Entscheidungsdatum: 06.02.2018
Wird eine Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts nach einer Kündigung vor Eintritt der Kündigungswirkung aufgelöst, scheidet der kündigende Gesellschafter, sofern dem Gesellschaftsvertrag nichts anderes entnommen werden kann, nicht aus, sondern verbleibt in der Liquidationsgesellschaft.
Die Revisionen der Klägerinnen gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 23. Dezember 2015 werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu 1 2/5 und die Klägerin zu 2 3/5.
Von Rechts wegen
Die Klägerinnen beteiligten sich jeweils im Oktober 1992 an der Beklagten, einer Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie beanspruchen nach Kündigung ihrer Beteiligungen die Auszahlung einer Abfindung.
Der Gesellschaftsvertrag (GV) der Beklagten enthält in der hier maßgebenden Fassung vom 7. September 2007 u.a. folgende Bestimmungen:
§ 8
Dauer der Gesellschaft, Geschäftsjahr, Ablösung des Treuhänders
1. Die Gesellschaft wird fortgeführt zunächst bis zum 31.12.2013. Sie wird auf unbestimmte Zeit fortgesetzt, falls die Gesellschafter nicht zum 31.12.2013 gem. Ziffer 3 mit einer Mehrheit von 2/3 aller abgegebenen Stimmen etwas anderes beschließen. Für den Fall der Kündigung durch einen Gesellschafter wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern mit den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt.
(…)
3. Die Gesellschafter können jederzeit mit 2/3 aller abgegebenen Stimmen die Liquidation der Gesellschaft bzw. eine Teilliquidation beschließen. (…)
§ 9
Wechsel im Gesellschafterbestand, Kündigung, Abfindungsguthaben
(…)
4. Jeder Gesellschafter kann seine Beteiligung an der Gesellschaft mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres, erstmals zum 31.12.2013 ordentlich kündigen und scheidet sodann zu diesem Zeitpunkt aus der Gesellschaft aus.
(…)
6. Durch die ordentliche oder außerordentliche Kündigung bzw. einen Ausschluss durch den Geschäftsführer gemäß Ziffer 3 wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern zwischen den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt, falls diese nicht binnen drei Monaten mit einer Mehrheit von 2/3 aller abgegebenen Stimmen etwas anderes beschließen.
(…)
Der ausscheidende Gesellschafter erhält von der Gesellschaft ein Abfindungsguthaben, das sich unter Berücksichtigung anteiliger stiller Reserven jeweils zum Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres wie folgt errechnet:
a) Verkehrswert von Grundstück und Gebäude (der Verkehrswert wird anhand eines Verkehrswertgutachtens ermittelt, das bei Bedarf einzuholen ist und dem 3 Jahre Gültigkeit zugeordnet werden).
b) Zuzüglich stiller Reserven.
c) Abzüglich anteiliger auf den Gesellschafter entfallender Schulden der Gesellschaft sowie abzüglich der zur Ablösung aller durch den Gesellschafter aufgenommenen Fremdmittel erforderlichen Beträge, soweit für solche Fremdmittel noch eine dingliche oder sonstige Mithaftung des Gesellschaftsvermögens besteht.
(…)
Die Klägerinnen erklärten mit Schreiben vom 19. Februar 2013 (Klägerin zu 2) und vom 20. Mai 2013 (Klägerin zu 1) die Kündigung ihrer Gesellschaftsbeteiligungen zum 31. Dezember 2013.
In der Gesellschafterversammlung vom 6. September 2013 beschlossen die Gesellschafter mit einer Mehrheit von rund 89 % der Anwesenden "gemäß § 8 Ziffer 3 des Gesellschaftsvertrags" die Liquidation der Gesellschaft. Ferner beschlossen sie eine Ausschüttung i.H.v. 500.000 €. Zuvor hatte die Fondsgeschäftsführung mitgeteilt, es sei eine freie Liquidität von 645.644,50 € vorhanden und bei einer Auflösung der Gesellschaft müssten die 58 Gesellschafter mit einer Beteiligung von insgesamt rund 7,4 %, die zum 31. Dezember 2013 gekündigt hätten, nicht - mit einem Betrag von insgesamt 564.126,07 € - gesondert abgefunden werden, da sie Mitglieder der Liquidationsgesellschaft blieben. Das zum Zeitpunkt der Versammlung vom 6. September 2013 aktuell vorliegende Verkehrswertgutachten vom 4. April 2012 ergab zum 31. Dezember 2012 einen Wert der Fondsimmobilie von 7.650.000 €. Dieser Wert lag der Berechnung des den Gesellschaftern informationshalber mitgeteilten Gesamtabfindungsbetrags von 564.126,07 € zugrunde.
Die Klägerinnen verlangen die Zahlung ihrer Abfindung. Da sie sich wegen zwischenzeitlicher Veränderungen des Gesellschafterbestands über die Höhe ihres aktuellen Gesellschaftsanteils im Unklaren sind, haben sie Mindestbeträge errechnet und von der Beklagten weitergehende Auskunft verlangt, um die genaue Höhe ihres jeweiligen Anteils berechnen zu können.
Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Liquidationsbeschluss stehe dem kündigungsbedingten Ausscheiden der Klägerinnen nicht entgegen, da er nicht innerhalb der nach § 9 Nr. 6 GV maßgebenden Dreimonatsfrist gefasst worden sei. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die auf Zahlung gerichteten Klageanträge abgewiesen. Diese Anträge verfolgen die Klägerinnen mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen weiter.
Die Revisionen haben keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit es die Klage abgewiesen hat, im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Kündigungen der Klägerinnen hätten zum 31. Dezember 2013 nicht mehr wirksam werden können, weil die Gesellschaft bereits am 6. September 2013 durch Gesellschafterbeschluss gemäß § 8 Nr. 3 GV aufgelöst worden sei.
Grundsätzlich sei zwar auch ein Ausscheiden von Gesellschaftern aus der Liquidationsgesellschaft möglich. Dies könne im Regelfall aber nicht durch Kündigung nach den für die werbende Gesellschaft geltenden Regeln geschehen. Ein Austritt im Abwicklungsstadium sei weder gesetzlich vorgesehen noch wäre er nach der gesetzlichen Regelung geeignet, für den ausscheidenden Gesellschafter andere Rechtsfolgen auszulösen als diejenigen, die bei einer Auflösung der Gesellschaft ohnehin einträten. Vielmehr laufe das Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Liquidationsgesellschaft, die durch die anderen Gesellschafter fortgesetzt werde, dem Zweck der Auseinandersetzung zwischen allen Gesellschaftern zuwider. Dies könne, insbesondere wenn die Kündigung einen höheren Abfindungsanspruch verspreche als die Auseinandersetzung, dazu führen, dass in der Liquidation sukzessive sämtliche Gesellschafter kündigen und der Letztverbleibende die Abfindungsansprüche aus dem nicht auskömmlichen Gesellschaftsvermögen befriedigen müsse. Danach sei eine Kündigung nach Auflösung der Gesellschaft nicht statthaft.
Nichts anderes könne gelten, wenn die Kündigung vor Auflösung der Gesellschaft erklärt, aber bis zur Auflösung nicht wirksam werde. Dem werde etwa für die Genossenschaft durch § 65 Abs. 4 GenG Rechnung getragen. Der Rechtsgedanke dieser Regelung könne bei einer Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts analog herangezogen werden.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts komme es auf die Wahrung einer Dreimonatsfrist ab Zugang der Kündigungserklärung nicht an. Die Gesellschafter hätten den Auflösungsbeschluss ausdrücklich nach § 8 Nr. 3 GV gefasst; diese Bestimmung sehe eine solche Frist nicht vor. Im Verhältnis zu § 8 Nr. 3 GV sei § 9 Nr. 6 GV, der eine Beschlussfassung allein durch die nicht kündigenden Gesellschafter regele und nicht notwendig die Auflösung beinhalten müsse, keine speziellere Regelung, die dem Rückgriff auf die allgemeine Auflösungsmöglichkeit entgegenstehe.
Der Auflösungsbeschluss sei auch nicht treupflichtwidrig. Die Klägerinnen hätten durch ihre Kündigungen keine sichere Rechtsposition im Hinblick auf den Abfindungsanspruch erlangt. Ein möglicher Nachteil durch den Verweis auf das Auseinandersetzungsguthaben statt des Abfindungsanspruchs sei ihnen aufgrund der gesellschafterlichen Treuepflicht zuzumuten.
II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand. Die Klägerinnen können keine Abfindung beanspruchen, da der Liquidationsbeschluss vom 6. September 2013 ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft entgegensteht.
1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Liquidation der Beklagten wirksam gemäß § 8 Nr. 3 GV beschlossen wurde.
a) Nach § 8 Nr. 3 GV können die Gesellschafter jederzeit mit 2/3 aller abgegebenen Stimmen die Liquidation der Gesellschaft beschließen. Die danach erforderliche Mehrheit ist bei der Abstimmung am 6. September 2013 erreicht worden.
Der formalen Wirksamkeit des Auflösungsbeschlusses steht auch die Regelung in § 9 Nr. 6 Abs. 1 GV nicht entgegen. Danach wird die Gesellschaft durch eine ordentliche Kündigung nicht aufgelöst, sondern zwischen den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt, falls diese nicht binnen drei Monaten mit einer Mehrheit von 2/3 aller abgegebenen Stimmen etwas anderes beschließen.
Nach dem Gesellschaftsvertrag, den der Senat selbst auslegen kann, hindert diese Regelung die Fassung eines Liquidationsbeschlusses nach § 8 Nr. 3 GV auch nach Ablauf der Dreimonatsfrist nicht. § 9 Nr. 6 Abs. 1 GV ist gegenüber § 8 Nr. 3 GV keine speziellere und vorrangige Regelung für den Fall, dass eine Kündigung erklärt wurde, die ihre Wirkung noch nicht entfaltet hat. Sie schließt die Anwendung von § 8 Nr. 3 GV - einschließlich möglicher Auswirkungen auf bereits erklärte Kündigungen - nicht aus und engt sie auch nicht auf Fälle ein, in denen zugleich die Voraussetzungen von § 9 Nr. 6 Abs. 1 GV vorliegen.
Die beiden Bestimmungen unterscheiden sich, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, maßgebend durch den Kreis der jeweils zur Abstimmung berufenen Gesellschafter. Während an der Beschlussfassung gemäß § 8 Nr. 3 GV alle Gesellschafter teilnehmen können einschließlich derjenigen, die bereits die Kündigung erklärt haben, aber noch nicht ausgeschieden sind, wird die Entscheidung gemäß § 9 Nr. 6 Abs. 1 GV lediglich von den übrigen Gesellschaftern ohne Mitwirkung der Kündigenden getroffen. Damit erhalten die Gesellschafter, die nicht gekündigt haben, die Möglichkeit, der Kündigung eines oder mehrerer anderer Gesellschafter Auflösungswirkung beizulegen mit der Folge, dass sie nicht gezwungen sind, die Gesellschaft einstweilen mit einem gegebenenfalls stark verminderten Gesellschafterbestand fortzuführen. Diese Option gewinnt erhebliche praktische Bedeutung, wenn ein beträchtlicher Teil der Gesellschafter kündigt und die übrigen Gesellschafter die für einen Beschluss nach § 8 Nr. 3 GV erforderliche Mehrheit absehbar nicht erreichen können. Der damit umrissene Schutzzweck des § 9 Nr. 6 Abs. 1 GV erfordert indes keine Einengung des Anwendungsbereichs von § 8 Nr. 3 GV.
b) Das Berufungsgericht hat auch die materielle Wirksamkeit des Liquidationsbeschlusses ohne Rechtsfehler bejaht.
Soweit die Revision geltend macht, den Klägerinnen sei ein unentziehbares Recht auf Abfindung erwachsen, betrifft dies nicht die Wirksamkeit des Liquidationsbeschlusses als solche, sondern die Auswirkungen, die einem solchen Beschluss im Hinblick auf zuvor ausgesprochene Kündigungen unter Berücksichtigung der gesellschafterlichen Treuepflicht beizulegen sind. Über die Wirkung der vorliegenden Kündigungen haben die Gesellschafter keine unmittelbare Entscheidung getroffen, mag diese Frage auch im Vorfeld der Abstimmung angesprochen und einer rechtlichen Bewertung unterzogen worden sein.
Der weitere Einwand der Revision, der Auflösungsbeschluss sei nur gefasst worden, um die anstehenden Abfindungen nicht zahlen zu müssen, eine Liquidation sei demnach in Wahrheit nicht beabsichtigt gewesen, findet in den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts keine Grundlage. Die Revision zeigt auch nicht auf, dass das Berufungsgericht insoweit schlüssigen Vortrag verfahrenswidrig übergangen habe. Der Umstand allein, dass für die Gesellschafter, die die Liquidation befürwortet haben, auch die Vorstellung leitend gewesen sein kann, die Auflösung führe aus Rechtsgründen zum Verbleib der kündigenden Gesellschafter in der Liquidationsgesellschaft, genügt nicht für die Annahme eines treuwidrigen Missbrauchs der Mehrheitsmacht, wenn ungeachtet dessen von einer ernsthaften, dem nunmehr geänderten Gesellschaftszweck entsprechenden Liquidationsabsicht auszugehen ist.
2. Der am 6. September 2013 wirksam gefasste Auflösungsbeschluss hatte zur Folge, dass die Kündigungen der Klägerinnen nicht mehr zu deren Ausscheiden aus der nunmehr in Liquidation befindlichen Gesellschaft führten.
a) Dies ergibt sich entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts allerdings nicht schon aus einer analogen Anwendung von § 65 Abs. 4 GenG auf Publikumsgesellschaften bürgerlichen Rechts.
Nach § 65 Abs. 4 Satz 1 GenG endet die Mitgliedschaft nicht, wenn die Genossenschaft vor dem Zeitpunkt, zu dem die Kündigung wirksam geworden wäre, aufgelöst wird. Diese Bestimmung ist Teil einer Gesamtregelung des Verhältnisses von Kündigung und Auflösung im Genossenschaftsrecht. Nach § 75 GenG bleibt die Mitgliedschaft eines kündigenden Genossen sogar dann bestehen, wenn erst nach dem (vorläufigen) Ausscheiden innerhalb von sechs Monaten die Auflösung beschlossen wird.
Eine entsprechende Anwendung dieser Gesamtregelung auf Publikumsgesellschaften bürgerlichen Rechts kommt nicht in Betracht. Auch eine auf § 65 Abs. 4 Satz 1 GenG beschränkte Analogie lässt sich nicht rechtfertigen. Der Gesetzgeber hat die Genossenschaften einem detaillierten und weitgehend unabdingbaren (§ 18 Satz 2 GenG) Regelwerk unterworfen, das auf andere, stärker durch den Grundsatz der Vertragsfreiheit geprägte Gesellschaftsformen grundsätzlich nicht, auch nicht teilweise, übertragen werden kann. Zudem enthält § 73 GenG besondere Bestimmungen zur Auseinandersetzung mit einem ausgeschiedenen Mitglied und der Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens, während abweichend davon der aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts Ausscheidende grundsätzlich so zu stellen ist, wie er im Fall der Auseinandersetzung nach Auflösung der Gesellschaft stehen würde (§ 738 Abs. 1 BGB).
b) Der Auflösungsbeschluss hat die mit den Kündigungen angestrebte Wirkung des Ausscheidens und die damit verbundene Begründung eines Abfindungsanspruchs gleichwohl entfallen lassen, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat.
Ein kündigungsbedingtes Ausscheiden aus einer werbenden Gesellschaft, wie es die hier vereinbarte Fortsetzungsklausel (§ 9 Nr. 6 GV, s.a. § 8 Nr. 1 Satz 3 GV) vorsieht, dient in Abgrenzung zu der nach dem Gesetz an sich eintretenden Auflösungswirkung der Fortführung der Gesellschaft unter den verbleibenden Mitgliedern. Angesichts dessen verliert die Ausscheidenswirkung einer Kündigung im Regelfall ihren Geltungsgrund durch die mit einem Auflösungsbeschluss eintretende Änderung des Gesellschaftszwecks, welcher anstelle auf eine Fortführung der Unternehmung nunmehr auf die Liquidation der Gesellschaft und die anteilsgemäße Beteiligung der Gesellschafter am Liquidationserlös gerichtet ist.
aa) Der Senat hat für eine Publikums-Kommanditgesellschaft bereits entschieden, dass eine Kündigung der Beteiligung aus wichtigem Grund, etwa wegen arglistiger Täuschung, in der Liquidation der Gesellschaft ausgeschlossen ist (BGH, Urteil vom 11. Dezember 1978 - II ZR 41/78, WM 1979, 160, 161 = NJW 1979, 765; Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 347; Urteil vom 28. Juni 2004 - II ZR 373/00, ZIP 2004, 1543, 1544; Urteil vom 30. Januar 2018 - II ZR 95/16, S. 22 unter e)). Er hat dies u.a. damit begründet, dass es das Interesse an der reibungslosen und zügigen Liquidation verbiete, einem einzelnen Gesellschafter ein gesondertes Ausscheiden noch während des Auseinandersetzungsverfahrens zu gestatten.
In einer weiteren, bereits vom Berufungsgericht berücksichtigten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgeführt, dass durch eine Fortsetzungsklausel nach § 736 BGB im Kündigungsfall gerade der Fortbestand der Gesellschaft zwischen den übrigen Teilnehmern gesichert werden soll, und dass die Vorschriften der §§ 736 ff. BGB von dem Weiterbestehen der werbenden Gesellschaft ausgehen. Ein Austritt im Abwicklungsstadium sei weder gesetzlich vorgesehen noch wäre er geeignet, für den ausscheidenden Gesellschafter andere Rechtsfolgen auszulösen als die, die bei einer Auflösung der Gesellschaft ohnehin einträten (BGH, Urteil vom 20. Dezember 1962 - VII ZR 264/60, WM 1963, 728, 730).
Diese Erwägungen gelten grundsätzlich auch für das Zusammentreffen einer Ausscheidenskündigung mit einem während der Kündigungsfrist gefassten und wirksam gewordenen Auflösungsbeschluss. Der Liquidationszweck einerseits und die in § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB geregelte Anbindung des Abfindungsanspruchs an ein fiktives Liquidationsergebnis andererseits schließen jedenfalls bei einer Publikumsgesellschaft das Ausscheiden des kündigenden Gesellschafters und seine gesonderte Abfindung grundsätzlich aus, sofern dem Gesellschaftsvertrag nichts anderes entnommen werden kann.
bb) Dieser Einschätzung steht das von der Revision angeführte Senatsurteil vom 13. Juli 1967 (II ZR 72/67, BGHZ 48, 251) nicht entgegen.
Zwar kann die Gestaltungswirkung einer Kündigung nach deren Erklärung nicht gegen den Willen des Kündigenden durch einen Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter geändert werden (BGH, Urteil vom 13. Juli 1967 - II ZR 72/67, BGHZ 48, 251, 254 f.; MünchKommHGB/K. Schmidt, 4. Aufl., § 132 Rn. 19; Staub/Schäfer, HGB, 5. Aufl., § 132 Rn. 40). Eine unzulässige Änderung der Kündigungswirkung in diesem Sinne liegt aber nicht vor, wenn der auf das Ausscheiden aus einer werbenden Gesellschaft gerichteten Kündigung durch einen während der Kündigungsfrist gefassten Auflösungsbeschluss ihre rechtliche Grundlage genommen wird. Dementsprechend ist für eine Kündigung mit auflösender Wirkung bereits entschieden worden, dass die Kündigung ihre auflösende Kraft verliert, wenn während der Kündigungsfrist ein sofort wirkender Auflösungsgrund eintritt, nach dem sich dann auch weitere gesellschaftsvertraglich vereinbarte Folgen richten (vgl. RGZ 93, 54, 55; 95, 32 f.; MünchKommHGB/K. Schmidt, 4. Aufl., § 132 Rn. 23).
cc) Anders als die Revision meint, erwirbt ein Gesellschafter mit seinem Beitritt auch keine gesicherte Rechtsposition im Sinne einer Anwartschaft auf eine Abfindung anstelle einer Beteiligung an einem etwaigen Auseinandersetzungsguthaben. Vielmehr richtet sich der Abfindungsanspruch, der als solcher erst mit dem Ausscheiden des Gesellschafters entsteht (BGH, Urteil vom 17. Mai 2011 - II ZR 285/09, ZIP 2011, 1359 Rn. 18 mwN), nach dem Gesetz auf das, was der Gesellschafter im Fall der Auseinandersetzung erhalten würde (§ 738 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dementsprechend umfasst die gesicherte Rechtsposition des Gesellschafters einen Anspruch auf Zahlung der Abfindung oder des Auseinandersetzungsguthabens (BGH, Urteil vom 11. Juli 1988 - II ZR 281/87, ZIP 1988, 1545, 1546; Urteil vom 9. März 2000 - IX ZR 355/98, ZIP 2000, 757, 759).
c) Aus dem Gesellschaftsvertrag der Beklagten ergibt sich demgegenüber nicht, dass eine Austrittskündigung hier ausnahmsweise auch dann zum Ausscheiden des kündigenden Gesellschafters führt, wenn die Gesellschaft während der Kündigungsfrist aufgelöst wird.
aa) Die Regelung in § 9 Nr. 6 Abs. 1 GV, die im Kündigungsfall den nicht kündigenden Gesellschaftern die Möglichkeit gibt, binnen drei Monaten die Auflösung der Gesellschaft herbeizuführen, ist insoweit unergiebig. Denn dort wird, wie bereits ausgeführt, eine besondere Gestaltungsmöglichkeit der nicht kündigenden Gesellschafter vorgesehen, aus der sich für das Auflösungsrecht der Gesellschaftergesamtheit, insbesondere dessen Voraussetzungen, Beschränkungen und Tragweite, keine Schlüsse ziehen lassen.
bb) Auch aus den gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen zum Abfindungsanspruch erschließt sich keine vom Regelfall abweichende Kündigungswirkung.
In § 9 Nr. 6 GV ist die Berechnung des Abfindungsanspruchs - unter Berücksichtigung anteiliger stiller Reserven jeweils zum Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres - im Einzelnen geregelt. Grundlage dieser Berechnung ist eine gutachterliche Bewertung der Immobilie, der drei Jahre Gültigkeit zugeordnet werden. Mit diesen Berechnungsvorgaben weicht der Gesellschaftsvertrag von der gesetzlichen Grundregel ab, nach der ein ausscheidender Gesellschafter das beanspruchen kann, was er im Fall der Auseinandersetzung erhalten würde (§ 738 Abs. 1 Satz 2 BGB). Aus diesen Abweichungen ergibt sich aber keine Besserstellung des kündigenden Gesellschafters, die ihm auch im Fall der Auflösung erhalten bleiben müsste.
(1) Um die Fortführung der werbenden Gesellschaft nach dem kündigungsbedingten Ausscheiden eines Gesellschafters zu gewährleisten, werden Abfindungsregelungen nicht selten im Interesse der Kapitalerhaltung restriktiv ausgestaltet. Die vertragliche Abfindung bleibt dann hinter dem Betrag zurück, den der Ausscheidende nach § 738 BGB bzw. im Fall der Liquidation erhalten würde. Diese Schlechterstellung des kündigenden Gesellschafters verliert ihre Geltungsberechtigung, wenn die Gesellschaft nicht weitergeführt, sondern während der Kündigungsfrist aufgelöst wird. Der kündigende Gesellschafter ist dann proportional am Liquidationserlös zu beteiligen (Staub/Schäfer, HGB, 5. Aufl., § 132 Rn. 42; zurückhaltender Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 132 Rn. 21).
(2) Im Streitfall sieht der Gesellschaftsvertrag zwar keine derartigen Abfindungsbeschränkungen im Interesse der Kapitalerhaltung vor. Dem Ausscheidenden werden aber andererseits auch keine Vergünstigungen gewährt, die ihm ihrem Sinn und Zweck nach selbst bei einer Auflösung der Gesellschaft erhalten bleiben müssten. Vielmehr dienen die gesellschaftsvertraglichen Abweichungen von der gesetzlichen Regelung einer vereinfachten, standardisierten und kostengerechten Ermittlung des Abfindungsanspruchs. Das Ausscheiden eines Gesellschafters soll die Gesellschaft nicht mit der Ermittlung eines fiktiven Liquidationswertes belasten und es soll auf bereits vorliegende Bewertungen zurückgegriffen werden können. Dafür werden Ungenauigkeiten, die etwa mit der Verwendung eines bis zu drei Jahre alten Wertgutachtens verbunden sein können, in Kauf genommen.
Auch dieser Vereinfachungszweck entfällt indes vollständig, wenn die Gesellschaft ohnehin liquidiert wird und im Zuge dieses Auseinandersetzungsverfahrens der im rechtlichen Ausgangspunkt maßgebende Betrag ermittelt wird. Ebenso wie dies für eine restriktive Abfindungsregelung anzunehmen ist, ist auch unter den hier vorliegenden Umständen ein Anpassungsbedarf gegeben, wenn die für die Ermittlung eines Abfindungsanspruchs vorgesehenen Berechnungserleichterungen infolge eines vor Ablauf der Kündigungsfrist gefassten Liquidationsbeschlusses ihren Zweck verlieren. Es ist nicht gerechtfertigt, an den mit der vereinfachten Berechnung verbundenen Nachteilen, gleich ob sie sich je nach den konkreten Umständen (mehr oder minder zufällig) zugunsten oder zulasten des kündigenden Gesellschafters auswirken, gleichwohl festzuhalten.
Infolgedessen bleibt es auch unter Berücksichtigung des vorliegenden Gesellschaftsvertrags bei der jedenfalls für Publikumsgesellschaften anzunehmenden allgemeinen Regel, dass die Kündigenden, deren Kündigung vor einem Auflösungsbeschluss noch keine Wirksamkeit erlangt hat, nicht gesondert abzufinden, sondern am Liquidationsverfahren zu beteiligen sind.
3. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen gibt der Streitfall keinen Anlass zur abschließenden Beurteilung der Frage, ob ein Wiederaufleben der durch die Auflösung gehinderten Ausscheidenswirkung oder ein außerordentliches Kündigungsrecht der betroffenen Gesellschafter in Betracht zu ziehen ist, wenn nach dem Auflösungsbeschluss die Liquidation nicht ernsthaft betrieben oder sogar die Fortsetzung der Gesellschaft beschlossen wird.
Drescher |
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Born |
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Sunder |
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B. Grüneberg |
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V. Sander |
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