Entscheidungsdatum: 09.10.2018
Offshore-Anbindung
Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, den die Bundesnetzagentur mit einer Vielzahl von Netzbetreibern jeweils mit im Wesentlichen gleichem Inhalt geschlossen hat, um zu gewährleisten, dass eine Vielzahl von ähnlich gelagerten Genehmigungsanträgen nach einheitlichen Kriterien behandelt wird, unterliegt der freien Auslegung durch das Rechtsbeschwerdegericht.
Auf die Rechtsbeschwerde wird der Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18. Januar 2017 aufgehoben.
Die Beschwerde gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 19. November 2014 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 18. März 2016 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf vier Millionen Euro festgesetzt.
A. Die Antragstellerin begehrt die Genehmigung einer Investitionsmaßnahme nach § 23 Abs. 1 ARegV für eine Verbindung zwischen zwei an ihr Übertragungsnetz angeschlossenen Windparks und einem neuen Windpark, der an das Übertragungsnetz eines dänischen Betreibers angeschlossen werden soll.
Die geplante Verbindung umfasst zwei Unterseekabel zwischen dem neuen und dem am nächsten gelegenen bereits bestehenden Windpark und einen so genannten Back-to-Back-Konverter, der am Übergang in das Netz der Antragstellerin auf dem Festland errichtet werden soll. Dieser Konverter ermöglicht es, dass die drei Windparks sowohl in das deutsche als auch in das dänische Übertragungsnetz einspeisen können, obwohl diese zu unterschiedlichen Synchrongebieten gehören. Dadurch wird zugleich die Transportkapazität zwischen den beiden Übertragungsnetzen erhöht.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2010 beantragte die Antragstellerin bei der Bundesnetzagentur die Genehmigung eines Investitionsbudgets auf der Grundlage einer früheren Konzeption, die die Installation des Konverters auf See vorsah. Mit Schreiben vom 28. März 2013 teilte sie die inzwischen vorgenommenen Änderungen an der Konzeption mit.
Mit Beschluss vom 19. November 2014, der durch Bescheid vom 18. März 2016 in einem hier nicht relevanten Punkt geändert worden ist, hat die Bundesnetzagentur die Investitionsmaßnahme genehmigt. In den Gründen des Ausgangsbeschlusses wird ausgeführt, es sei ein Ersatzanteil in Höhe von 10 % abzuziehen.
Der Abzug wird auf eine Vereinbarung gestützt, die die Beteiligten am 23. Februar 2012 zur Beilegung von Streitigkeiten in einer Vielzahl anhängiger Genehmigungsverfahren geschlossen hatten. Darin heißt es unter anderem:
"Präambel
Die Entscheidungspraxis der BNetzA bei positiven Genehmigungen von Investitionsbudgets nach § 23 ARegV ist Gegenstand intensiver, kontrovers geführter Diskussionen und auch zahlreicher Gerichtsverfahren. Für eine Vielzahl positiver Genehmigungen sind Beschwerdeverfahren anhängig, jedoch ist auch eine Reihe von Genehmigungen bestandskräftig. In bestimmten Fällen sind auch Ablehnungen von Investitionsbudgets Gegenstand von Beschwerdeverfahren, die - soweit das Beschwerde führende Unternehmen obsiegt - von der BNetzA positiv zu genehmigen sind. Aufgrund der hohen Zahl von Anträgen sind darüber hinaus auch noch nicht alle Anträge aus der Vergangenheit von der BNetzA beschieden. Mit allen in diesem Sinne betroffenen Unternehmen, die in der Anlage zu dieser Vereinbarung aufgeführt sind, wird diese Vereinbarung zum Vorgehen bei positiven Genehmigungen von Investitionsbudgets nach § 23 ARegV einheitlich geschlossen. Die Vereinbarung wirkt sich daher sowohl auf die Rückabwicklung gerichtlich angegriffener positiver Genehmigungen in ihrer jeweils aktuellen Fassung als auch auf das zukünftige Vorgehen der BNetzA bei positiven Genehmigungen aus.
…
4. Die BNetzA wird die Anträge, die den in der Präambel genannten Beschlüssen zugrunde liegen, zeitnah neu bescheiden und dabei die im Folgenden dargelegte Vorgehensweise anwenden. Darüber hinaus gehende Änderungen der Beschlüsse wird sie nicht vornehmen, soweit diese nicht vom Netzbetreiber beantragt werden.
a. Befristung …
b. Betrag zur Vermeidung von Doppelanerkennung
Ein Betrag zur Vermeidung von Doppelanerkennung entfällt.
Für die (Neu-) Bescheidung aller bis zum 30. Juni 2010 gestellten Anträge kann der Netzbetreiber wählen, auf welche Weise der Ersatzanteil im Rahmen des genehmigten Investitionsbudgets bestimmt wird:
i. Vereinfachte Abwicklung
Für die Anträge, die bis zum 30. Juni 2010 gestellt wurden, wird - mit Ausnahme von Offshore-Anbindungen - von der BNetzA ausnahmslos mit einem Ersatzanteil von 10 % kalkuliert. Dieser Ersatzanteil wird bezogen auf die anerkennungsfähigen bzw. tatsächlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten ermittelt. Für alle nach dem 30. Juni 2010 gestellten Anträge wird ein projektspezifischer Ersatzanteil gemäß Ziffer ii. ermittelt.
ii. Projektspezifischer Ersatzanteil für alle Projekte
Für alle beantragten Projekte wird von der BNetzA einzelfallbezogen ein spezifischer Ersatzanteil berechnet. Hierzu werden die einzelnen Projekte vom Netzbetreiber - vorbehaltlich einer Überprüfung der Einordnung durch die BNetzA - in eine der nachfolgenden Kategorien eingeordnet, die insbesondere aufgrund des Anteils neu geschaffener technischer Leistung bestimmt und daher primär anhand von netztechnischen Gegebenheiten gebildet werden:
Kategorie 1: |
Projekte, die ausschließlich und vollumfänglich zusätzliche neue Anlagengüter umfassen, mit denen neue technische Leistung geschaffen wird. Hier liegt der projektspezifische Ersatzanteil bei 0%. In diese Kategorie fallen zumindest die Planung und Errichtung der nachfolgend aufgeführten Projekte: |
A: Strom |
|
◦ Netzanbindung von Offshore-Windparks |
|
◦ … |
Für den Netzbetreiber gilt die nachfolgend gekennzeichnete Variante:
Vereinfachte Abwicklung |
…
5. Die Differenz aus den genehmigten Kosten der in der Präambel aufgeführten Beschlüsse und den Kosten, die sich aus der Neubescheidung dieser Beschlüsse bezüglich der unter Ziffer 4 dargelegten Vorgehensweise ergeben, wird rückwirkend auf den Zeitpunkt der erstmaligen Anpassung der Erlösobergrenze bis zu dem Zeitpunkt, zu dem eine Anpassung der Erlösobergrenze erstmalig aufgrund der Neubescheidung erfolgt, auf das Regulierungskonto nach § 5 ARegV gebucht. …
6. Soweit die BNetzA die unter Ziffer 4 dargelegte Vorgehensweise (bezüglich des dortigen Buchstabens b nur die Variante ii) auch bei zukünftigen Genehmigungen von Anträgen auf Investitionsbudgets tatsächlich anwendet, verzichtet der Netzbetreiber hiermit auf Rechtsmittel gegen diese Punkte. …"
Das Beschwerdegericht hat die Bundesnetzagentur antragsgemäß unter teilweiser Aufhebung der Ausgangsentscheidung verpflichtet, die Investitionsmaßnahme ohne Berücksichtigung eines Ersatzanteils zu genehmigen. Dagegen wendet sich die Bundesnetzagentur mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, der die Antragstellerin entgegentritt.
B. Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückweisung der Beschwerde.
I. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Vereinbarung vom 23. Februar 2012 stehe der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen. Die Antragstellerin habe in der Vereinbarung nur insoweit auf Rechtsmittel verzichtet, als die Bundesnetzagentur die in Nr. 4 Buchst. b Var. ii vereinbarte Vorgehensweise tatsächlich anwende. Bei Anwendung der Variante i bleibe ein Rechtsmittel folglich zulässig.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin falle der Genehmigungsantrag in den Anwendungsbereich der Vereinbarung. Diese erfasse nicht nur Verfahren, in denen bereits vor Vertragsschluss eine Entscheidung ergangen sei, sondern die gesamte zukünftige Bescheidungspraxis der Bundesnetzagentur.
Das Projekt werde aber von Nr. 4 Buchst. b Var. i der Vereinbarung nicht erfasst, weil es unter den dort vorgesehenen Ausnahmetatbestand für Offshore-Anbindungen falle.
Der Wortlaut dieser Bestimmung lasse nicht eindeutig erkennen, dass der Ausnahmetatbestand nur die Netzanbindung von Offshore-Windparks im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ARegV aF erfasse. Zudem gehörten zu den Einrichtungen zur Netzanbindung nach der Genehmigungspraxis der Bundesnetzagentur nicht nur die eigentlichen Anbindungsleitungen, sondern auch alle übrigen für den Anschluss an den Verknüpfungspunkt des Übertragungsnetzes notwendigen Maßnahmen einschließlich aller für einen sicheren Netzbetrieb erforderlichen, direkt zurechenbaren Einrichtungen.
Die Ausnahme für Offshore-Anbindungen sei vor dem Hintergrund vereinbart worden, dass bei solchen Projekten regelmäßig keinerlei Ersatzanteile anfielen. Angesichts der regelmäßig erheblichen Kosten derartiger Maßnahmen bestehe zudem ein objektiv anerkennenswertes Bedürfnis des Netzbetreibers nach einer umfassenden Refinanzierung. Diese Gesichtspunkte träfen auch für die Erweiterung oder den Ausbau der Kapazitäten bestehender Anbindungsleitungen mittels einer Verbindung zwischen zwei Offshore-Windparks zu. Deshalb seien solche Maßnahmen ebenfalls als Offshore-Anbindung im Sinne der genannten Bestimmung zu qualifizieren. Dieses Ergebnis entspreche zudem einer beiderseits interessengerechten Auslegung.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Mit zutreffenden Erwägungen, die von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen werden, ist das Beschwerdegericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beschwerde zulässig ist.
2. Die Auslegung der Vereinbarung vom 23. Februar 2012 obliegt der vollen Überprüfung durch den Bundesgerichtshof.
a) Die Auslegung öffentlich-rechtlicher Verträge, für die kraft der Verweisung in § 62 Satz 2 VwVfG die Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs, insbesondere also § 133 und § 157 BGB heranzuziehen sind (BVerwGE 84, 257, juris Rn. 36), ist in der Revisionsinstanz zwar grundsätzlich nur eingeschränkt überprüfbar (BVerwG, NVwZ-RR 2003, 874, juris Rn. 22). Zu den entsprechend geltenden Regeln des Bürgerlichen Rechts gehört aber der Grundsatz, dass vertragliche Vereinbarungen vom Revisionsgericht frei auszulegen sind, wenn ein Bedürfnis nach einheitlicher Handhabung besteht.
Ein solches Bedürfnis besteht insbesondere bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen (dazu etwa BGH, Urteil vom 20. Juni 2013 - VII ZR 82/12, NJW 2013, 2583 Rn. 12), aber auch bei sonstigen Vereinbarungen, die in einer Vielzahl von Einzelfällen zur Anwendung gelangen (dazu BGH, Urteil vom 9. Mai 2000 - XI ZR 276/99, BGHZ 144, 245, juris Rn. 15).
Die früher zusätzlich erforderliche Voraussetzung, dass der Anwendungsbereich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinausgeht, ist mit der Änderung von § 545 ZPO zum 1. September 2009 entfallen, weil eine Verletzung des (inländischen) Rechts nunmehr unabhängig vom räumlichen Geltungsbereich der relevanten Regelung revisionsrechtlich beachtlich ist (BGH, Urteil vom 9. Juni 2010 - VIII ZR 294/09, NJW 2010, 2877 Rn. 11). Für das Rechtsbeschwerdeverfahren in Energieverwaltungssachen kann nichts anderes gelten, weil § 88 Abs. 2 EnWG insoweit eine mit § 545 ZPO übereinstimmende Regelung enthält.
b) Nach diesen Grundsätzen obliegt die Auslegung der Vereinbarung vom 23. Februar 2012 dem Senat.
Es besteht ein Bedürfnis nach einheitlicher Auslegung, weil die Bundesnetzagentur mit zahlreichen anderen Netzbetreibern im Wesentlichen inhaltsgleiche Vereinbarungen getroffen hat, die jeweils eine Vielzahl von Verfahren betreffen, und weil die Vereinbarung gerade zum Ziel hat, die betroffenen Genehmigungsanträge nach einheitlichen Kriterien zu behandeln.
Ob der im Einzelfall zu beurteilenden Auslegungsfrage grundsätzliche Bedeutung zukommt oder ob ihre Beantwortung zur Fortentwicklung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, hat in diesem Zusammenhang keine Bedeutung. Diese Fragen sind nur für die Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde relevant. Insoweit ist der Bundesgerichtshof an die vom Beschwerdegericht ausgesprochene Zulassung gebunden.
3. Zu Recht hat das Beschwerdegericht entschieden, dass der im Streitfall zu beurteilende Genehmigungsantrag in den Anwendungsbereich von Nr. 4 Buchst. b der Vereinbarung vom 23. Februar 2012 fällt.
a) Die Vereinbarung dient nach dem ersten Absatz ihrer Präambel dem Zweck, eine einheitliche Handhabung von Anträgen auf Genehmigung eines Investitionsbudgets (jetzt: einer Investitionsmaßnahme) zu erreichen. Hierzu sollen gegebenenfalls bereits erteilte und gerichtlich angegriffene Genehmigungen angepasst werden. Darüber hinaus soll sich die Vereinbarung auch auf das zukünftige Vorgehen der Bundesnetzagentur bei positiven Genehmigungen auswirken.
Hieraus hat das Beschwerdegericht zutreffend die Schlussfolgerung gezogen, dass in den Anwendungsbereich der Vereinbarung nicht nur die in der Präambel aufgeführten Verfahren fallen, in denen die Bundesnetzagentur im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits über den Antrag entschieden hatte, sondern auch alle Verfahren, in denen der Antrag bei Vertragsschluss noch bei der Bundesnetzagentur anhängig war oder nach Vertragsschluss anhängig wird.
Dies steht in Einklang mit dem in Nr. 6 vereinbarten Rechtsmittelverzicht, der sich ohne zeitliche Einschränkungen auf zukünftige Genehmigungen bezieht.
b) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin bezieht sich die für den Streitfall ausschlaggebende Regelung in Nr. 4 der Vereinbarung ebenfalls nicht nur auf Anträge, über die die Bundesnetzagentur bei Vertragsschluss bereits entschieden hatte. Einbezogen sind vielmehr jedenfalls auch alle Anträge, die bei Vertragsschluss bei der Bundesnetzagentur anhängig waren.
Eine isolierte Betrachtung des ersten Absatzes von Nr. 4, in dem nur von der zeitnahen Neubescheidung die Rede ist, könnte zwar möglicherweise die Schlussfolgerung nahelegen, dass die in den weiteren Absätzen von Nr. 4 getroffenen Festlegungen nur für Anträge gelten sollen, über die die Bundesnetzagentur bei Vertragsschluss bereits entschieden hatte. Die für den Streitfall ausschlaggebende Bestimmung in Nr. 4 Buchst. b bezieht sich aber auf die "(Neu-) Bescheidung" von Anträgen. Dem ist zu entnehmen, dass die dort normierten Regeln nicht nur für die Neubescheidung der im ersten Absatz genannten Anträge, sondern jedenfalls auch für die erstmalige Bescheidung der bei der Bundesnetzagentur anhängigen Anträge gelten sollen.
Dies steht in Einklang mit dem in der Präambel ausdrücklich festgelegten Zweck, eine einheitliche Regelung nicht nur für die bereits bei Gericht anhängigen, sondern auch für alle weiteren Verfahren zu treffen. Eine einheitliche Regelung in diesem Sinne lag auch deshalb nahe, weil die Unterschiede im Verfahrensstand ausweislich der Präambel nicht auf sachlichen Gesichtspunkten beruhten, sondern auf der hohen Zahl der eingereichten Anträge.
4. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts betrifft die im Streitfall zu beurteilende Maßnahme nicht die Anbindung einer Offshore-Anlage im Sinne der in Nr. 4 Buchst. b Var. i normierten Ausnahme.
a) Zu Recht hat das Beschwerdegericht allerdings entschieden, dass der Wortlaut der Vereinbarung insoweit keinen eindeutigen Aufschluss gibt.
Die Formulierung "Offshore-Anbindungen" weist zwar Ähnlichkeiten mit dem in § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ARegV aF verwendeten Begriff "Leitungen zur Netzanbindung von Offshore-Anlagen" auf. Sie lässt aus sich heraus aber nicht erkennen, ob es sich nur um eine auf dieses Regelbeispiel bezogene Kurzbezeichnung handelt oder ob damit ein umfassenderer Tatbestand formuliert werden soll.
Die von der Rechtsbeschwerde angeführten Unterschiede im Sinngehalt der Begriffe "Anbindung" und "Verbindung" führen ebenfalls nicht zu einem eindeutigen Ergebnis. Wie auch die Rechtsbeschwerde im Ansatz nicht verkennt, kann sich die Bedeutung dieser Begriffe überschneiden. Welche Bedeutung ihnen im Zusammenhang mit der für den Streitfall maßgeblichen Vereinbarung zukommen soll, lässt sich allein anhand des Wortlauts nicht beurteilen.
b) Ein systematischer Vergleich mit dem in Nr. 4 Buchst. b Var. ii verwendeten Begriff "Netzanbindung von Offshore-Windparks" führt ebenfalls nicht zu einem eindeutigen Ergebnis.
Dieser Begriff weist formal zwar noch weitergehende Ähnlichkeiten mit der Formulierung aus § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ARegV aF auf. Auch dies lässt indes nicht den sicheren Schluss zu, dass damit dasselbe gemeint ist.
c) Aus dem Sinn und Zweck der Vereinbarung und der darin gewählten Regelungstechnik ergibt sich, dass beide Formulierungen Vorhaben betreffen, die nach § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ARegV aF genehmigungsfähig sind.
aa) Die Vereinbarung dient dem Zweck, einheitliche und teilweise pauschalierende Regelungen für die Behandlung von Anträgen auf Genehmigung von Investitionsmaßnahmen zu treffen. Dies legt es nahe, in der Vereinbarung verwendete Begriffe möglichst in Übereinstimmung mit den für die Genehmigung maßgeblichen Regeln in § 23 ARegV auszulegen.
Hierfür spricht auch der Umstand, dass die in Frage kommenden Projekte in der Vereinbarung anhand abstrakter Kriterien in einzelne Gruppen aufgeteilt werden. Diese Aufteilung entspricht zwar nicht in jeder Hinsicht der Aufzählung der Regelbeispiele in § 23 Abs. 1 Satz 2 ARegV aF. Soweit Begriffe verwendet werden, die sich erkennbar an eines dieser Regelbeispiele anlehnen, liegt jedoch die Annahme nahe, dass sich die Vereinbarung auf das betreffende Regelbeispiel bezieht. Den Vertragsparteien hätte es zwar freigestanden, hiervon abweichende Abgrenzungen vorzunehmen. Dies hätte die Komplexität der Regelung aber zusätzlich erhöht und wäre deshalb in Widerspruch zu dem Zweck der Vereinbarung gestanden, die gerade auf die Lösung aufgetretener Zweifelsfragen gerichtet war.
bb) Dem Umstand, dass § 23 Abs. 1 Satz 2 ARegV aF nach der Rechtsprechung des Senats nicht nur die eigentlichen Netzanbindungsleitungen erfasst, sondern auch alle übrigen für den Netzanschluss einer Offshore-Anlage an den Verknüpfungspunkt des Übertragungsnetzes erforderlichen Maßnahmen einschließlich aller in diesem Zusammenhang für den sicheren Netzbetrieb erforderlichen, direkt zurechenbaren Einrichtungen (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2016 - EnVR 10/15, ER 2016, 266 Rn. 18), kommt vor diesem Hintergrund keine ausschlaggebende Bedeutung zu.
Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich zwar, dass dem Anschluss dienende Anlagen wie etwa der Back-to-Back-Konverter zu den genehmigungsfähigen Maßnahmen gehören können, wenn sie für die sichere Anbindung der Offshore-Anlage erforderlich sind. Darunter fallen aber nur solche Maßnahmen, die erforderlich sind, damit die Anbindung der Offshore-Anlage den gesetzlichen Anforderungen entspricht, nicht aber darüber hinausgehende Maßnahmen zur weiteren Steigerung der Versorgungssicherheit.
Im Streitfall sind, wie auch die Antragstellerin nicht in Zweifel zieht, weder die von der Maßnahme betroffenen Verbindungsleitungen noch der Back-to-Back-Konverter erforderlich, um einen der drei Windparks hinreichend sicher mit dem Übertragungsnetz zu verbinden. Die Maßnahme dient vielmehr dem Ausbau von Verbindungskapazitäten. Die dadurch geschaffene Möglichkeit, den erzeugten Strom wahlweise in zwei unterschiedliche Übertragungsnetze einzuspeisen und Strom von einem Übertragungsnetz in das andere zu transportieren, kann zwar insbesondere im Falle von Versorgungsengpässen oder beim Ausfall einer der beiden Verbindungen von erheblichem Vorteil sein. Sie ist zur Anbindung der Windparks dennoch nicht erforderlich. Deshalb wäre die Maßnahme, wie auch die Antragstellerin nicht in Zweifel zieht, nach § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ARegV aF nicht genehmigungsfähig gewesen.
cc) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts führt der Umstand, dass die Anbindung einer Offshore-Anlage typischerweise nicht mit dem Ersatz vorhandener Einrichtungen einhergeht, nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die in Variante i vorgesehene Ausnahme für Offshore-Anbindungen auf der Erwägung beruht, dass solche Projekte typischerweise keinen Ersatzanteil aufweisen. Dieser Gesichtspunkt allein rechtfertigte es nach der getroffenen Regelung jedenfalls nicht, andere Projekte, die typischerweise ebenfalls keinen Ersatzanteil aufweisen, in gleicher Weise zu behandeln.
Aus den Festlegungen zu Variante ii ist zu entnehmen, dass die Vertragsparteien auch hinsichtlich anderer Gruppen von Projekten von einem typischerweise bei 0 % liegenden Ersatzanteil ausgegangen sind, ohne diese vom Anwendungsbereich der Variante i auszunehmen. Letzteres ist schon deshalb folgerichtig, weil die Regelung in Variante i eine Pauschalierung vorsieht, die grundsätzlich nur dann sachlich gerechtfertigt erscheint, wenn der Ersatzanteil bei einigen der erfassten Projekte eher oberhalb und bei anderen eher unterhalb des vereinbarten Prozentsatzes liegt.
dd) Der vom Beschwerdegericht ergänzend herangezogene Gesichtspunkt des Refinanzierungsinteresses spricht zwar entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht gegen, sondern eher für die vom Beschwerdegericht vorgenommene Auslegung. Dennoch kommt auch ihm keine ausschlaggebende Bedeutung zu.
Hierbei ist unerheblich, in welcher Weise die im Streitfall zu beurteilende Maßnahme refinanziert wird. Die Regelung in Variante i beruht auch insoweit auf einer typisierenden Betrachtungsweise. Gerade dieser Aspekt spricht jedoch gegen eine weite Auslegung des Begriffs "Offshore-Anbindung".
Wenn überhaupt von einem Erfahrungssatz ausgegangen werden kann, dass typischerweise eine besondere Refinanzierungssituation besteht, die gegen den Ansatz eines Ersatzanteils spricht, so kommt dies nur für Projekte in Betracht, die eine gewisse Typizität aufweisen. Hierzu gehören insbesondere die in § 23 Abs. 1 Satz 2 ARegV aF aufgezählten Regelbeispiele. Das im Streitfall zu beurteilende Projekt betrifft hingegen auch nach dem Vorbringen der Antragstellerin eher einen Ausnahmefall.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 1 und 2 EnWG, die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG und § 3 ZPO.
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