Entscheidungsdatum: 02.10.2012
Die Anwendbarkeit des § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB erfordert keinen Gleichlauf zwischen den Haftungsgrundlagen im Primärhaftungs- und im Rückgriffsverhältnis.
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg - 6. Zivilsenat - vom 12. Juli 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin ist Verkehrshaftungsversicherer des finnischen Speditionsunternehmens O. H. Ltd. (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte, die im Hamburger Hafen den Südwest-Terminal betreibt, im Wege eines Regresses aus abgetretenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin wegen Beschädigung von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Das finnische Unternehmen W. veräußerte Ende 2006 drei Dieselgeneratoren an ein in China ansässiges Unternehmen. Mit dem Transport der Generatoren von Finnland nach China beauftragte die Verkäuferin die Spedition He. GmbH & Co. KG in B. , welche die Versicherungsnehmerin mit der Seebeförderung des Gutes auf der ersten Teilstrecke von Finnland zum Hafen in Hamburg beauftragte. Dort sollte das Gut für den Weitertransport nach China auf ein anderes Schiff umgeladen werden. Mit dem Umschlag im Hamburger Hafen beauftragte die Versicherungsnehmerin die Beklagte.
Die Generatoren wurden nach ihrer Ankunft in Hamburg entladen und zunächst auf dem Kai abgestellt. Am 12. Januar 2007 wurde das Gut auf das für den Weitertransport vorgesehene Schiff verladen. Dabei stürzte einer der drei Generatoren mit einem Gewicht von 113 Tonnen ab und kippte um. Der dadurch entstandene Schaden belief sich nach der Behauptung der Klägerin auf 1.635.599 US-Dollar.
Die finnische Versenderin und die chinesische Empfängerin nahmen die He. KG und die Versicherungsnehmerin zunächst in der genannten Schadenshöhe in Anspruch. Zwischen diesen vier Parteien fanden Vergleichsverhandlungen statt, die am 27. Oktober 2009 damit endeten, dass sich die Klägerin verpflichtete, an den Transportversicherer der chinesischen Empfängerin 358.210 US-Dollar zu zahlen. Die Zahlung der Vergleichssumme erfolgte nach der Darstellung der Klägerin Ende Oktober 2009.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte schulde für den während ihrer Obhutszeit eingetretenen Schaden gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB vollen Schadensersatz, weil der Schaden durch ein qualifiziertes Verschulden ihrer Leute verursacht worden sei, das sich die Beklagte gemäß § 428 HGB zurechnen lassen müsse. Es werde jedoch nur der von ihr an den Transportversicherer der chinesischen Empfängerin gezahlte Betrag geltend gemacht, der unterhalb der Haftungshöchstsumme gemäß § 431 Abs. 1 und 2 HGB liege. Der Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt, weil der Lauf der Verjährungsfrist gemäß § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB erst mit dem Tag der Befriedigung der Gläubigerin ihrer Versicherungsnehmerin Ende Oktober 2009 eingesetzt habe.
Mit ihrer am 14. April 2010 bei Gericht eingegangenen Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten im Wege eines Regresses den nach ihrem Vortrag gezahlten Betrag in Höhe von 358.210 US-Dollar nebst Zinsen ersetzt.
Die Beklagte hat sich demgegenüber hauptsächlich auf die Einrede der Verjährung nach § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB berufen. Sie ist der Ansicht, auf den hinausgeschobenen Verjährungsbeginn gemäß § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB könne sich nur derjenige Anspruchsteller berufen, der seinem Auftraggeber nach den §§ 425 ff. HGB Schadensersatz schulde. Die Haftung der Versicherungsnehmerin gegenüber der He. KG beurteile sich jedoch nach der seerechtlichen Vorschrift des § 606 Satz 2 HGB, weil diesem Rechtsverhältnis ein Seefrachtvertrag zugrunde liege. Insoweit gelte die Verjährungsregelung des § 612 HGB.
Das Berufungsgericht hat der in erster Instanz erfolglosen Klage mit Ausnahme eines Teils des geltend gemachten Zinsanspruchs stattgegeben (OLG Hamburg, TranspR 2011, 366). Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der aus § 425 Abs. 1 HGB in Verbindung mit § 398 BGB begründete Schadensersatzanspruch der Klägerin sei nicht gemäß § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB verjährt. Dazu hat es ausgeführt:
Die Beklagte müsse für den bei der gescheiterten Umladung am Generator entstandenen Schaden nach § 425 Abs. 1 HGB haften. Der deshalb von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt. Die einjährige Verjährungsfrist gemäß § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB sei bei Einreichung der Klage am 14. April 2010 zwar abgelaufen gewesen, wenn auf den regulären Verjährungsbeginn des § 439 Abs. 2 Satz 1 und 2 HGB abzustellen wäre. Die Klägerin könne für sich jedoch die für Regressansprüche geltende Sonderregelung des § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB in Anspruch nehmen. Sie sei Rückgriffsgläubigerin im Sinne dieser Bestimmung. In dem außergerichtlichen Vergleich vom 27. Oktober 2009 seien auch die Ansprüche der He. KG gegen die Versicherungsnehmerin erledigt worden. Die Klägerin habe sich verpflichtet, die vereinbarte Entschädigungssumme in Höhe von 358.210 US-Dollar innerhalb von zwei Wochen zu überweisen. Dies sei nach dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin geschehen mit der Folge, dass die einjährige Verjährungsfrist Ende Oktober/Anfang November 2009 zu laufen begonnen habe. Die Frist sei daher bei Einreichung der Klage am 14. April 2010 noch nicht abgelaufen gewesen. Sollte die Klägerin die Entschädigungssumme - wie von der Beklagten geltend gemacht - noch nicht gezahlt haben, hätte der Lauf der Verjährungsfrist noch nicht einmal eingesetzt.
Der Anwendung des § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB stehe nicht entgegen, dass die Versicherungsnehmerin ihrer Auftraggeberin (He. KG) gegenüber nicht nach § 425 Abs. 1 HGB, sondern als Verfrachterin nach den Bestimmungen des Seefrachtrechts - bei Anwendung deutschen Rechts gemäß § 606 Satz 2 HGB - hafte. Die Vorschrift des § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB erfordere keinen Gleichlauf zwischen den Haftungsgrundlagen im Primärrechtsverhältnis und im Rückgriffsverhältnis. Der Wortlaut der Sonderregelung sei neutral. Die Interessen des Rückgriffsschuldners würden dadurch gewahrt, dass der Rückgriffsgläubiger ihn binnen drei Monaten nach Kenntniserlangung von dem Schaden und der Person des Rückgriffsschuldners über den Schadensfall unterrichten müsse. Der Rückgriffsschuldner sei damit über die Möglichkeit eines Regressanspruchs informiert.
Die nach § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB erforderliche Schadensmitteilung habe die Versicherungsnehmerin fristgerecht vorgenommen. Sie habe die Beklagte über ihre deutsche Agentin bereits am Schadenstag mit einer EMail über den Schadensfall informiert und die Beklagte für haftbar gehalten. Die Klage sei auch der Höhe nach begründet, da die Klägerin den Schaden gegenüber den Gläubigern der Versicherungsnehmerin auf der Basis von zwei Sonderziehungsrechten je Kilogramm des Rohgewichts (§ 660 Abs. 1 Satz 1 HGB) reguliert habe. Es gebe keine Zweifel, dass der von der Beklagten auf der Grundlage des § 429 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit § 431 Abs. 1 und 2 HGB geschuldete Schadensersatzbetrag den mit der Klage geltend gemachten Betrag noch übersteige.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision sind unbegründet. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht gemäß § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB verjährt ist.
1. Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe verkannt, dass ein Regress gegen die Beklagte schon deshalb ausscheide, weil die Klägerin auf einen bereits verjährten Schadensersatzanspruch geleistet habe. Die Revision macht insoweit geltend, das Rechtsverhältnis zwischen der Versicherungsnehmerin und der He. KG unterliege nicht der Verjährungs-vorschrift des § 439 HGB, sondern der in § 612 HGB geregelten Verjährung, weil die He. KG die Versicherungsnehmerin mit der Seebeförderung des Gutes von Finnland auf das im Hamburger Hafen liegende Schiff, mit dem die Weiterbeförderung nach China habe erfolgen sollen, beauftragt habe. Die Ansprüche der He. KG gegen die Versicherungsnehmerin seien zum Zeitpunkt der Zahlung der Klägerin Ende Oktober 2009 gemäß § 612 Abs. 1 HGB bereits verjährt gewesen. Die für einen Rückgriffsanspruch geltende Frist des § 612 Abs. 2 HGB sei ebenfalls schon abgelaufen gewesen. Der Rückgriffsgläubiger könne sich nicht mit Erfolg auf die für ihn günstige Sonderregelung des § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB berufen, wenn er - wie im Streitfall - einen bereits verjährten Anspruch des Geschädigten erfüllt habe. Es gebe keinen vernünftigen Grund dafür, dem Rückgriffsgläubiger die Privilegierung des § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB zugutekommen zu lassen, wenn er auf eine verjährte Forderung geleistet habe.
Mit diesem Vorbringen vermag die Revision nicht durchzudringen. Die Beklagte hat in den Vorinstanzen nicht geltend gemacht, dass der Schadensersatzanspruch, den die Klägerin Ende Oktober/Anfang November 2009 erfüllt hat, zum Zeitpunkt der Zahlung bereits nach § 612 HGB verjährt war. In ihrer von der Revision in Bezug genommenen Klageerwiderung hat die Beklagte nur vorgebracht, der gegen sie selbst gerichtete Anspruch sei verjährt, weil die Vorschrift des § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB nicht zur Anwendung komme, wenn der Rückgriffsgläubiger im Primärhaftungsverhältnis gegenüber seinem Gläubiger nicht als Frachtführer nach den §§ 425 ff. HGB, sondern nach Seefrachtrecht hafte. Darüber hinaus hat die Beklagte in diesem Zusammenhang geltend gemacht, dass auch die Dreimonatsfrist des § 612 Abs. 2 HGB bei Erhebung der Klage gegen sie bereits abgelaufen gewesen sei. Dieses Vorbringen hat sich allein auf die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede bezogen. Die Revisionserwiderung weist daher mit Recht darauf hin, dass es sich bei dem Vortrag der Revision, die Klägerin habe für ihre Versicherungsnehmerin einen verjährten Anspruch erfüllt, um neuen Tatsachenvortrag handelt, der gemäß § 559 Abs. 1 ZPO in der Revisionsinstanz nicht mehr berücksichtigt werden kann. Das Berufungsgericht hat in seinem Urteil auch nicht festgestellt, dass die Klägerin einen bereits verjährten Schadensersatzanspruch erfüllt hat.
Von einer Zahlung auf einen verjährten Anspruch kann auch nicht aufgrund des unstreitigen Sachverhalts ausgegangen werden, weil zwischen den Ladungsbeteiligten (Versenderin und Empfängerin des Gutes) einerseits und der He. KG sowie der Versicherungsnehmerin andererseits bis Oktober 2009 Vergleichsverhandlungen stattgefunden haben und der Lauf der Verjährungsfrist des § 612 Abs. 1 HGB dadurch gemäß § 203 BGB vorübergehend gehemmt war. § 203 BGB enthält eine allgemeine Hemmungsregelung, die auch auf die Verjährungsfrist des § 612 Abs. 1 HGB anwendbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2008 - I ZR 116/06, TranspR 2008, 467 Rn. 22 ff., zum Verhältnis von § 439 Abs. 3 Satz 1 HGB und § 203 BGB).
2. Die Revision wendet sich auch vergeblich gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der von der Klägerin geltend gemachte Regressanspruch sei nicht gemäß § 439 Abs. 1 Satz 1 HGB verjährt, weil der Lauf der Verjährungsfrist nach § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB erst mit Erfüllung der gegen die Versicherungsnehmerin gerichteten Ersatzansprüche Ende Oktober/Anfang November 2009 eingesetzt habe.
a) Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, die den Rückgriffsgläubiger begünstigende Vorschrift des § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB erfordere keinen Gleichlauf zwischen den Haftungsgrundlagen des Primärhaftungs- und des Rückgriffsverhältnisses. Für die Bestimmung der Reichweite des in Rede stehenden Privilegierungstatbestands komme es maßgeblich auf eine teleologische Auslegung der Vorschrift an. Der Gesetzgeber habe mit der Schaffung der Norm nicht allgemein den Regress des Rückgriffsberechtigten gewährleisten, sondern nur die besondere frachtrechtliche Regressproblematik lösen wollen, die darin bestehe, dass die Verjährung des Rückgriffsanspruchs zeitgleich mit der Verjährung des gegen den Rückgriffsberechtigten gerichteten Primäranspruchs beginne und zugleich ende. Der vom Gesetzgeber erstrebte Gleichlauf der Verjährungsfristen werde dann nicht erreicht, wenn im Primärhaftungsverhältnis und im Rückgriffsrechtsverhältnis unterschiedliche Verjährungsregelungen bestünden. Das sei insbesondere der Fall, wenn - wie hier - gegen den Rückgriffsgläubiger ein seefrachtrechtlicher Rückgriffsanspruch geltend gemacht werde, weil die maßgeblichen Verjährungsvorschriften des § 439 HGB und des § 612 HGB nicht aufeinander abgestimmt seien. Die genannten Bestimmungen harmonisierten auch rechtstechnisch nicht miteinander, weil § 612 Abs. 2 HGB keine Regelung des materiellen Verjährungsrechts enthalte, sondern eine prozessuale Klagefrist regele, während § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB die Verjährungsfrist betreffe.
b) Auch dieses Vorbringen verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB nur Regressansprüche von Frachtführern gegen andere (Unter)Frachtführer und nicht auch Rückgriffsansprüche von Frachtführern gegen sonstige Hilfspersonen - und umgekehrt - erfasst (Koller, Transportrecht, 7. Aufl., § 439 HGB Rn. 24; Schaffert in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 439 Rn. 13; MünchKomm.HGB/Herber/Eckardt, 2. Aufl., § 439 HGB Rn. 17; Heymann/Schlüter, HGB, 2. Aufl., § 439 Rn. 5). Das steht der Anwendbarkeit des § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB im Streitfall nicht entgegen, da die Versicherungsnehmerin als Verfrachterin (§ 606 HGB) einem Landfrachtführer im Sinne des § 407 HGB gleichsteht.
Entgegen der Auffassung der Revision setzt die Anwendbarkeit des § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB keinen Gleichlauf zwischen den Haftungsgrundlagen im Primärhaftungs- (hier: das Rechtsverhältnis zwischen der He. KG und der Versicherungsnehmerin) und im Rückgriffsverhältnis (hier: das Vertragsverhältnis zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten) voraus. Dem Wortlaut der Bestimmung kann eine derartige Beschränkung des Anwendungsbereichs nicht entnommen werden. Die Regelung in § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB befasst sich mit der Verjährung von Ansprüchen des Rückgriffsgläubigers, denen dieser im Primärhaftungsverhältnis möglicherweise ausgesetzt ist, unmittelbar nur in Bezug auf den Beginn der Verjährung. Der Verjährungsbeginn wird auf den Zeitpunkt hinausgeschoben, an dem ein rechtskräftiges Urteil gegen den Rückgriffsgläubiger vorliegt oder dieser den gegen ihn gerichteten Anspruch befriedigt hat. Die Vorschrift des § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB sagt jedoch nichts darüber aus, nach welchen Bestimmungen der Rückgriffsgläubiger haften muss, damit die Sonderregelung zur Anwendung kommen kann. In § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB ist nur ganz allgemein von Rückgriffsansprüchen, dem Rückgriffsgläubiger und dem Rückgriffsschuldner die Rede. Der neutral gefasste Wortlaut deckt daher auch die Fallgestaltung ab, dass der Rückgriffsgläubiger im Primärhaftungsverhältnis nicht nach den §§ 425 ff. HGB, sondern - wie hier - nach Seefrachtrecht für einen eingetretenen Schaden einstehen muss (so im Ergebnis auch Koller, TranspR 2012, 277 f.).
Entgegen der Auffassung der Revision erfordern auch Sinn und Zweck des § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB keine Beschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf den Fall, dass der Rückgriffsgläubiger seinerseits ebenfalls nach den §§ 425 ff. HGB haftet. Um den Rückgriffsgläubiger zu schützen und um zu verhindern, dass dieser möglicherweise verfrüht rechtliche Schritte gegen den Rückgriffsschuldner einleitet, hat der Gesetzgeber in § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB bestimmt, dass die Verjährung von Rückgriffsansprüchen abweichend von § 439 Abs. 2 Satz 1 und 2 HGB hinausgeschoben wird. Schwierigkeiten, die allgemeinen Verjährungsfristen einzuhalten, ergeben sich im Regressfall vor allem daraus, dass die Verjährung des Rückgriffsanspruchs zeitgleich mit der Verjährung des gegen den Rückgriffsberechtigten gerichteten Primäranspruchs beginnt und zugleich endet. Wer vom Geschädigten zuerst in Anspruch genommen wird, läuft damit Gefahr, etwaige Rückgriffsansprüche zu verlieren, da er üblicherweise nicht schon zu dem Zeitpunkt, in dem der Geschädigte erstmals an ihn herantritt, bereits verjährungshemmende Maßnahmen zur Wahrung seines Regresses treffen wird (vgl. die Begründung zum Entwurf des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 13/8445, S. 78). Diesem Gesetzeszweck widerspräche es, wenn ein Verfrachter, der - wie im Streitfall - vom Geschädigten zuerst in Anspruch genommen wird, die Verjährung seiner im Falle der Leistung bestehenden Rückgriffsansprüche befürchten müsste, weil für diese Ansprüche, die sich auf eine Haftung nach den Bestimmungen des nationalen Landfrachtrechts stützen, § 612 Abs. 2 HGB nicht gilt und § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB nicht anwendbar wäre.
Für die Anwendung des § 439 Abs. 2 Satz 3 HGB auf die streitgegenständliche Fallgestaltung spricht zudem, dass auf diese Weise unnötige Feststellungsklagen vermieden werden. Denn der Rückgriffsgläubiger wäre ansonsten genötigt, frühzeitig eine Feststellungsklage zu erheben. Die Vermeidung derartiger Feststellungsklagen liegt nicht zuletzt auch im Interesse des Rückgriffsschuldners, den der Rückgriffsgläubiger binnen drei Monaten über den Schaden informiert und damit hinreichend gewarnt hat. Der Rückgriffsschuldner wird auf diese Weise in die Lage versetzt, rechtzeitig Beweise zu sichern (vgl. Koller, TranspR 2012, 277, 278). Gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte von der Versicherungsnehmerin rechtzeitig über den Schaden in Kenntnis gesetzt wurde, hat die Revision nichts erinnert.
III. Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
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