Entscheidungsdatum: 01.06.2017
Die Rechtsbeschwerde der Gläubiger gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 9. Zivilkammer - vom 30. August 2016 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Schuldner.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 3.237,55 € festgesetzt.
I. Der Schuldner ist durch Urteil des Landgericht Frankfurt (Oder) vom 29. Mai 2008 zur Herausgabe des Grundstücks W. in S. verurteilt worden. Er bewohnt das auf diesem Grundstück von ihm errichtete Wohnhaus. Die Gläubiger betreiben gegen den Schuldner die Räumungsvollstreckung.
1. Mit Schreiben vom 25. August 2008 hatte der Schuldner beim Amtsgericht Fürstenwalde Räumungsschutz beantragt. Das Amtsgericht hatte die Zwangsvollstreckung zunächst unter der Auflage vorläufig eingestellt, dass der Schuldner ein amtsärztliches Attest oder Gutachten zur Möglichkeit der Räumung bei gründlicher medizinischer Begleitung vorlegt. Nachdem der Schuldner diese Auflage nicht erfüllt hatte, wurde sein Vollstreckungsschutzantrag vom Amtsgericht zurückgewiesen.
Das Beschwerdegericht hatte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten zur Verfahrensfähigkeit des Schuldners eingeholt. Der Sachverständige war zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Schuldner eine krankheitsbedingte partielle Geschäftsunfähigkeit vorliegt, die sich auf die - insbesondere juristische - Auseinandersetzung um das Grundstück bezieht. Das Beschwerdegericht hatte daraufhin mit Beschluss vom 25. August 2009 die Zwangsvollstreckung mit der Maßgabe einstweilen eingestellt, dass sie auf Antrag fortzusetzen ist, wenn die gegenwärtige Prozessunfähigkeit des Schuldners nicht mehr fortbesteht oder der Schuldner wirksam vertreten wird. Die Gläubiger hatten gegen diesen Beschluss die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt.
Der Bundesgerichtshof hatte dem Schuldner Rechtsanwältin B. als besondere Vertreterin (Verfahrenspflegerin) beigeordnet sowie den Beschluss vom 25. August 2009 aufgehoben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückverwiesen, weil bei Prozessunfähigkeit des Schuldners auf der Grundlage von § 765a ZPO keine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung möglich ist (BGH, Beschluss vom 17. August 2011 - I ZB 73/09, DGVZ 2011, 209).
Die Verfahrenspflegerin hatte den vom Schuldner selbst gestellten Vollstreckungsschutzantrag nicht genehmigt. Mit Beschluss vom 20. Oktober 2011 hatte das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Fürstenwalde vom 4. November 2007 zurückgewiesen.
2. Die Gläubiger betrieben daraufhin die Räumungsvollstreckung weiter. Unter dem 3. Januar 2012 beantragte die Verfahrenspflegerin für den Schuldner Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO, weil die Zwangsräumung Leib und Leben des Schuldners erheblich gefährde.
Mit Beschlüssen vom 12. Januar 2012 bestellte das Amtsgericht Rechtsanwalt Bl. anstelle von Rechtsanwältin B. zum Verfahrenspfleger des Schuldners und wies den Vollstreckungsschutzantrag vom 3. Januar 2012 zurück.
Dagegen legte der Verfahrenspfleger sofortige Beschwerde ein. Er legte dazu eine amtsärztliche Stellungnahme des Facharztes Dr. H. vor. Aufgrund einer Untersuchung des Schuldners am 16. Januar 2012 führte Dr. H. darin unter anderem aus, dass im Fall der Zwangsräumung ein Suizid des Schuldners unmittelbar absehbar sei und daran auch eine Zwangsunterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nichts ändern würde, da das psychische Krankheitsbild nicht behandelbar sei.
Das Landgericht stellte die Zwangsvollstreckung bis zur Entscheidung über den Vollstreckungsschutz einstweilen ein und holte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten zur Frage der Gesundheits- und Lebensgefahr im Fall der Zwangsräumung ein. Der Gutachter Dr. L. konnte den Schuldner nicht zu einem Untersuchungsgespräch bewegen und erstellte sein Gutachten sodann nach Aktenlage. Er kam zu dem Ergebnis, dass für den Fall der Zwangsräumung eine suizidale Handlung des Schuldners wahrscheinlich sei.
Mit Beschluss vom 22. Januar 2013 stellte das Landgericht die Zwangsvollstreckung in Bezug auf die Verurteilung zur Grundstücksherausgabe unbefristet und ohne Auflagen einstweilen ein.
Auf die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Gläubiger hob der Bundesgerichtshof den Beschluss des Landgerichts vom 22. Januar 2013 teilweise auf und fasste ihn insgesamt dahin neu, dass die Zwangsvollstreckung in Bezug auf die Verurteilung zur Grundstücksherausgabe bis zum 22. Januar 2015 einstweilen eingestellt wurde, weil nicht angenommen werden könne, dass eine Behandlung des Schuldners zur Abwendung der Suizidgefahr ohne weitere Prüfung auf Dauer aussichtslos bleiben werde (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2013 - I ZB 15/13, NJW 2014, 2218).
3. Nach dem 22. Januar 2015 haben die Gläubiger erneut den Obergerichtsvollzieher Be. mit der Zwangsvollstreckung beauftragt, der für den 6. Mai 2015 einen Termin zur Zwangsräumung anberaumt hat.
Mit Schreiben vom 10. April 2015 hat Rechtsanwalt Bl. für den Schuldner die Gewährung von Vollstreckungsschutz im Hinblick auf dessen verschlechterten Gesundheitszustand beantragt. Mit Schreiben vom 28. April 2015 hat er nochmals für ihn geltend gemacht, dass für den Falle der Umsetzung der Zwangsräumung Suizidgefahr bestehe.
Das Amtsgericht hat die Vollstreckungsschutzanträge des Schuldners mit Beschluss vom 28. April 2015 zurückgewiesen.
Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht die Zwangsvollstreckung für den Schuldner in Bezug auf die Verurteilung zur Grundstücksherausgabe bis zum 29. August 2018 einstweilen eingestellt.
Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Gläubiger, mit der sie ihren Antrag auf Zurückweisung des Vollstreckungsschutzantrags weiterverfolgen.
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Nach § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung auf Antrag des Schuldners ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist.
2. Die Vorschrift des § 765a ZPO ermöglicht den Schutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen, die wegen ganz besonderer Umstände eine Härte für den Schuldner bedeuten, die mit den guten Sitten unvereinbar ist. Die Anwendung von § 765a ZPO kommt nur in Betracht, wenn im Einzelfall die Zwangsvollstreckungsmaßnahme nach Abwägung der beiderseitigen Belange zu einem untragbaren Ergebnis für den Schuldner führen würde (BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 - I ZB 34/09, WuM 2010, 250 Rn. 7 mwN; Beschluss vom 20. Januar 2011 - I ZB 27/10, NJW-RR 2011, 300 Rn. 6).
Ist mit einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners verbunden, kann dies die Untersagung oder einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 765a ZPO rechtfertigen. Dabei ist aber stets eine Abwägung der Interessen des Schuldners mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers vorzunehmen. Der Schuldner kann sich auf sein Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) berufen. Der Gläubiger kann geltend machen, dass seine Grundrechte auf Schutz des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) und effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) beeinträchtigt werden, wenn sein Räumungstitel nicht durchsetzbar ist. Ferner ist zu berücksichtigen, dass dem Gläubiger keine Aufgaben überbürdet werden dürfen, die nach dem Sozialstaatsprinzip dem Staat und damit der Allgemeinheit obliegen. Es ist deshalb auch dann, wenn bei einer Räumungsvollstreckung eine konkrete Lebensgefahr für einen Betroffenen besteht, sorgfältig zu prüfen, ob dieser Gefahr nicht auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 2005 - I ZB 10/05, BGHZ 163, 66, 73 f.; Beschluss vom 22. November 2007 - I ZB 104/06, NJW 2008, 1000 Rn. 8 f.; Beschluss vom 13. März 2008 - I ZB 59/07, NJW 2008, 1742 Rn. 9; BGH, WuM 2010, 250 Rn. 8; BGH, Beschluss vom 15. Juli 2010 - V ZB 1/10, NJW-RR 2010, 1649 Rn. 10; BGH, NJW-RR 2011, 300 Rn. 6; BGH, Beschluss vom 12. November 2014 - I ZB 99/14, NJW-RR 2015, 393 Rn. 7; Beschluss vom 21. Januar 2016 - I ZB 12/15, NJW-RR 2016, 583 Rn. 17; Beschluss vom 28. Januar 2016 - V ZB 115/15, NJW-RR 2016, 336 Rn. 6).
Dabei kann vom Schuldner erwartet werden, dass er alles ihm Mögliche und Zumutbare unternimmt, um Gefahren für Leben und Gesundheit möglichst auszuschließen (vgl. BGH, NJW 2008, 1000 Rn. 9; NJW 2008, 1742 Rn. 9; WuM 2010, 250 Rn. 8; NJW-RR 2011, 300 Rn. 6; NJW-RR 2016, 583 Rn. 17). Insbesondere ist es ihm, soweit er dazu in der Lage ist, zuzumuten, fachliche Hilfe - erforderlichenfalls auch durch einen stationären Aufenthalt in einer Klinik - in Anspruch zu nehmen, um die Selbsttötungsgefahr auszuschließen oder zu verringern (vgl. BGHZ 163, 66, 74; BGH, NJW-RR 2010, 1649 Rn. 11).
Andere mögliche Maßnahmen betreffen die Art und Weise, wie die Zwangsvollstreckung durchgeführt wird, die Ingewahrsamnahme des suizidgefährdeten Schuldners nach polizeirechtlichen Vorschriften oder seine Unterbringung nach den einschlägigen Landesgesetzen sowie die betreuungsrechtliche Unterbringung (§ 1906 BGB). Kann der Gefahr eines Suizids des Schuldners auf diese Weise entgegengewirkt werden, scheidet eine Einstellung der Zwangsvollstreckung aus. Der Verweis auf die für den Lebensschutz primär zuständigen Behörden und Gerichte ist verfassungsrechtlich allerdings nur tragfähig, wenn diese entweder Maßnahmen zum Schutz des Lebens des Schuldners getroffen haben oder eine erhebliche Suizidgefahr gerade für das diese Gefahr auslösende Moment (die Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses oder - hier - die Räumung) nach sorgfältiger Prüfung abschließend verneint haben (BGH, NJW-RR 2010, 1649 Rn. 11; NJW-RR 2015, 393 Rn. 8; NJW-RR 2016, 336 Rn. 7, jeweils mwN).
Im Hinblick auf eine mögliche Unterbringung ist nach dem auch im Zwangsvollstreckungsverfahren zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu prüfen, ob deren Dauer außer Verhältnis steht zu dem damit verfolgten Zweck der Fortführung des Zwangsvollstreckungsverfahrens. Steht fest oder ist aller Voraussicht nach davon auszugehen, dass die Anordnung der Unterbringung zu einer bloßen Verwahrung auf Dauer führte, ist eine Freiheitsentziehung zur Ermöglichung der Zwangsvollstreckung unverhältnismäßig und das Verfahren einzustellen. Gleiches gilt, wenn der Gefahr der Selbsttötung nur durch eine außer Verhältnis stehende jahrelange Unterbringung ohne erkennbaren therapeutischen Nutzen begegnet werden kann. Anders verhält es sich, wenn innerhalb eines überschaubaren Zeitraums eine Chance besteht, dass die Freiheitsentziehung zu einer Stabilisierung des Suizidgefährdeten führen und durch therapeutische Maßnahmen während der Unterbringung die Grundlage für ein Leben in Freiheit ohne konkrete Suizidgefährdung gelegt werden kann (vgl. BGH, NJW-RR 2010, 1649 Rn. 14; NJW-RR 2016, 336 Rn. 8, jeweils mwN).
Kann die beim Schuldner bestehende Gefahr eines Suizids zum Zeitpunkt der Entscheidung des Vollstreckungsgerichts weder durch seine Unterbringung nach dem Gesetz über die Unterbringung psychisch Kranker noch durch andere Maßnahmen beseitigt werden, kommt grundsätzlich allein eine befristete Einstellung des Zwangsvollstreckungsverfahrens in Betracht. Das Interesse des Gläubigers an der Fortsetzung des Verfahrens verbietet regelmäßig eine dauerhafte Einstellung, weil die staatliche Aufgabe, das Leben des Schuldners zu schützen, nicht auf unbegrenzte Zeit durch ein Vollstreckungsverbot gelöst werden kann (vgl. BGH, WuM 2010, 250 Rn. 10 f.; NJW-RR 2015, 393 Rn. 9, jeweils mwN).
Nur in besonders gelagerten Einzelfällen kann eine unter Beachtung der Wertentscheidungen des Grundgesetzes und der dem Schuldner in der Zwangsvollstreckung gewährleisteten Grundrechte vorgenommene Würdigung aller Umstände dazu führen, dass die Zwangsvollstreckung für einen längeren Zeitraum und - in absoluten Ausnahmefällen - auf unbestimmte Zeit einzustellen ist (BVerfG, NJW-RR 2014, 1290 Rn. 11; NJW-RR 2015, 393 Rn. 9; NJW 2016, 3090 Rn. 11, jeweils mwN; BGH, NJW 2008, 1000 Rn. 9). Auch bei erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit wird regelmäßig die Einstellung der Vollstreckung für einen längeren Zeitraum ausreichen, weil solche Gefahren meist mit zunehmendem Zeitablauf ausgeräumt werden können. Nur wenn die fraglichen Umstände ihrer Natur nach keiner Änderung zum Besseren zugänglich sind, kann die Gewährung von Vollstreckungsschutz auf Dauer geboten sein (BVerfG, NJW 2016, 3090 Rn. 17 mwN). Das kann etwa der Fall sein, wenn eine Verringerung der Suizidgefahr auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Mitwirkung des Schuldners und staatlicher Stellen in Zukunft ausgeschlossen erscheint (BGH, NJW-RR 2016, 583 Rn. 17).
Eine befristete Einstellung der Zwangsvollstreckung ist regelmäßig mit Auflagen zu versehen, die das Ziel haben, die Gesundheit des Schuldners wiederherzustellen. Das gilt auch, wenn die Aussichten auf eine Besserung des Gesundheitszustands des Schuldners gering sind. Im Interesse des Gläubigers ist es dem Schuldner grundsätzlich zuzumuten, auf eine Verbesserung seines Gesundheitszustands hinzuwirken und den Stand seiner Behandlung dem Vollstreckungsgericht nachzuweisen (vgl. BGH, WuM 2010, 250 Rn. 10 f. mwN). Nur in absoluten Ausnahmefällen kann die befristete Einstellung des Verfahrens ohne derartige Auflagen erfolgen (BGH, NJW-RR 2015, 393 Rn. 9). So haben Auflagen zu unterbleiben, wenn sie keine - auch keine noch so geringe - Aussicht auf Erfolg haben (BGH, NJW-RR 2015, 393 Rn. 13).
3. Das Beschwerdegericht ist von diesen Grundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung, die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner in Bezug auf seine Verurteilung zur Grundstücksherausgabe bis zum 29. August 2018 einstweilen einzustellen, lässt nach diesen Maßstäben keinen Rechtsfehler erkennen.
a) Das Beschwerdegericht hat angenommen, mit der von den Gläubigern beantragten Zwangsvollstreckungsmaßnahme, der Räumung des Grundstücks, sei eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners verbunden. Der Schuldner leide nach den überzeugenden Ausführungen der Fachärzte Ba. , Dr. H. , Dr. L. und Dr. K. an einer wahnhaften Störung, die bei einer Durchführung der Zwangsräumung sehr wahrscheinlich zu einem Suizid führe. Diese Beurteilung wird von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
b) Das Beschwerdegericht hat weiter angenommen, der im Falle einer Zwangsräumung wahrscheinliche Suizid des Schuldners könne nur durch die Einstellung der Zwangsvollstreckung abgewendet werden.
Der Schuldner könne nicht darauf verwiesen werden, selbst auf eine Verbesserung seines Gesundheitszustands hinzuwirken. Da ihm - krankheitsbedingt - die Behandlungseinsicht fehle, sei er nicht in der Lage, eine Therapie zu beginnen. Zudem erscheine aus diesem Grund nach fachärztlicher Einschätzung eine erfolgsversprechende Behandlung unmöglich.
Auch eine betreuungsrechtliche Unterbringung nach § 1906 BGB könne dem Schuldner weder Schutz bieten noch Behandlungsmöglichkeiten eröffnen, weil er sich krankheitsbedingt nicht auf eine Behandlung einlassen würde. Zudem habe das Amtsgericht Fürstenwalde mit Beschluss vom 18. November 2010 die Bestellung eines Betreuers abgelehnt.
Eine Unterbringung des Schuldners nach dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen sowie über den Vollzug gerichtlich angeordneter Unterbringung für psychisch kranke und seelisch behinderte Menschen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Psychisch-Kranken-Gesetz - BbgPsychKG) sei gleichfalls keine vertretbare Maßnahme, um einem Suizid des Schuldners entgegenzuwirken. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. K. sei eine wirksame kausale Therapie der Suizidalität nur durch eine erfolgreiche Behandlung der wahnhaften Störung möglich. Der Erfolg einer solchen Behandlung sei aber höchst unwahrscheinlich, weil nicht mit einer Behandlungseinsicht des Schuldners zu rechnen sei. Eine zwangsweise Unterbringung würde den Schuldner vielmehr in seinen wahnhaften Überzeugungen bestärken. Der Sachverständige habe zwar angenommen, der akuten Suizidgefährdung könne durch eine vor Durchführung der Zwangsräumung veranlasste geschlossene Unterbringung mit kontinuierlicher Überwachung begegnet werden. Eine solche Unterbringung würde aber keine erfolgreiche Behandlung des Schuldners ermöglichen, sondern wäre als bloßes „kontrolliertes Wegsperren“ aufzufassen, da sie nach den Angaben des Sachverständigen allenfalls eine symptomatische Ruhigstellung mit medikamentösen und physikalischen „Fesseln“ zuließe. Da die Erkrankung im Rahmen der Unterbringung nicht behandelt werden könnte, bestünde mit der Entlassung und der Konfrontation mit dem Verlust des Eigenheims erneut die Gefahr eines Suizids. Eine Unterbringung, die einen Suizid des Betroffenen voraussichtlich nicht abwenden könne, sei unvertretbar. Eine Dauerunterbringung des Schuldners komme nicht ernsthaft in Betracht.
Danach sei unter Abwägung der betroffenen Interessen des Schuldners und der Gläubiger eine Einstellung der Zwangsräumung geboten.
Bei der Abwägung der betroffenen Interessen seien das Grundrecht des Schuldners auf Leben und körperliche Unversehrtheit einerseits mit den Grundrechten der Gläubiger auf Schutz ihres Eigentums und wirksamen Rechtsschutz andererseits abzuwägen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass den Gläubigern grundsätzlich keine Aufgaben überbürdet werden dürften, die aufgrund des Sozialstaatsprinzips dem Staat und damit der Allgemeinheit oblägen.
Auf Seiten der Gläubiger sei darüber hinaus zu beachten, dass das Räumungsverfahren bereits um mehrere Jahre verzögert worden sei, ihnen ein immer größer werdender Vermögensschaden entstehe und die von unerträglichen Beschimpfungen und - gegebenenfalls - tätlichen Angriffen durchzogene Führung des Verfahrens durch den Schuldner sie erheblich belaste. Da praktisch nicht zu erwarten sei, dass sich das Krankheitsbild des Schuldners zukünftig verändere, müsse diesem möglicherweise immer wieder und bis zu seinem Tod Vollstreckungsschutz gewährt werden. Damit werde die Vollstreckung durch die gleichfalls betagten Gläubiger möglicherweise gänzlich vereitelt.
Dennoch rechtfertigten die von den Gläubigern mit der Durchsetzung des Räumungstitels vorrangig verfolgten Vermögensinteressen es nicht, den wahrscheinlichen Tod des Schuldners in Kauf zu nehmen. Maßgeblich für diese Beurteilung sei, dass ein Suizid des Schuldners nicht auf seiner freien Willensentscheidung beruhen würde, sondern durch seine - nicht erfolgversprechend behandelbare - Krankheit bedingt wäre. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass sich der Schuldner den Besitz des fremden Grundstücks zunächst nicht rechtswidrig angemaßt habe, sondern der politische Umbruch infolge der Wiedervereinigung dazu geführt habe, dass er nun das von ihm zu Zeiten des Bestehens der DDR auf der Grundlage eines Nutzungsvertrages erbaute Eigenheim herausgeben müsse. Dagegen könnten die Gläubiger wieder auf Vermögen zugreifen, das für sie nach der Enteignung in der DDR gleichsam verloren gewesen sei. Vor diesem Hintergrund sei es zumutbar, dass die Gläubiger ihre Vermögensinteressen zurückstellten, um dem Schuldner wahrscheinlich sein Leben zu erhalten.
c) Die gegen diese Beurteilung gerichteten Einwände der Rechtsbeschwerde haben keinen Erfolg.
aa) Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die Zwangsvollstreckung stets einzustellen sei, wenn der Gefahr eines Suizids des Vollstreckungsschuldners nur durch eine jahrelange Unterbringung ohne erkennbaren therapeutischen Nutzen begegnet werden könne (vgl. oben Rn. 23), sei nicht festzuhalten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehe in einem engen Kreis von Ausnahmefällen lediglich die Möglichkeit, dem Vollstreckungsschuldner dauerhaft Vollstreckungsschutz zu gewähren. Es sei danach nicht ausgeschlossen, dass die Interessen des Vollstreckungsgläubigers die Interessen des suizidgefährdeten Vollstreckungsschuldners im Einzelfall überwiegen, soweit der Gefahr eines Suizids des Vollstreckungsschuldners durch seine dauerhafte Unterbringung begegnet werden könne.
Damit hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Die von der Rechtsbeschwerde herangezogene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts betrifft allein die Frage, ob es möglich ist, die Zwangsvollstreckung nicht nur (wie regelmäßig) befristet, sondern (in besonders gelagerten Einzelfällen) für einen längeren Zeitraum und (in absoluten Ausnahmefällen) auf unbestimmte Zeit einzustellen (vgl. oben Rn. 24 und 25). Sie betrifft dagegen nicht die vorgelagerte Frage, ob ein Antrag des suizidgefährdeten Vollstreckungsschuldners auf Einstellung der Zwangsvollstreckung zurückgewiesen werden darf, wenn der Gefahr eines Suizids des Vollstreckungsschuldners nur durch eine jahrelange Unterbringung ohne erkennbaren therapeutischen Nutzen begegnet werden kann. Diese Frage ist zu verneinen.
Steht fest oder ist aller Voraussicht nach davon auszugehen, dass die Anordnung der Unterbringung zu einer bloßen Verwahrung auf Dauer führte, ist eine Freiheitsentziehung zur Ermöglichung der Zwangsvollstreckung unverhältnismäßig und das Verfahren einzustellen (vgl. BGH, NJW-RR 2010, 1649 Rn. 14; NJW-RR 2016, 336 Rn. 8, jeweils mwN). In einem solchen Fall kann sich der Schuldner zwar nicht auf sein Grundrecht auf Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) berufen, da sein Leben durch die Unterbringung geschützt werden kann. Er kann sich aber auf sein Grundrecht auf Freiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) berufen, das im Falle einer dauerhaften Unterbringung ohne therapeutischen Nutzen die Grundrechte des Gläubigers auf Schutz des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) und effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) in aller Regel überwiegt.
bb) Die Rechtsbeschwerde macht weiter geltend, der Annahme des Berufungsgerichts, eine Unterbringung hindere einen Suizid nicht, stehe das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. K. entgegen, der unter Berücksichtigung des von Dr. L. erstatteten Gutachtens und der von Dr. H. abgegebenen Stellungnahme in einer Unterbringung eine nachhaltige und erfolgversprechende Möglichkeit zur Verhinderung eines Suizids gesehen habe. Das Beschwerdegericht habe sich hierüber nicht ohne weitere sachverständige Abklärung hinwegsetzen dürfen. Es sei auch nicht verständlich, weshalb einer Suizidgefahr in einer psychiatrischen Anstalt nicht in adäquater Weise begegnet werden könnte und Maßnahmen zur vorübergehenden Verhinderung eines Suizids nicht erforderlichenfalls längerfristig angewendet werden könnten. Auch damit dringt die Rechtsbeschwerde nicht durch.
Das Beschwerdegericht hat berücksichtigt, dass der Sachverständige Dr. K. in einer geschlossenen Unterbringung des Schuldners eine Möglichkeit zur Verhinderung eines Suizids gesehen hat. Es hat allerdings angenommen, eine solche Unterbringung ermögliche keine erfolgreiche Behandlung des Schuldners, sondern wäre als bloßes „kontrolliertes Wegsperren“ aufzufassen. Diese Annahme hat das Beschwerdegericht entgegen der Darstellung der Rechtsbeschwerde nicht auf eigene Sachkunde, sondern auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. K. gestützt. Danach ist eine wirksame kausale Therapie der Suizidalität nur durch eine erfolgreiche Behandlung der wahnhaften Störung möglich. Der Erfolg einer solchen Behandlung ist aber höchst unwahrscheinlich, weil nicht mit einer Behandlungseinsicht des Schuldners zu rechnen ist. Eine zwangsweise Unterbringung würde den Schuldner vielmehr in seinen wahnhaften Überzeugungen bestärken. Sie ermöglichte daher nach den Ausführungen des Sachverständigen allenfalls eine symptomatische Ruhigstellung des Schuldners mit medikamentösen und physikalischen „Fesseln“.
Das Beschwerdegericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, eine solche Unterbringung, bei der die Erkrankung des Schuldners nicht behandelt werden könnte und die die Gefahr eines Suizids des Schuldners nach der Entlassung und der Konfrontation mit dem Verlust des Eigenheims voraussichtlich nicht abwende, wäre unzulässig. Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, es sei unverständlich, weshalb Maßnahmen zur vorübergehenden Verhinderung eines Suizids nicht erforderlichenfalls längerfristig angewendet werden könnten. Das Beschwerdegericht hat mit Recht angenommen, dass eine dauerhafte Unterbringung des Schuldners, die keinen therapeutischen Nutzen hat, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht in Betracht kommt.
cc) Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, eine rechtsfehlerfreie Interessenabwägung hätte zur Versagung des Vollstreckungsschutzes führen müssen, führt sie keine vom Beschwerdegericht übergangenen Gesichtspunkte auf, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass die Interessen der Gläubiger die Interessen des Schuldners in einer Weise überwiegen, dass dieser eine dauerhafte Unterbringung ohne therapeutischen Nutzen hinzunehmen hat, um den Gläubigern die Zwangsvollstreckung zu ermöglichen.
d) Das Beschwerdegericht hat die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zeitlich auf zwei Jahre befristet. Es hat angenommen, nach den fachärztlichen Feststellungen sei eine Veränderung im Krankheitsbild des Schuldners nicht gänzlich ausgeschlossen. Deshalb erscheine eine erneute Befristung von zwei Jahren erforderlich und angemessen. Der Schuldner hat diese Beurteilung hingenommen. Sie lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen (vgl. oben Rn. 24 und 25).
e) Das Beschwerdegericht hat die befristete Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht mit Auflagen versehen, die das Ziel haben, die Gesundheit des Schuldners wiederherzustellen Es hat angenommen, nach fachärztlicher Einschätzung sei eine erfolgsversprechende Behandlung des - krankheitsbedingt behandlungsuneinsichtigen - Schuldners nicht möglich. Auflagen mit dem Ziel, die Gesundheit des Schuldners wiederherzustellen, würden daher unzweifelhaft ins Leere laufen. Unter diesen Umständen könne der Schuldner nicht auf eigene zumutbare Anstrengungen zur Wahrnehmung ärztlicher Hilfe verwiesen werden. Auch diese Beurteilung hält einer rechtlichen Nachprüfung stand (vgl. oben Rn. 26).
Die Rechtsbeschwerde macht vergeblich geltend, das Beschwerdegericht hätte die Zwangsvollstreckung nicht ohne Auflage für den Schuldner einstellen dürfen, sich in psychiatrische Behandlung zu begeben, weil eine solche Behandlung immerhin geringe Erfolgsaussichten gehabt hätte. Die Rechtsbeschwerde versucht damit lediglich, die tatrichterliche Würdigung der fachärztlichen Bewertungen, durch ihre eigene Beurteilung zu ersetzen, ohne einen Rechtsfehler des Beschwerdegerichts aufzuzeigen.
III. Danach ist die Rechtsbeschwerde gegen den angefochtenen Beschluss zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 788 Abs. 1 ZPO. Es besteht kein Anlass, den Gläubigern gemäß § 788 Abs. 4 ZPO einen Teil der Kosten aufzuerlegen.
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