Entscheidungsdatum: 11.05.2017
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg - 3. Zivilsenat und Kartellsenat - vom 8. März 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Berufungsantrags zu 1 zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth - 4. Kammer für Handelssachen - vom 14. Januar 2015 teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird über die in Ziffer I 1 des Berufungsurteils enthaltene Verurteilung hinaus unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Kopfhörer in den Verkehr zu bringen, wie beim "G. " oder dem "K. " geschehen, ohne dass diese mit dem Namen und der Kontaktanschrift des Herstellers oder, sofern dieser nicht im Europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist, mit dem Namen und der Kontaktanschrift des Bevollmächtigten oder des Einführers auf dem Verbraucherprodukt oder, sofern dies nicht möglich ist, auf dessen Verpackung gekennzeichnet sind.
Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz und den Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger 1/5 und die Beklagte 4/5 zu tragen. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen
Die Parteien vertreiben über ihre Online-Shops Kopfhörer. Der Kläger erwarb Ende des Jahres 2013 bei einem Testkauf von der Beklagten Kopfhörer der Marke G. , bei denen weder auf dem Produkt noch auf der Verpackung die Kontaktanschrift des Herstellers noch eine sonstige Kennzeichnung angebracht war, die eine Identifizierung des Herstellers ermöglichte. Weiterhin erwarb der Kläger bei diesem Testkauf Kopfhörer K. , bei denen der Name und die Kontaktanschrift des Herstellers fehlten.
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte hätte als Händlerin die Kopfhörer nicht ohne Angabe der erforderlichen Herstellerkennzeichnung in Verkehr bringen dürfen. Durch das Inverkehrbringen der Kopfhörer ohne die entsprechenden Angaben habe sie gegen ihre Kontroll- und Eingriffspflichten nach der Elektro- und Elektronikgeräte-Stoff-Verordnung und nach dem Produktsicherheitsgesetz verstoßen und wettbewerbswidrig gehandelt.
Der Kläger hat - soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung (Berufungsantrag zu 1) - beantragt,
die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Kopfhörer in den Verkehr zu bringen, wie beim "G. " oder dem "K. " geschehen, ohne dass diese mit dem Namen und der Kontaktanschrift des Herstellers oder, sofern dieser nicht im Europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist, mit dem Namen und der Kontaktanschrift des Bevollmächtigten oder des Einführers auf dem Verbraucherprodukt oder, sofern dies nicht möglich ist, auf der Verpackung gekennzeichnet sind.
Das Landgericht hat die Klage mit diesem Antrag abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist insoweit ohne Erfolg geblieben.
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Unterlassungsantrag weiter. Die ordnungsgemäß geladene Beklagte war im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht nicht vertreten. Der Kläger hat beantragt, über sein Rechtsmittel durch Versäumnisurteil zu entscheiden.
I. Das Berufungsgericht hat den Klageantrag (Berufungsantrag zu 1) weder unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes der Beklagten gegen das Produktsicherheitsgesetz noch unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen die Elektro- und Elektronikgeräte-Stoff-Verordnung als begründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
Die in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ProdSG bestimmte Verpflichtung, bei der Bereitstellung eines Verbraucherprodukts auf dem Markt den Namen und die Kontaktanschrift des Herstellers oder - bei nicht im Europäischen Wirtschaftsraum ansässigen Personen - des Bevollmächtigten oder des Einführers anzubringen, treffe nach dem Wortlaut dieser Bestimmung allein den Hersteller und nicht den Händler. Die aus § 6 Abs. 5 Satz 1 ProdSG folgende Verpflichtung des Händlers, dazu beizutragen, dass nur sichere Verbraucherprodukte auf dem Markt bereitgestellt werden, beziehe sich allein auf sicherheitsrelevante Umstände, zu denen die Angabe der Kontaktanschrift des Herstellers nicht gehöre. Die Vorschriften der Elektro- und Elektronikgeräte-Stoff-Verordnung wiesen die gleiche Haftungsverteilung auf.
II. Über die Revision des Klägers ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, weil die Beklagte in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung anwaltlich nicht vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 - I ZR 258/15, GRUR 2017, 409 Rn. 10 = WRP 2017, 418 - Motivkontaktlinsen, mwN).
III. Die Revision des Klägers ist begründet und führt zur Verurteilung der Beklagten nach dem mit der Revision weiterverfolgten Unterlassungsantrag. Das Berufungsgericht hat zwar mit Recht angenommen, dass der Unterlassungsanspruch nicht nach den Bestimmungen des Produktsicherheitsrechts begründet ist, die die Pflichten der Hersteller von Produkten regeln (dazu III 2). Nicht zutreffend ist aber seine Beurteilung, dieser Anspruch ergebe sich auch nicht aus den Bestimmungen des Produktsicherheitsrechts, die insoweit für die Händler gelten (dazu III 3).
1. Da der Kläger den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt hat, ist seine Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, GRUR 2017, 409 Rn. 12 - Motivkontaktlinsen; BGH, Urteil vom 26. Januar 2017 - I ZR 207/14, GRUR 2017, 422 Rn. 24 = WRP 2017, 426 - ARD-Buffet, jeweils mwN). In der Zeit zwischen dem vom Kläger Ende des Jahres 2013 durchgeführten Testkauf und der vorliegenden Entscheidung ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb mit Wirkung vom 10. Dezember 2015 novelliert worden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus jedoch nicht. Der seit dem 10. Dezember 2015 geltende § 3a UWG entspricht der bis dahin in § 4 Nr. 11 UWG aF enthaltenen Regelung des wettbewerbsrechtlichen Rechtsbruchtatbestands (vgl. BGH, GRUR 2017, 422 Rn. 25 - ARD-Buffet, mwN). Die im Streitfall maßgeblichen Bestimmungen zur Kennzeichnung von Verbraucherprodukten sind in diesem Zeitraum nicht geändert worden.
2. Die Beklagte hat allerdings nicht gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ProdSG verstoßen.
a) Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ProdSG haben der Hersteller, sein Bevollmächtigter und der Einführer jeweils im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit bei der Bereitstellung eines Verbraucherprodukts auf dem Markt den Namen und die Kontaktanschrift des Herstellers oder, sofern dieser nicht im Europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist, den Namen und die Kontaktanschrift des Bevollmächtigten oder des Einführers anzubringen. Die Regelung dient der Umsetzung der in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/95/EG über die allgemeine Produktsicherheit (im Weiteren: Produktsicherheitsrichtlinie) geregelten Verpflichtungen des Herstellers eines Produkts und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Gemäß Art. 2 Buchst. e Ziffer ii der Produktsicherheitsrichtlinie bezeichnet der Ausdruck "Hersteller" den Vertreter des Herstellers, wenn der Hersteller seinen Sitz nicht in der Union hat, oder, falls kein Vertreter mit Sitz in der Union vorhanden ist, den Importeur des Produkts.
b) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ProdSG geregelte Pflicht zur Angabe des Namens und der Kontaktanschrift allein den Hersteller, seinen Bevollmächtigten sowie den Einführer und damit nicht die Beklagte als Händlerin trifft.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann eine Person, die ein Produkt in Verkehr bringt, nur unter den in Art. 2 Buchst. e der Produktsicherheitsrichtlinie aufgestellten Voraussetzungen als Hersteller des Produkts und nur unter den in Art. 2 Buchst. f dieser Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen als dessen Händler angesehen und können dem Hersteller und dem Händler nur die Verpflichtungen auferlegt werden, die in der Richtlinie jeweils für sie vorgesehen sind (EuGH, Urteil vom 30. April 2008 - C-132/08, Slg. 2009, I-3841 Rn. 39 - Lidl/Hatóság). Danach können die Verpflichtungen, die sich aus der Produktsicherheitsrichtlinie und den entsprechenden Bestimmungen des Produktsicherheitsgesetzes für den Hersteller ergeben, nicht ohne weiteres dem Händler auferlegt werden.
3. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der von dem Kläger verfolgte Unterlassungsanspruch sei nicht aus §§ 8, 3, 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) in Verbindung mit § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 ProdSG begründet. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Verstoß gegen § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 ProdSG nicht verneint werden.
a) Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 ProdSG hat der Händler dazu beizutragen, dass nur sichere Verbraucherprodukte auf dem Markt bereitgestellt werden. Er darf nach § 6 Abs. 5 Satz 2 ProdSG insbesondere kein Verbraucherprodukt auf dem Markt bereitstellen, von dem er weiß oder auf Grund der ihm vorliegenden Informationen oder seiner Erfahrung wissen muss, dass es nicht den Anforderungen nach § 3 ProdSG entspricht. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 ProdSG darf ein Produkt nur auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn es bei bestimmungsgemäßer oder vorhersehbarer Verwendung die Sicherheit und Gesundheit von Personen nicht gefährdet. Bei der Beurteilung, ob ein Produkt diesen Anforderungen entspricht, sind nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ProdSG insbesondere seine Aufmachung, seine Kennzeichnung sowie alle sonstigen produktbezogenen Angaben oder Informationen zu berücksichtigen.
b) Die in § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 ProdSG enthaltenen Bestimmungen stellen Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) dar. Sie dienen dem Schutz der Verbraucher, die davor bewahrt werden sollen, mit unsicheren Produkten in Berührung zu kommen (vgl. BGH, GRUR 2017, 409 Rn. 24 - Motivkontaktlinsen, mwN).
c) Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken steht einer Anwendung von § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) auf § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 ProdSG nicht entgegen. Sie hat zwar in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3 der Richtlinie) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt (vgl. Art. 4 der Richtlinie) und regelt die Frage der Unlauterkeit von Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern daher grundsätzlich abschließend. Sie lässt aber die Rechtsvorschriften der Union und der Mitgliedstaaten in Bezug auf Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten unberührt (Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie). Dementsprechend ist die Anwendung des § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) auf Bestimmungen zulässig, die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten in unionsrechtskonformer Weise regeln (st. Rspr.; vgl. nur BGH, GRUR 2017, 409, Rn. 25 - Motivkontaktlinsen, mwN). Dies ist bei den in § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 ProdSG enthaltenen Regelungen der Fall.
d) Bei der Angabe des Namens und der Kontaktanschrift des Herstellers handelt es sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts um Angaben, die für die Sicherheit der Verbraucherprodukte von Bedeutung sind (BGH, GRUR 2017, 409 Rn. 26 - Motivkontaktlinsen).
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die aus § 6 Abs. 5 Satz 1 ProdSG folgende Verpflichtung des Händlers, dazu beizutragen, dass nur sichere Verbraucherprodukte auf dem Markt bereitgestellt werden, sei an § 3 Abs. 1 ProdSG zu messen. Danach dürfe ein entsprechendes Produkt nur auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn es die in der Rechtsverordnung nach § 8 Abs. 1 ProdSG vorgesehenen Anforderungen erfülle und zudem die Sicherheit und Gesundheit von Personen oder bestimmter in der Verordnung aufgeführter Rechtsgüter nicht gefährde. Der Gesetzgeber habe ein Vertriebsverbot für den Nur-Händler mithin lediglich bei der Verletzung von Prüfpflichten vorgesehen, welche die genannten Rechtsgüter bei der Verwendung der Geräte direkt beträfen. Dem entspreche auch der vom Kläger angeführte Art. 2 Buchst. b Ziffer iii der Produktsicherheitsrichtlinie, wonach unsicher nur ein Produkt sei, das hinsichtlich seiner Aufmachung, seiner Etikettierung sowie sonstiger Angaben bei normaler oder vernünftigerweise vorhersehbarer Verwendung Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit von Personen berge. Es sei nicht zu erkennen, inwieweit eine solche Gefährdung der Produktsicherheit durch das Fehlen der Kontaktdaten des Herstellers eintreten könne. Dass die Prüf- und Überwachungspflichten nicht im Umfang der den Hersteller treffenden Pflichten ausgeweitet werden dürften, ergebe sich weiter aus § 6 Abs. 5 Satz 3 ProdSG, wonach für den Händler zwar § 6 Abs. 4 ProdSG entsprechend gelte, nicht aber auch § 6 Abs. 2 ProdSG.
bb) Die Bestimmungen des § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 ProdSG und die sie ergänzenden Regelungen in § 3 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 ProdSG dienen der Umsetzung von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 und Art. 2 Buchst. b Ziffer iii der Produktsicherheitsrichtlinie und sind dementsprechend richtlinienkonform auszulegen. Nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Produktsicherheitsrichtlinie haben die Händler mit der gebotenen Umsicht zur Einhaltung der anwendbaren Sicherheitsanforderungen beizutragen, indem sie insbesondere keine Produkte liefern, von denen sie wissen oder bei denen sie anhand der ihnen vorliegenden Informationen und als Gewerbetreibende hätten davon ausgehen müssen, dass sie diesen Anforderungen nicht genügen. Als "sicher" gilt nach Art. 2 Buchst. b der Produktsicherheitsrichtlinie ein Produkt, das bei normaler oder vernünftigerweise vorhersehbarer Verwendung keine oder nur geringe, mit seiner Verwendung zu vereinbarende und unter Wahrung eines hohen Schutzniveaus für die Gesundheit und Sicherheit von Personen vertretbare Gefahren birgt, und zwar nach Ziffer iii dieser Bestimmung insbesondere im Hinblick auf seine Aufmachung, seine Etikettierung, gegebenenfalls Warnhinweise und seine Gebrauchs- und Bedienungsanleitung und Anweisungen für seine Beseitigung sowie alle sonstigen produktbezogenen Angaben oder Informationen.
cc) Das Berufungsgericht hat bei den Erwägungen, mit denen es die Abweisung der Klage mit dem in die Revisionsinstanz gelangten Klageantrag begründet, die Systematik des Produktsicherheitsgesetzes und der Produktsicherheitsrichtlinie nicht zutreffend erfasst.
(1) Die Bestimmung des § 6 Abs. 5 Satz 2 ProdSG verweist lediglich beispielhaft und nicht abschließend auf § 3 ProdSG. Der vom Kläger mit der Revision weiterverfolgte Klageantrag ist daher nicht deshalb unbegründet, weil die in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ProdSG geregelte Angabe des Namens und der Kontaktanschrift des Herstellers nicht zu den in § 3 ProdSG ausdrücklich genannten Sicherheitskriterien gehört (vgl. BGH, GRUR 2017, 409 Rn. 30 - Motivkontaktlinsen).
(2) Nach Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 3 der Produktsicherheitsrichtlinie haben die Hersteller im Rahmen ihrer jeweiligen Geschäftstätigkeit Maßnahmen zu treffen, die den Eigenschaften der von ihnen gelieferten Produkte angemessen sind, damit sie die von diesen möglicherweise ausgehenden Gefahren erkennen können (Buchst. a) und zu deren Vermeidung zweckmäßige Vorkehrungen treffen können, erforderlichenfalls einschließlich der Rücknahme vom Markt, der angemessenen und wirksamen Warnung der Verbraucher und des Rückrufs beim Verbraucher (Buchst. b). Diese Maßnahmen umfassen nach Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 4 Buchst. a der Produktsicherheitsrichtlinie beispielsweise die Angabe des Herstellers und seiner Adresse auf dem Produkt oder auf dessen Verpackung sowie die Kennzeichnung des Produkts oder gegebenenfalls des Produktpostens, zu dem es gehört, es sei denn, die Weglassung dieser Angabe ist gerechtfertigt.
Demnach gehört die Angabe des Herstellers und seiner Adresse auf dem Produkt oder auf dessen Verpackung zu den Sicherheitsanforderungen, zu deren Einhaltung die Händler nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Produktsicherheitsrichtlinie - und entsprechend nach § 6 Abs. 5 Satz 1 ProdSG - mit der gebotenen Umsicht beizutragen haben, indem sie insbesondere keine Produkte liefern, von denen sie wissen oder bei denen sie anhand der ihnen vorliegenden Informationen und als Gewerbetreibende hätten davon ausgehen müssen, dass sie diesen Anforderungen nicht genügen. Diese Angaben sollen es dem Hersteller ermöglichen, die zur Vermeidung etwaiger von den Produkten ausgehender Gefahren zweckmäßigen Vorkehrungen zu treffen, erforderlichenfalls einschließlich der Rücknahme vom Markt, der angemessenen und wirksamen Warnung der Verbraucher und des Rückrufs beim Verbraucher (BGH, GRUR 2017, 409 Rn. 32 - Motivkontaktlinsen).
(3) Da keine vernünftigen Zweifel an der Auslegung des Unionsrechts bestehen, ist ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 - Doc Generici, mwN).
IV. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben, soweit es hinsichtlich des in der Revisionsinstanz noch interessierenden Klageantrags zum Nachteil des Klägers ergangen ist; es ist daher in diesem Umfang aufzuheben. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, ist der Klage insoweit stattzugeben (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Beklagte hat dadurch, dass sie die Kopfhörer ohne Angabe der Kontaktdaten des Herstellers, Bevollmächtigten oder Einführers in Verkehr gebracht hat, gegen § 6 Abs. 5 Satz 1 ProdSG verstoßen.
1. Ein Verstoß gegen § 6 Abs. 5 Satz 1 ProdSG setzt voraus, dass der Händler gegen seine Verpflichtung verstößt, "dazu beizutragen", dass nur sichere Verbraucherprodukte auf dem Markt bereitgestellt werden. Aus § 6 Abs. 5 Satz 2 ProdSG ergibt sich, dass ein Händler jedenfalls dann gegen diese Verpflichtung verstößt, wenn er ein Verbraucherprodukt in Verkehr bringt, von dem er weiß oder auf Grund der ihm vorliegenden Informationen oder seiner Erfahrung wissen muss, dass es nicht sicher ist.
2. Zu dem dabei zu berücksichtigenden Erfahrungswissen gehört bei einem Gewerbetreibenden auch die Kenntnis der Rechtslage. Die Beklagte musste daher als Händlerin wissen, dass die von ihr auf dem Markt bereitgestellten Kopfhörer nicht im Sinne von § 6 Abs. 5 Satz 1 ProdSG sicher waren, weil weder die Kopfhörer selbst noch die Verpackungen, in denen sie enthalten waren, mit dem Namen und der Kontaktanschrift des Herstellers versehen waren. Soweit die Beklagte diese Rechtslage nicht ohne weiteres zutreffend zu beurteilen vermochte, mag sie sich in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden haben. Dies könnte sie allerdings grundsätzlich nur vor verschuldensabhängigen Schadensersatzansprüchen gemäß § 9 UWG und nicht vor den verschuldensunabhängigen Ansprüchen auf Beseitigung und Unterlassung gemäß § 8 UWG bewahren (vgl. BGH, GRUR 2017, 409 Rn. 36 - Motivkontaktlinsen, mwN).
3. Verstöße gegen Vorschriften, die - wie vorliegend § 6 Abs. 5 Satz 1 ProdSG - dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher dienen, sind regelmäßig geeignet, die Interessen der Verbraucher im Sinne von § 3a UWG (§ 3 Abs. 1 UWG aF) spürbar zu beeinträchtigen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, GRUR 2017, 409 Rn. 37 - Motivkontaktlinsen, mwN).
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 2 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung des Versäumnisurteils bei dem Bundesgerichtshof, Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.
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