidungen anderer Gerichte abgewichen sein soll. Denn das FG hat die Umdeutung der Klage in einen AdV-Antrag zu Beginn des erstinstanzlichen Verfahrens lediglich erwogen. Tatsächlich hat es dann dem eindeutig geäußerten Willen der Kläger entsprechend im Urteil über eine Klage entschieden. Die Frage der Umdeutung wäre ersichtlich nur im umgekehrten Fall entscheidungserheblich gewesen, in dem ein Gericht einen statthaften AdV-Antrag entgegen den anerkannten Rechtsgrundsätzen zur Auslegung von Prozesserklärungen als eine gemäß § 69 Abs. 7 FGO unstatthafte Klage behandelt.
(3) Im Streitfall hat das FG ausschließlich in Bezug auf die Kostenentscheidung zum Nachteil der Kläger gewürdigt, dass diese gewissermaßen das "Angebot" des FG, die unstatthafte Klage in einen statthaften AdV-Antrag umzudeuten, nicht "angenommen" haben. Nach Auffassung des FG war damit die Kausalität des Verschuldens des FA --die Erteilung einer fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung-- für die Entstehung der Kosten nicht mehr gegeben und die Anwendung des § 137 Satz 2 FGO hatte zu unterbleiben.
b) Die Rügen betreffen im Übrigen ausschließlich die vom FG getroffene Kostengrundentscheidung, die auf der Nichtanwendung des § 137 Satz 2 FGO beruht. Der Zulassung der Revision wegen einer solchen Nebenentscheidung steht § 145 FGO aber entgegen.