Entscheidungsdatum: 12.07.2016
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 2015 wird zurückgewiesen.
Die Bundesnetzagentur trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen der Antragstellerin.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 3.000.000 € festgesetzt.
I.
Die Antragstellerin betreibt das Übertragungsnetz in den Bundesländern Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Sie ist anbindungsverpflichteter Übertragungsnetzbetreiber für die Offshore-Windparks (im Folgenden: OWP) Baltic 1 und Baltic 2. Der OWP Baltic 1 befindet sich mit einer installierten elektrischen Leistung von 48 MW seit April 2011 in Betrieb. Der OWP Baltic 2, der eine elektrische Leistung von 288 MW aufweist, wurde im September 2015 in Betrieb genommen. Beide Offshore-Netzanbindungen werden über die Umspannplattform des OWP Baltic 1 zum Umspannwerk B. geführt, wo der erzeugte Strom von 150 kV auf 380 kV umgespannt und in das Übertragungsnetz der Antragstellerin eingespeist wird.
Mit zwei Beschlüssen vom 15. Dezember 2009 genehmigte die Bundesnetz-agentur für die Projekte "Netzanschluss OWP Baltic 1" und "Netzanschluss OWP Baltic 2" Investitionsbudgets nach § 23 ARegV. Mit Schreiben vom 30. März 2012 begehrte die Antragstellerin unter Abänderung der beiden Ausgangsbescheide die Genehmigung der Beschaffung und des Anschlusses eines zweiten 150/380-kV-Transformators im Umspannwerk B. . Sie begründete dies damit, dass hierdurch im Falle eines Ausfalls des bereits installierten Transformators eine unter Umständen mehrwöchige Einspeiseunterbrechung und das Entstehen damit verbundener Entschädigungsleistungen verhindert werden könnten. Dies lehnte die Bundesnetzagentur mit zwei Beschlüssen vom 21. März 2013 ab.
Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht die beiden Beschlüsse der Bundesnetzagentur vom 21. März 2013 aufgehoben und diese verpflichtet, den Antrag der Antragstellerin vom 30. März 2012 auf Genehmigung einer Investitionsmaßnahme für Beschaffung und Anschluss eines zweiten 150/380-kV-Transformators im Umspannwerk B. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung (OLG Düsseldorf, RdE 2015, 194) im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Bundesnetzagentur habe das Begehren der Antragstellerin, die Beschaffung und Installation eines zweiten 150/380-kV-Transformators im Umspannwerk B. in die Investitionsmaßnahme für das Projekt "Netzanschluss OWP Baltic 2" einzubeziehen, zu Unrecht mit der Begründung abgelehnt, es handele sich weder um eine Erweiterungs- noch um eine Umstrukturierungsmaßnahme im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 5 ARegV. Sie habe deshalb den Genehmigungsantrag neu zu bescheiden.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV seien Investitionsmaßnahmen für Kapital- und Betriebskosten zu genehmigen, die zur Durchführung von Erweiterungs- und Umstrukturierungsinvestitionen in die Übertragungs- und Fernleitungsnetze erforderlich seien, soweit diese Investitionen zur Stabilität des Gesamtsystems, für die Einbindung in das nationale oder internationale Verbundnetz oder für einen bedarfsgerechten Ausbau des Energieversorgungsnetzes nach § 11 EnWG notwendig seien. Nach § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ARegV umfasse dies insbesondere Investitionen, die für Leitungen zur Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See vorgesehen seien. Diese Voraussetzungen lägen vor. Die Beschaffung und Installation eines zweiten 150/380-kV-Transformators im Umspannwerk B. sei zur Netzanbindung des OWP Baltic 2 erforderlich. Dabei könne offenbleiben, welche Fassung von § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ARegV für die Beurteilung des Streitfalls maßgeblich sei, weil die relevanten Tatbestandsmerkmale seit Inkrafttreten der Vorschrift unverändert geblieben seien.
Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ARegV seien erfüllt. Unter den Begriff der "Leitung" fielen nach der Genehmigungspraxis der Bundesnetzagentur nicht nur die eigentlichen Netzanbindungsleitungen, sondern auch weitere für den Netzanschluss eines Offshore-Windparks notwendige Maßnahmen. Solche notwendigen Maßnahmen seien nicht nur solche im Sinne einer technisch notwendigen Bedingung, sondern auch solche, die der Verhinderung von Schäden durch den Ausfall oder die Unterbrechung der Stromeinspeisemöglichkeit dienen und die Betriebssicherheit erhöhen würden. Letzteres sei in Bezug auf den zweiten Transformator der Fall. Insoweit gelte nichts anderes als im Hinblick auf die Ausweitung des Ersatzteillagerhaltungskonzepts der Antragstellerin, die von der Bundesnetzagentur als Erweiterungsinvestition im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ARegV genehmigt worden sei.
Allerdings unterfielen nicht sämtliche Maßnahmen, die lediglich mittelbar der Netzanbindung dienten, der Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ARegV. Ob eine Maßnahme zur Netzanbindung notwendig sei, sei im Lichte der spezifischen Regelungen des Energiewirtschaftsgesetzes zur Anschlussverpflichtung zu entscheiden. Gemäß § 17d Abs. 1 Satz 1 EnWG müsse der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber die für die Netzanbindung erforderlichen Leitungen errichten und betreiben. Die Verletzung dieser Pflichten werde in § 17e Abs. 1 bis 3, § 17f Abs. 2 EnWG sanktioniert. Dabei werde nicht zwischen der Errichtung der Netzanbindung und der Aufrechterhaltung eines störungsfreien Netzbetriebs unterschieden. Der Einbeziehung der nach § 17f Abs. 3 Satz 1 EnWG gebotenen Schadensverhinderungsmaßnahmen in den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ARegV stünden weder dessen Wortlaut noch dessen Entstehungsgeschichte entgegen. Die Antragstellerin müsse die Kosten für den zweiten Transformator auch nicht aus der Offshore-Haftungsumlage nach § 17f Abs. 1 EnWG finanzieren; die Haftungsumlage umfasse nach Wortlaut und Zweck dieser Vorschrift nicht die Kosten für Schadensverhinderungsmaßnahmen.
Bei der Beschaffung und Installation eines zweiten 150/380-kV-Transformators im Umspannwerk B. handele es sich um eine Maßnahme zur Schadensverhinderung im Sinne des § 17f Abs. 3 Satz 1 EnWG. Auch wenn eine zu einem Ausfall führende Beschädigung des vorhandenen Transformators statistisch nur alle 20 Jahre auftrete, stelle die Beschaffung eines Ersatztransformators die faktisch einzig mögliche sowie volkswirtschaftlich sinnvolle und nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift gebotene Schadensverhinderungsmaßnahme dar, um bei einem unter Umständen mehrwöchigen Ausfall des ersten Transformators die Einspeisemöglichkeit aufrechtzuerhalten und den Netzbetreiber vor möglicherweise existenzbedrohenden Schadensersatzzahlungen zu bewahren bzw. eine Belastung der Letztverbraucher mit der Haftungsumlage zu vermeiden.
Zudem sei die Maßnahme auch als Umstrukturierungsinvestition nach § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV genehmigungsfähig. Unter den Begriff der Umstrukturierungsmaßnahme falle jede Maßnahme, mit der technische Parameter geändert würden, die für den Netzbetrieb erheblich seien. Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt. Die Möglichkeit, im Störungsfall einen zweiten Transformator zuzuschalten, um den Eintritt von Schäden zu verhindern und die Betriebssicherheit zu erhöhen, stelle eine Veränderung der technischen Parameter dar. Diese sei angesichts der Bedeutung des störungsfreien Betriebs des Transformators, ohne den eine Stromeinspeisung nicht möglich sei, auch erheblich für den Netzbetrieb. Die Investition sei zudem für einen bedarfsgerechten Ausbau der Energieversorgungsnetze notwendig, um den Betrieb der Offshore-Anlage bei Störung des ersten Transformators aufrechtzuerhalten.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand. Das Beschwerdegericht hat rechts- und verfahrensfehlerfrei angenommen, dass die Beschaffung und Installation eines zweiten 150/380-kV-Transformators im Umspannwerk B. als Investitionsmaßnahme im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 5 ARegV in das Projekt "Netzanschluss OWP Baltic 2" einzubeziehen ist.
a) Dabei kann offen bleiben, welche Fassung von § 23 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 5 ARegV für die Beurteilung des Streitfalles maßgeblich ist.
Die Regelung in § 23 Abs. 1 ARegV ist zwar seit ihrem Inkrafttreten mehrfach geändert worden. So wird der Gegenstand der Genehmigung in der seit 22. März 2012 geltenden Fassung nicht mehr als Investitionsbudget, sondern als Investitionsmaßnahme bezeichnet. Zudem ist der in Satz 2 enthaltene Katalog von Maßnahmen, die insbesondere als genehmigungsfähig anzusehen sind, mehrfach geändert worden. Die für die Beurteilung des Streitfalls relevanten Tatbestandsvoraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 5 ARegV sind von diesen Änderungen indes nicht betroffen.
b) Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Maßnahme als Erweiterungs- oder Umstrukturierungsinvestition im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV anzusehen, wenn sie sich nicht im Austausch bereits vorhandener Komponenten und damit zwangsläufig einhergehenden Verbesserungen erschöpft, sondern jedenfalls auch zu einer nicht nur unbedeutenden Vergrößerung des Netzes oder zu einer nicht nur unbedeutenden Veränderung von sonstigen technischen Parametern führt, die für den Betrieb des Netzes erheblich sind (BGH, Beschlüsse vom 17. Dezember 2013 - EnVR 18/12, RdE 2014, 291 Rn. 32 - 50Hertz Transmission GmbH und vom 12. April 2016 - EnVR 3/15, Rn. 10 - Mitteldeutsche Netzgesellschaft Gas mbH). Die in § 23 Abs. 1 Satz 2 ARegV aufgeführten Regelbeispiele bilden dabei eine Orientierungshilfe für die Auslegung von § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV. Sie dienen nicht dazu, den in Satz 1 normierten Grundtatbestand zu modifizieren. Ihnen kommt vielmehr die Funktion zu, den Anwendungsbereich des Tatbestandes zu veranschaulichen und die Rechtsanwendung in typischen Konstellationen zu vereinfachen (Senatsbeschlüsse vom 17. Dezember 2013, aaO Rn. 16 f. - 50Hertz Transmission GmbH und vom 12. April 2016 - EnVR 3/15, Rn. 12 - Mitteldeutsche Netzgesellschaft Gas mbH).
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht die Beschaffung und Installation eines zweiten 150/380-kV-Transformators im Umspannwerk B. rechtsfehlerfrei als Investitionsmaßnahme im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 5 ARegV in das Projekt "Netzanschluss OWP Baltic 2" angesehen.
aa) Dies lässt sich allerdings - was auch das Beschwerdegericht nicht verkannt hat - nicht unmittelbar dem Wortlaut des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ARegV entnehmen. Danach umfassen Investitionsmaßnahmen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV auch Investitionen, die für Leitungen zur Netzanbindung von Windenergieanlagen auf See nach § 17d Abs. 1 EnWG (früher: Offshore-Anlagen nach § 17 Abs. 2a EnWG aF) vorgesehen sind und für die Einbindung in das nationale oder internationale Verbundnetz notwendig sind. Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf den zweiten Transformator in technischer Hinsicht für den regulären Betrieb nicht gegeben.
Zwar unterfällt der Transformator den "Leitungen zur Netzanbindung" im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ARegV, weil von dieser Vorschrift - was auch die Bundesnetzagentur nicht in Abrede stellt - nicht nur die eigentlichen Netzanbindungsleitungen, sondern auch alle übrigen für den Netzanschluss eines Offshore-Windparks an den Verknüpfungspunkt des Übertragungsnetzes erforderlichen Maßnahmen einschließlich aller in diesem Zusammenhang für den sicheren Netzbetrieb erforderlichen, direkt zurechenbaren Einrichtungen erfasst werden. Dazu gehört auch der Transformator, der den von der Windkraftanlage erzeugten Strom von 150 kV auf 380 kV umspannt, weil dieser erst dadurch in das Onshore-Übertragungsnetz der Antragstellerin eingespeist werden kann. Nach den unangefochtenen Feststellungen des Beschwerdegerichts ist der zweite Transformator aber für die Netzanbindung und den Netzbetrieb in störungsfreien Zeiten nicht erforderlich. Mit ihm soll lediglich ein Ausfall des ersten Transformators im Wartungs- oder Störungsfall überbrückt werden.
Der Wortlaut des § 23 Abs. 1 ARegV schließt eine Einbeziehung von Schadensminderungsmaßnahmen - hier in Form einer Ersatzkomponente - in die Investitionsmaßnahme aber auch nicht aus, weil sich ihm nichts dafür entnehmen lässt, dass von der Vorschrift nur für den Betrieb in störungsfreien Zeiten notwendige Maßnahmen erfasst werden sollen.
bb) Ein solches weitergehendes Verständnis der Norm legen die Gesetzesmaterialien nahe.
Danach soll zwar einerseits zur Reduzierung der Netzausbaukosten im Off-shore-Bereich im Interesse der Verbraucher auf das n-1-Kriterium, das an Land für das Übertragungsnetz gilt, verzichtet werden (vgl. BT-Drucks. 17/10754, S. 26; BT-Drucks. 17/11269, S. 33). Andererseits hat der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber aber nach § 17f Abs. 3 EnWG alle möglichen und zumutbaren Schadensminderungsmaßnahmen zu ergreifen, um die Belastung der Verbraucher mit Entschädigungskosten gegenüber den Betreibern von Offshore-Anlagen zu vermeiden. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen dazu beispielsweise die Errichtung von Interimslösungen zur vorübergehenden Netzanbindung über eine benachbarte Anbindungsleitung oder die Bevorratung von Ersatzteilen gehören, wobei über die Durchführung von Schadensminderungsmaßnahmen im Einzelfall unter Berücksichtigung der Kosten der Maßnahme und des Umfangs des vermiedenen Schadens zu entscheiden sein soll (vgl. BT-Drucks. 17/10754, S. 31). Dies zeigt, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Bevorratung von Ersatzkomponenten nicht von vornherein als Investitionsmaßnahme im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV ausgeschlossen ist.
cc) Entscheidend für die Einbeziehung von Ersatzkomponenten in den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ARegV sprechen die spezifischen Vorschriften für Windkraftanlagen auf See.
(1) Nach § 17d Abs. 1 Satz 1 EnWG haben die Betreiber von Übertragungsnetzen, in deren Regelzone der Netzanschluss von Windenergieanlagen auf See erfolgen soll, die Leitungen entsprechend den Vorgaben des Offshore-Netzentwicklungsplans zu errichten und zu betreiben. Dabei stellt die Betriebspflicht - was die verschuldensunabhängige Entschädigungspflicht wegen Störungen der Netzanbindung nach § 17e Abs. 1 EnWG wie auch wegen betriebsbedingten Wartungsarbeiten an der Netzanbindung nach § 17e Abs. 3 EnWG zeigt - neben der Errichtungspflicht eine eigenständige Pflicht des Übertragungsnetzbetreibers dar. Die Betriebspflicht wird in § 17f Abs. 3 Satz 1 EnWG dahingehend konkretisiert, dass der anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiber auch alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen hat, um einen Schadenseintritt zu verhindern, den eingetretenen Schaden unverzüglich zu beseitigen und weitere Schäden abzuwenden oder zu mindern. Insoweit ist ein Netzbetreiber auch im Rahmen der ihn gegenüber einem Betreiber von Energieanlagen treffenden Rücksichtnahmepflichten (§ 241 Abs. 2, § 242 BGB) gehalten, die Trennung vom Netz möglichst kurz zu halten und technisch mögliche sowie ihm zumutbare Maßnahmen zur Überbrückung zu ergreifen, soweit der Anlagenbetreiber diese nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte erwarten darf (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2016 - VIII ZR 123/15, Rn. 28).
Die Schadensabwendungs- und Schadensminderungsmaßnahmen nach § 17f Abs. 3 Satz 1 EnWG liegen auch nicht allein im Interesse des anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreibers, um den ihn im Fall fahrlässigen Verhaltens treffenden Selbstbehalt nach § 17f Abs. 2 EnWG zu vermeiden. Zur Deckung eines solchen Vermögensschadens kann sich der Übertragungsnetzbetreiber jedenfalls bis zur Höhe der vertraglichen Deckungsgrenze versichern (§ 17h Satz 1 EnWG) und die Kosten der Versicherung als Kosten des Netzbetriebs bei der Ermittlung der Netzentgelte ansetzen (vgl. BT-Drucks. 17/10754, S. 32; Broemel in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 3. Aufl., § 17h Rn. 1).
Die Schadensminderungsmaßnahmen nach § 17f Abs. 3 Satz 1 EnWG dienen daher im Ergebnis vor allem dazu, eine Belastung der Letztverbraucher mit Entschädigungskosten gegenüber den Betreibern von Offshore-Anlagen zu vermeiden (vgl. BT-Drucks. 17/10754, S. 31) und die möglichst störungsfreie Einspeisung des von Offshore-Anlagen erzeugten Stroms zu gewährleisten. Die Stromerzeugung auf Hoher See soll zur Verwirklichung der Klimaziele der Bundesregierung einen wesentlichen Beitrag zur Deckung des Gesamtenergiebedarfs der Bundesrepublik Deutschland leisten, um den Umbau des Energieversorgungssystems voranzutreiben (vgl. BT-Drucks. 17/10754, S. 1, 18, 26). Mit diesen Zielen der §§ 17a ff. EnWG ließe es sich nicht vereinbaren, einen unter Umständen mehrwöchigen Ausfall der Einspeisemöglichkeit wegen der Wartung oder Störung einer einzelnen Komponente der Netzanbindung der Offshore-Anlage hinzunehmen, obwohl dies durch die Vorhaltung einer Ersatzkomponente mit wirtschaftlich sinnvollem Aufwand vermeidbar wäre. In den Gesetzesmaterialien wird als Schadensminderungsmaßnahme unter anderem die Bevorratung von Ersatzteilen genannt (BT-Drucks. 17/10754, S. 31). Im Hinblick auf den Effizienzgedanken muss dies allerdings wirtschaftlich sinnvoll sein, weshalb die konkrete Schadensminderungsmaßnahme im Einzelfall unter Berücksichtigung der Kosten der Maßnahme und des Umfangs des vermiedenen Schadens zu beurteilen ist (vgl. BT-Drucks. 17/10754, S. 31).
(2) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich nichts anderes daraus, dass § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ARegV nur auf § 17d Abs. 1 EnWG, nicht dagegen auf § 17f Abs. 3 Satz 1 EnWG Bezug nimmt. Diese Verweisung dient nur dazu, den sachlichen Anwendungsbereich der Vorschrift zu bestimmen. Zudem umfasst die Betriebspflicht nach § 17d Abs. 1 Satz 1 EnWG - wie dargelegt - auch die Schadensverhütungs- und Schadensminderungsmaßnahmen im Sinne des § 17f Abs. 3 Satz 1 EnWG. Dass der Gesetzgeber diese Regelung in die Vorschrift über den Belastungsausgleich eingefügt hat, ist insoweit nicht von Belang; rechtssystematisch hätte sie auch zu § 17d EnWG gepasst, weil die Schadensverhütungsmaßnahmen das Entstehen einer Entschädigungspflicht nach § 17e EnWG und damit die Notwendigkeit eines Belastungsausgleichs nach § 17f EnWG gerade verhindern sollen.
Soweit die Rechtsbeschwerde zwischen der Vorratshaltung von Ersatzteilen wie Kabeln oder Muffen einerseits und der Installation eines Ersatztransformators andererseits unterscheiden möchte, lässt sich hierfür § 17d Abs. 1 Satz 1, § 17f Abs. 3 Satz 1 EnWG, § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ARegV ein hinreichendes Abgrenzungskriterium nicht entnehmen. Für eine Aufrechterhaltung des Betriebs der Leitungen zur Netzanbindung der Offshore-Anlage bei Ausfall einer einzelnen Komponente ist deren Bevorratung gleichermaßen notwendig. Die Ersatzteile unterscheiden sich allerdings in der Höhe der Vorhaltekosten. Diese spielen indes - wie bereits ausgeführt - nur im Rahmen der Wirtschaftlichkeit der Maßnahme eine Rolle und können dazu führen, dass eine konkrete Maßnahme aus diesem Grund nicht notwendig und damit als Investitionsmaßnahme im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV nicht genehmigungsfähig ist.
dd) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, unterfallen die Kosten von Schadensminderungsmaßnahmen in Form von Schadensverhütungsmaßnahmen jedenfalls nicht ausschließlich dem Belastungsausgleich nach § 17f EnWG. Der Belastungsausgleich umfasst nach dem Wortlaut des § 17f Abs. 1 Satz 1 EnWG nur Entschädigungsleistungen nach § 17e EnWG einschließlich der Kosten für eine Zwischenfinanzierung abzüglich anlässlich des Schadensereignisses nach § 17e EnWG erhaltener Vertragsstrafen, Versicherungsleistungen und sonstiger Leistungen Dritter. Dazu zählen die Kosten für Schadensverhütungsmaßnahmen nicht. Etwas anderes lässt sich auch den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen (vgl. BT-Drucks. 17/10754, S. 29). Soweit die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang auf die vom Gesetzgeber am 8. Juli 2016 verabschiedete Änderung des § 17f Abs. 1 Satz 1 EnWG durch Art. 6 Nr. 11 des Gesetzes zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien (vgl. BT-Drucks. 18/8860 und 18/9096 sowie BT-Plenar-protokoll 18/184, S. 18236, 18239) verweist, wonach in den Belastungsausgleich nach § 17f EnWG zukünftig auch Kosten für Maßnahmen aus einem der Bundesnetzagentur vorgelegten Schadensminderungskonzept einzubeziehen sind, ist das für die Auslegung des geltenden Rechts nicht relevant.
ee) Von diesen Maßgaben ist das Beschwerdegericht ausgegangen und hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beschaffung und Installation eines zweiten 150/380-kV-Transformators im Umspannwerk B. als Investitionsmaßnahme im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 5 ARegV in das Projekt "Netzanschluss OWP Baltic 2" einzubeziehen ist. Seine Entscheidung kann in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur eingeschränkt überprüft werden. Lediglich wenn die ihr zugrunde liegende Würdigung unvollständig oder widersprüchlich ist oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt, darf das Rechtsbeschwerdegericht eine solche Wertung beanstanden. Ein solcher Rechts- oder Verfahrensfehler liegt nicht vor.
Das Beschwerdegericht hat bei seiner Beurteilung die statistische Häufigkeit einer zu einem Ausfall führenden Beschädigung des Transformators und die Dauer eines solchen Ausfalls ebenso berücksichtigt wie den Umstand, dass die Vorhaltung eines zweiten Transformators die faktisch einzige Möglichkeit zur Schadensverhütung darstellt. Die zugrundeliegenden Feststellungen sind von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen worden. Im Hinblick auf die - von der Antragstellerin unwidersprochen vorgetragenen - Kosten der Maßnahme einerseits und die Höhe einer Entschädigungsleistung bei einem mehrwöchigen Ausfall des installierten Transformators andererseits ist die tatrichterliche Würdigung des Beschwerdegerichts, dass die Bevorratung eines zweiten Transformators wirtschaftlich sinnvoll ist, nicht zu beanstanden. Insoweit macht die Rechtsbeschwerde auch keinen Rechtsfehler geltend.
Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts führt die Maßnahme zu einer nicht nur unbedeutenden Veränderung von technischen Parametern, die für den Betrieb des Netzes erheblich sind, so dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Erweiterungs- und Umstrukturierungsmaßnahme im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV gegeben sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Dezember 2013 - EnVR 18/12, RdE 2014, 291 Rn. 32 - 50Hertz Transmission GmbH und vom 12. April 2016 - EnVR 3/15, Rn. 25 - Mitteldeutsche Netzgesellschaft Gas mbH). Durch die Beschaffung und Installation eines zweiten Transformators kann die störungsfreie, fortlaufende Einspeisung des von den OWP Baltic 1 und 2 erzeugten Stroms auch in den Fällen der Wartung oder Störung des Haupttransformators aufrechthalten bleiben.
III.
Limperg Strohn Grüneberg
Bacher Deichfuß