Entscheidungsdatum: 03.04.2019
Der Antrag der Antragstellerin, ihr Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren zu bewilligen, wird zurückgewiesen.
I. Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für ein Rechtsbeschwerdeverfahren.
Die Antragstellerin wird gesamtschuldnerisch mit P. K. von dem Kläger auf Schadensersatz aufgrund einer Kapitalanlage in Form einer treuhänderischen Kommanditbeteiligung in Anspruch genommen.
Das Berufungsgericht hat der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung im zweiten Rechtszug unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten bewilligt. Es hat die Bewilligung jedoch mit Rücksicht darauf, dass ihr nicht bedürftiger Streitgenosse von demselben Prozessbevollmächtigten vertreten wird, hinsichtlich der Anwaltsgebühren auf die Gebühr nach Nr. 1008 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (sog. Mehrvertretungsgebühr) beschränkt.
Dagegen will sich die Antragstellerin mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wenden, für die sie Prozesskostenhilfe begehrt.
II. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe liegen nicht vor. Die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung ist ohne hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
1. Die Rechtsbeschwerde wäre allerdings statthaft, weil das Berufungsgericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO). Die Regel, dass für ein Prozesskostenhilfeverfahren grundsätzlich keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 - VI ZA 3/09, NJW 2010, 3101 Rn. 3), gilt nicht für eine zugelassene Rechtsbeschwerde in Prozesskostenhilfeverfahren, weil hier eine Vertretung durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt erforderlich ist (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2002 - III ZB 33/02, NJW 2003, 1192; Beschluss vom 25. Februar 2016 - IX ZB 61/15, NJW 2016, 1520 Rn. 12; Beschluss vom 14. Juli 2016 - IX ZA 9/16, ZIP 2016, 1684 Rn. 6).
2. In der Sache hat das Berufungsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht auf die Gebühr nach Nr. 1008 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (sog. Mehrvertretungsgebühr) beschränkt.
a) Mit dieser Entscheidung ist das Berufungsgericht der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 1. März 1993 - II ZR 179/91, NJW 1993, 1715) gefolgt. Nach dieser Rechtsprechung ist, wenn zwei Streitgenossen ein und denselben Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen in einem Rechtsstreit beauftragen, aber nur bei einem von ihnen die persönlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorliegen, die Bewilligung bezüglich der Anwaltsgebühren auf die für diesen Fall im Gesetz (jetzt Nr. 1008 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) vorgesehenen Erhöhungsbeträge zu beschränken.
Der Senat hat die Beschränkung der Bewilligung auf die Erhöhungsbeträge bei Vorhandensein eines finanziell leistungsfähigen Streitgenossen damit begründet, dass nach dem Sinn der §§ 114 ff. ZPO die mittellose Partei für ihre Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung staatliche Hilfe nur in Anspruch nehmen kann, soweit sie aus finanziellen Gründen zur Prozessführung außerstande ist. Der finanziell leistungsfähige Streitgenosse werde hierdurch nicht benachteiligt, weil er nicht mit mehr Kosten belastet wird, als er zu tragen hätte, wenn er den Prozessbevollmächtigten allein beauftragt hätte (BGH, Beschluss vom 1. März 1993 - II ZR 179/91, NJW 1993, 1715; jetzt § 7 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 RVG).
b) Diese Senatsrechtsprechung ist in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum auf Zustimmung (OLG Koblenz, MDR 2001, 1261, 1262; MDR 2004, 1206; OLG Naumburg, OLGR 2004, 175; Bork in Stein/Jonas, 23. Aufl., § 114 Rn. 8; Zöller/Geimer, ZPO, 32. Aufl., § 114 Rn. 7; Saenger/Kießling, ZPO, 7. Aufl., § 114 Rn. 11; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 39. Aufl., § 114 Rn. 11; MünchKommZPO/Wache, 5. Aufl., § 114 Rn. 39; Wax, LM § 114 ZPO Nr. 37), aber auch auf Ablehnung gestoßen (OLG Bamberg, OLGR 2001, 28; Fischer in Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 114 Rn. 3; Fischer, JurBüro 1998, 4; Notthoff, AnwBl 1996, 611; Rönnebeck, NJW 1994, 2273).
c) Der Senat sieht keinen Anlass, seine Rechtsprechung zu ändern.
aa) Prozesskostenhilfe bezweckt die weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (BVerfGE 81, 347, 356 f.; NJW 2014, 1291 mwN). Diesem Zweck wird die Beschränkung auf die Erhöhungsbeträge ohne Weiteres gerecht. Der Prozessbevollmächtigte erhält aufgrund seines Anspruchs gegen den finanziell leistungsfähigen Streitgenossen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 RVG) seine ungeschmälerte Vergütung. Die anwaltliche Vertretung des bedürftigen Streitgenossen wird dadurch sichergestellt.
bb) Weitergehende Angleichungszwecke erfüllt die Prozesskostenhilfe nicht.
(1) Die Beschränkung der Bewilligung auf die Erhöhungsbeträge setzt entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht voraus, dass lediglich diese Beiträge auch vergütungsrechtlich geschuldet seien. Da die Beschränkung - wie gezeigt - prozesskostenhilferechtlich begründet ist, bedarf es eines Gleichlaufs von Prozesskostenhilfebewilligung und Vergütungsanspruch nicht. Der Schutz des bedürftigen Streitgenossen wird schon dadurch bewirkt, dass der Prozessbevollmächtigte, wie generell hinsichtlich seines Anspruchs auf Zahlung der Wahlanwaltsgebühren, gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO an der Geltendmachung seines Vergütungsanspruchs nach § 7 Abs. 2 Satz 1 RVG gehindert ist, solange die Prozesskostenhilfebewilligung fortbesteht (BGH, Beschluss vom 1. März 1993 - II ZR 179/91, NJW 1993, 1715, 1716; OLG Koblenz, MDR 2004, 1206; Wax, LM § 114 ZPO Nr. 37; NJW 1994, 2331, 2334; aA Notthoff, AnwBl 1996, 611, 613; Rönnebeck, NJW 1994, 2273, 2274).
(2) Soweit die Antragstellerin ferner einwendet, dass die auf beide Streitgenossen entfallende Gebührenlast aufgrund von § 7 RVG bereits mit der Beauftragung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten verringert werde, beeinflusst dies die weitergehende Entlastung des finanziell leistungsfähigen Streitgenossen nicht, die bei unbeschränkter Bewilligung von Prozesskosten-hilfe einträte. Diese würde auch durch einen möglichen Gesamtschuldnerausgleich zugunsten der Staatskasse (vgl. OLG München, NJW-RR 1997, 191), auf den die Antragstellerin ergänzend verweist, nicht vollständig ausgeglichen. Ein etwaiger nachträglicher Gesamtschuldnerausgleich zwischen den Streit-genossen, auch ein solcher zugunsten des finanziell leistungsfähigen Streit-genossen (OLG Bamberg, OLGR 2001, 28), ändert im Übrigen nichts daran, dass die anwaltliche Vertretung des bedürftigen Streitgenossen und damit die Prozessführung bereits durch Zubilligung der Erhöhungsbeträge gewährleistet wird (OLG Koblenz, MDR 2001, 1261, 1262; OLG Naumburg, OLGR 2004, 175, 176). Das allgemeine Risiko, nachträglich mit Kosten einer erfolglosen Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung belastet zu werden, kann der bedürftigen Partei, verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG, NJW 1979, 2608, 2609), durch Prozesskostenhilfe nicht abgenommen werden (vgl. § 123 ZPO). Insoweit steht die bedürftige Partei nicht anders als eine nicht auf Prozesskostenhilfe angewiesene Partei, die im Unterliegensfall ebenfalls in der Regel die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
(3) Schließlich führt die Beschränkung der Bewilligung auf die Erhöhungsbeträge auch nicht dazu, dass dem bedürftigen Streitgenossen, sofern er Monatsraten (§ 115 Abs. 2 ZPO) zu leisten hätte, Prozesskostenhilfe in Anwendung von § 115 Abs. 4 ZPO vielfach gänzlich zu versagen sei, wie die Antragstellerin unter Berufung auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (Beschluss vom 9. Juni 2009 - 17 W 108/09, Rn. 10, juris) meint. Diese Folge kann die Beschränkung der Bewilligung auf die Mehrvertretungsgebühr schon deshalb nicht nach sich ziehen, weil die Kosten der Prozessführung in § 115 Abs. 4 ZPO solche sind, die der Antragsteller ohne Bewilligung von Prozesskostenhilfe voraussichtlich noch aufzubringen hätte (vgl. OLG Hamm, NJOZ 2014, 1098; BeckOK ZPO/Reichling, 31. Ed., § 115 Rn. 44; MünchKommZPO/Wache, 5. Aufl., § 115 Rn. 51).
3. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde steht der Ablehnung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht nicht entgegen.
a) Dies wäre nur der Fall, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhinge (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2016 - IX ZA 9/16, ZIP 2016, 1684 Rn. 16; Beschluss vom 15. August 2018 - XII ZB 32/18, MDR 2019, 55 Rn. 5; ferner für den Fall einer zugelassenen Revision BGH, Beschluss vom 11. September 2002 - VIII ZR 235/02, NJW-RR 2003, 130 Rn. 1; Beschluss vom 27. November 2014 - III ZA 19/14, NJW 2015, 1020 Rn. 4 mwN).
b) Die von der Antragstellerin aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht schwierig. Sie ist durch die Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 1. März 1993 - II ZR 179/91, NJW 1993, 1715) auch hinreichend geklärt.
Eine erneute Befassung des Senats ist weder unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Die von dem Berufungsgericht für die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeführten "zahlreichen Abweichungen in der obergerichtlichen Rechtsprechung" bestehen nicht. Die vom Berufungsgericht dafür zum Beleg benannten obergerichtlichen Entscheidungen (OLG Karlsruhe, JurBüro 2012, 593; OLG München, OLGR 1996, 207) begründen keinen Klärungsbedarf. Diese Entscheidungen betreffen Fälle, in denen der bedürftigen Partei Prozesskostenhilfe ohne Beschränkung auf die Mehrvertretungsgebühr bewilligt worden war und die Prozesskostenhilfe erst im anschließenden Festsetzungsverfahren (jetzt § 55 RVG) durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle auf die Erhöhungsbeträge beschränkt wurde. Zu einem solchen Fall verhält sich der Senatsbeschluss vom 1. März 1993 nicht (so zutreffend OLG Karlsruhe, JurBüro 2012, 593, 594; OLG Stuttgart, BeckRS 1996, 09240; MünchKommZPO/Wache, 5. Aufl., § 114 Rn. 7; Notthoff, AnwBl 1996, 611, 612; Rönnebeck, NJW 1994, 2273). Von der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung hat es lediglich das Oberlandesgericht Bamberg (OLGR 2001, 28) abgelehnt, die Prozesskostenhilfebewilligung auf die Mehrvertretungsgebühr zu beschränken. Die vom Oberlandesgericht Bamberg zum Beleg seiner Auffassung angeführte Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, MDR 1997, 1071; OLG Köln, NJW-RR 1999, 725; OLG München, OLGR 1996, 207) betrifft aber wiederum Fälle, in denen Prozesskostenhilfe unbeschränkt bewilligt worden war und erst im anschließenden Festsetzungsverfahren auf die Erhöhungsbeträge beschränkt wurde.
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