Entscheidungsdatum: 17.12.2013
50Hertz Transmission GmbH
1. Als Erweiterungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV sind nicht nur Maßnahmen anzusehen, die durch eine Veränderung der Versorgungsaufgabe veranlasst werden und deshalb als grundlegend zu qualifizieren und mit besonders hohen Kosten verbunden sind.
2. Eine Maßnahme ist als Erweiterungs- oder Umstrukturierungsmaßnahme anzusehen, wenn sie sich nicht im Austausch bereits vorhandener Komponenten und der damit zwangsläufig einhergehenden Verbesserungen erschöpft, sondern jedenfalls auch zu einer nicht nur unbedeutenden Vergrößerung des Netzes oder zu einer nicht nur unbedeutenden Veränderung von sonstigen technischen Parametern führt, die für den Betrieb des Netzes erheblich sind.
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der am 14. März 2012 verkündete Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben, soweit darin die Beschwerde gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 27. August 2010 hinsichtlich der Teilmaßnahmen "Einbau digitaler Schutzrelaistechnik", "Anpassung und Erweiterung der digitalen Stationsleittechnik" und "Einbau einer neuen Eigenbedarfsanlage" zurückgewiesen wurde.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 130.000 Euro festgesetzt.
I. Die Antragstellerin betreibt ein Höchstspannungsnetz. Mit Schreiben vom 30. Juni 2008 beantragte sie unter anderem die Genehmigung eines Investitionsbudgets für Maßnahmen an dem 1968 in Betrieb genommenen Umspannwerk Herlasgrün.
Die Bundesnetzagentur hat den Antrag abgelehnt. Die Beschwerde, mit der die Antragstellerin ihr Begehren hinsichtlich vier von insgesamt fünf zu dem Projekt gehörenden Teilmaßnahmen weiterverfolgt hat, ist erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie ihr Begehren im Hinblick auf drei Teilmaßnahmen weiterverfolgt, nämlich den Einbau digitaler Schutzrelaistechnik, die Anpassung und Erweiterung der digitalen Stationsleittechnik und den Einbau einer neuen Eigenbedarfsanlage. Die Bundesnetzagentur tritt dem Rechtsmittel entgegen.
II. Das zulässige Rechtsmittel führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die in Rede stehenden Maßnahmen seien nicht als Umstrukturierungs- oder Erweiterungsmaßnahmen im Sinne von § 23 Abs. 1 ARegV anzusehen. Die genannte Vorschrift stelle grundsätzlich auf Neuinvestitionen ab, die durch eine Veränderung der Versorgungs- und Transportaufgabe veranlasst würden, grundlegende Maßnahmen darstellten und mit erheblichen Kosten verbunden seien. Davon zu unterscheiden seien Maßnahmen, die nur der Erhaltung des bestehenden Netzes dienten, also seine Wartung, Instandhaltung und Instandsetzung oder die Ersatzbeschaffung beträfen.
Aus dem in § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 ARegV normierten Regelbeispiel folge nichts anderes. Dieses umfasse zwar Ersatzinvestitionen. Hieraus sei aber die Schlussfolgerung zu ziehen, dass alle anderen Ersatzinvestitionen nicht Gegenstand eines Investitionsbudgets sein könnten.
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Beschwerdegericht die im Rechtsbeschwerdeverfahren noch zu beurteilenden Maßnahmen als nicht genehmigungsfähig angesehen. Sie dienten nicht der Umstrukturierung des Netzes, sondern führten nur zu einer grundsätzlichen Erneuerung der Schutz- und Leittechnik des Umspannwerks, also eines Teils des bestehenden Netzes. Darin liege keine grundlegende, mit erheblichen Kosten verbundene substantielle Umgestaltung des Netzes.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Hierbei kann offen bleiben, welche Fassung von § 23 Abs. 1 ARegV für die Beurteilung des Streitfalles maßgeblich ist.
Die Regelung in § 23 Abs. 1 ARegV ist zwar seit ihrem Inkrafttreten mehrfach geändert worden. So wird der Gegenstand der Genehmigung in der seit 22. März 2012 geltenden Fassung nicht mehr als Investitionsbudget, sondern als Investitionsmaßnahme bezeichnet. Zudem ist der in Satz 2 enthaltene Katalog von Maßnahmen, die insbesondere als genehmigungsfähig anzusehen sind, mehrfach geändert worden. Die für die Beurteilung des Streitfalls relevanten Tatbestandsvoraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV sind von diesen Änderungen indes nicht betroffen.
b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts, gegen die auch die Bundesnetzagentur Bedenken erhebt, sind als Erweiterungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen nicht nur Maßnahmen anzusehen, die durch eine Veränderung der Versorgungsaufgabe veranlasst werden und deshalb als grundlegend zu qualifizieren und mit besonders hohen Kosten verbunden sind.
aa) Dem Wortlaut von § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV lässt sich, wie auch das Beschwerdegericht nicht verkannt hat, eine solche Einschränkung nicht entnehmen.
Unter den Begriff der Erweiterungsmaßnahme kann, wie auch die Bundesnetzagentur in ihrem zuletzt im Jahr 2012 überarbeiteten Leitfaden zu Investitionsmaßnahmen nach § 23 ARegV darlegt, jede Maßnahme subsumiert werden, mit der das Netz vergrößert wird - sei es durch Erhöhung der Leitungslänge, sei es durch Steigerung der Übertragungskapazität. Dies können auch Maßnahmen sein, denen keine grundlegende Bedeutung zukommt und die nicht mit außergewöhnlich hohen Kosten verbunden sind.
Für den Begriff der Umstrukturierungsmaßnahme gilt nichts anderes. Darunter kann jede Maßnahme subsumiert werden, mit der technische Parameter geändert werden, die für den Netzbetrieb erheblich sind. Hierunter fallen zum Beispiel qualitative Verbesserungen der Netzbeschaffenheit. Auch insoweit lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen, dass die Maßnahme zusätzlich grundlegende Bedeutung haben oder mit besonders hohen Kosten verbunden sein muss.
bb) Dass der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 ARegV nur grundlegende, mit erheblichen Kosten verbundene Umstrukturierungsmaßnahmen erfasst, führt entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
In § 23 Abs. 1 Satz 2 ARegV sind bestimmte Maßnahmen aufgeführt, die "insbesondere" als genehmigungsfähige Erweiterungs- und Umstrukturierungsinvestitionen im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV anzusehen sind. Diese Aufzählung ist, wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt, nicht abschließend. Wenn bei einer bestimmten Maßnahme einzelne Voraussetzungen eines der in Satz 2 vorgesehenen Tatbestände nicht verwirklicht sind, kann deshalb nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden, diese Maßnahme sei auch nach Satz 1 nicht genehmigungsfähig. Zwar können die in Satz 2 vorgesehenen Tatbestände bei der Auslegung von § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV eine Orientierungshilfe bilden. Dies darf aber nicht dazu führen, dass der Tatbestand von § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV um Voraussetzungen ergänzt wird, die dort nicht vorgesehen sind.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts wird § 23 Abs. 1 Satz 2 ARegV damit nicht obsolet. Die Vorschrift dient nach ihrem Wortlaut und nach ihrem Sinn und Zweck nicht dazu, den in Satz 1 normierten Grundtatbestand zu modifizieren. Ihr kommt vielmehr die Funktion zu, den Anwendungsbereich dieses Tatbestandes zu veranschaulichen und die Rechtsanwendung in typischen Konstellationen zu vereinfachen.
cc) Die vom Beschwerdegericht zu Grunde gelegte Auslegung von § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV ist auch mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht vereinbar.
(1) § 23 Abs. 1 ARegV trägt, wie das Beschwerdegericht im Ansatz zutreffend dargelegt hat, dem Umstand Rechnung, dass auf die Betreiber von Übertragungsnetzen durch gesetzliche Anforderungen in erheblichem Umfang zusätzliche Aufgaben zukommen, die erhöhte Kosten verursachen. Die Genehmigung von Investitionsbudgets bzw. Investitionsmaßnahmen soll die aufgrund dieser Anforderungen notwendigen Erweiterungs- und Umstrukturierungsinvestitionen erleichtern. Die Beschränkung auf Erweiterungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen dient dem Zweck, bloße Ersatzinvestitionen aus dem Kreis der genehmigungsfähigen Maßnahmen auszuschließen (BR-Drucks. 417/07, S. 66 f.). Diese gehören seit jeher zum laufenden Geschäftsbetrieb der Netzbetreiber und sollen von diesen wie zuvor nach eigenem Ermessen durchgeführt werden (vgl. den Bericht der Bundesnetzagentur nach § 112a EnWG zur Einführung der Anreizregulierung nach § 21a EnWG vom 30. Juni 2006, Rn. 596 ff.).
Zur Erreichung dieses Zwecks ist es geboten, aber auch ausreichend, solche Investitionen aus dem Kreis der genehmigungsfähigen Maßnahmen auszuschließen, mit denen lediglich vorhandene Bestandteile des Netzes durch neue ersetzt werden, ohne dass dies zu einer Vergrößerung oder zu einer sonstigen Änderung von erheblichen technischen Parametern des Netzes führt. Auch unter diesem Aspekt ist es weder erforderlich noch sachgerecht, nur solche Maßnahmen als Umstrukturierung anzusehen, die als grundlegend zu qualifizieren und mit besonders hohen Kosten verbunden sind. Eine Maßnahme kann vielmehr auch dann über eine bloße Ersatzinvestition hinausgehen, wenn sie einen verhältnismäßig kleinen Teil des Netzes betrifft oder nicht mit außergewöhnlich hohen Kosten verbunden ist.
(2) Eine engere Auslegung ist auch nicht deshalb geboten, weil die Abgrenzung zwischen Ersatz- und Umstrukturierungsmaßnahmen ansonsten nicht möglich wäre.
Allerdings kann es im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten, eine bloße Ersatzinvestition von einer Umstrukturierung abzugrenzen. Die Erneuerung defekter oder veralteter Komponenten wird häufig wegen des zwischenzeitlich eingetretenen technischen Fortschritts zu gewissen Verbesserungen führen. Nicht alle diese Fälle dürfen unter § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV subsumiert werden.
Nach dem Konzept des Verordnungsgebers darf diesem Problem aber nicht dadurch Rechnung getragen werden, dass der Austausch vorhandener Netzkomponenten nicht oder nur unter besonders strengen Voraussetzungen als Umstrukturierungsmaßnahme angesehen wird. Der Verordnungsgeber hält es vielmehr für möglich, dass eine Maßnahme sowohl als Ersatzinvestition als auch als Erweiterungs- oder Umstrukturierungsinvestition zu qualifizieren ist. In diesen Fällen ist im Zusammenhang mit § 23 Abs. 1 ARegV nur ein prozentualer Anteil der Kosten berücksichtigungsfähig (BR-Drucks. 417/07, S. 67).
dd) Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur kann für Umstrukturierungsmaßnahmen kein strengerer rechtlicher Maßstab herangezogen werden als für Erweiterungsmaßnahmen.
(1) In der Praxis mögen Erweiterungsinvestitionen regelmäßig leichter von bloßen Ersatzinvestitionen abgrenzbar sein. Dennoch können sich auch in diesem Zusammenhang Überschneidungen ergeben - etwa dann, wenn eine vorhandene Leitung durch eine neue Leitung mit erheblich größerer Kapazität ersetzt wird. Daraus resultierende Abgrenzungsprobleme unterscheiden sich nicht grundlegend von den Problemen, die bei der Abgrenzung zwischen Umstrukturierungsinvestitionen und Ersatzinvestitionen entstehen können. Auch unter diesem Gesichtspunkt dürfen deshalb für die Abgrenzung von Umstrukturierungsmaßnahmen keine zusätzlichen, im Wortlaut der Verordnung nicht vorgesehenen Voraussetzungen aufgestellt werden.
Angesichts dessen findet auch die von der Bundesnetzagentur vertretene Auffassung, als Umstrukturierungsmaßnahmen seien nur solche Maßnahmen anzusehen, die durch eine konkrete Änderung der Anforderungen an das in Rede stehende Netz veranlasst seien, keine Grundlage in § 23 Abs. 1 ARegV. Die Abgrenzung zwischen Umstrukturierungsinvestitionen und bloßen Ersatzinvestitionen hat anhand des Gegenstands der Investitionsmaßnahme zu erfolgen, nicht anhand des der Investition zugrunde liegenden Anlasses.
(2) Entgegen den von der Bundesnetzagentur geäußerten Befürchtungen führt dies nicht dazu, dass schlechthin jede Investition unter den Tatbestand des § 23 Abs. 1 ARegV fällt.
(a) Zum einen ist nicht jede Ersatzinvestition zugleich als Umstrukturierungsinvestition anzusehen.
Wie bereits dargelegt ist der Ersatz einer bereits vorhandenen Komponente nicht schon deshalb als Umstrukturierung zu qualifizieren, weil für die neue Komponente andere technische Standards gelten. Vielmehr müssen zusätzliche, für die Struktur des Netzes erhebliche Änderungen hinzukommen, die nicht zu den zwangsläufigen Folgen der Ersatzinvestition gehören, sondern eine andere, über den bloßen Ersatz einer Komponente hinausgehende Funktion haben.
(b) Zum anderen ist nicht jede Erweiterungs- oder Umstrukturierungsinvestition nach § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV genehmigungsfähig.
Nach der genannten Vorschrift ist vielmehr erforderlich, dass die Investitionen zur Stabilität des Gesamtsystems, für die Einbindung in das nationale oder internationale Verbundnetz oder für einen bedarfsgerechten Ausbau des Energieversorgungsnetzes nach § 11 EnWG notwendig sind. Auch Erweiterungs- oder Umstrukturierungsmaßnahmen sind mithin nicht schon dann zu genehmigen, wenn sie sich unter irgendwelchen Gesichtspunkten als zweckmäßig darstellen. Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, ob sie für einen der genannten Zwecke notwendig sind. Hierfür kann insbesondere von Bedeutung sein, ob konkrete Änderungen der Versorgungs- oder Transportaufgabe oder sonstiger Anforderungen an das Netz eingetreten sind, die die in Rede stehende Maßnahme als erforderlich erscheinen lassen.
c) Vor diesem Hintergrund ist eine Maßnahme als Erweiterungs- oder Umstrukturierungsmaßnahme anzusehen, wenn sie sich nicht im Austausch bereits vorhandener Komponenten und damit zwangsläufig einhergehenden Verbesserungen erschöpft, sondern jedenfalls auch zu einer nicht nur unbedeutenden Vergrößerung des Netzes oder zu einer nicht nur unbedeutenden Veränderung von sonstigen technischen Parametern führt, die für den Betrieb des Netzes erheblich sind. Wenn eine solche Maßnahme zugleich der Ersetzung vorhandener Netzkomponenten dient, führt dies nicht zum Ausschluss der Genehmigungsfähigkeit, sondern dazu, dass nur ein Teil der Investitionskosten berücksichtigt werden darf. Dieser Teil ist, sofern eine konkrete Zuordnung einzelner Teilmaßnahmen nicht möglich ist, als prozentualer Anteil an den Gesamtkosten der Maßnahme zu bestimmen.
Um eine klare Abgrenzung zu ermöglichen, müssen die zusätzlichen Funktionen deutlich von den Wirkungen einer bloßen Ersatzinvestition unterscheidbar sein. Ihnen muss deshalb eine gewisse eigenständige Bedeutung zukommen. Hierzu ist aber nicht erforderlich, dass die Maßnahme als grundlegend zu qualifizieren oder mit außergewöhnlich hohen Kosten verbunden ist. Es reicht vielmehr aus, dass ihre Wirkungen nicht nur unbedeutend über diejenigen Wirkungen hinausgehen, die mit dem Austausch einer vorhandenen Komponente zwangsläufig verbunden sind.
Der Senat verkennt nicht, dass die Abgrenzung zwischen Umstrukturierungsinvestitionen und bloßen Ersatzinvestitionen danach in bestimmten Fällen eine wertende Betrachtung erfordern kann, in die alle für den Einzelfall relevanten Umstände einzufließen haben, und die im Falle einer gerichtlichen Anfechtung dem Tatrichter vorbehalten ist. Auch dieser Umstand rechtfertigt es indes nicht, bei der Abgrenzung zusätzliche Merkmale heranzuziehen, die im Wortlaut von § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV nicht vorgesehen sind. Unabhängig davon erforderten sowohl die vom Beschwerdegericht als auch die von der Bundesnetzagentur herangezogenen zusätzlichen Merkmale ebenfalls eine wertende Betrachtung. Ihre Einbeziehung würde die Abgrenzung nicht in nennenswertem Umfang erleichtern, sondern nur auf andere, in der Verordnung nicht vorgesehene Kriterien verlagern.
d) Bei Anwendung dieses rechtlichen Maßstabes kann die Entscheidung des Beschwerdegerichts, soweit sie angefochten ist, keinen Bestand haben.
aa) Das Beschwerdegericht hat die in Rede stehenden Maßnahmen schon deshalb nicht als Umstrukturierungsmaßnahmen angesehen, weil ihnen keine grundlegende Bedeutung zukommt und sie nicht mit besonders hohen Kosten verbunden sind. Diese Beurteilung beruht aus den oben dargelegten Gründen auf einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab.
bb) Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht im Hinblick auf die ergänzend angestellten Erwägungen des Beschwerdegerichts als zutreffend.
(1) Das Beschwerdegericht hat in der Umstellung auf digitale Schutztechnik auch deshalb eine reine Ersatzinvestition gesehen, weil die vorhandene elektromechanische Schutzrelaistechnik nach dem Vortrag der Antragstellerin die geforderten Zuverlässigkeitsanforderungen aufgrund technologischer Beschränkungen, natürlichen Verschleißes und fehlender Serviceleistungen der Hersteller nicht mehr erfüllte und die Antragstellerin deshalb bereits in vierzig ihrer insgesamt fünfzig Umspannwerke digitale Schutztechnik installiert habe, was häufig anlässlich der Installation eines neuen Transformators geschehen sei.
Diese Erwägung vermag die Einordnung der Maßnahmen als bloße Ersatzinvestition ebenfalls nicht zu tragen.
Zwar obliegt die Beurteilung, ob eine konkrete Maßnahme anhand der oben dargestellten Kriterien als Umstrukturierungsmaßnahme oder als bloße Ersatzmaßnahme anzusehen ist, im Einzelfall im Wesentlichen dem Tatrichter. Dessen Entscheidung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf überprüft werden, ob sie in Einklang mit den einschlägigen rechtlichen Vorgaben steht und weder auf Verfahrensfehlern beruht noch gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2011 - KVR 95/10, BGHZ 192, 18 Rn. 51 mwN - Total/OMV). Ein solcher Fehler liegt aber im Streitfall vor, weil das Beschwerdegericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - den für die Entscheidung erheblichen Sachverhalt nicht vollständig festgestellt hat.
Aus dem Vortrag der Antragstellerin, wonach die vorhandene elektromechanische Schutzrelaistechnik ohnehin ersetzt werden muss und dies üblicherweise durch Einbau digitaler Schutztechnik geschieht, ergibt sich allerdings, dass darin jedenfalls auch eine Ersatzinvestition zu sehen ist. Auf der Grundlage der vom Beschwerdegericht getroffenen Tatsachenfeststellungen lässt sich aber nicht abschließend beurteilen, ob sich die mit dem Einbau digitaler Schutztechnik im Streitfall eintretenden Wirkungen auf dasjenige beschränken, was mit dem Austausch der veralteten Komponenten zwangsläufig einhergeht, oder ob die Maßnahme in nicht nur unbedeutendem Umfang zu zusätzlichen, darüber hinausreichenden Verbesserungen führt. Wenn letzteres zu bejahen ist, sind die Maßnahmen zum Einbau der digitalen Schutztechnik jedenfalls teilweise genehmigungsfähig.
Die Antragstellerin hat, wie die Rechtsbeschwerde im Einzelnen aufzeigt, im Beschwerdeverfahren hierzu vorgetragen, mit dem Einbau digitaler Schutzrelais im Umspannwerk Herlasgrün würden nicht lediglich elektromechanische Einrichtungen durch digitale Technik ersetzt. Vielmehr werde ein auf die konkrete Situation zugeschnittenes neues Schutzsystem eingesetzt, das es anders als das frühere System ermögliche, Schutzsignale von einem Umspannwerk an das andere zu übertragen und durch eine Schwacheinspeiselogik auch dann einen Fehler zu erkennen, wenn der eingespeiste Kurzschlussstrom nicht ausreiche, um nach herkömmlichen Kriterien ein Abschaltsignal zu generieren. Dieser Vortrag, den das Beschwerdegericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - unberücksichtigt gelassen hat, ermöglicht zwar ebenfalls keine abschließende Entscheidung. Er hätte dem Beschwerdegericht bei Anlegung des zutreffenden rechtlichen Maßstabes aber Anlass zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts gegeben.
Die von der Antragstellerin aufgezeigten zusätzlichen Funktionen - Schutzsignalübertragung und Schwacheinspeiselogik - reichen für die Bejahung einer Umstrukturierungsmaßnahme nicht aus, wenn sie zu den Funktionen gehören, die nach einer Umrüstung auf digitale Schutztechnik üblicherweise zur Verfügung stehen. Eine andere Beurteilung ist geboten, wenn es sich um Zusatzfunktionen handelt, die mit der Umstellung auf digitale Schutztechnik nicht zwingend oder zumindest üblicherweise verbunden sind und die zu einer nicht nur unbedeutenden Verbesserung des Netzbetriebs führen. Dann sind die zusätzlichen Investitionen zur Verwirklichung dieser Funktionen als Umstrukturierungsinvestitionen anzusehen.
(2) Entsprechendes gilt für die Anpassung und Erweiterung der digitalen Stationsleittechnik.
Die diesbezüglichen Maßnahmen dienen nach dem Vortrag der Antragstellerin dazu, Netzschutzsignale zwischen verschiedenen Anlagen zu übertragen und Informationen an die zentrale Netzsteuerstelle zu übermitteln. Soweit die in Rede stehenden Änderungen im Streitfall über dasjenige hinausgehen, was im Rahmen einer Ersatzinvestition ohnehin üblicherweise geschieht, sind auch diese Investitionen als Umstrukturierungsinvestitionen anzusehen.
(3) Die Erstellung einer neuen Eigenbedarfsanlage hat das Beschwerdegericht nicht als Umstrukturierungsmaßnahme angesehen, weil die zusätzlichen Funktionen - automatische Umschaltung auf redundante Systeme im Fehlerfall, ausreichender Berührungsschutz und Brandabschottung zwischen den Systemen - nicht über eine Ersatzinvestition hinausgingen.
Diese Beurteilung lässt für sich gesehen keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Rechtsbeschwerde insoweit auch nicht angegriffen.
Die Antragstellerin hat aber, wie die Rechtsbeschwerde aufzeigt, im Beschwerdeverfahren ergänzend geltend gemacht, der Neubau der Eigenbedarfsanlage sei auch erforderlich, um die neuen Maßnahmen der Schutztechnik betreiben zu können. Sofern diese Maßnahmen als Umstrukturierungsmaßnahmen anzusehen sind, bedarf es deshalb der Klärung, ob und in welchem Umfang die Verwirklichung der zusätzlichen Funktionen auch zu erhöhten Investitionen für die Eigenbedarfsanlage führt.
3. Nach allem ist die angefochtene Beschwerdeentscheidung aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Das Beschwerdegericht wird den Sachverhalt im Hinblick auf die oben (Rn. 3848) aufgezeigten Gesichtspunkte weiter aufzuklären haben. Erweist sich danach zumindest eine der drei noch zu beurteilenden Teilmaßnahmen als Umstrukturierungsmaßnahme, so wird das Beschwerdegericht weiter zu klären haben, ob diese Investitionen zur Stabilität des Gesamtsystems, für die Einbindung in das nationale oder internationale Verbundnetz oder für einen bedarfsgerechten Ausbau des Energieversorgungsnetzes nach § 11 EnWG notwendig sind.
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