Entscheidungsdatum: 14.11.2013
Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 10. April 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
I. Mit Urteil vom 10.4.2013 hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) einen Anspruch des Klägers auf Leistungen nach dem Infektionsschutzgesetz iVm dem Bundesversorgungsgesetz wegen geltend gemachter Folgen von am 12.7.1995 und 15.10.1996 durchgeführter Schutzimpfungen verneint, weil nicht festgestellt werden könne, dass der Kläger bei den Impfungen eine gesundheitliche Schädigung im Sinne einer unüblichen Impfreaktion erlitten habe, die zu einem globalen Entwicklungsrückstand als Impfschaden geführt habe. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt, die er mit dem Vorliegen aller drei in § 160 Abs 2 SGG genannter Zulassungsgründe (grundsätzliche Bedeutung, Divergenz, Verfahrensmangel) begründet.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist zulässig. Der von ihm gerügte Verfahrensmangel einer Verletzung der richterlichen Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) durch das LSG ist iS des § 160a Abs 2 S 3 SGG hinreichend bezeichnet.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist insoweit auch begründet. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt vor, denn das LSG ist dem Beweisantrag des Klägers auf Einholung eines immunologisch/toxikologischen Gutachtens zur Frage, dass der Entwicklungsknick mit Entwicklungsstillstand des Klägers - insbesondere die reduzierte Gewichtszunahme von 20 bis 30 g pro Woche und die fehlende Kontaktaufnahme des Klägers - wahrscheinlich durch den Impfzusatzstoff Aluminiumhydroxid verursacht wurde, ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Ohne hinreichende Begründung bedeutet ohne hinreichenden Grund. Die Rüge ist begründet, wenn das LSG sich hätte gedrängt fühlen müssen, den beantragten Beweis zu erheben (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5, 49). Das ist hier der Fall.
Das LSG hat seine Entscheidung maßgebend auf das von ihm selbst eingeholte Gutachten des Facharztes für Kinder- und Jugendheilkunde Prof. Dr. Dr. V. gestützt und zur Begründung der Ablehnung des auf den Nachweis der Schädlichkeit des Impfzusatzstoffes Aluminiumhydroxid gerichteten Beweisantrages des Klägers ausgeführt, dass es aufgrund der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung, wie sie sich aus der eingeholten Auskunft des Paul-Ehrlich-Instituts ergebe, nicht von einem Zusammenhang körperlicher Reaktionen auf die Impfung des Klägers ausgehe (Seite 17 Urteilsumdruck). Den Inhalt der genannten, von Prof. Dr. C. erteilten Auskunft - vom 8.10.2008 - hat das LSG auf Seite 8 des Urteilsumdrucks als solche inhaltlich zusammengefasst wiedergegeben. Ihr gegenüber hatte der Kläger mit Schriftsatz vom 27.12.2008 an das LSG insbesondere geltend gemacht, sie entspreche nicht dem aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand und beruhe im Übrigen auf methodischen Unzulänglichkeiten der in Bezug genommenen Studien.
Diesen nach Dafürhalten des erkennenden Senats beachtlichen Einwänden ist das LSG nicht nachgegangen und hat insbesondere das Paul-Ehrlich-Institut (Prof. Dr. C.) nicht dazu ergänzend befragt. Zudem datiert die Auskunft des Instituts vom 8.10.2008, sodass allein angesichts des bis zum Erlass des angefochtenen Urteils am 10.4.2013 abgelaufenen Zeitraums Anlass bestand, deren Aktualität zu überprüfen. Bei dieser Sachlage musste sich das LSG gedrängt fühlen, dem Beweisantrag des Klägers zu folgen, zumal damit auch eine mögliche Überempfindlichkeit des Klägers gegenüber den bei den streitigen Impfungen verwendeten Zusatzstoffen geklärt werden sollte.
Auf der Unterlassung entsprechender Ermittlungen kann das angefochtene Urteil auch beruhen, denn es ist nicht auszuschließen, dass das LSG nach einer solchen Beweisaufnahme zu einer dem Kläger günstigeren Entscheidung gelangt wäre.
Die vom Kläger neben dem vorliegenden Verfahrensmangel geltend gemachten Zulassungsgründe einer grundsätzlichen Bedeutung und einer Divergenz sind nicht in der gemäß § 160a Abs 2 S 3 SGG erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden, sodass eine Zulassung der Revision insoweit nicht in Betracht kommt. Von einer näheren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Da die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen, macht der Senat von dem ihm gemäß § 160a Abs 5 SGG eingeräumten Ermessen zur Verfahrensbeschleunigung Gebrauch und verweist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurück.
Das LSG wird bei Abschluss des wiedereröffneten Berufungsverfahrens über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde zu entscheiden haben.