Entscheidungsdatum: 19.11.2013
1. NV: Ein Verfahrensfehler i.S. von § 119 Nr. 6 FGO setzt voraus, dass Urteilsgründe überhaupt fehlen oder dass das FG eine lediglich formelhafte Begründung für seine Entscheidung gibt, die seine maßgeblichen Feststellungen und Erwägungen nicht erkennen lässt.
2. NV: Einwendungen gegen die Richtigkeit des Tatbestands eines FG-Urteils können nicht als Verfahrensmangel nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gerügt werden.
3. NV: Eine Urteilsausfertigung erfordert keine Originalunterschrift der Richter.
4. NV: Die Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und Divergenz können nicht schlüssig mit in der Entscheidung gestellten abstrakten Rechtsfragen dargelegt werden, die im Kern gegen die Würdigung des FG im Einzelfall abzielen.
5. NV: Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des finanzgerichtlichen Urteils, insbesondere auch gegen die Beweiswürdigung des FG, können die Revisionszulassung nicht rechtfertigen.
Die innerhalb der maßgeblichen Jahresfrist (§ 55 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) eingelegte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Finanzgericht (FG) hat nicht verfahrensfehlerhaft entschieden (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
a) Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) rügt zu Unrecht, das finanzgerichtliche Urteil sei (zum Teil) nicht mit Gründen versehen (§ 119 Nr. 6 FGO). Ein solcher Verfahrensmangel liegt nur dann vor, wenn die Urteilsgründe ganz oder zum Teil fehlen und sie dem Prozessbeteiligten keine Kenntnis darüber vermitteln, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Urteil beruht. Dies erfordert nicht, dass jedes Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen erörtert werden müsste; vielmehr liegt ein Verfahrensmangel i.S. von § 119 Nr. 6 FGO erst dann vor, wenn den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Dagegen ist ein dahin gehender Verfahrensmangel nicht gegeben, wenn noch zu erkennen ist, welche Überlegungen für das Gericht maßgeblich waren (ständige Rechtsprechung, Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. April 2013 VIII R 4/10, BFHE 241, 42, BStBl II 2013, 615, m.w.N.). Richten sich die Einwendungen des Beschwerdeführers lediglich dagegen, dass das FG nicht auf Einzelheiten des Sachverhalts eingegangen sei und sich nicht ausreichend mit seinen rechtlichen Argumenten auseinandergesetzt habe, die Urteilsbegründung also nur lückenhaft, unzulänglich oder nicht überzeugend sei, ist ein Verfahrensfehler nicht gegeben (BFH-Beschluss vom 4. April 2003 V B 145/02, BFH/NV 2003, 1096). Hiervon ist im Streitfall auszugehen. Es fehlt nicht etwa jegliche Begründung, auch hat das FG nicht nur inhaltslose oder unverständliche Wendungen niedergeschrieben, die nicht erkennen ließen, von welchen Erwägungen es ausgegangen ist und die eine Überprüfung seines Rechtsstandpunkts nicht ermöglichen würden. Insoweit kann dahinstehen, ob die Begründung des Urteils inhaltlich angreifbar wäre (BFH-Beschluss vom 18. Juni 2003 I B 173/02, BFH/NV 2004, 491). Von einem Begründungsmangel ist insbesondere auch insoweit nicht auszugehen, als das FG den objektiven und subjektiven Tatbestand einer Steuerhinterziehung bejaht. Es setzt sich auch im Detail mit Einzelheiten des Vorsatzes des Klägers auseinander. Dabei wird nicht lediglich auf die Prüfung der Steuerbarkeit seines Handelns verwiesen, sondern es werden einzelne Anhaltspunkte detailliert gewürdigt. Insoweit liegt keine bloß floskelhafte Begründung vor, wenngleich das FG mehrmals das Wort "offensichtlich" verwendet.
Nicht zu beanstanden ist es auch, dass das FG einen Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) wörtlich zitiert, aber seinem Urteil nicht beigefügt hat. Ein Urteil ist wegen eines Zitats eines anderen Urteils nur dann nicht mit Gründen versehen, wenn es anstelle von Entscheidungsgründen auf eine nicht zwischen den Beteiligten ergangene andere Entscheidung verweist und hierfür nur die Fundstelle in einer Fachzeitschrift angibt, ohne diese Entscheidung als Anlage dem Urteil beizufügen (BFH-Urteil vom 14. Mai 1992 V R 96/90, BFHE 168, 306, BStBl II 1992, 1040). Vorliegend können die Beteiligten angesichts des wörtlichen Zitats den Inhalt der Überlegungen des FG, die es aus dem anderen Judikat übernimmt, aber gerade nachvollziehen. Es geht nicht um eine begründungsersetzende Verweisung. Gleiches gilt für das ebenfalls zitierte OLG München.
b) Verfahrensfehler ergeben sich auch nicht daraus, dass das FG das schriftliche Protokoll zur Klägeranhörung und Zeugenvernehmung erst am 17. Mai 2013 erstellt hat, während das Urteil schon am 2. Mai 2013 zugestellt wurde. Allein daraus, dass die Inhalte dieses Protokolls bis dahin dem Gericht für die Urteilserstellung lediglich auf Tonträger, nicht aber schriftlich vorlagen, ist nicht zu folgern, dass das FG nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens in seine Urteilsfindung einbezogen und gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen hätte (§ 96 Abs. 1 FGO).
c) Auch dass das Gericht nicht jedem Umstand, den es in dem fast 50-seitigen Tatbestand seines Urteils genannt hat, in seiner Begründung wörtlich nachgegangen ist, führt nicht zu einem Verfahrensfehler. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Gericht gerade die im Tatbestand genannten Umstände zur Kenntnis genommen und erwogen hat. Konkrete Anhaltspunkte, dass dies nicht der Fall wäre, sind nicht ersichtlich. Sie ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass das FG in seiner gesamten Sachverhaltswürdigung zu einem anderen Ergebnis als dem vom Kläger gewollten gekommen ist. Anders als der Kläger meint, hat das FG nicht einen anderen als sich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens ergebenden Sachverhalt, d.h. einen verkürzten Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Vielmehr hat es das Gesamtergebnis des Verfahrens mit einem anderen Ergebnis als dem vom Kläger gewünschten gewürdigt. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Glaubhaftigkeit der Ausführungen des Klägers im Rahmen seiner Vernehmung.
d) Seine Einwendungen gegen die Richtigkeit des im FG-Urteil festgestellten Tatbestands kann der Kläger nicht als Verfahrensmangel nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren rügen, vielmehr ist er insoweit auf den Antrag auf Tatbestandsberichtigung verwiesen (§ 108 FGO; BFH-Beschluss vom 22. April 2013 III B 115/12, BFH/NV 2013, 1114, m.w.N.).
e) Verfahrensfehler ergeben sich schließlich auch nicht daraus, dass die Urteilsausfertigung nicht von den Richtern unterschrieben ist. Vielmehr belegt der Ausfertigungsvermerk des Urkundsbeamten, dass die mitwirkenden Richter das Urteil im Original unterschrieben haben (dazu Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 2. Februar 2012 I ZR 81/10, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2013, 187, m.w.N.). Von einer unzulässigen Ersetzung einer Richterunterschrift kann insoweit nicht ausgegangen werden. Die Urteilsausfertigung erfordert gerade keine Originalunterschrift (BFH-Beschluss vom 8. März 2006 VII B 309/05, BFH/NV 2006, 1317).
2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 1 Nr. 2 2. Alternative FGO) zuzulassen.
Die Nichtzulassungsbeschwerde formuliert keinen abstrakten Rechtssatz, den das FG im Widerspruch zu einem anderen konkreten Judikat seiner Entscheidung zugrunde gelegt hätte. Vielmehr zielt die insoweit vom Kläger genannte Rechtsfrage ("welche sachverhaltlichen Anforderungen im Einzelfall ... im Besteuerungsverfahren und im Änderungsverfahren ... bei einem strafverfolgungs- und lange festsetzungsverjährten Veranlagungszeitraum an die Voraussetzungen und Nachweise für eine objektive und subjektive Steuerverkürzung durch Unterlassen gestellt werden müssen, ...") gegen die Sachverhaltswürdigung im Einzelfall. Demgegenüber wären zur schlüssigen Darlegung einer Divergenz die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung und vermeintlicher Divergenzentscheidungen so herauszuarbeiten und gegenüberzustellen gewesen, dass eine Abweichung im Grundsätzlichen erkennbar geworden wäre.
Soweit der Kläger vorträgt, das finanzgerichtliche Urteil sei nicht durch ausreichende Tatsachenfeststellungen getragen, insbesondere, was die Wertlosigkeit der streitgegenständlichen Optionsscheine betrifft, so wendet er sich in der Sache gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit der finanzgerichtlichen Entscheidung. Macht aber der Beschwerdeführer im Kern Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend, so wird damit keiner der in der FGO abschließend geregelten Zulassungsgründe dargetan.
Es ist auch nicht davon auszugehen, dass das Urteil in willkürlicher Weise materiell rechtswidrig wäre und deshalb das Vertrauen in die Rechtsprechung nachhaltig stören würde. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ist die Revision zur Sicherung der Rechtseinheit zwar auch dann zuzulassen, wenn die angefochtene Entscheidung des FG in einem solchen Maß fehlerhaft ist, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur wiederhergestellt werden könnte (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. März 2010 X B 118/09, BFH/NV 2010, 1277, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist erfüllt bei einem offensichtlichen materiellen oder formellen Rechtsfehler von erheblichem Gewicht, der die Entscheidung der Vorinstanz als willkürlich oder greifbar gesetzwidrig erscheinen lässt. Vorliegen kann dies etwa, wenn das FG eine offensichtlich einschlägige entscheidungserhebliche Vorschrift übersehen hat, das Urteil jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht. Ferner kann ein gravierender Rechtsanwendungsfehler auch vorliegen, wenn das FG bei der Auslegung einer Willenserklärung anerkannte Auslegungsgrundsätze in einem Maße außer Acht lässt, dass seine Entscheidung nicht mehr nachvollziehbar erscheint (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 5. Juni 2013 XI B 116/12, BFH/NV 2013, 1640, m.w.N.). Unterhalb dieser Schwelle liegende Rechtsfehler reichen nicht, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar Willkür der angefochtenen Entscheidung zu begründen. Das FG-Urteil enthält solche gravierende Rechtsfehler entgegen der Ansicht des Klägers nicht. Dies gilt insbesondere, soweit das FG die Wertlosigkeit der streitbefangenen Optionsscheine würdigt.
Von einem qualifizierten Rechtsanwendungsfehler ist auch im Hinblick auf § 116 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht auszugehen.
3. Die Rechtssache ist auch nicht grundsätzlich bedeutsam (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Vielmehr zielt auch die insoweit zur Entscheidung gestellte Rechtsfrage, "ob § 155 FGO i.V.m. § 416 der Zivilprozessordnung sowie die zum Urkundsbeweis bei Verträgen ergangene Rechtsprechung des BGH die freie Beweiswürdigung des Gerichts jedenfalls für ein tatrichterliches FG einzuschränken vermag, wenn Zeugenaussagen vorgelegte Urkunden inhaltlich bestätigen," im Kern wiederum gegen die finanzgerichtliche Beweiswürdigung. Eine Revisionszulassung ist auch insoweit nicht gerechtfertigt.
4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz FGO abgesehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.