Entscheidungsdatum: 29.02.2012
NV: Ein bei der übertragenden Körperschaft vorhandenes Hinzurechnungsvolumen (Nachversteuerungsvolumen) nach § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG 1997 geht nach der Rechtslage im Jahr 1997 bei einer Verschmelzung nicht auf die übernehmende Kapitalgesellschaft über.
I. Streitpunkt ist, ob im Streitjahr 1997 das Hinzurechnungsvolumen einer Kapitalgesellschaft gemäß § 2a Abs. 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG 1997) nach einer Verschmelzung auf eine andere Kapitalgesellschaft auf diese übergegangen ist.
Mit Verschmelzungsvertrag vom 17. März 1998 wurde die X-AG im Wege der Aufnahme auf die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) --ebenfalls eine AG-- verschmolzen. Als steuerlicher Übertragungsstichtag wurde der 31. Dezember 1997 festgelegt.
In den Jahren bis 1997 unterhielt die X-AG eine Betriebsstätte in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA). Hieraus erzielte sie Verluste, die sie bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen hatte. Daraus ergab sich zum 31. Dezember 1997 für sie rechnerisch ein gemäß § 2a Abs. 3 EStG 1997 der Hinzurechnung unterliegender und noch nicht hinzugerechneter (verbleibender) Betrag von 137.015.187 DM. Auch die Klägerin unterhielt in den Jahren vor der Verschmelzung eine Betriebsstätte in den USA. In dieser Betriebsstätte wurde im Streitjahr 1997 ein Gewinn von 89.472.772 DM erwirtschaftet, der nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Vermeidung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29. August 1989 in der Bundesrepublik Deutschland von der Besteuerung freigestellt war.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) stellte gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der X-AG auf den 31. Dezember 1997 ein Hinzurechnungsvolumen gemäß § 2a Abs. 3 EStG 1997 von 0 DM gesondert fest. Im Bescheid führte er aus, aufgrund der Verschmelzung zum 31. Dezember 1997 sei ein verbleibender Betrag nicht mehr festzustellen; das Hinzurechnungsvolumen sei auf die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin übergegangen. Für die Klägerin war zum Schluss des Veranlagungszeitraumes 1996 kein verbleibender Betrag nach § 2a Abs. 3 EStG 1997 für die USA festgestellt worden. Mit weiterem Bescheid an die Klägerin (ohne Beifügung eines Rechtsnachfolgezusatzes) stellte das FA einen verbleibenden Betrag von 47.542.415 DM gesondert fest. Laut diesem Bescheid betrugen der am 1. Januar 1997 verbliebene ausländische Verlust aus den Vorjahren 0 DM, der 1997 bei Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogene Verlust 137.015.187 DM und der 1997 bei Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nach § 2a Abs. 3 EStG 1997 hinzugerechnete Betrag 89.472.772 DM. Zur Begründung führte das FA aus, aufgrund des steuerlichen Übertragungsstichtags 31. Dezember 1997 sei der bei der untergehenden X-AG noch verbleibende Betrag nach § 2a Abs. 3 EStG 1997 wegen der Gesamtrechtsnachfolge auf die Klägerin übergegangen.
Die gegen den letztgenannten Bescheid erhobene Klage hatte Erfolg; das Finanzgericht (FG) München hat den Bescheid dahin abgeändert, dass die Feststellung des verbleibenden Betrags nach § 2a Abs. 3 EStG 1997 für die USA aufgehoben wird. Sein Urteil vom 7. Februar 2011 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1117 abgedruckt.
Gegen das FG-Urteil richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des FA.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und deshalb gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die von der X-AG bis zur Verschmelzung nach § 2a Abs. 3 Satz 1 EStG 1997 steuerlich in Abzug gebrachten Verluste aus ihrer US-amerikanischen Betriebsstätte nicht nach Maßgabe von § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG 1997 von der Klägerin nachzuversteuern sind.
1. Sind nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen aus einer in einem ausländischen Staat belegenen Betriebsstätte stammende Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit von der Einkommensteuer zu befreien, so ist gemäß § 2a Abs. 3 Satz 1 EStG 1997 auf Antrag des Steuerpflichtigen ein Verlust, der sich nach den Vorschriften des inländischen Steuerrechts bei diesen Einkünften ergibt, bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abzuziehen, soweit er vom Steuerpflichtigen ausgeglichen oder abgezogen werden könnte, wenn die Einkünfte nicht von der Einkommensteuer zu befreien wären, und soweit er nach diesem Abkommen zu befreiende positive Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit aus anderen in diesem ausländischen Staat belegenen Betriebsstätten übersteigt. Der danach abgezogene Betrag ist, soweit sich in einem der folgenden Veranlagungszeiträume bei den nach diesem Abkommen zu befreienden Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit aus in diesem ausländischen Staat belegenen Betriebsstätten insgesamt ein positiver Betrag ergibt, in dem betreffenden Veranlagungszeitraum bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte wieder hinzuzurechnen (§ 2a Abs. 3 Satz 3 EStG 1997). Der am Schluss eines Veranlagungszeitraumes der Hinzurechnung unterliegende und noch nicht hinzugerechnete (verbleibende) Betrag ist gesondert festzustellen (§ 2a Abs. 3 Satz 5 EStG 1997).
2. Das bei der X-AG zum 31. Dezember 1997 vorhandene Hinzurechnungsvolumen nach § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG 1997 ist nicht infolge der Verschmelzung auf die Klägerin übergegangen.
a) Die ertragsteuerlichen Folgen der Verschmelzung auf eine Körperschaft ergeben sich für die im März 1998 mit steuerlicher Rückwirkung zum 31. Dezember 1997 beschlossene Verschmelzung der X-AG auf die Klägerin durch Aufnahme (§ 2 Nr. 2, § 4 ff. des Umwandlungsgesetzes --UmwG 1995--) nach dem Dritten Teil des Umwandlungssteuergesetzes 1995 in der zuletzt durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928) geänderten Fassung (UmwStG 1995). In Bezug auf die steuerliche Rechtsnachfolge heißt es in § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995, die übernehmende Körperschaft trete bezüglich der Absetzungen für Abnutzung (AfA), der erhöhten Absetzungen, der Sonderabschreibungen, der Inanspruchnahme einer Bewertungsfreiheit oder eines Bewertungsabschlags, der den steuerlichen Gewinn mindernden Rücklagen sowie der Anwendung der Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Sätze 2 und 3 EStG 1997 sowie der Frist i.S. des § 5 Abs. 2 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Erhöhung des Nennkapitals aus Gesellschaftsmitteln in die Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein. Nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 gilt das unter den dort bestimmten Voraussetzungen auch für einen verbleibenden Verlustabzug i.S. des § 10d Abs. 3 Satz 2 EStG 1997.
b) Ein nach § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG 1997 bei der übertragenden Körperschaft vorhandenes Hinzurechnungspotential gehört nicht zu den in § 12 Abs. 3 UmwStG 1995 aufgeführten steuerlichen Rechtspositionen, hinsichtlich derer die übernehmende Körperschaft in die Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft eintritt. Das wird auch von der Revision nicht in Abrede gestellt.
c) Die Auflistung der Tatbestände, in denen nach § 12 Abs. 3 UmwStG 1995 eine steuerliche Rechtsnachfolge eintritt, ist abschließend. In diesem Sinne hat der Senat bereits zur Vorgängervorschrift § 15 Abs. 3 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform (UmwStG 1977) entschieden, dass die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns nicht auf die aufnehmende Körperschaft übergeht (Senatsurteil vom 14. März 1990 I R 121/88, BFHE 160, 455, BStBl II 1990, 806). Für § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995 gilt nichts anderes (dessen Aufzählungscharakter betonend Senatsurteile vom 27. Mai 2009 I R 94/08, BFHE 225, 131, BStBl II 2010, 937, und vom 28. Oktober 2009 I R 4/09, BFHE 228, 21, BStBl II 2011, 315; ebenso Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, GewStG, UmwStG, § 12 UmwStG Rz 48 [in der durch die 93. Lieferung aussortierten Fassung]; Probst in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 2a EStG Rz 537; Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 4. Aufl., § 12 UmwStG Rz 56; Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 26. Aufl., § 2a Rz 53; Pach-Hassenheimb, Deutsches Steuerrecht 2001, 64 ff., m.w.N.; vgl. auch Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG Rz 395; Gosch in Kirchhof, EStG, 10. Aufl., § 2a Rz 50; anderer Auffassung: Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 25. März 1998, BStBl I 1998, 268, Tz. 12.27 i.V.m. 04.08; R 2a Abs. 5 der Einkommensteuer-Richtlinien; Dötsch/Pung, Der Betrieb 2000, 61, 63).
aa) Der Wortlaut der Norm bietet keinen Anhalt dafür, dass die Auflistung lediglich Beispielscharakter hat und die Vorschrift über die aufgelisteten Einzeltatbestände hinaus eine umfassende steuerliche Gesamtrechtsnachfolge anordnet. Es ist kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich, warum der Gesetzgeber eine derart detaillierte und umfangreiche Auflistung von Einzelpositionen in den Tatbestand aufnehmen sollte, wenn er von einer steuerlichen Gesamtrechtsnachfolge ausgegangen wäre.
Soll ein im Gesetz genanntes Merkmal nur beispielhaft für einen allgemeineren Tatbestand stehen, kann der Gesetzgeber dies durch einen Zusatz wie "insbesondere", "beispielsweise", "regelmäßig", "auch" oder "unter anderem" ausdrücken. So hat der Senat z.B. aus Formulierung "insbesondere" in § 8 Abs. 4 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1991 geschlossen, dass der dortige Tatbestand das Fehlen der wirtschaftlichen Identität nicht abschließend beschreibt (Senatsurteil vom 13. August 1997 I R 89/96, BFHE 183, 556, BStBl II 1997, 829). Fehlt --wie hier-- ein solcher Zusatz, spricht dies für eine abschließende Regelung. Dagegen ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber abschließende Aufzählungen regelmäßig mit einem Zusatz wie "nur" oder "ausschließlich" kennzeichnet (vgl. z.B. die Aufzählung der Realisationsakte bezüglich einbringungsgeborener Anteile in § 21 Abs. 1 und Abs. 2 UmwStG 1995 --zu deren Abgeschlossenheit Senatsurteil vom 12. Oktober 2011 I R 33/10, BFHE 235, 388-- oder den Katalog der Sonderausgaben in §§ 10 ff. EStG --zu dessen Abgeschlossenheit Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 16. Februar 2011 X R 10/10, BFH/NV 2011, 977--). Das Fehlen einer solchen Formulierung in § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995 lässt sich deshalb --entgegen der Auffassung der Revision-- nicht für einen bloßen Beispielscharakter der dort aufgeführten Rechtspositionen ins Feld führen.
bb) Eine generelle steuerliche Rechtsnachfolge der übernehmenden Körperschaft ist erst durch § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995 i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 (StBereinG 1999) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13) --UmwStG 1995 n.F.-- in das Gesetz eingefügt worden. Dort heißt es ausdrücklich, die übernehmende Körperschaft trete "in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein". Die Bewertung der übernommenen Wirtschaftsgüter, die AfA und die gewinnmindernden Rücklagen werden nur noch --durch den Zusatz "insbesondere" gekennzeichnet-- als Beispiele aufgezählt. Die Bestimmung ist gemäß Art. 28 Abs. 1 StBereinG 1999 am 1. Januar 2000 in Kraft getreten und ist deshalb auf die streitbefangene Verschmelzung nicht anzuwenden.
cc) Eine historische Auslegung anhand der Gesetzesmaterialien führt zu keinem anderen Ergebnis. Die von der Revision herangezogene Begründung des Regierungsentwurfs zu § 15 Abs. 3 UmwStG 1977 gibt für die Frage der Abgeschlossenheit der Regelung nichts her. Soweit es dort heißt, der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge nach § 15 Abs. 3 UmwStG 1977 hinsichtlich der AfA sowie der erhöhten Absetzungen und ähnlicher Erleichterungen erlange ein stärkeres Gewicht als bei der Übernahme des Vermögens durch eine Personengesellschaft oder durch eine natürliche Person (BTDrucks 7/4803, S. 30), bezieht sich der verwendete Ausdruck "Gesamtrechtsnachfolge" ausschließlich auf die in § 15 Abs. 3 UmwStG 1977 aufgeführten Rechtspositionen und lässt somit nicht auf die Absicht einer generellen steuerlichen Gesamtrechtsnachfolge schließen.
Entsprechendes gilt für die Begründung des Fraktionsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umwandlungssteuerrechts vom 28. Februar 1994, wo es im Hinblick auf den mit § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995 teilidentischen § 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 unter der Überschrift "Abschreibung" heißt, die übernehmende Personengesellschaft trete "hinsichtlich der Absetzungen für Abnutzung sowie der erhöhten Absetzungen und ähnlicher Erleichterungen entsprechend dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge in die Rechtsposition der übertragenden Körperschaft ein" (BTDrucks 12/6885, S. 17). Dem lässt sich nicht entnehmen, dass der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge auch über die ausdrücklich angesprochenen Positionen hinaus Anwendung finden soll.
Ebenso wenig kann sich die Revision für ihre Sichtweise mit Erfolg auf die Begründung des Regierungsentwurfs zum StBereinG 1999 stützen. Dort heißt es zwar zu der § 12 Abs. 3 UmwStG 1995 n.F. entsprechenden Regelung in § 4 Abs. 2 UmwStG 1995 n.F., Satz 1 solle klarer als Generalklausel ausgeformt werden; eine abschließende Aufzählung der fortzuführenden Besteuerungsmerkmale sei nicht möglich; in der Literatur würde den Rechtsnachfolgeklauseln teilweise abschließender Charakter beigelegt; sollte sich diese Rechtsauffassung durchsetzen, hätte dies ungerechtfertigte Steuerausfälle zur Folge (BTDrucks 14/1655, S. 13). Die Äußerung eines an der Gesetzgebung beteiligten Organs, der zufolge eine Gesetzesänderung klarstellende Wirkung habe, kann jedoch nicht bewirken, dass die neue Fassung rückwirkend auf Zeiträume vor ihrem Inkrafttreten anwendbar ist (vgl. z.B. Senatsurteil vom 27. August 2008 I R 28/07, BFH/NV 2009, 123).
Dass nach der Gesetzesbegründung eine abschließende Aufzählung der fortzuführenden Besteuerungsmerkmale nicht möglich ist, ist kein Argument für ein Verständnis des § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995 als Generalklausel. Denn der Gesetzgeber hätte, wenn er eine steuerliche Gesamtrechtsnachfolge angestrebt hätte, auch schon vor der Gesetzesänderung durch das StBereinG 1999 eine Generalklausel in § 12 Abs. 3 UmwStG 1995 implementieren können und hätte nicht alle denkbaren steuerlichen Rechtspositionen auflisten müssen.
dd) Eine steuerrechtliche Gesamtrechtsnachfolge kann nicht mit dem Argument der Revision begründet werden, eine Verschmelzung weise zivilrechtlich überwiegend Elemente der Gesamtrechtsnachfolge auf, so dass die Elemente des Anschaffungsgeschäfts in den Hintergrund treten müssten. Zwar trifft es zu, dass bei der Verschmelzung der übertragende Rechtsträger erlischt und gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG 1995 der übernehmende Rechtsträger zivilrechtlich dessen Rechtsnachfolger wird. Die zivilrechtliche Gesamtrechtsnachfolge muss jedoch nicht notwendig auch zu einer ertragsteuerlichen Gesamtrechtsnachfolge führen. Vielmehr ist es dem Gesetzgeber anheim gegeben, die ertragsteuerlichen Folgen von Umwandlungen --welche aus umwandlungssteuerrechtlicher Sicht wesentliche Elemente von entgeltlichen Tauschgeschäften enthalten (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04, BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608, m.w.N.)-- ggf. abweichend von den zivilrechtlichen Strukturen zu gestalten. Legt in diesem Zusammenhang § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995 fest, dass bei der Verschmelzung nur einzelne steuerrechtliche Positionen auf die übernehmende Körperschaft übergehen, kann diese gesetzgeberische Entscheidung deshalb nicht durch einen Rekurs auf die zivilrechtliche Gesamtrechtsnachfolge überspielt werden.
ee) Die von der Revision herangezogenen BFH-Entscheidungen stützen die von ihr vertretene Auffassung nicht.
aaa) Soweit in den Senatsurteilen vom 28. Juli 2010 I R 89/09 (BFHE 230, 408, BStBl II 2011, 528) und I R 111/09 (BFH/NV 2011, 67) von einer umfassenden steuerlichen Rechtsnachfolge bei der Verschmelzung die Rede ist ("Fußstapfentheorie"), betrifft dies die dortigen Streitjahre 2004 und 2005, in denen die durch das StBereinG 1999 geänderte Version des § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995 n.F. anwendbar war, welche anders als die im Streitfall in Rede stehende Fassung eine umfassende steuerliche Rechtsnachfolge explizit angeordnet hat (oben II.2.c bb).
bbb) Das Senatsurteil vom 31. Mai 2005 I R 68/03 (BFHE 209, 535, BStBl II 2006, 380), nach dem bei der Verschmelzung von Körperschaften ein im Übertragungsjahr bei der übertragenden Körperschaft eingetretener (laufender) Verlust mit im Übertragungsjahr erzielten Gewinnen der übernehmenden Körperschaft verrechnet werden kann, betrifft ausschließlich die spezifischen Modalitäten des Verlustübergangs nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 und lässt --wie der Senat bereits an anderer Stelle ausgeführt hat (Senatsurteil vom 13. Februar 2008 I R 11/07, BFH/NV 2008, 1538; vgl. auch Gosch, Entscheidungen des Bundesfinanzhofs für die Praxis der Steuerberatung 2009, 354, und in Mellinghoff/Schön/Viskorf, Steuerrecht im Rechtsstaat, Festschrift für Wolfgang Spindler, S. 379, 390)-- keine darüber hinausgehenden Schlussfolgerungen zu. Das gilt auch in Bezug auf den Rechtsübergang nach § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995.
ccc) Auch der Senatsbeschluss vom 25. August 2010 I R 13/09 (BFHE 230, 436, BStBl II 2011, 113) zum Übergang des Hinzurechnungsvolumens nach § 2 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Auslandsinvestitionen der deutschen Wirtschaft vom 18. August 1969 i.d.F. des 2. Haushaltsstrukturgesetzes vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1981, 1523, BStBl I 1982, 235) --AuslInvG-- auf den Erben lässt sich nicht für die Auffassung der Revision dienstbar machen. Zwar ist das Nachversteuerungssystem nach § 2, § 5 AuslInvG mit jenem des § 2a Abs. 3 EStG 1997 vergleichbar. Jedoch hat der Senat den Übergang des Hinzurechnungspotentials auf den Erben im Beschlussfall mit der erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Zusammenhang mit einer "gespaltenen Tatbestandsverwirklichung" begründet. Ein Rückgriff auf die zivilrechtliche Gesamtrechtsnachfolge bei der Verschmelzung ist jedoch aus den zu II.2.c dd ausgeführten Gründen ausgeschlossen. Für den Umfang des steuerlichen Rechtsübergangs bei der Verschmelzung ist ausschließlich § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995 maßgeblich.
ddd) Der Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. Oktober 1985 GrS 4/84 (BFHE 145, 110, BStBl II 1986, 230) schließlich lässt keine Rückschlüsse auf die ertragsteuerlichen Folgen einer Verschmelzung zu, weil er mit der Kraftfahrzeugsteuer eine Verkehrssteuer betrifft, die nicht zu den vom UmwStG 1995 erfassten Steuerarten gehört (vgl. z.B. Haritz in Haritz/Menner, Umwandlungssteuergesetz, 3. Aufl., § 1 Rz 99). Im Übrigen befasst sich der Beschluss mit verfahrensrechtlich bereits festgesetzten Steuern und ist auch deshalb nicht ergiebig für die hier in Rede stehende Frage des Übergangs von Hinzurechnungspotential nach § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG 1997.
d) Der Übergang des Hinzurechnungspotentials der X-AG auf die Klägerin kann nicht auf § 45 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) gestützt werden. Nach dieser Vorschrift gehen bei der Gesamtrechtsnachfolge die Forderungen und Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Rechtsnachfolger über. Die Vorinstanz hat zu Recht darauf verwiesen, dass ungeachtet der von der BFH-Rechtsprechung aus der Bestimmung abgeleiteten umfassenden abgabenrechtlichen Rechtsnachfolge (vgl. z.B. Urteile vom 17. Juni 1997 IX R 30/95, BFHE 183, 470, BStBl II 1997, 802; vom 20. März 2002 II R 53/99, BFHE 199, 19, BStBl II 2002, 441) die Frage, ob und in welchem Umfang steuerrechtliche Positionen auf den (zivilrechtlichen) Gesamtrechtsnachfolger übergehen, nicht allein durch eine isolierte Auslegung der allgemeinen und für alle Steuerarten geltenden Vorschrift das § 45 AO, sondern nur unter Heranziehung der für die betreffende Rechtsbeziehung einschlägigen materiell-rechtlichen Normen und Prinzipien des jeweiligen Einzelsteuergesetzes gefunden werden kann (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608; BFH-Urteil in BFHE 199, 19, BStBl II 2002, 441). Und als insoweit für die Verschmelzung maßgebliches Einzelsteuergesetz ist wiederum auf § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995 abzustellen, der in Bezug auf die ertragsteuerlichen Rechtspositionen der übertragenden Körperschaft eben nur eine punktuelle und keine Gesamtrechtsnachfolge anordnet und der das Hinzurechnungspotential nach § 2a Abs. 3 EStG 1997 nicht erfasst.