Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 13.09.2018


BGH 13.09.2018 - I ZB 25/17

Schutzfähigkeit von „Pippi Langstrumpf“ für Erziehung


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
13.09.2018
Aktenzeichen:
I ZB 25/17
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2018:130918BIZB25.17.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend BPatG München, 17. Februar 2017, Az: 29 W (pat) 37/13, Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 29. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 17. Februar 2017 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Gründe

1

I. Für die Markeninhaberin ist seit dem 29. November 2007 die am 14. März 2006 angemeldete Wortmarke Nr. 306 16 844

Pippi Langstrumpf

eingetragen, deren Schutz sich auf folgende Waren und Dienstleistungen erstreckt:

Klasse 09: wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, elektrische, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte;

Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Buchbinderartikel; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Drucklettern; Druckstöcke;

Klasse 28: Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Christbaumschmuck;

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; sportliche Aktivitäten; Fotografie; Fotoreportagen; Berufsberatung; Reporterdienstleistungen; Übersetzungen; Gebärdendolmetschen.

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Der Antragsteller hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Marke beantragt. Ihr fehle jegliche Unterscheidungskraft und es bestehe ein Freihaltebedürfnis.

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Das Deutsche Patent- und Markenamt hat den Löschungsantrag zurückgewiesen. Die Beschwerde des Antragstellers hat das Bundespatentgericht zurückgewiesen (MarkenR 2017, 169). Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der vom Bundespatentgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde. Die Markeninhaberin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

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II. Das Bundespatentgericht hat angenommen, die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG lägen nicht vor. Dazu hat es ausgeführt:

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Es könne nicht festgestellt werden, dass der Marke im Zeitpunkt ihrer Anmeldung oder im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde jegliche Unterscheidungskraft fehle.

6

Pippi Langstrumpf sei der Name einer von Astrid Lindgren geschaffenen Romanfigur. Die Romanfigur Pippi Langstrumpf werde als freches neunjähriges Mädchen mit roten, zu Zöpfen geflochtenen Haaren und Sommersprossen beschrieben, die selbstgenähte bunte Kleider und unterschiedlich farbige und gemusterte Kniestrümpfe trage. Der Name der Phantasiegestalt Pippi Langstrumpf stelle keine Sachangabe dar. Im Hinblick auf die mit der Marke geschützten Waren und Dienstleistungen wecke die Wortfolge Pippi Langstrumpf allenfalls Assoziationen an die bekannte Romanfigur. Sie sei jedoch zugleich geeignet, auf das Unternehmen hinzuweisen, welches Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit dieser Phantasiefigur anbiete. Für die Waren der Klasse 09 könne aus der Bezeichnung nicht auf deren Eigenschaften, Qualität oder Aussehen geschlossen werden, selbst wenn - wie der Antragsteller vorbringe - der Name Pippi Langstrumpf mit den Eigenschaften der Fröhlichkeit, übermenschlichen Kräfte, Furcht- und Respektlosigkeit, Phantasie und des Wortwitzes assoziiert würden. Hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 41 sowie der Waren der Klassen 16 und 28 sei die Bezeichnung ebenfalls als betrieblicher Herkunftshinweis geeignet, weil es an einem hinreichend engen beschreibenden Bezug zwischen der Bezeichnung "Pippi Langstrumpf" und den jeweils betroffenen Waren oder Dienstleistungen fehle. Soweit Namen bekannter Persönlichkeiten im Zusammenhang mit Gebrauchsartikeln dazu genutzt würden, die Aufmerksamkeit des Publikums zu wecken und den Kaufanreiz zu erhöhen, erblicke der Verkehr im Namen zwar gerade keinen betrieblichen Herkunftshinweis, sondern lediglich ein Gestaltungsmittel. Im Streitfall werde der Schriftzug "Pippi Langstrumpf" jedoch nicht rein design- oder werbemäßig verwendet. Es sei auch nicht hinreichend vorgetragen und belegt, dass der Verkehr das Wortzeichen "Pippi Langstrumpf" als Sachhinweis auf Waren verstehe, die mit Motiven aus der Welt der Pippi Langstrumpf versehen seien.

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Ein Freihaltebedürfnis bestehe ebenfalls nicht, weil sich die angegriffene Bezeichnung nicht in einer produktbeschreibenden Angabe erschöpfe.

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III. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Annahme des Bundespatentgerichts, die angegriffene Marke sei mit Blick auf die geschützten Waren und Dienstleistungen hinreichend unterscheidungskräftig, hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

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1. Die ohne Beschränkung auf einen abgrenzbaren Teil zugelassene Rechtsbeschwerde eröffnet dem Rechtsbeschwerdegericht die volle rechtliche Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses, ohne dass es auf die Entscheidung der als Zulassungsgrund angeführten Rechtsfrage beschränkt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2016 - I ZB 43/15, GRUR 2017, 186 Rn. 9 = WRP 2017, 183 - Stadtwerke Bremen, mwN).

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2. Die Voraussetzungen der Löschung gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sind nicht gegeben.

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a) Im Falle eines gegen eine deutsche Marke gerichteten Nichtigkeitsverfahrens (§ 50 Abs. 1 MarkenG) ist für die Prüfung, ob einem Zeichen für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt oder gefehlt hat und es daher von der Eintragung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausgeschlossen oder entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingetragen worden ist, auf das Verkehrsverständnis im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens abzustellen (BGH, Beschluss vom 6. April 2017 - I ZB 39/16, GRUR 2017, 1262 Rn. 13 = WRP 2017, 1478 - Schokoladenstäbchen III, mwN). Eine Löschung der Marke darf gemäß § 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG aber nur erfolgen, wenn die Marke auch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag keine hinreichende Unterscheidungskraft aufweist.

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b) Das Bundespatentgericht hat das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft rechtsfehlerfrei verneint.

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aa) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2017 - I ZB 97/16, GRUR 2018, 301 Rn. 11 = WRP 2018, 459 - Pippi-Langstrumpf-Marke, mwN).

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Einem Zeichen fehlt jegliche Unterscheidungskraft, wenn seine Wortbestandteile einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2009 - I ZB 52/08, GRUR 2009, 952 Rn. 10 = WRP 2009, 960 - DeutschlandCard; Beschluss vom 4. April 2012 - I ZB 22/11, GRUR 2012, 1143 Rn. 9 = WRP 2012, 1396 - Starsat; Beschluss vom 19. Februar 2014 - I ZB 3/13, GRUR 2014, 569 Rn. 14 = WRP 2014, 573 - HOT). Weil der Verkehr die Marke so wahrnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen, kann ein Bedeutungsgehalt, der erst in mehreren gedanklichen Schritten ermittelt wird, die Annahme einer fehlenden Unterscheidungskraft nicht tragen (vgl. BGH, GRUR 2018, 301 Rn. 15 - Pippi-Langstrumpf-Marke, mwN).

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Personennamen sind wegen ihrer Eignung, den Namensträger individuell zu bezeichnen und damit von anderen Personen zu unterscheiden, ein klassisches Kennzeichnungsmittel (vgl. zu § 5 MarkenG BGH, Urteil vom 30. Januar 2008 - I ZR 134/05, GRUR 2008, 801 Rn. 13 = WRP 2008, 1189 - Hansen-Bau). Ob ein Personenname eine auf die Herkunft von Waren oder Dienstleistungen hinweisende Funktion hat, ist allerdings nach den für sämtliche Marken geltenden Grundsätzen zu beurteilen (vgl. EuGH, Urteil vom 16. September 2004 - C-404/02, Slg. 2004, I-8499 = GRUR 2004, 946 Rn. 25 ff. - Nichols plc/Registrar of Trade Marks). Versteht der Verkehr eine Personenbezeichnung lediglich als eine Waren oder Dienstleistungen beschreibende Sachangabe, so fehlt es an der für die Unterscheidungskraft erforderlichen Funktion, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH, GRUR 2018, 301 Rn. 12 - Pippi-Langstrumpf-Marke, mwN).

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Die der Prüfung der Unterscheidungskraft zugrundeliegende Feststellung des Verkehrsverständnisses liegt im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Sie kann daher im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf überprüft werden, ob der Tatrichter einen zutreffenden Rechtsbegriff zu Grunde gelegt und entsprechend den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung geurteilt hat und das gewonnene Ergebnis von den getroffenen Feststellungen getragen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juli 2016 - I ZB 52/15, GRUR 2016, 1167 Rn. 19 = WRP 2016, 1364 - Sparkassen-Rot).

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bb) Danach hält die Beurteilung des Bundespatentgerichts den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.

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(1) Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, das Bundespatentgericht habe zu Unrecht einen durch die Charaktereigenschaften der Romanfigur klar konturierten inhaltlich-thematischen Bezug des Zeichens "Pippi Langstrumpf" zu den Dienstleistungen der Klasse 41, insbesondere denjenigen der Erziehung und Ausbildung, verneint.

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Mit der Darlegung, die positiven Charaktereigenschaften der Romanfigur ("starke, selbstbewusste, eigenständige, unabhängige Persönlichkeit") oder der charakterliche Typus "Pippi Langstrumpf" begründeten einen hinreichend engen Sachbezug zu Erziehungs- und Ausbildungsdienstleistungen, weil die Eltern eine an diesen Charaktereigenschaften orientierte Erziehung erwarteten, zeigt die Rechtsbeschwerde keine Rechtsfehler in der Beurteilung des Bundespatentgerichts auf, sondern nimmt lediglich eine abweichende tatsächliche Würdigung vor. Die Würdigung des Bundespatentgerichts, Eltern erwarteten von einer mit "Pippi Langstrumpf" bezeichneten Kinderbetreuungseinrichtung kein bestimmtes Erziehungskonzept, ist frei von Rechtsfehlern.

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Rechtlich nicht zu beanstanden ist weiter, dass das Bundespatentgericht einen hinreichend engen inhaltlichen Bezug zwischen den Eigenschaften der Romanfigur und den betroffenen Dienstleistungen verneint hat. Erfolgt die Zuordnung eines Bedeutungsgehalts wie im Streitfall aufgrund mehrerer gedanklicher Schritte, steht dies der Annahme fehlender Unterscheidungskraft entgegen. Inhaltliche Zuschreibungen, die der Verkehr von der Romanfigur auf unter ihrem Namen angebotene Dienstleistungen überträgt, begründen in einem solchen Fall allenfalls einen beschreibenden Anklang der angegriffenen Marke. Der Umstand, dass eine Marke als sprechendes Zeichen einen Hinweis nicht nur auf die betriebliche Herkunft, sondern auch auf die gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung gibt, steht der Annahme der Unterscheidungskraft nicht entgegen (vgl. BGH, GRUR 2018, 301 Rn. 18 - Pippi-Langstrumpf-Marke, mwN).

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(2) Die Rechtsbeschwerde wendet sich erfolglos gegen die Beurteilung des Bundespatentgerichts, die angegriffene Bezeichnung sei für die weiteren der Klasse 41 angehörenden Dienstleistungen "sportliche Aktivitäten", "Fotografie", "Fotoreportagen", "Berufsberatung", "Reporterdienstleistungen", "Übersetzungen" und "Gebärdendolmetschen" hinreichend unterscheidungskräftig, weil kein inhaltlich-thematischer oder sonstiger sachbeschreibender Bezug zu diesen Dienstleistungen zu erkennen sei und die Dienstleistung "Fotoreportagen" für Dritte nicht nur solche über "Pippi Langstrumpf" betreffen werde, da das Geschäftsfeld insoweit zu stark eingeschränkt wäre. Die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Bundespatentgericht habe hinsichtlich dieser weiteren Klasse 41 angehörenden Dienstleistungen zu Unrecht eine hinreichende Unterscheidungskraft angenommen, weil der Oberbegriff "Fotoreportagen" auch solche über Pippi Langstrumpf erfasse, hat keinen Erfolg.

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Der Gerichtshof der Europäischen Union hat für eine Bildmarke ausgesprochen, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. b GMV keine Verpflichtung entnommen werden kann, im Eintragungsverfahren die Prüfung der Unterscheidungskraft auf andere Verwendungen der angemeldeten Marke zu erstrecken als diejenige, die die prüfende Stelle mit Hilfe ihrer Sachkunde auf diesem Gebiet als die wahrscheinlichste erkennt (EuGH, Beschluss vom 26. April 2012 - C-307/11, GRUR 2013, 519 Rn. 55 - Deichmann SE [umsäumter Winkel]). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss im Eintragungsverfahren für die Annahme der Unterscheidungskraft nicht jede denkbare Verwendung des Zeichens markenmäßig sein. Es genügt, wenn es praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten gibt, das angemeldete Zeichen bei den Waren und Dienstleistungen, für die es Schutz beansprucht, so zu verwenden, dass es vom Verkehr ohne weiteres als Marke verstanden wird (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juni 2018 - I ZB 61/17, GRUR 2018, 932 Rn. 21 = WRP 2018, 1196 - #darferdas?, mwN).

23

Danach ist im Streitfall dem angegriffenen Zeichen nicht deshalb eine hinreichende Unterscheidungskraft abzusprechen, weil denkbar ist, dass unter diesem Zeichen erbrachte Fotoreportagen sich mit dem Thema "Pippi Langstrumpf" befassen. Die vom Bundespatentgericht gegebene Begründung ist dahin zu verstehen, dass die unter dem angegriffenen Zeichen erfolgende Anfertigung von Fotoreportagen für Dritte regelmäßig andere Gegenstände betreffen wird und die Einengung dieser Dienstleistung auf die Erbringung von Fotoreportagen über Pippi Langstrumpf keine sinnvolle Geschäftstätigkeit darstellt. Damit ist eine solche beschreibende Zeichenverwendung weder die wahrscheinlichste noch eine praktisch bedeutsame oder naheliegende Möglichkeit, die bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft außer Betracht zu bleiben hat. Dies gilt entsprechend für die weiteren Dienstleistungen der Klasse 41, für die die angegriffene Marke Schutz gewährt.

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(3) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, das Bundespatentgericht habe sich nicht mit dem Vorbringen des Antragstellers befasst, der Verkehr nehme das angegriffene Zeichen hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 41 als reines Werbemittel wahr, und hierdurch den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör verletzt.

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Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet ein Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kommt deshalb erst in Betracht, wenn im Einzelfall besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Dies kann etwa der Fall sein, wenn das Gericht in seinen Entscheidungsgründen auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage nicht eingeht, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist (BVerfG, NJW 2009, 1584 Rn. 14 mwN; FamRZ 2013, 1953 Rn. 14). Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs ist hingegen nicht verletzt, wenn das Gericht den Parteivortrag zwar zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, jedoch andere rechtliche Schlüsse daraus gezogen hat als die vortragende Partei (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 9. November 2017 - I ZB 17/17, juris Rn. 9, mwN).

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Danach hat das Bundespatentgericht die Darlegung des Antragstellers, das angegriffene Zeichen werde ausschließlich als Werbemittel verstanden, nicht in gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßender Weise übergangen. Vielmehr hat es diesen Vortrag im Tatbestand referiert und sich mit diesem Argument im Zusammenhang mit den Waren der Klasse 16 und 28 befasst. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass das Bundespatentgericht den Vortrag des Antragstellers auch im Hinblick auf die Dienstleistungen der Klasse 41 erwogen, aber nicht für durchgreifend erachtet hat.

27

Fehlt es an einer Verletzung des rechtlichen Gehörs des Antragstellers, dringt die Rechtsbeschwerde auch nicht mit ihrer von der tatrichterlichen Beurteilung abweichenden Würdigung des Verkehrsverständnisses durch, weil sie Rechtsfehler der tatrichterlichen Würdigung nicht aufzuzeigen vermag.

28

Im Übrigen steht eine werbliche Wirkung - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - der Annahme hinreichender Unterscheidungskraft nicht entgegen. In diesem Zusammenhang kommt es allein darauf an, ob der Verkehr das Zeichen (auch) als Herkunftshinweis für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen ansieht. Ist dies der Fall, kann die Unterscheidungskraft nicht deshalb verneint werden, weil es gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbemittel aufgefasst wird (vgl. BGH, GRUR 2018, 301 Rn. 18 - Pippi-Langstrumpf-Marke, mwN).

29

(4) Die Rechtsbeschwerde rügt weiter erfolglos, dass das Bundespatentgericht dem angegriffenen Zeichen auch hinsichtlich der Waren der Klasse 9 hinreichende Unterscheidungskraft zugebilligt hat. Die Beurteilung des Bundespatentgerichts, der Verkehr könne aus der Kennzeichnung eines der in Klasse 9 fallenden Geräte (etwa Computern oder Registrierkassen) mit dem Namen Pippi Langstrumpf nicht auf Eigenschaften, Qualität oder Aussehen der Waren schließen, ist frei von Rechtsfehlern. Auch hier gilt, dass inhaltliche Zuschreibungen, die der Verkehr von der Romanfigur auf unter ihrem Namen angebotene Waren überträgt, mangels eines hinreichend engen beschreibenden Bezugs der Annahme der Unterscheidungskraft nicht entgegenstehen.

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(5) Den von der Rechtsbeschwerde auch hinsichtlich der Waren der Klasse 9 als übergangen gerügten Aspekt der Werbewirkung hat das Bundespatentgericht berücksichtigt, indem es für möglich gehalten hat, dass sich das angesprochene Publikum aufgrund der Bekanntheit der Romanfigur eher zum Kauf der mit ihrem Namen gekennzeichneten Geräte entschließen könnte. Nach der auch insoweit rechtsfehlerfreien Beurteilung des Bundespatentgerichts steht diese Werbewirkung der Eignung des angegriffenen Zeichens zum Herkunftshinweis jedoch nicht entgegen.

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(6) Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Beurteilung des Bundespatentgerichts, das angegriffene Zeichen weise auch hinsichtlich der Waren der Klassen 16 und 28 hinreichende Unterscheidungskraft auf.

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Der Umstand, dass der Verkehr charakterliche Eigenschaften der Romanfigur auf die Waren übertragen könnte, steht nach der rechtsfehlerfreien Beurteilung des Bundespatentgerichts auch hier mangels hinreichend engen beschreibenden Bezugs der Annahme hinreichender Unterscheidungskraft nicht entgegen.

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Entgegen der Rüge der Rechtsbeschwerde hat das Bundespatentgericht nicht ausgesprochen, dass im Falle von Wortzeichen - anders als bei Bildzeichen - eine rein werbliche Verwendung nicht in Betracht komme. Es hat vielmehr durchaus die Möglichkeit gesehen, dass der Verkehr der Verwendung des Namens bekannter Persönlichkeiten auf Gebrauchsartikeln im Falle entsprechender Gepflogenheiten keinen Herkunftshinweis entnimmt, sondern sie nur als Gestaltungsmittel ansieht. Das Bundespatentgericht hat bezogen auf die Waren der Klasse 16 und 28 sodann jedoch festgestellt, dass eine rein werbliche Verwendung des Schriftzugs Pippi Langstrumpf nicht angenommen werden könne. Diese tatrichterliche Beurteilung ist rechtsfehlerfrei. Mit der Darlegung, diese Zeichenverwendung diene ausschließlich werblichen Zwecken, setzt die Rechtsbeschwerde wiederum lediglich ihre eigene abweichende Würdigung an die Stelle der Würdigung des Tatrichters.

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3. Das Bundespatentgericht hat auch das Eintragungshindernis wegen einer freizuhaltenden beschreibenden Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu Recht verneint.

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a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Diese Vorschrift verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die eines oder mehrere Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Wirtschaftsteilnehmern, die solche Waren oder Dienstleistungen anbieten, frei verwendet werden können (vgl. EuGH, Urteil vom 10. März 2011 - C-51/10, Slg. 2011, I-1541 = GRUR 2011, 1035 Rn. 37 - Technopol/HABM [1000]; BGH, GRUR 2017, 186 Rn. 38 - Stadtwerke Bremen, mwN). Ob ein Zeichen oder eine Angabe beschreibend ist, bestimmt sich nach dem Verständnis der Verbraucherkreise, die als Abnehmer oder Interessenten der Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommen, für die die Marke geschützt ist (vgl. BGH, GRUR 2017, 186 Rn. 38 - Stadtwerke Bremen, mwN).

36

b) Danach hat das Bundespatentgericht das Schutzhindernis einer freizuhaltenden beschreibenden Angabe rechtsfehlerfrei mit der Begründung verneint, dass sich das angegriffene Zeichen nicht in einer produktbeschreibenden Angabe erschöpfe, weil der Verkehr ihm mangels konkreter inhaltlicher Vorstellungen keine ausschließlich den Inhalt oder die Eigenschaften der eingetragenen Waren oder Dienstleistungen beschreibende Aussage entnehme.

37

Die Rechtsbeschwerde wendet gegen diese Beurteilung erfolglos ein, das Zeichen "Pippi Langstrumpf" sei Synonym für einen bestimmten charakterlichen Typus. Die von der Rechtsbeschwerde herangezogenen charakterlichen Eigenschaften der Romanfigur begründen allenfalls einen beschreibenden Anklang des angegriffenen Zeichens, aber keine hinreichend konkrete und daher freizuhaltende Sachaussage über die mit ihm gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen.

38

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG.

Koch     

        

Kirchhoff     

        

Schwonke

        

Feddersen     

        

Schmaltz