Entscheidungsdatum: 01.08.2012
Die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer für ein Fahrzeug, das als Zubehör bereits vor Insolvenzeröffnung durch Anordnung der Zwangsverwaltung über ein Grundstück beschlagnahmt worden war, ist keine Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO und daher nicht gegenüber dem Insolvenzverwalter, sondern gegenüber dem Zwangsverwalter festzusetzen .
I. Das Amtsgericht (AG), Insolvenzgericht, eröffnete mit Beschluss vom 1. April 2007 über das Vermögen des H (Insolvenzschuldner) das Insolvenzverfahren und bestimmte zugleich den Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) zum Insolvenzverwalter.
Bereits mit Beschluss vom 2. Oktober 2006 hatte das AG, Vollstreckungsgericht, die Zwangsverwaltung von im Eigentum des Insolvenzschuldners und dessen Ehefrau stehenden landwirtschaftlichen Grundstücken angeordnet. Als Verwalterin wurde eine Rechtsanwältin bestellt (Zwangsverwalterin). Die Zwangsverwaltung dauerte bis zum 27. Juli 2010 an.
Auf den Insolvenzschuldner war eine in seinem Alleineigentum stehende landwirtschaftliche Zugmaschine zugelassen. Diese Zugmaschine diente den landwirtschaftlichen Grundstücken und stand mit diesen in einem räumlichen Zusammenhang. Sie wurde zu keinem Zeitpunkt vom Kläger im Rahmen der Insolvenzverwaltung für die Insolvenzmasse genutzt.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) ging aufgrund der Insolvenzeröffnung davon aus, dass nunmehr der Kläger Schuldner der Kraftfahrzeugsteuer für die Zugmaschine sei, und setzte ihm gegenüber mit Bescheid vom 23. Mai 2007 Kraftfahrzeugsteuer für die Zugmaschine fest. Nachdem die Zugmaschine am 2. Juli 2007 bei der Zulassungsstelle stillgelegt worden war, erließ das FA am 11. Juli 2007 gegenüber dem Kläger einen nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) geänderten Bescheid und setzte die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 1. April 2007 bis 1. Juli 2007 auf 37 € fest.
Der Einspruch hiergegen blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gab der daraufhin erhobenen Klage statt, änderte den Änderungsbescheid über die Kraftfahrzeugsteuer vom 11. Juli 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Februar 2008 ab und setzte die Kraftfahrzeugsteuer vom 1. April 2007 bis 1. Juli 2007 auf 0 € fest. Zur Begründung führte das FG aus, dass die Zugmaschine als Zubehör dem beschlagnahmten Grundstück gedient habe und daher von der Zwangsverwaltung des Grundstücks umfasst worden sei. Die Verwaltung der Maschine habe der Zwangsverwalterin oblegen und nicht dem Insolvenzverwalter, so dass die Kraftfahrzeugsteuer keine Masseverbindlichkeit sei. Die Zwangsverwalterin habe die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners im Hinblick auf die Zugmaschine erfüllen müssen, so dass der Kraftfahrzeugsteuerbescheid an diese zu richten sei. Nach der der Vorentscheidung beigefügten Rechtsmittelbelehrung war die Revision gegen das Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich beim FG einzulegen. Dementsprechend legte das FA seine Revision fristgerecht beim FG ein. Erst nach Ablauf der einmonatigen Revisionsfrist wurde die Revision dem Bundesfinanzhof (BFH) vorgelegt.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung von § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Nr. 1 KraftStG. Das KraftStG stelle allein auf die zulassungsrechtliche Position als Halter eines Kraftfahrzeugs ab. Der Zwangsverwaltung unterliege nicht die Haltereigenschaft als solche, sondern nur das Fahrzeug als Gegenstand der Zwangsvollstreckung. Auch zur Erfüllung seiner Aufgaben bedürfe der Zwangsverwalter nicht der Rechtsstellung als Fahrzeughalter, da die Nutzung und Verwertung des Fahrzeugs unabhängig von der Haltereigenschaft erfolge. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens werde der Insolvenzverwalter unabhängig davon, ob er das Fahrzeug für die Masse nutzen oder in Besitz nehmen könne, Halter des Kraftfahrzeugs und somit Steuerschuldner der Kraftfahrzeugsteuer. Gegen die Einordnung der Zugmaschine als Zubehör zum landwirtschaftlichen Betrieb des Insolvenzschuldners spreche im Streitfall, dass diese nicht ausschließlich für den Gebrauch in dem landwirtschaftlichen Betrieb, sondern zum Verkehr auf allen öffentlichen Straßen zugelassen gewesen sei.
Das FA beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist zulässig, aber unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer für die Zugmaschine des Insolvenzschuldners nicht gegenüber dem Kläger festzusetzen ist.
1. Das FA hat die Revision fristgerecht eingelegt.
Gemäß § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision beim BFH innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich einzulegen. Nach § 55 Abs. 1 FGO beginnt die Frist für einen Rechtsbehelf nur, wenn der Beteiligte ordnungsgemäß u.a. über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtbehelfs gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO grundsätzlich innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe i.S. des § 54 Abs. 1 FGO zulässig. Der Begriff Rechtsbehelf umfasst auch gerichtliche Rechtsbehelfe, darunter die prozessualen Mittel zur Rechtsverwirklichung im Wege gerichtlicher Verfahren einschließlich Antrag, Klage und Rechtsmittel (BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 IV R 37/09, BFH/NV 2012, 41).
Im Streitfall wurde das FA im Urteil der Vorinstanz unrichtig darüber belehrt, dass die Revision beim FG einzulegen sei. Die Rechtsmittelbelehrung genügte damit nicht den Anforderungen des § 55 Abs. 1 FGO i.V.m. § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO, so dass für die Einlegung der Revision nicht die einmonatige Frist nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO, sondern die Jahresfrist nach § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO lief. Diese hat das FA eingehalten.
2. Zutreffend hat das FG entschieden, dass nicht der Kläger als Insolvenzverwalter, sondern die Zwangsverwalterin richtiger Inhaltsadressat des Bescheids über Kraftfahrzeugsteuer für die Zugmaschine vom 1. April 2007 bis 1. Juli 2007 ist.
a) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht gemäß § 80 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen (§ 35 InsO) zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Dieser hat als Vermögensverwalter gemäß § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners zu erfüllen, soweit seine Verwaltung reicht. Als Vermögensverwalter ist der Insolvenzverwalter Steuerpflichtiger (§ 33 Abs. 1 AO) und richtiger Inhaltsadressat von Steuerbescheiden, mit denen eine Finanzbehörde bestehende Masseverbindlichkeiten geltend macht (BFH-Urteile vom 13. April 2011 II R 49/09, BFHE 234, 97, BStBl II 2011, 944, und vom 8. September 2011 II R 54/10, BFHE 235, 1, BStBl II 2012, 149).
b) Die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer für ein Kraftfahrzeug, das als Zubehör bereits vor Insolvenzeröffnung durch Anordnung der Zwangsverwaltung über ein Grundstück beschlagnahmt worden war, ist keine Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
aa) Masseverbindlichkeiten sind gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Kraftfahrzeugsteuer ist als Abgabenforderung im Sinne der zweiten Tatbestandsalternative des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO den "in anderer Weise" durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse begründeten Verbindlichkeiten zuzuordnen, soweit sie die Insolvenzmasse betrifft. Die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer weist einen Bezug zur Insolvenzmasse auf und ist Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn das Fahrzeug, für dessen Halten die Kraftfahrzeugsteuer geschuldet wird, Teil der Insolvenzmasse ist und der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters unterliegt (BFH-Urteile in BFHE 234, 97, BStBl II 2011, 944, und in BFHE 235, 1, BStBl II 2012, 149).
bb) Ein Kraftfahrzeug, das i.S. der §§ 97 f. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Zubehör eines Grundstücks des Insolvenzschuldners ist und bereits vor Insolvenzeröffnung durch die Anordnung der Zwangsverwaltung über das Grundstück gemäß § 146 Abs. 1 i.V.m. § 20 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) beschlagnahmt worden war, unterfällt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters, sondern unterliegt grundsätzlich weiterhin der Verwaltungs- und Nutzungsbefugnis des Zwangsverwalters. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Vollstreckungsgläubiger zugleich Insolvenzgläubiger ist und die Beschlagnahme im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag stattfand, so dass sie mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 88 InsO unwirksam wird (sog. Rückschlagsperre).
(1) Der Beschluss, durch den die Zwangsverwaltung über ein Grundstück angeordnet wird, gilt zugunsten des Gläubigers als Beschlagnahme des Grundstücks (§ 146 Abs. 1, § 20 Abs. 1 ZVG). Durch die Beschlagnahme, die grundsätzlich in dem Zeitpunkt wirksam wird, in welchem der Beschluss über die Anordnung der Zwangsverwaltung dem Vollstreckungsschuldner zugestellt wird (§ 146 Abs. 1, § 22 Abs. 1 Satz 1 ZVG), werden dem Vollstreckungsschuldner die Verfügungsbefugnis sowie die Befugnis zur Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen (§ 148 Abs. 2 ZVG). Das Recht, das Grundstück zu verwalten und zu benutzen, geht auf den Zwangsverwalter über. Er ist gemäß § 152 ZVG verpflichtet, das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsgemäß zu benutzen. Zwar lässt die Anordnung der Zwangsverwaltung das Eigentumsrecht des Vollstreckungsschuldners an dem Grundstück unberührt. Die Beschlagnahme führt aber dazu, dass der unter Zwangsverwaltung stehende Grundbesitz von dem übrigen Vermögen des Schuldners getrennt wird und ein Sondervermögen bildet, welches den die Zwangsverwaltung betreibenden Vollstreckungsgläubigern zur Sicherung ihres Befriedigungsrechtes zur Verfügung steht (BFH-Urteil vom 29. Januar 2009 V R 67/07, BFHE 225, 172, BStBl II 2009, 1029; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 4. Aufl., § 148 Rz 2; Mohrbutter/Mohrbutter, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 7. Aufl., Rz VIII.82 ff.; Hagemann, in Steiner/Eickmann/Hagemann/Storz/Teufel, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 152 Rz 18; Eickmann, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 1986, 1517, 1519).
(2) Diese Rechtsfolgen gelten gleichermaßen für das Zubehör eines Grundstücks, auf welches sich gemäß § 1120 BGB die Hypothek erstreckt und das deshalb gemäß § 146 Abs. 1 i.V.m. § 20 Abs. 2 ZVG von der Beschlagnahme erfasst wird. Auch Zubehör eines Grundstücks, das im Alleineigentum nur eines von mehreren Grundstückseigentümern (Miteigentum oder Gesamthandseigentum) steht, fällt gemäß § 1120 BGB in den Haftungsverband der Hypothek, da die Hypothek an einem Grundstück das ganze Grundstück belastet und jeder der Eigentümer für die ganze Forderung dinglich haftet (Urteil des Reichsgerichts vom 25. April 1931 V 23/31, RGZ 132, 321; MünchKommBGB/Eickmann, 5. Aufl., § 1120 Rz 36).
Zubehör sind gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 BGB bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteile der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen. Dies sind bei einem Landgut u.a. das zum Wirtschaftsbetrieb bestimmte Gerät und Vieh (§ 98 Nr. 2 BGB). Landgut i.S. von § 98 Nr. 2 BGB sind --in der Regel mehrere-- Grundstücke, die durch ihre gemeinsame Zweckbestimmung zur landwirtschaftlichen Nutzung zusammengefasst werden, einen gemeinsamen Betriebsmittelpunkt mit Wohn- und Betriebsgebäude haben und zum selbständigen Betrieb der Landwirtschaft eingerichtet und geeignet sind (MünchKommBGB/Stresemann, 6. Aufl., § 98 Rz 15). Zum landwirtschaftlichen Betrieb bestimmt sind neben den Maschinen, die der Bodenbearbeitung, der Einbringung des Saatgutes oder der Ernte dienen, auch die Zugmaschinen zu diesen Geräten (Stresemann, a.a.O., § 98 Rz 17). Für die Zubehöreigenschaft einer landwirtschaftlichen Zugmaschine zu einem Landgut ist nicht maßgeblich, ob diese ausschließlich im landwirtschaftlichen Betrieb verwendet wird oder zur Benutzung auf allen öffentlichen Straßen zugelassen ist. Denn auch bei einer Zulassung zur Benutzung auf allen öffentlichen Straßen kann eine landwirtschaftliche Maschine dem Wirtschaftsbetrieb eines Landguts zu dienen bestimmt sein, etwa dann, wenn das Landgut aus mehreren nicht aneinanderliegenden Grundstücken besteht, die nur über öffentliche Straßen erreicht werden können.
(3) Die Verwaltungs- und Nutzungsbefugnis des Zwangsverwalters über das von der Beschlagnahme eines Grundstücks erfasste Zubehör besteht grundsätzlich fort, wenn nach der Beschlagnahme das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners eröffnet wird. Zwar werden das Grundstück und dessen Zubehör aufgrund des fortgeltenden Eigentumsrechts des Vollstreckungsschuldners mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 35 Abs. 1 InsO Teil der Insolvenzmasse. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die im Wege der Zwangsverwaltung bereits beschlagnahmten Sachen geht jedoch nicht auf den Insolvenzverwalter über (vgl. Stöber, Kommentar zum Zwangsversteigerungsgesetz, 19. Aufl., § 152 Rz 3.7).
Dies folgt zunächst aus der Regelung des § 80 Abs. 2 Satz 2 InsO. Danach bleiben die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung von dem Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen auf den Insolvenzverwalter unberührt. § 80 Abs. 2 Satz 2 InsO ist Grundlage dafür, dass eine vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens angeordnete Zwangsverwaltung neben diesem wirksam bleibt (Windel, in Henckel/Gerhardt/Jäger, Insolvenzordnung, Kommentar, § 80 Rz 289).
Auch aus § 153b Abs. 1 ZVG ergibt sich, dass die Insolvenzeröffnung als solche keinen Einfluss auf die fortbestehende Verwaltungs- und Nutzungsbefugnis des Zwangsverwalters über bereits wirksam beschlagnahmte Sachen hat. Gemäß § 153b Abs. 1 ZVG wird nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Antrag des Insolvenzverwalters die einstweilige vollständige oder teilweise Einstellung der Zwangsverwaltung angeordnet, wenn glaubhaft gemacht ist, dass durch die Fortsetzung der Zwangsverwaltung eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Insolvenzmasse wesentlich erschwert wird. Damit ist der Vorrang der Verwaltungsrechte des Insolvenzverwalters vor denen des Zwangsverwalters für den Fall gesetzlich geregelt, dass dies die Verwertungsmöglichkeiten des Schuldnervermögens verbessert (Lwowski/Tetzlaff, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht 1999, 2336, 2337; Mönning/ Zimmermann, Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung --NZI-- 2008, 134, 137 f.; Wenzel, NZI 1999, 101, 103). Mit der einstweiligen Einstellung des Zwangsverwaltungsverfahrens nach § 153b ZVG geht die Verwaltungs- und Benutzungsbefugnis des Zwangsverwalters über die beschlagnahmten Sachen in dem Umfang, den die Einstellung hat, auf den Insolvenzverwalter über (Mönning/Zimmermann, NZI 2008, 134, 139; Stöber, a.a.O., § 153b Rz 4.3 und Rz 7; ders., ZVG-Handbuch, 9. Aufl., Rz 670c). Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass allein die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die fortbestehende Verwaltungs- und Nutzungsbefugnis des Zwangsverwalters über die beschlagnahmten Sachen nicht berührt.
c) Die Kraftfahrzeugsteuer für ein Fahrzeug, das als Zubehör eines Grundstücks vor Insolvenzeröffnung durch Anordnung der Zwangsverwaltung über das Grundstück beschlagnahmt worden war, ist nicht gegenüber dem Insolvenzverwalter, sondern gegenüber dem Zwangsverwalter festzusetzen.
Zwar erfüllt auch nach der Beschlagnahme weiterhin der Insolvenzschuldner, auf den das Fahrzeug zugelassen ist, den steuerrechtlichen Tatbestand des Haltens eines Fahrzeugs i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Nr. 1 KraftStG, so dass er weiterhin Steuerschuldner und Steuerpflichtiger i.S. von § 33 Abs. 1 AO ist. Hierbei ist unschädlich, dass er aufgrund der Beschlagnahme das Fahrzeug nicht mehr nutzen kann. Der steuerrechtliche Tatbestand des Haltens eines Kraftfahrzeugs ist mit der Zulassung des Kraftfahrzeugs erfüllt, unabhängig davon, ob überhaupt oder in welchem Umfang von dem durch die Zulassung eingeräumten Recht, das Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen in Betrieb zu setzen, im Einzelfall tatsächlich Gebrauch gemacht wird (BFH-Beschluss vom 20. April 2006 VII B 332/05, BFH/NV 2006, 1519, und BFH-Urteil in BFHE 235, 1, BStBl II 2012, 149).
Der Zwangsverwalter tritt jedoch insoweit als Vermögensverwalter gemäß § 34 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO neben den Insolvenzschuldner, der zugleich Vollstreckungsschuldner ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 225, 172, BStBl II 2009, 1029). Als Vermögensverwalter hat der Zwangsverwalter die steuerlichen Pflichten zu erfüllen, soweit die Zwangsverwaltung reicht, und daher die aus der Verwaltung des beschlagnahmten Vermögens resultierenden Steuern aus der Zwangsverwaltungsmasse heraus zu erfüllen (Eickmann, ZIP 1986, 1517, 1522 f.; Hagemann, a.a.O., § 152 Rz 22; Stöber, ZVG-Handbuch, Rz 609a). Er hat somit auch die Kraftfahrzeugsteuer für ein seiner Verwaltungs- und Nutzungsbefugnis unterliegendes Kraftfahrzeug zu entrichten.
d) Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall die Kraftfahrzeugsteuer für die landwirtschaftliche Zugmaschine für die Zeit vom 1. April 2007 bis 1. Juli 2007 nicht gegenüber dem Kläger festzusetzen. Es handelt sich hierbei um keine Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
Die im Alleineigentum des Insolvenzschuldners stehende Zugmaschine ist als Zubehör i.S. des § 98 Nr. 2 BGB durch die Anordnung der Zwangsverwaltung vom 2. Oktober 2006 über die im Miteigentum des Insolvenzschuldners stehenden landwirtschaftlichen Grundstücke gemäß § 146 Abs. 1 i.V.m. § 20 Abs. 2 ZVG i.V.m. § 1120 BGB wirksam beschlagnahmt worden. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Insolvenzschuldners wurde die Zugmaschine gemäß § 35 Abs. 1 InsO Teil der Insolvenzmasse. Verwaltungs- und nutzungsbefugt hinsichtlich der Maschine ist dennoch die vom Vollstreckungsgericht eingesetzte Zwangsverwalterin geblieben. Die Voraussetzungen der Rückschlagsperre nach § 88 InsO lagen im Streitfall nicht vor.